Ein Soldat wehrt sich: Gleich Live-Debatte bei Zeit Online
Der Gastbeitrag von Hauptmann Dominik Wullers in der Zeit und auf Zeit Online hat zu heftigen Debatten geführt – schon hier im Blog, viel mehr natürlich noch auf Zeit Online. Die Kollegen dort starten deshalb gleich (Mittwoch 1700A) eine Live-Debatte. Vielleicht lohnt es sich ja, da reinzuschauen und mitzudiskutieren:
Ich habe mich mal durch dieses etwas unübersichtliche Dickicht an Kommentaren und Antworten durchgearbeitet und mir ist aufgefallen wie viele Teilnehmer sich für Beiträge bedanken und dass sie scheinbar einen echten Erkenntnisgewinn dabei hatten.
Geht es nur mir so, oder ist kaum mehr einer in der Lage sich selbstständig zu informieren? Die Antworten von Hptm Wullers sind doch alles Binsen und weit entfernt von neuen Erkenntnisufern. Er sagt lediglich was ist, untermalt mit eigenen Empfindungen und Ansichten. Hier nochmal Respekt an Hptm Wullers. Sehenden Auges in den Shitstorm – das verdient Anerkennung.
Man merkt hier einfach, wie krass sich manche Teile der Gesellschaft von der Armee und dem legitimierten, staatlich organisierten, Gewalteinsatz entfernt haben.
Ich bleibe ratlos zurück.
pi
Das deckt sich aber mit meinen Erfahrungen, ich wurde von einer Theologiestudentin für ihre Diplomarbeit interviewt und sie war völlig überrascht, dass der Bundestag die Bundeswehr in Einsätze schickt. Sie dachte, dass die Bundeswehr dieses selber entscheidet….Soviel zum selber informieren.
Ich habe den Eindruck, dass viele Mitbürger Informationen und Meinungen mundgerecht vorgelegt bekommen möchten…
@politisch inkorrekt „Sehenden Auges in den Shitstorm – das verdient Anerkennung.“
Ist wohl das beste was man machen kann.*
Politisch Korrekt heisst das, mein ich, jetzt nicht mehr ‚Shitstorm‘ sondern ‚Meinungswind‘.
Der Tonfall dieser Live-Debatte scheint mir doch deutlich anders als beim urspruenglichen Gast-Kommentar. Es scheint mir sehr viel interessierter und zivilisierter. Die Leute denen beim Tippen der Schaum vorm Mund in die Tastatur laeuft, sind vermutlich bei einem anderen Skandal beschaeftigt…
„Man merkt hier einfach, wie krass sich manche Teile der Gesellschaft von der Armee und dem legitimierten, staatlich organisierten, Gewalteinsatz entfernt haben.“
Mein Eindruck: Vielleicht liegt es auch daran, dass die Legitimitaet von manchen stark angezweifelt wird. Hier liegt ein grosses Politik- und Gesellschaftsversagen vor. Das ganze Thema unter den Teppich zu kehren, bzw zu lassen, hat denke ich dazu gefuehrt. Nun faerbt der empfundene Rechtfertigungsmangel auf den Bundestag ab, der es im Empfinden vieler sozusagen legalisiert haette ohne es legitimieren zu koennen.
Die BW hat es sich auch leicht machen koennen, zunaechst durch Theater-Spielen, danach entzieht man sich sofort mit dem Verweis auf die Parlamentsarmee aus den meisten Debatten. Vielleicht haette man in der Bevoelkerung mehr Vertrauen durch mehr Offenheit aufbauen muessen.
Denn meine Erfahrung durch Diskussionen mit Leuten von denen ich ausgehe, dass sie Soldaten sind, und als jemand der nicht weiter von der BW stehen koennte: Gerade der BW kann man Blutluesternheit oder Kriegstreiberei wirklich nicht nachsagen. In einer Weise ist es vielleicht der pragmatische Pazifismus desjenigen der den Schuss tatsaechlich loesen muesste.
*Macht man es bei der Marine nicht auch so, dass man in den Sturm dreht? Weils wegducken nur bei U-Booten (reversibel) klappt?
@politisch inkorrekt:
„Geht es nur mir so, oder ist kaum mehr einer in der Lage sich selbstständig zu informieren? Die Antworten von Hptm Wullers sind doch alles Binsen und weit entfernt von neuen Erkenntnisufern. “
Nein, Nein, Ja, Ja.
Nein, es geht nicht nur Ihnen so.
Nein, die Masse ist durchaus in der Lage sich zu informieren, aber schlichtweg entweder zu faul oder nicht gewillt dieses zu tun. Dies ist aber nicht nur auf Verteidigungs- und Sicherheitspolitik bezogen so.
Und Ja, für Soldaten ist da nicht wirklich viel Neues dabei – für die, die Erkenntnismäßig bei Null anfangen mag das aber deutlich anders sein.
Hmmm … Wenn ich mir die Diskussion dort so durchlese, dann kommt mir Eric T. Hansens These in den Sinn. Laut dieser fühlen die meisten Deutschen kein oder kein sonderlich ausgeprägtes Gefühl, daß der deutsche Staat auch „ihnen“ gehört und daß sie für diesen Staat auch eine gewisse Mitverantwortung tragen. Der Staat wird von „denen da oben“ regiert und verwaltet, „man“ lebt nur zufällig hier. Angesichts so mancher Kommentare in der Welt-Diskussion frage ich mich, ob an der These nicht doch was dran ist.
Bei so einigen drängt sich mir der Eindruck auf, daß sie die BW als Dienstleister für „die da oben“ sehen. Wenn das keinen grundlegenden Disconnect zwischen Wähler und politischem Betrieb darstellt dann weiß ich auch nicht. Angesichts der negativen Assoziationen zu Armee & militärischer Gewalt die aus unserer Geschichte erwachsen sind, ist die BW hier einfach das Mahlgut zwischen den zwei Mühlsteinen „die da oben“ und „wir hier unten“.
*Ein nachdenklicher csThor*
Die meisten Bürger kennen auch die Struktur, Stationierungsorte und Laufbahnen der Bereitschaftspolizeien, der SEKs oder der Bundespolizei nicht …. ist also auch kein Alleinstellungsmerkmal der Bundeswehr.
Ich meine Hauptmann Wuller hat seinen Egotrip und durch seinen Verein Zugang zur Presse … ich empfinde sein gesamtes Auftreten immer noch als unschön.
@Heiko Kamann:
“ Hauptmann Wuller hat seinen Egotrip “
Ich würde vielleicht nicht so weit gehen das zu unterstellen, sondern durchaus davon ausgehen, dass er es gut meint und nicht primär Selbstdarstellung im Sinn hat.
However, ‚the road to hell is paved…‘
Bei Jedem, der an die Öffentlichkeit geht, ist Eitelkeit in irgendeiner Form vorhanden. Wenn durch die Aktion aber nur 10 Leute ins Grübeln gekommen sind, ist es für alle ein Gewinn.
politisch inkorrekt:
Ich war dabei und habe mich auch bedankt –das gehört für mich einfach zum guten Ton bei einer Livediskussion :-), speziell nachdem der Ursprungsartikel der meistkommentierte des Jahres war, und dort der Ton teilweise doch etwas fragwürdig war, egal welcher Meinung man ist. Und Erkenntnisgewinn ist doch was gutes.
sd:
Das war eine Live-Diskussion –ich schätze mal, dass die, die sonst gern vom Leder ziehen, da Abstand gehalten haben, weil die Gefahr bestand, dass der Diskussionspartner direkt auf die Aussage einging ;-).
Kerveros:
Der Aufwand beim Thema Sicherheitspolitik ist doch ziemlich hoch –für den Normalbürger ein Orchideenthema, wenn man nicht qua Beruf schon mal einen Einblick hat. Welche deutsche Zeitung (on-/offline) hat einen festinstallierten Sicherheits-/Verteidigungsfachmann? Im Gegenteil, da werden hauseigene Blogs abgeschaltet. Meine Infos habe ich mir zusammengegoogelt und (tw. per Fernleihe) aus der Bibliothek besorgt. Zeitung und Fernsehen waren da nicht überwiegend Lieferanten.
@Herr Kamann,
addendum:
ferner wissen weite Teile der Bevölkerung erschreckend wenig über die Funktion und Struktur des öffentlichen Dienstes und des Beamtentums. Die Sinnhaftigkeit wird nicht erkannt, da man sich nicht mit der Materie auseinandersetzt.
Die *public servants* widerrum besitzen leider nicht die Deutungshoheit über ihre Funktion im Staate und für den Bürger, sondern politische Elemente definieren ihre Postion. Dies schwächt ungemein das Verständnis und verkennt die Schönheit dieser EInrichtungen.
Letztlich werden Einrichtungen des Staates durch Dritte politisiert und vom Bürger als politisch wahrgenommen – entgegen des eigentlichen Wesenscharakters und entziehen sich so der rein argumentativen Diskussion über das Warum, Weshalb, Wie. Ob nun Bundeswehr, kommunale Beamte oder die Stadtreinigung, Polizei, Feuerwehr – alles austauschbar.
Wie jüngst, ich meine in der FAZ, zu lesen war, entfernen sich weite Teile der Bevölkerung insgesamt vom Staat. Er und seine Funktionsträger gelten als unsexy, altmodisch und überflüssig. Dies begünstigt vlt auch den für uns erstaunlichen Fragengehalt und die Ferne vom ‚Staat‘
@Anna Nym:
„Der Aufwand beim Thema Sicherheitspolitik ist doch ziemlich hoch –für den Normalbürger ein Orchideenthema, wenn man nicht qua Beruf schon mal einen Einblick hat.“
Das sehe ich (persönliche Meinung) ein wenig anders. Wenn man zu allem aus dem Bauch heraus eine Meinung hat ist das okay. Wenn man jedoch nach aussen tritt und in der Öffentlichkeit mitdiskutieren will, dann sollte man sich zumindest mal mit den Grundlagen befassen.
Regelmäßig sind da elementare Missverständnisse schon bei Fragen wie:
– Wer bestimmt, an welchen Einsätzen wir teilnehmen?
– Wie kommen Mandate zustande?
Jetzt kann man diese Teilgebiete sehr vertiefen, oder mal eben grundlegend abklären. Was sehr oft passiert ist, dass diese Leute sehr wohl ‚etwas‘ lesen – nämlich sehr einseitig ausgerichtete ‚Informationsseiten‘ und dann deren ‚Argumentation [sic!]‘ übernehmen, statt vielleicht mal einfach das Grundgesetz in die Hand zu nehmen, was sich für einen Bürger dieses Landes ohnehin bisweilen empfehlen würde.
Wir reden also von mangelhafter Meinungsbildung aus purer Faulheit und anschliessender Inkonsequenz, denn wenn ich schon zu faul bin, mich auch nur ansatzweise mit den Grundlagen eines Themas zu befassen, dann wäre es oftmals ratsamer, in der Konsequenz auch zu faul zu sein, mich zum Thema zu äußern.
(Ein Ratschlag, der wohl auch bei manchem Politiker nicht unangebracht wäre, aber da sind wir dann wieder o.t. ;) )
@MD „Wie jüngst, ich meine in der FAZ, zu lesen war, entfernen sich weite Teile der Bevölkerung insgesamt vom Staat. Er und seine Funktionsträger gelten als unsexy, altmodisch und überflüssig. Dies begünstigt vlt auch den für uns erstaunlichen Fragengehalt und die Ferne vom ‘Staat’“
da habe ich völlig andere Eindrücke bei der jüngeren Generation: im Bekanntenkreis unserer Kinder (15 bis 19) ist die Polizei einer der begehrtesten Arbeitgeber (vor allem bei den Mädels).
OT: interessiert sich eigentlich niemand für das, was Chinesen, Japaner und die USA grade im ostchinesischen Meer veranstalten??
@Heiko Kamann
„Ich meine Hauptmann Wuller hat seinen Egotrip und durch seinen Verein Zugang zur Presse … ich empfinde sein gesamtes Auftreten immer noch als unschön.“
Das gilt m.E. auch für den Verein, bei dem er Mitglied ist. Wo dessen Mitglieder sich äußern, steht fast immer die eigene Person bzw. der eigene Migrationshintergrund im Vordergrund und fast nie die Frage, was gut für die Bundeswehr und ihre militärische Leistungsfähigkeit ist. Dies fördert letztlich die Spaltungen, die vorgeblich verhindert werden sollen. Die Bundeswehr macht da leider mit bzw. fördert dieses Verhalten, weil sie sich von dem Verein positive PR erhofft. Ein Soldaten mit Migrationshintergrund kann man schließlich auch in der „Zeit“ unterbringen bzw. dort durchaus zutreffende Dinge sagen lassen, die aus dem Mund eines Soldaten mit zu heller Hautfarbe von diesem Publikum noch viel weniger akzeptiert worden wären, zumal Hptm Wullers Ausdrucksweise alles andere als herrenmäßig ist. In seinem Fall wirkt diese Sprache aber authentisch. Eine politisch korrekte Leserschaft mit ihren eigenen Waffen anzugreifen ist ja eigentlich auch keine schlechte Idee. Das gilt auch für den PR-Einsatz von Frauen, die man ebenfalls gerne in den Vordergrund stellt.
@Westfale
Ich kann ihre Kritik nicht im geringsten nachvollziehen, ich sehe die durch H Wullers und die Damen angestossenen Diskussionen als wesentlich fuer die Bundeswehr an. Der Mehrwert fuer die Streitkräfte Reflektion der tatsaechlichen eigenen Identitaet gegen ueber wohl gepflegten meist von aussen herangetragenen „Wunsch“ Identitäten. …
„OT: interessiert sich eigentlich niemand für das, was Chinesen, Japaner und die USA grade im ostchinesischen Meer veranstalten??“
Wenn ich in die Online-Zeitungen gucke, aktuell nicht…
Edit: Nee, stimmt nicht ganz, der Spiegel berichtet über japanische Einflüge in die neue chinesische Sperrzone.
@f28
OT: Schon, aber die Relevanz hat Deutschland und die Bundeswehr noch nicht erreicht. Früher war mehr Säbel beim Säbelrasseln!
@Cynic2
OT: das mit dem“mehr Säbel“ stimmt sicher, aber seit dem Ende des kalten Krieges sind wir sowas ja nicht mehr so richtig gewohnt.
Westfale:
Äh –es handelt sich hier um einen Verein von Leuten mit Migrationshintergrund, nicht um die Reservistenkameradschaft, den Bundeswehrverband oder den Karriereberatungsoffizier… Die sprechen darüber, was sie bewegt, weil es offensichtlich sonst keinen Ort/keine Gemeinschaft gibt, wo sie sich wiederfinden. Und die Vereinsgründung ist da eine urdeutsche Lösung :-).
Anna Nym | 28. November 2013 – 12:59
Cynic2 | 28. November 2013 – 12:59
OT: Die Ein- bzw- Überflüge durch JAP und US Flugzeugen werden vom Deutschlandfunk gemeldet; auch ein wenig Hintergrund .. aber mehr (als in den vorangegangenen Jahren) passiert ja derzeit nicht. „Säbelrasseln“ ist es ja noch nicht … eher Grenzen ausloten, denke ich.
@Westfale
Das ist ja auch erklärtes Ziel dieses Vereins, die Situation von Soldaten mit Migrationshintergrund am Beispiel der Erfahrungsträger darzustellen. Eine gewisse Selbstdarstellung ist da aufrgund des Konzeptes unvermeidlich. Ich sehe diese aber weder übermäßig noch negativ, weil dadurch Authentizität erzeugt wird. Dass im Zuge eben dieser Darstellung auch allgemeine Punkte wie Patriotismus und soldatisches Selbstverständnis angerissen werden, ist ein für die Bundeswehr positiver Nebeneffekt, denn selbst macht sie diese Themen ja kaum auf.
Und was gut für die Bundeswehr als Organisation und ihre militärische Leistungsfähigkeit ist trägt weder dieser Verein noch der Bundeswehrverband, Reservistenverband, etc vor. Alle diese Organisationen haben eng gesteckte Perspektiven und Ziele, die nicht alle Aspekte der Bundeswehr abdecken. Eine durch den genannten Verein eintretende Spaltung kann ich aber nicht erkennen.
@Anna Nym
„Die sprechen darüber, was sie bewegt, weil es offensichtlich sonst keinen Ort/keine Gemeinschaft gibt, wo sie sich wiederfinden….“
Das ist ja genau das, was ich kritisiere. Die vermittelte Botschaft lautet, das man sich eben doch nicht so zugehörig fühlt wie man behauptet, denn sonst müsste es den Verein ja nicht geben.
Wenn sich z.B. ein Verein gründen würde, der bei jeder Gelegenheit betont, das seine Mitglieder Westfalen sind, und das man sich trotz der eigenen Unterschiedlichkeit in der Bundeswehr gut integriert fühle, wäre die Botschaft doch auch nicht, das selbst Westfalen Soldaten wie alle anderen auch sind, sondern daß diese irgendwie nicht richtig dazugehören.
Nur um es klarzustellen: Ich finde fast alles richtig was Hptm Wullers sagt und störe mich nur an der unterschwelligen Botschaft des Vereins, der vermutlich unbeabsichtigt Abgrenzungen herstellt, wo es gar keine geben müsste. Kaum eine Institution in Deutschland ist sozial so integriert wie die Bundeswehr. Wenn man einen patriotisch angelegten Verein wie „Deutscher Soldat“ gründet, dann sollte dieser auch alle deutschen Soldaten unabhängig von der Herkunft repräsentieren und von seinen Mitgliedern verlangen, daß sie sich ausschließlich als deutsche Soldaten wahrnehmen und präsentieren und nicht als Soldaten mit Migrationshintergrund. Alles andere ist Spalterei, die vielleicht von bestimmten Zielgruppen als positiver Ausdruck von „Vielfalt“ verstanden wird, aber der Truppe schadet.
Bei den Amerikanern kann man sich anschauen, wie ethnische Barrieren durch Versuche zur Förderung von „Vielfalt“ erst geschaffen oder erhöht wurden. In der idealen Armee sind alle Soldaten gleich bzw. nur der Beurteilung nach Eignung, Leistung und Befähigung unterzogen. Mit der Einführung von Sonderstandards und anderer Kategorien hat man die Büchse der Pandora geöffnet, was fatale Folgen für die Kohäsion haben kann. Umgekehrt macht es die Fremdenlegion richtig, die keine „Vielfalt“ braucht, weil es in ihr nur Legionäre gibt und nichts anderes.
@Westfale
Der
Bayerische Soldatenbund 1874 e. V.
begrüßt Sie mit einem herzlichen
„Grüß Gott“.
http://www.bsb-1874.de/
:-))
@ Elahan
„Der Bayerische Soldatenbund 1874 e. V. ist mit etwa 80.000 Mitgliedern (Reservisten der Bundeswehr, ehemalige Soldaten der Wehrmacht und der Bundeswehr), … , die größte Gemeinschaft ehemaliger Soldaten in Deutschland und eine Interessengemeinschaft Gleichgesinnter, gemeinnützig, überparteilich und dem Wohle des Deutschen Volkes und Bayerns verpflichtet“..
Bei so viel Traditionsbewusstsein, Nostalgie und Pathos einschl. Zusammensetzung wird mir nicht bange… da wird mir übel! Aber das ist eine persönliche Befindlichkeit und halt ein anderes Thema.
@Andreas: Man kann doch ganz sicher ehemaliger Wehrmachtssoldat sein, ohne gleichzeitig immer noch stramm zu stehen, wenn Guido Knopp mal wieder Historisches aus den Filmarchiven der 30er und 40er Jahren senden läßt? Selbst wenn die alten Knochen es zuließen…
Westfale:
Vielleicht nicht in Bezug auf das Innenleben der Bundeswehr (kann ich nicht beurteilen, aber dort wird vom Verein auch keine Problematik gesehen) –nach außen hin scheint es da durchaus einiges an Problemen zu geben. Und ich kann mir vorstellen, dass ein Soldat aus einer Einwandererfamilie noch mit zusätzlichen Problemen zu kämpfen hat, die ein „Eingeborener“ mit deutschen Vorfahren seit Anno Tux einfach nicht kennt (man lese dazu den SZ-Artikel „Kapverden, schöön, super“ auf der Vereinswebseite unter Presse).
Wegwünschen kann man sich solche Abgrenzungen aus der Gesellschaft, das klappt aber leider nicht.
@Andreas
„Bei so viel Traditionsbewusstsein, Nostalgie und Pathos einschl. Zusammensetzung wird mir nicht bange… da wird mir übel!“
Bestimmte Ressentiments hätte man kaum deutlicher ausdrücken können. Das Thema „Vielfalt“ ist aber dann erst wirklich angekommen, wenn auch der Bayer zu seiner Tradition stehen kann, ohne dass dies auf pauschal abwertende Vorurteile trifft, und der ehemalige Wehrmachtssoldat ebenso als Veteran einer deutschen Armee anerkannt wird wie der ehemalige Soldat der NVA oder der der Bundeswehr, anstatt wegen der Zeit, in der er zufällig geboren wurde, diskriminiert zu werden.
Den Bayerischen Soldatenbund hat die Bundeswehr eigentlich gar nicht verdient: Offensives Vertreten von Tradition, Brauchtum und der Interessen ehemaliger und aktiver Soldaten würde man sich des Öfteren auch von der Bundeswehr wünschen. Dazu kommt noch eine deutliche (!) Präsenz in der bayerischen Öffentlichkeit und nachhaltige Unterstützung durch die Politik.
„Das Thema “Vielfalt” ist aber dann erst wirklich angekommen, wenn auch der Bayer zu seiner Tradition stehen kann, ohne dass dies auf pauschal abwertende Vorurteile trifft“
Leider sind gerade die, die sich die Toleranz auf die Fahnen geschrieben haben, am intolerantesten.
@ Westfale | 28. November 2013 – 12:47
Ich kann Ihre Kritik nicht nachvollziehen. Sie verlieren sich meines Erachtens in längst vergangenen Tatsachen.
Dazu schreibt Hptm Wullers in seinem Artikel:
Und wer glaubt, dass es nach einer gemeinsam durchgestandenen Gefechtsübung noch „Ausländer“ gibt, hat keine Ahnung von der zusammenschweißenden Wirkung unseres Berufs.
Man kann das auch ganz deutlich in überbordender Klischeesprache ausdrücken: Was meinen Sie wie lange der bayerische Fallschirmjägerkamerad etwas gegen die Sanitäterin mit äthiopischen Migrationshintergrund, dunkler Hautfarbe, jüdischen Glaubens in lesbischer Lebensgemeinschaft lebend und im Osten wohnend, einzuwenden hat? Genau, bis sie ihn nach Schwerstverwundung vom Gefechtsfeld holte und in Richtung Lazarett verbrachte.
Und um dieses zeitgemäße Denken zu leben, möchte mE Hptm Wullers einen Beitrag leisten. Und das respektiere ich. Und darauf kommt es meiner Meinung nach auch an: auf Normalität im Umgang miteinander. Und es ist wichtig, dass „beide“ Seiten dies betonen. Zumindest solange man noch „Seiten“ betrachtet, und genau diese Betrachtung nach Differenz gilt es denn auch zu überwinden. Ein deutscher Soldat ist ein deutscher Soldat, weil er nach § 1 Soldatengesetz Soldat ist und optimalerweise seinen Diensteid mit Leben füllt – und nichts anderes interessiert, oder? Ich denke Sie sehen das im Grundsatz ähnlich. Nur eines dürfte uns dann doch unterscheiden bzgl. der Ansicht: noch sind wir nicht so weit, noch haben wir leider „Seiten“. Solange empfinde ich das Wirken von Hptm Wullers als in Ordnung bzgl. seines Vereins.
Bzgl. seines ZEIT-Engegement: ich finds gut und mutig.
@ Westfale | 28. November 2013 – 16:06
… Das Thema “Vielfalt” ist aber dann erst wirklich angekommen, wenn auch der Bayer zu seiner Tradition stehen kann, ohne dass dies auf pauschal abwertende Vorurteile trifft,…
Hierin stimmen wir überein.
@ Andreas | 28. November 2013 – 15:20
Es wird leider nicht klar, was Sie gegen den bayerischen Soldatenbund haben. Deswegen ?: http://www.bsb-1874.de/Daten/Standarte/Der_BSB_und_sein_Wirken_2009.pdf?phpMyAdmin=bdb94cc488bcfe72d89667d99922f8d6
@Sachlicher
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Für mich – ob nun als aktiver oder ehemaliger Soldat der Bundeswehr – gibt es keine Gemeinschaft und schon gar nicht etwas „gleichgesinntes“ mit ehemaligen Soldaten der Wehrmacht, weder gemeinnützig noch überparteilich.. und in dem Zusammenhang auch nicht zum Wohl des Deutschen Volkes.
Und ich denke, das hat nichts mit meinem Toleranzverhalten zu tun. Aber wie ich schon sagte, das geht vielleicht am eigentlichen Thema vorbei.
„gibt es keine Gemeinschaft und schon gar nicht etwas “gleichgesinntes” mit ehemaligen Soldaten der Wehrmacht“
Dann dürfte allerdings die Bundeswehr der falsche Ort für dich gewesen sein. Es gibt/gab nämlich nicht wenige Soldaten, die Dienst in beiden Armeen taten. Inklusive sämtlicher Generalinspekteure bis 1986. Ich denke schon, dass das im Wesentlichen etwas mit Respektlosigkeit und fehlender Toleranz zu tun hat.
@xyz: In Ihrer Argumentation steckt eine gefährliche Vermischung der Bezugspunkte „Wehrmacht als Ganzes/Organisation“ und „einzelner Soldat der Wehrmacht“. Was Letztere angeht, etwa bei den von Ihnen zitierten Generalinspekteuren der Bundeswehr, gibt es selbstverständlich reichlich personelle Kontinuität und Überschneidung zwischen Wehrmacht und Bundeswehr. Von diesem Punkt aus auf „gleichgesinnt“ und/oder „Gemeinschaft“ zu schließen ist aber nicht mehr zulässig. Gerade diese Leute haben die Bundeswehr nach der Prämisse aufgebaut „so etwas wie die Wehrmacht darf nie wieder entstehen.“ Sie hatten erlebt, wie sich die Wehrmacht allzu willig als Werkzeug für Hitlers Verbrechen hatte missbrauchen lassen und das als ein entscheidendes Versagen dieser Wehrmacht begriffen, dass für die Bundswehr ausgeschlossen werden sollte. Die personelle Kontinuität schafft daher noch keine Gemeinschaft, es trifft hier sogar eher das Gegenteil zu: Wie bei den Leuten vom 20.Juli kommt es nicht darauf an, dass sie in früheren Zeiten mehr oder weniger starke Sympathien für die Nazis hatten sondern darauf, dass sie an einem bestimmten Punkt aus diesem Irrsinn aussteigen und dazu NEIN sagen konnten – mit allen Konsequenzen.
@ Andreas | 28. November 2013 – 18:12
Ich denke nicht, dass es off topic ist. Und danke für Ihre ehrliche Antwort.
@ Zivi a.D. -> Danke, d´accord.
@ Zivi a.D.
Wenn ich lese, wie sie die Aufbaugeneration der Bundeswehr in völlig falscher Art und Weise zitieren und instrumentalisieren, geht mir der Hut hoch.
Gerade diese Leute haben die Bundeswehr nach der Prämisse aufgebaut „so etwas wie die Wehrmacht darf nie wieder entstehen.“
Der Satz ist grundlegend falsch, hat doch die Aufbaugeneration der Bundeswehr stets enge Verbindung zu Kameradschaften und Verbänden der ehemaligen Wehrmacht gehalten und auf ihre alten Kameraden, die im besten Glauben ihre Pflicht für das Vaterland getan haben, nichts kommen lassen.
Sicher war allen bewusst, dass eine deutsche Armee sich nie wieder so missbrauchen lassen darf, wie es mit der Wehrmacht geschehen ist, aber grundlegend distanzieren wollte man sich von der Wehrmacht nicht – und genau das behaupten sie mit ihrer Aussage. Vielmehr war für eine großen Teil dieser Soldaten die Wehrmacht weiterhin klares Vorbild in ihren militärischen Leistungen.