Mali: Orden für deutschen Oberfeldarzt – und weiter tödliche Unruhen im Norden
Der deutsche Oberfeldarzt Michael Clauss, mit der EU-Trainingsmission EUTM Mali als Kommandeur des deutschen Sanitätskontingents im Einsatz in dem westafrikanischen Land, ist vergangene Woche vom malischen Verteidigungsminister Soumeylou Boubeye Maïga mit dem Orden Chevalier de l’Ordre national du Mali ausgezeichnet worden (Foto oben). Diese Auszeichnung und die Arbeit des deutschen Feldlazaretts und der EU-Ausbilder, darunter deutsche Pioniere, scheinen allerdings derzeit zu den wenigen positiven Nachrichten aus Mali zu gehören.
Am (heutigen) Montag fand in der Hauptstadt Bamako der offizielle Abschied von zwei Soldaten aus dem Tschad statt, die als Peacekeeper der UN-Mission MINUSMA am 23. Oktober bei einem Anschlag in der nord-malischen Stadt Tessalit ums Leben kamen.
Und erst am vergangenen Wochenende wurden zwei französische Journalisten in Kidal, ebenfalls im Norden Malis, ermordet.
Angesichts der anhaltenden Spannungen im Norden werben die Vereinten Nationen um weitere Länder, die Truppen nach Mali entsenden – zumal die Franzosen ihre Präsenz in der Operation Sérval herunterfahren. So weit ich das sehe, haben darauf bislang als einzige westliche Nation die Niederlande reagiert.
(Foto oben: EUTM Mali; Foto unten: MINUSMA/Marco Dormino via Flickr)
das klingt doch auch wieder nach einer schön langen (und ergebnislosen) stabilisierungsmission.
Orden von Bananenrepubliken sollte man als deutscher Soldat grundsätzlich nicht annehmen, und um den Hohn auf die Spitze zu treiben, hat man den Namen des Oberstleutnants auf der Internetseite der EUTM Mali auch noch falsch geschrieben. Eine in jeder Hinsicht peinliche Angelegenheit.
@Westfale
Für den falschen Namen ist nicht, wie Sie vermutlich meinen, eine ‚Bananenrepublik‘ verantwortlich, sondern die i.d.R. französischen Kameraden bei EUTM Mali… Ansonsten finde ich Ansicht und Ausdrucksweise ein bisschen neben dem hier üblichen Ton.
@ t.wiegold
eine Bananenrepublik muss man auch als solche bezeichnen dürfen. Journalismus soll Realitäten bschreiben und keine gewünschten konstruieren.
Sie müssten auch noch mal erläutern inwiefern Ansichten (also inhaltliche Meinungsäußerungen) “ neben dem Ton“ sein können. Pluralismus?
@T. Wiegold
Von mir aus kann ich Mali auch als „lupenreine Demokratie“ bezeichnen, wenn es Ihnen lieber ist. Von so einem Staat, dessen „Leistungen“ nun wirklich kein Geheimnis sind, sollte man aber schon aus Selbstachtung keine Ehrungen entgegenzunehmen, denn damit erkennt man den Anspruch des Ehrenden an, über moralische Autorität zu verfügen, die eine Ehrung ja erst ermöglicht. Wenn ein Bundeswehrsoldat also eine Ehrung aus der Hand des Repräsentanten eines Staates wie Mali entgegennimmt, wertet er eine fragwürdige Institution auf und die Bundeswehr ab, was man m.E. problematisch finden kann.
@Westfale: Italien hat seinen Berlusconi moralisch nur überlebt, weil es eine unbeugsame Justiz gibt. Das nötigt einem jeden Respekt ab. Insofern wäre Bananenrepublik sicher eine Beleidigung.
Trotzdem – Auch wenn der Cavaliere an Deutsche lieber Filmrollen verteilt hätte als Orden – hätten Sie einen Orden abgelehnt?
Wie wärs denn mit der Hamburger Lösung für ganz Teutonia?
“ ein Hanseat nimmt keine Orden von fremden Herren an“
Jetzt mal ernsthaft: Wie steht man als DEU Soldat im Ausland / Einsatzland da wenn man die Orden nicht annimmt?
@iltis
Guter Stile wäre es, gar keine „Auszeichnungen fremder Herren“ anzunehmen, wie „wacaffe“ schon erwähnte. Aber jeder bekommt, was er verdient, und ich will den Stolz des OTL Mickael Clauss keinesfalls schmälern.
Ausländische Orden in Toto abzulehnen hat natürlich etwas heroisches. Aber wie stünde umgekehrt Deutschland da, wenn die US- MedEvac-Hubschrauberbesatzung aus AFG den deutschen Orden abgelehnt hätte? Wofür der diplomatische Flurschaden?
Bei der Verleihung ging es um die Leistungen eines Feldlazarettes. Und wollen wir wirklich von den Regierungen solcher postkolonialer, von Bürgerkriegen geschädigter Staaten etwas verlangen, was westliche Führungsriegen nicht unfallfrei hinbekommen?
@westfale
Wie kommen Sie dazu Mali als „Bananenrepublik“ zu bezeichnen? Entweder handelt es sich hierbei einfach nur um stumpfe deutsche Arroganz oder um reines Unwissen hinsichtlich des afrikanischem Kontinentes.
Ist Ihnen die Höhe und Tragweite des Ordens „Chevalier du Mali“ auch nur im Ansatz bewusst Westfale?
Ich gratuliere dem OTL herzlich, auch wenn es für mich nicht nachvollziehbar ist, wie ein Soldat nach nur max. sechs Monaten diese hohe Anerkennung erhält.
@iltis
Wenn man es zum Grundsatz macht, keine fremden Auszeichnungen anzunehmen oder dies nur in seltenen, ggf. vom höchsten Repräsentanten des Staates zu genehmigenden Ausnahmefällen zu tun (wie bei den Briten), dann würde die andere Seite vor der Ehrung erstmal inoffiziell anfragen, ob eine Ehrung in Frage kommt.
Wenn die Annahme einer Ehrung wie unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht freigegeben werden muß, aber möglicherweise zur Erfüllung des Auftrags beiträgt, kann man die Ehrung im Fall von Mängeln beim Ehrenden stillschweigend annehmen. Man vermeidet dann sowohl Unstimmigkeiten mit der anderen Seite als auch Ansehensverlust für die eigene Armee, und im Fall von OTL Mickael Clauss hätte dafür z.B. ein Hinweis an den Pressesoldaten genügt, ihn nicht zu fotographieren und im Beitrag nicht zu erwähnen.
Im Übrigen ist Mali länger souverän als die Bundesrepublik, weshalb die Ausrede des „postkolonialen Staates“ nicht greift.
@Westfale: Ihr Ansatzu, hier der britischen Tradition zu folgen, scheint mir hier ein guter Weg.
Leider tagt hingegen die Dauer der Souveränität nicht als Begründung, ob ein Staat postkolonial ist oder nicht. Alleine die Linearität der malischen Grenzen im Norden zeigt, daß es sich hierbei um ein Kunstgebilde von Englands und Frankreichs Gnaden handelt. Mithin eben postkolonial und das mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
@ iltis
wie erklären Sie sich denn den Verlauf der deutschen Ostgrenze?
Linearität ist nicht das einzige Kriterium für oktroyierte Grenzverläufe.
@iltis
Durch die britische Praxis können besondere Ehrungen sogar noch zusätzlich aufgewertet werden. Es gab z.B. einen britischen Feldarzt, der im Falkland-Krieg argentinische Gefangene sehr anständig behandelt hat. Als er bei der Königin um die Genehmigung anfragte, einen Orden annehmen zu dürfen, den die Argentinier ihm dafür verleihen wollten, war die Antwort, daß er den Orden nicht nur annehmen, sondern ausdrücklich unter (sinngemäß) „allen denkbaren Umständen“ tragen dürfe. Der Soldat wurde also (dem Anlass angemessen) gleich doppelt geehrt, betonte dabei seine Loyalität, und es konnte noch eine inspirierende Botschaft vermittelt werden.
Was das Mali-Thema angeht: Die Umstände dort und ihn ähnlichen Ländern erklären sich m.E. weitaus besser durch die aus den gängigen Ausreden erkennbare Ablehnung, Veranwortung für die eigene Lage zu übernehmen, als durch den Inhalt der Ausreden. Den Grenzverlauf hätte man in dem halben Jahrhundert seit der Unabhängigkeit z.B. ändern können, wie es ja auch die Tuareg fordern, was man aber ausdrücklich ablehnte.
@wacaffe: Die deutsche Ostgrenze hieß bezeichnenderweise ja mal Oder-Neiße-Linie. Aufoktroyierte Grenzen erkennt man gut daran, daß sie weder Siedlungsgebiete noch lokale Zusammenhänge respektieren, da sie den Interessen Fremder dienen/ folgen. Und diesen fremden Interessen ist es gleich, ob ein Fluß als Grenze dient oder ein Lineal auf der Weltkarte. In Nordmali gibt es halt wenige Flüsse, daher drängte sich die Verwendung des Lineals geradezu auf.
@Westfale: Das Verändern von Grenzen schädigt auch immer irgendwelche Interessen. Darum ist es nicht leicht, die Fehler der kolonialen Grenzziehung zu korrigieren. Erst recht dort, wo man zumindest den Verdacht hat, im Boden sei noch irgendetwas Ausbeutbares verborgen. Da die Staatsgebilde wie Mali i.d.R. viele Volksgruppen umfassen und auch welche trennen, verlaufen die Interessensgrenzen meist entlang der Volkszugehörigkeit und nicht einer politischen Idee. Darum sind sie so schwer dauerhaft stabil zu halten. Betrachtet man die Geschichte Europas, findet man schnell heraus, daß unsere heutige Stabilität nicht auf einer kurzfristigen Entwicklung fußt, sondern das Ergebnis vieler Irrungen und Wirrungen ist: Bevor wir also Afrika mit dem abgeklärten Auge dessen betrachten, der seit der Antike Schlacht um Schlacht schlug und nun immerhin 60 Jahre halbwegs Frieden hat, sollten wir ihnen Zeit lassen. Eingriffe der Gegner des kalten Krieges und neuerdings auch aus China sind meist den jeweiligen eigenen Interessen geschuldet und helfen vor Ort selten weiter.
Und ja – schönes Beispiel der gegenseitigen Anerkennung unter ehemaligen Kriegsgegnern. Sie haben mich überzeugt.
@t.wiegold: der ausdruck „bananenrepublik“ ist unbestritten abwertend. andererseits: wie könnte denn diese völlig kaputte frühere kolonie (um einen staat handelt es sich meiner meinung höchstens ansatzweise) ähnlich treffend beschrieben werden? dieses wirre gebilde, das seit seiner formellen unabhängigkeit von kleptokraten und ihren cliquen allenfalls für persönliche zwecke gebraucht statt effizient regiert wird? wie würden sie denn, als vergleich, afghanistan bezeichnen?
Warum disskutiert man hier um ein „Stückchen Blech, mit buntem Stoff umhüllt“? Das is so in Afrika! Ich habe dort längere Zeit verbracht, also fahrt alle erst einmal hin und erlebt es live bevor ihr hier mit gekünsteltem deutschen Gutmenschentum um Kaiser’s Bart streitet. Denn das ist das Problem: hier wird mit vielen Worten etwas erklärt was niemanden interessiert und was keiner wissen will!
…Und wenn dann ein Kamerad mit einem mehr oder weiger obskuren Orden ausgezeichnet wird, na, dann: eine Devotionalie mehr für das Gruselkabinett (haben viele zu Hause im Keller, in irgendeiner Kiste versteckt und nie wieder ausgepackt….)
Ich hab‘ auch irgendwo irgendsoein Ehrenkreuz für Jahre „treue Mitgliedschaft“ rumliegen … viel wichtiger aber ist der Respekt und Dank anderer … und das muß man sich wirklich verdienen und das hat weitaus mehr Wert als solche „Anstecker“ … Außerdem hat unser VM auf seiner diesjährigen Sommerreise auch wie wild Coins verteilt, die (auch) aus unseren Steuergeldern finanziert wurden. – Das wäre für mich vielmehr ein Diskussionsanlaß …