Sprichst du Deutsch, bleibst du hier

Der zweite Mann von rechts oben im Bild, der mit dem Kopftuch Shemag, trägt dieses Stück Stoff nicht nur zum Schutz gegen die Sonne. Sondern auch, weil er nicht erkannt werden möchte: Als Sprachmittler, als Dolmetscher für die deutschen Truppen in Afghanistan fürchtet er jetzt schon um seine Sicherheit. Um so mehr, wenn die ausländischen Soldaten komplett oder auch nur zum Teil abziehen.

Die Ortskräfte, diejenigen, die bei den ISAF-Truppen als Dolmetscher, aber auch in anderen Funktionen arbeiten, fürchten um ihr Leben nach der ISAF-Mission. Ende März demonstrierten einige von ihnen vor dem Provincial Reconstruction Team in Kundus: Auf Asyl oder gar ein geordnetes Aufnahmeprogramm in Deutschland dürfen sie bislang nicht hoffen – und sehen einer ungewissen Zukunft als Kollaborateure der fremden Truppen entgegen. 

Das Problem hatten bislang schon einige deutsche Medien aufgegriffen, am (heutigen) Donnerstag die ARD-Sendung Monitor: Schutzlos in Afghanistan – Die Bundesregierung lässt Helfer der Bundeswehr im Stich. (Das Video soll noch im Laufe des Donnerstagabends abrufbar sein.)

Wahrgenommen wird das bislang in Deutschland kaum. Aus zahlreichen Gründen – könnte man die Lebensgefahr für die einheimischen Helfer doch als Eingeständnis werten, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nicht so vielversprechend wird wie offiziell gerne erklärt. Vielleicht auch, weil die Fürsorge für diese Afghanen im Zuständigkeitsgewirr versickert: Eine Aufenthaltsregelung für Deutschland wäre ja nicht Sache der Bundeswehr oder des Verteidigungsministeriums, noch nicht mal des ebenfalls am Hindukusch präsenten Auswärtigen Amtes, sondern des Bundesinnenministeriums. Und das, so steht vermuten, wird kaum seine in Kundus als Ausbilder eingesetzten Polizeibeamten mal fragen, wie denn die Lage wirklich ist. Obwohl das ja nicht so schwierig wäre.

Eine ganz persönliche Anmerkung: Es hat schon einen zynischen Unterton, diesen Leuten zu sagen: Ihr müsst in Afghanistan bleiben, weil ihr für den Aufbau des Landes gebraucht werdet. So nach Aktenlage kann man das ja so einschätzen, und wer kann schon zwischen denen unterscheiden, die Angst um ihr Leben haben müssen und denen, die nur im Wohlstandsland Deutschland der Armut entkommen wollen. Oder?  Wer, wie einige der im Monitor-Beitrag gezeigten Sprachmittler, wegen seiner Arbeit schon mal eine Kugel abbekommen hat, wird bestimmt große Chancen beim Aufbau des Landes haben – falls er den Truppenabzug überlebt.

Nachtrag: Ähnliche Geschichten gibt es auch bei den Briten.

(Foto: Ein Soldat der Truppe für Operative Information sucht mit Hilfe eines einheimischen Sprachmittlers das Gespräch mit Kindern aus einem abgelegenem Dorf in den Bergen – Bundeswehr/Kazda via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)