Deutsche Chemikalien für Syriens Giftgasproduktion?

Syrian Chemical Weapon

Die Meldung klingt, nun, nicht so richtig beruhigend. Von den Kollegen der ARD:

Rot-Grün und Schwarz-Rot haben zwischen 2002 und 2006 Chemikalien an Syrien geliefert, die zur Sarin Produktion verwendet werden können

Die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine schriftliche Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung macht deutlich, dass die unter Rot-Grün geführte Bundesregierung 2002 und 2003 und die unter Schwarz-Rot geführte Bundesregierung 2005 und 2006 Ausfuhrgenehmigungen für Chemikalien erteilt hat, die als sogenannte Dual Use Güter gelten. Das Antwortschreiben liegt dem ARD Hauptstadtstudio vor.
Die Stoffe, darunter Fluorwasserstoff oder Ammoniumhydrogendifluorid, sind für die Produktion von Sarin nötig, so der Chemiker Dr. Lasse Greiner von der Fachhochschule Mannheim gegenüber dem ARD Hauptstadtstudio. Allerdings seien sie nur Bestandteile von Sarin.
Der Bundesabgeordnete der Linkspartei Jan van Aken erhebt schwere Vorwürfe gegen die damaligen Verantwortlichen in den jeweiligen Bundesregierungen. „Ich kann das gar nicht glauben. Deutschland hat jahrelang insgesamt über 111 Tonnen Chemikalien an Syrien geliefert, mit denen man Sarin produzieren kann und das in ein Land von dem man wusste, dass es ein Chemiewaffenprogramm hat“, so van Aken gegenüber dem ARD Hauptstadtstudio.
Das Bundeswirtschaftsministerium begründet die Ausfuhrgenehmigungen im Antwortschreiben: „Diese Genehmigungen wurden nach sorgfältiger Prüfung aller eventuellen Risiken, einschließlich von Missbrauchs- und Umleitungsgefahren im Hinblick auf mögliche Verwendungen im Zusammenhang mit Chemiewaffen, erteilt.“

Hm, hatten wir so was ähnliches nicht schon mal? Das berühmt gewordene Stichwort, vor mehr als 20 Jahren, damals ging’s um Libyen: Auschwitz in the Sand

Nachtrag: Dazu eine Erklärung der Bundesregierung:

In ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen im Monat September 2013 Nr. 83,84, 116 und 117 hat die Bundesregierung bereits darauf hingewiesen, dass die Genehmigungen nach sorgfältiger Prüfung erteilt wurden. In allen Fällen wurde die zivile Verwendung plausibel dargestellt. Der Bundesregierung liegen auch keine Informationen vor, dass die gelieferten Güter zwischenzeitlich anders als für die angegebenen zivilen Zwecke genutzt wurden. In der Antwort der Bundesregierung heißt es:

„Diese Genehmigungen wurden nach sorgfältiger Prüfung aller eventuellen Risiken, einschließlich von Missbrauchs- und Umleitungsgefahren im Hinblick auf mögliche Verwendungen im Zusammenhang mit Chemiewaffen, erteilt. In allen diesen Fällen wurde die geplante zivile Verwendung der Güter plausibel dargestellt. Die Bewertung aller verfügbaren Informationen vor Erteilung der Genehmigungen hatte keine Hinweise auf eine militärische Nutzung ergeben, die eine Versagung der Genehmigung begründet hätten. Der Bundesregierung liegen auch keine Informationen vor, dass die gelieferten Güter zwischenzeitlich anders als für die angegebenen zivilen Zwecke genutzt wurden.“

Frage und Antwort im Original: Chemie_Syrien

Aus Regierungskreisen hieß es, die in der Antwort genannten Chemikalien stünden zwar bei der Ausfuhr international unter Genehmigungspflicht. Es handele sich aber um Stoffe, die auch eine breite, rein zivile Anwendung hätten, zum Beispiel bei der Oberflächenbehandlung von Metallen,  der Fluorierung von Trinkwasser oder der Herstellung von Zahnpasta. Die Genehmigungen seien nur bei einer ‚plausiblen zivilen Verwendung‘ und  erst nach Prüfung durch die Geheimdienste erteilt worden.
(Foto: Von syrischen Aktivisten  aufgenommenes Bild einer vermuteten Giftgasgranate bei Ghouta in Syrien – Bild Elliot Higgins via Wikimedia Commons)