Noch mehr Probleme mit dem Eurofighter

Der inzwischen einzige Abfangjäger der Luftwaffe hat ein großes Problem mehr als bislang bekannt: Nachdem der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe nicht nur über Kostensteigerungen, sondern vor allem auch über Qualitätsmängel bei der Fertigung berichtet hatte, kommt jetzt offensichtlich ein weiterer Qualitätsmangel hinzu. Die Schleudersitze des Kampfjets, heißt es bei Spiegel Online, seien nicht wie vorgeschrieben geprüft worden.

Unklar, genauer: widersprüchlich ist die Aussage auf die Frage, ob die vorgeschriebene Prüfung inzwischen für die Schleudersitze in allen der bislang 101 ausgelieferten Eurofighter nachgeholt wurde. Und unklar ist, ob damit die Flugzeuge vorerst am Boden bleiben müssten. Bereits vor drei Jahren gab es einen ähnlichen Fall – damals verfügte die Luftwaffe allerdings noch über Abfangjäger des Typs Phantom, die bei Bedarf aufsteigen konnten. Damit ist es aber seit gut einer Woche vorbei.

Nachtrag: Das Verteidigungsministerium bestreitet am Dienstag  vehement die Aussagen von Spiegel Online (Text komplett hier eingestellt, da sich die URL von BMVg-Seiten bisweilen ändert…)

Keine Mängel an Schleudersitzen
Berlin, 09.07.2013.
Das Verteidigungsministerium bemängelt die Berichterstattung von SPIEGEL ONLINE. Neue gravierende Mängel beim Eurofighter? Die betroffenen Maschinen dürfen nicht mehr starten? Das sind die neuen Vorwürfe des SPIEGEL in Sachen Eurofighter.
Der Autor berichtet auf der Grundlage einzelner interner Arbeitsunterlagen über „Mängel“ und „nicht ordnungsgemäße Prüfungen“. Eigentlich hätte der Artikel so nicht erscheinen können, denn das Ergebnis der Recherche ging über die veröffentlichte Geschichte durchaus hinaus.
Am 8. Juni geht im Pressestab des Verteidigungsministeriums um 10:51 eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE ein – Das Thema: Schleudersitze des Eurofighter.
Beanstandungsmeldung eines Mitarbeiters
Dem Spiegel liegt ein Dokument vor, wonach die Schleudersitze des Eurofighter angeblich eingebaut werden, obwohl sie nicht geprüft wurden. Die Anfrage spricht von „nicht zugelassenen Komponenten“ und Qualitätsmängeln.
Seitens des Pressestabs folgt eine Abstimmung innerhalb des Ministeriums und mit dem zuständigen Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). SPIEGEL ONLINE erhält um 15:39 Uhr eine Antwort.
Es handelt sich bei dem erwähnten Dokument um die Beanstandungsmeldung 13/01 eines Mitarbeiters, der am 18. April berichtete, dass er als verantwortlicher Prüfer Zweifel an einem Verfahren für die Zulassung der Schleudersitze in Deutschland habe.
Gleiche Kriterien
Die Beanstandung wird natürlich ernst genommen, die zwei zur Prüfung anstehenden Sitze zurückgehalten. Das bisher gültige Verfahren wird überprüft. Die Schleudersitze des Eurofighter werden durch die britische Firma Martin Baker Aircraft Co. Ltd. hergestellt und durch den englischen Güteprüfdienst überwacht.
Somit ist sichergestellt, dass für Deutschland bestimmte Schleudersitze nach den gleichen Kriterien hergestellt und geprüft werden, wie nationales englisches Luftfahrtgerät.
Wird es dann in die Bundesrepublik Deutschland übernommen, so wird von Seiten der deutschen Prüfer festgestellt, ob der Nachweis der Lufttüchtigkeit gemäß der Begleitdokumentation vorhanden ist.
Abschluss der Prüfung
Eine verantwortungsvolle Aufgabe für die Prüfer des Güteprüfdienstes der Bundeswehr, stehen sie doch mit ihrer Unterschrift in der Pflicht. Und hier meldete nun einer der Prüfer, dass er verfahrensunsicher sei.
Am 21. Juni 2013 schließt das BAAINBw die Prüfung der Beanstandung ab und teilt der Güteprüfstelle der Bundeswehr mit, dass „der beanstandete Sachverhalt durch die bestehenden Vorschriften vollständig und durch die hierzu zuständigen Stellen geregelt ist“.
Sicherheit der Piloten
Eine vermeintliche „Regelungslücke“ besteht nicht. Die beiden zurückgehaltenen Schleudersitze werden freigegeben. Schleudersitze ohne erforderliche Nachweise wurden nicht verbaut, der Flugbetrieb des Eurofighter nicht eingeschränkt.
Mängel an den Schleudersitzen? Qualitätsmängel? Gefährdete Sicherheit – Eurofighter am Boden – Nein! Ein Mitarbeiter wurde seiner Verantwortung gerecht. Zweifel am Verfahren wurden überprüft. Die Mitarbeiter haben einfach ihren Job gemacht, denn es geht um die Sicherheit unserer Piloten!

(Foto: Verteidigungsminister Thomas de Maizière in einem Eurofighter-Cockpit im Mai 2011 – Andrea Bienert/Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)