Kein Leo für die Saudis?

Die geplante Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien scheint geplatzt – nicht weil Deutschland nicht exportieren will, sondern weil das Königreich auf die Rüstungsgüter aus Deutschland verzichtet. Das berichtet das Handelsblatt (Link aus bekannten Gründen nicht) am (heutigen) Freitag. Die Saudis verhandeln nach diesem Bericht inzwischen mit dem US-Unternehmen General Dynamics über die Lieferung von Abrams-M1-Panzern.

Nach Darstellung der Zeitung habe das Königreich offensichtlich angesichs des langwierigen Genehmigungsverfahrens in Deutschland die Geduld verloren. Darüber hinaus hätten die Saudis bezweifelt, dass der Leopard-Hersteller Kraus-Maffei Wegmann (KMW) als mittelständisches Unternehmen in der Lage sei, die nötige Wartungs-Infrastruktur bereitzustellen – während General Dynamics am Golf bereits gut vertreten sei.

Die Bundesregierung, genauer, der Bundessicherheitsrat, hatte vor zwei Jahren einen Export von Leopard-Kampfpanzern des modernsten Typs 2A7+ an Saudi-Arabien grundsätzlich gebilligt,was nach dem Bekanntwerden zu Protesten von der politischen Opposition und gesellschaftlichen Gruppen geführt hatte. Es fanden auch bereits Tests im Land statt. Darüber hinaus hatte die Bundesregierung zwar unter Hinweis auf die Geheimhaltung nie offiziell etwas zu dem Geschäft gesagt, allerdings verteidigte zum Beispiel Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Exportabsicht öffentlich.

Was nun letztendlich der Grund für das Scheitern des Leo-Deals ist, wenn er denn wirklich gescheitert ist, wäre interessant zu erfahren – Kostengründe werden für die Scheichs keine so große Rolle gespielt haben. Aber bei all ihren Rüstungswünschen, vom Kampfjet bis zum Kriegsschiff, ist die Golf-Monarchie sonst ziemlich von einem Land abhängig: den USA.

Dass das deutsche Genehmigungsverfahren nicht unbedingt ein Hinderungsgrund ist, zeigt sich am Fall der Panzer- und Haubitzenlieferung nach Katar. Dazu hatte die Grünen-Abgeordnete Katja Keul einige Unterlagen aus Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz angefordert – und auch bekommen. Ihr Fazit:

Dass die Bundesregierung im Zweifelfall außenpolitische Bedenken zurückstellt, wenn es darum geht ein Geschäft zu machen, zeigt sich im Fall Katar.
Nach der mir vorliegenden Verwaltungsakte, die ich nach dem Informationsfreiheitsgesetz beantragt und erhalten habe, wurde am 26. März diesen Jahres neben 62 Leopard II Kampfpanzern und 24 Panzerhaubitzen auch 6 Bergepanzer, 40 Mörser, 12.394 Schuss Munition, 5.610 Geschosse, 8.214 Zünder, 10.194 Treibladungen und 62 Maschinengewehre samt Zubehör genehmigt.
Vom Antrag am 07.03. bis zur Genehmigung am 26.03.2013 brauchte das Wirtschaftsministerium nur 19 Tage.
Die Entscheidung erfolgte unter Bezug auf den Vorbescheid vom 06.08.2012, über den der Bundessicherheitsrat im Juli 2012 beraten hatte. Die außenpolitischen Bedenken gegen die zusätzliche Lieferung von Maschinengewehren wurden vom Auswärtigen Amt ohne nähere Begründung zurück gestellt, obwohl Katar salafistische Islamisten in den Konfliktregionen in aller Welt unterstützt, u.a. in Libyen, Syrien und Mali und damit brutale Bürgerkriege befördert.
Es ist davon auszugehen, dass im Falle eines Vertragsschlusses mit Saudi-Arabien das Geschäft ebenso zügig und schnörkellos genehmigt worden wäre.
Der Vorgang belegt nicht nur, wie wichtig die öffentliche Debatte in Deutschland selber ist, sondern auch wie dringend wir mehr Transparenz und parlamentarische Kontrolle im Bereich der Rüstungsexporte benötigen.

Nachtrag: Die – erwartbaren – Antworten dazu in der Bundespressekonferenz am Freitag; von Regierungssprecher Steffen Seibert, Adrian Toschev vom Bundeswirtschaftsministerium und Martin Schäfer vom Auswärtigen Amt:

Frage: Ich habe zunächst einmal eine Frage an Herrn Seibert beziehungsweise an Herrn Toschev: Hat die Bundesregierung irgendwelche Erkenntnisse darüber, dass Saudi-Arabien Abstand von seinem ursprünglichen Begehren genommen hat, bei einem deutschen Hersteller Rüstungsgüter zu kaufen? Bedauert die Bundesregierung das, wenn es so ist?
StS Seibert: Ich glaube, das BMWi kann sich dazu äußern.
Toschev: Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Der „Handelsblatt“-Artikel, den Sie erwähnen, ist uns bekannt. Zu dem darin aufgeführten Inhalt können wir keine Stellung nehmen. Es entspricht auch den üblichen Gepflogenheiten, dass wir zu solchen Angelegenheiten keine Auskunft geben können.
Frage: Ich habe eine Frage, die vielleicht auch das Auswärtige Amt beantworten könnte. In dem Artikel ist auch die Rede davon, dass man sich in Saudi-Arabien über die Debatte in Deutschland geärgert habe, als es um Panzerlieferungen ging. Die Opposition hat vehement dagegen argumentiert. Ist diesen Ärger darüber, wie die Debatte in Deutschland verlief, vielleicht auch über diplomatische Kanäle Ausdruck verliehen worden?
Schäfer: Das glaube ich nicht. Ich weiß es nicht. Ich wüsste nicht, in welcher Weise das auf diplomatischen Kanälen hätte geschehen sollen. Das ist mir nicht bekannt.
Frage: In dem „Handelsblatt“-Artikel werden auch Stimmen zitiert, die der Bundesregierung den – so nenne ich es einmal – Vorwurf machen, eine Entscheidung sei auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt worden. Solche Stimmen gab es ja vorher auch schon. Ist das denn ein zutreffender Vorwurf? Was sagen Sie dazu?
Toschev: Ich kann nur das wiederholen, was ich gesagt habe: Zu Fragen, die solche Entscheidungen oder auch die diesbezüglichen Verfahrensprozesse betreffen, können wir leider keine Auskunft geben.

(Foto: Ein Leopard bei der Informationslehrübung des Heeres 2010 – Bundeswehr/Winkler via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)