Definiere: Kampftruppen

Vielleicht ist es ein bisschen den Wahlkampfzeiten geschuldet, dass es eine leichte Sprachverwirrung gibt. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, hat auch für die Zeit nach 2014 deutsche Kampftruppen in Afghanistan gefordert und sich gegen Stimmen aus der Politik gewandt, solche Kampftruppen sollten nach dem Auslaufen des ISAF-Mandats Ende 2014 bei einer – noch nicht feststehenden – Nachfolgemission abgezogen: Zu sagen, wir bräuchten nach 2014 keine Kampftruppe in Afghanistan mehr, mag wahltaktisch schön sein, entspricht aber nicht der Realität, sagte Kirsch den Zeitungen der DuMont-Gruppe (u.a. Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau; Links aus bekannten Gründen nicht).

Entspricht nicht der Realität ist richtig – denn auch die Aussage, es werde nach 2014 in Afghanistan keine deutschen Kampftruppen mehr geben, ist eine, nun, politisch bedingte Ungenauigkeit. Hört man genauer hin oder fragt gar nach, wird klar: Es soll, das scheint parteiübergreifender Konsens, dann keine deutschen Soldaten mit Kampfauftrag mehr geben. Dass es bei den angebotenenen 600 bis 800 Bundeswehrsoldaten für die Jahre 2015 und 2016 schon zum Eigenschutz Kampftruppen neben den Ausbildern und den nötigen Unterstützern wie Sanität und Logistik geben wird, dürfte dagegen sicher sein. Train, Advise, Assist (Trainieren, Beraten, Unterstützen) soll dann die Aufgabe sein, was ja noch nicht heißt, dass dann am Hindukusch der Frieden ausgebrochen ist und diese Trainingsmission ganz ohne Waffen und ohne die Hilfe derjenigen auskommt, die vor allem im Gebrauch dieser Waffen geübt sind. Auch das neue Mandat dürfte zudem in Notfällen – Militärjargon: in extremis – die militärische Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte vorsehen.

Nun ist noch völlig offen, wie es denn mit der Mission Resolute Support aussieht, die nach NATO-Vorstellungen auf ISAF folgen soll: Verschiedene Unwägbarkeiten sind der Abschluss von Vereinbarungen mit den Afghananen (erst für die USA, dann für die anderen NATO-Länder), ein Folgemandat der Vereinten Nationen und eine Einladung durch die afghanische Regierung – wer auch immer die nach der für Frühjahr 2014 geplanten Wahl anführen wird. Mit anderen Worten: Ob die deutschen Ausbilder noch da sein werden, und ob sie dann auch Sicherung durch Kampftruppen brauchen werden, kann im Moment noch keiner genau sagen.

Egal, die Forderung Kampftruppen raus aus Afghanistan passt politisch in die Landschaft. Das sieht auch die SPD so, deren außenpolitischer Fraktionssprecher Gernot Erler auf Kirschs Aussage reagiert:

Kampftruppen über 2014 hinaus in Afghanistan lehnen wir ab. Es gibt einen international vereinbarten Fahrplan, der den Rückzug der Kampftruppen bis Ende 2014 vorsieht. Dieser ist auch mit der afghanischen Regierung abgestimmt, die bis dahin die vollständige Sicherheitsverantwortung des Landes übernehmen soll. Auch danach werden die internationale Gemeinschaft und Deutschland Afghanistan unterstützen, im zivilen Bereich und bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte. Kampftruppen gehören definitiv nicht dazu.

Ehe Missverständnisse aufkommen: Diese Aussage könnte man derzeit vermutlich von jeder Partei bekommen, auch aus der Regierungskoalition. So ist das in Wahlkampfzeiten.

(Foto: Deutsche Kampftruppen mit dem Schützenpanzer Marder in Afghanistan – ISAFMedia via Flickr unter CC-BY-Lizenz)