De Maizière zur Bundeswehrreform: „Ein hartes aber unvermeidliches Zwischenstadium“

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat sich am (gestrigen) Sonntagabend in der ZDF-Sendung berlin direkt einem Interview zur Bundeswehrreform gestellt. Weil es nicht alle mitbekommen haben dürften, hier das Interview (das auch in der ZDF-Mediathek zu finden ist) noch mal zum Nachlesen. Der Minister verteidigt seine Neuausrichtung und sieht die Härten für die betroffenen Soldaten als hartes aber unvermeidliches Zwischenstadium. Und seine positive Nachricht: An der Sicherheit Deutschlands wird nicht gespart.

Im Wortlaut:

Die Reform sollte die Arbeit bei der Bundeswehr attraktiver machen. Der Bundeswehrverband kommt nun zu dem Ergebnis, die Reform erreiche das Gegenteil. Was läuft da schief?

Nein, die Reform sollte nicht die Arbeit attraktiver machen, sondern einen anderen Auftrag der Bundeswehr möglich machen. Die Neuausrichtung ist die grundlegende Antwort auf die veränderte Sicherheitslage und eine grundlegende Vorbereitung auf denkbare neue Sicherheitsentwicklungen, die wir noch gar nicht kennen. Das ist ein gewaltiger Prozess. (…) Wir sind mittendrin. Ein Beispiel: von 6.400 Einheiten werden 5.000 komplett umgekrempelt. Wir sparen Führungsebenen, wir reduzieren die Stäbe, wir erhöhen den Truppenanteil. Das ist in der Tat mit Versetzungen und allem verbunden. Das ist hart, unausweichlich. Aber die Unsicherheiten liegen an der Prozesshaftigkeit der Reform, nicht am Ergebnis.

(…) Der Bundeswehrverband hat sich das angesehen und kommt zu dem Ergebnis: die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsbelastung hätten sich verschlechtert. Haben Sie da nicht doch etwas falsch gemacht?

Nein, wir sind jetzt noch in der alten Struktur, wir beginnen mit der neuen Struktur. Wir machen das in der Tat bei laufenden Einsätzen. Wir können der Welt nicht sagen, Leute, jetzt müssen wir uns um uns selbst kümmern. Das ist eine Operation am offenen Herzen. Die Belastung, die Dehnung, von der Herr Kirsch vom Bundeswehrverband gesprochen hat, ist geradezu die Analyse dafür, dass wir schnell zu dem Ergebnis der Neuausrichtung kommen müssen. Und deswegen wollen wir in dem Tempo fortsetzen. Und viele in der Bundeswehr fürchten ja eher, dass es eine neue Reform gibt. Die wird es nicht geben, sondern wir setzen die bestehende entschlossen um.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, der meinte in dieser Woche zur Reform, dass die Soldaten zunehmend daran zweifeln würden, dass die Ziele, die Sie gerade genannt haben, zu erreichen sind. Die müssen es doch wissen.

Viele Soldaten wissen schon, wo ihr neuer Dienstposten ist, viele wissen es noch nicht. Viele sind im Einsatz und glauben, die besten Posten werden ohne sie besetzt. Viele die zuhause sind sagen, die im Einsatz  werden bevorzugt. Das ist ein hartes aber unvermeidliches Zwischenstadium auf diesem Wege. Dass die Stimmung bei einem Hauptfeldwebel, der nicht viel verdient, wo die Frau auch Arbeit hat, wenn ich dem sage, er muss 500 Kilometer versetzt werden in den Norden, dass der nicht glücklich ist, ist klar. Aber die Ziele der Neuausrichtung – da bin ich ganz sicher – werden von ganz vielen, den meisten Soldaten geteilt.

Ein Ziel der Bundeswehr-Reform ist das Sparen. Wie viel Geld hat ihre Reform bislang eingespart?

Die Haushalte der Bundeswehr sind stabil und bleiben stabil. Das zeigt die mittelfristige Entwicklung. Wir können also bei verringertem Personal mehr für Material, für Übungen, für Großgeräte ausgeben. Und das ist gut so, und richtig so. Die Neuausrichtung der Bundeswehr ist auskömmlich finanziert.

Wenn ich das zusammenfasse, gibt es derzeit schlechte Stimmung in der Truppe und gespart haben Sie nach eigenem Eingeständnis bislang auch nicht. Haben Sie die Reform (…) übers Knie gebrochen?

Wieso ist das ein Eingeständnis, wenn ich mitteilen kann, dass an der Sicherheit Deutschlands nicht gespart wird? Ich finde, das ist eine gute Nachricht. Übers Knie gebrochen – es ist wahr, die Vorbereitung war knapp, wir machen alles gleichzeitig, aber deswegen, damit es nicht so lange dauert mit der Umstrukturierung. Bei dem hohen Tempo, das wir jetzt haben, dauert es immer noch bis 2015, 2017. Wären wir langsamer, wäre die Unsicherheit der Umstrukturierung noch viel größer. Und das wollten wir vermeiden.