Sprichst du Deutsch, bleibst du hier
Der zweite Mann von rechts oben im Bild, der mit dem Kopftuch Shemag, trägt dieses Stück Stoff nicht nur zum Schutz gegen die Sonne. Sondern auch, weil er nicht erkannt werden möchte: Als Sprachmittler, als Dolmetscher für die deutschen Truppen in Afghanistan fürchtet er jetzt schon um seine Sicherheit. Um so mehr, wenn die ausländischen Soldaten komplett oder auch nur zum Teil abziehen.
Die Ortskräfte, diejenigen, die bei den ISAF-Truppen als Dolmetscher, aber auch in anderen Funktionen arbeiten, fürchten um ihr Leben nach der ISAF-Mission. Ende März demonstrierten einige von ihnen vor dem Provincial Reconstruction Team in Kundus: Auf Asyl oder gar ein geordnetes Aufnahmeprogramm in Deutschland dürfen sie bislang nicht hoffen – und sehen einer ungewissen Zukunft als Kollaborateure der fremden Truppen entgegen.
Das Problem hatten bislang schon einige deutsche Medien aufgegriffen, am (heutigen) Donnerstag die ARD-Sendung Monitor: Schutzlos in Afghanistan – Die Bundesregierung lässt Helfer der Bundeswehr im Stich. (Das Video soll noch im Laufe des Donnerstagabends abrufbar sein.)
Wahrgenommen wird das bislang in Deutschland kaum. Aus zahlreichen Gründen – könnte man die Lebensgefahr für die einheimischen Helfer doch als Eingeständnis werten, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nicht so vielversprechend wird wie offiziell gerne erklärt. Vielleicht auch, weil die Fürsorge für diese Afghanen im Zuständigkeitsgewirr versickert: Eine Aufenthaltsregelung für Deutschland wäre ja nicht Sache der Bundeswehr oder des Verteidigungsministeriums, noch nicht mal des ebenfalls am Hindukusch präsenten Auswärtigen Amtes, sondern des Bundesinnenministeriums. Und das, so steht vermuten, wird kaum seine in Kundus als Ausbilder eingesetzten Polizeibeamten mal fragen, wie denn die Lage wirklich ist. Obwohl das ja nicht so schwierig wäre.
Eine ganz persönliche Anmerkung: Es hat schon einen zynischen Unterton, diesen Leuten zu sagen: Ihr müsst in Afghanistan bleiben, weil ihr für den Aufbau des Landes gebraucht werdet. So nach Aktenlage kann man das ja so einschätzen, und wer kann schon zwischen denen unterscheiden, die Angst um ihr Leben haben müssen und denen, die nur im Wohlstandsland Deutschland der Armut entkommen wollen. Oder? Wer, wie einige der im Monitor-Beitrag gezeigten Sprachmittler, wegen seiner Arbeit schon mal eine Kugel abbekommen hat, wird bestimmt große Chancen beim Aufbau des Landes haben – falls er den Truppenabzug überlebt.
Nachtrag: Ähnliche Geschichten gibt es auch bei den Briten.
(Foto: Ein Soldat der Truppe für Operative Information sucht mit Hilfe eines einheimischen Sprachmittlers das Gespräch mit Kindern aus einem abgelegenem Dorf in den Bergen – Bundeswehr/Kazda via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Der angesprochene Beitrag von Monitor war einseitig und wie von dieser Sendung gewoht keineswegs objektiv.
Ok, Sie erklären sicherlich auch, wieso einseitig?
Wie wurden die Sprachmittler eigentlich angeworben? Hat man gezielt in Deutschland lebende Afghanen angesprochen?
Es gibt zwei arten von Sprachmittlern in der Bundeswehr. Zum einen die aus Deuschland, die zum Großteil auch Soldaten sind oder zumindest in Uniform nach Afghanistan gehen. Die bleiben auch nur ein Kontigent. Die Sprachmittler, um die es ihr geht, sind Einheimische, die auch vor Ort angeworben werden. Die Umgebung weis auch in der Regel wer für die ISAF-Truppen arbeitet. Der normale Arbeiter, hat in der Regel auch nichts zu befürchten. Normal muss er eventuell einen Teil seines Lohnes abgeben (an die Machthaber vor Ort wie Taliban oder Warlord) und gibt Infomationen über die ISAF-Truppen oder das jeweilige Camp weiter. Aber das weis man ja. Wer später wohl ein Ziel sein wird, sind die Festangestellten der ISAF, wie Sprachmittler und Sicherheitskräfte, die jetzt schon oft eigene Sicherheitskräfte zu Hause angestellt haben, da die örtlichen Sicherheitsgräfte und die ISAF selbst die Personen nicht schützen können/wollen.
Hier wird in vielen Fällen masslos übertrieben.
Die Sprachmittler oder Dolmetscher, welche lokal angeworben werden, erhalten für ihre Tätigkeit ein (gemessen am Durchschnitt) sehr gutes Gehalt, von dem sie ihre Familien gut ernähren können-entsprechend begehrt sind diese Posten auch.
Ich kenne einige dieser ehemaligen „Arbeitskräfte“ persönlich (dabei eher im Irak als in Afghanistan)-und NIEMAND hat hier etwas zu befürchten.
Das Umfeld wusste bei den meisten, wo sie ihr Geld verdienen-und die meisten waren froh darum, weil sie auf diese Weise ebenfalls „vermittelt“ werden konnten.
Es ist eine Schande wie mit diesen Leuten umgegangen wird. Es wurde soviel Geld für Schwachsinn ausgegeben (Bsp.: Feldlagerausbau in KDZ) das es für mich nur schwer verständlich ist das diese Leute keine Chance bekommen. Einige dieser Sprachmittler haben da unten einen super Job gemacht für den Sie natürlich auch gut bezahlt wurden ABER was hatten Sie auch für eine andere Wahl als ihre Sprachkenntnisse einzusetzen.
Guten Abend,
der auf dem Bild abgebildetet Sprachmittler war Teil meines Teams 2010 im PRT FEYZABAD. Ich stand im Moment der Aufnahme neben den rechts außerhalb des Bildausschnittes aufgefahrenen Wölfen. Die Provinz BADAKHSHAN scheint durch unseren „Pressefilter“ scheinbar eher ruhiger, birgt jedoch erhebliches Gefahrenpotential. In dem Moment wo das Foto aufgenommen wurde, waren wir an einer unsichtbaren Grenze zwischen zwei politischen Einflussgebieten in einem Distrikt. Die Sprachmittlertrugen, außer innerhalb von Gebäuden, zu 90% Shemag und Sonnenbrille. Sie baten uns mehrmals, um deutsche Uniformen und Schutzwesten. Wir konnten leider nur alte Schutzwesten ausgeben, besser als nichts. Deutsche oder ANA Uniformen waren rechtlich nicht möglich.
Meine persönliches Fazit zum Thema Sprachmittler nach 1 Jahr Einsatz und über 160 Patrouillen:
1. Ja – sie haben Angst und zwar zu Recht.
2. Sie stehen zwischen allen Fronten, da auch die lokalen Machthaber Druck auf sie ausüben.
3. Fahrten nach Kabul/M-E-S nur mit anderer SIM Karte und unter Legende möglich, da sonst die Gefahr besteht möglicherweise an einem illegalen Checkpoint zu sterben.
Zwei meiner Sprachmittler kündigten und die anderen hatten Angst – bei jeder Fahrt raus. Ging uns Soldaten nicht anders..dumpfes Gefühl im Magen.
Ihnen ist ihr Risiko klar. Besonders problematisch ist es jedoch, wenn Sprachmittler in der gleichen Gegend eingesetzt werden aus der sie kommen. SIe kennen sich zwar sehr gut aus, doch jeder erkennt sie. Einer „meiner“ Sprachmittler meinte zum Abschied zu mir: Eines Tages wird jemand kommen und ihm in einem Teehaus erschießen, deshalb spart er all sein Geld. Er möchte weg und in Indien studieren.
Es muss dringend eine Lösung gefunden werden. Wir haben schon zu viele Fehler gemacht (Finanzierung von Kriegsherren als „Sicherheitsdienstleister“, Aufstellung von Milizen (Arbakis), Tötung von Unbeteiligten). Wir sollten die Menschen die uns unterstützten nicht einem Schicksal wie dem der Harkis (https://de.wikipedia.org/wiki/Harki) überlassen.
Bedenken sich bitte – es handelt sich um Menschen. Ich wünsche Ihnen von Herzen eine Zukunft! Mehr Menschlichkeit statt weitere Gewalt!
Mit freundlichen Grüßen
Ein Afghanistan-Veteran
PS: Namen u.a. Details habe ich aus Datenschutzgrüngen weggelassen. Wer Nachfragen hat gern per Mail an: altstadtpirat@posteo.org
Ich bin sehr zynisch geworden durch die Einsätze und habe mich daher entschlossen dort etwas zu verändern, wo die Entscheidungen getroffen werden. Hier meine persönliche Position zum Einsatz: https://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/PP001
@huey
Wieso vergleichen Sie den, vergleichsweise modernen Irak mit der Situation in Afghanistan, wo Taliban und Co einen wahren Schrecken für die Zivilbevölkerung darstellen?
Und den Betroffenen dort nützt das beste Gehalt nichts, wenn sie nicht mehr wissen, ob sie oder ihre Familie den nächsten Tag überleben.
Es ist schon bezeichnend, dass die BW vor Ort keine Gefährdung erkennen will, die Asylbehörden in D aber schon.
„Wahrgenommen wird das bislang in Deutschland kaum.“
Ich finde die Berichterstattung hierüber ist recht umfangreich (verglichen bpsw. mit Berichterstattung über AFG in 2008 insgesamt).
Wahrscheinlich eine Perzeptionsfrage
@ huey
Seh ich stark anders.
An der Stelle sollte man auch zwischen dem direkten Umfeld und der Bedrohungslage insgesamt unterscheiden. Und dass gerade Übersetzer Ziel von Drohungen, Kopfgeldern und Attentaten werden ist jetzt wirklich gut dokumentiert. Auch darüber, was mit Ihnen geschieht falls sie an einer Straßensperre der Aufständischen erkannt werden braucht man sich keine Illusionen machen:
Matt Zeller: „Janis recalled how the Taliban captured an interpreter last year on his way home to Kabul (each terp gets about a week’s worth of leave every month). The Taliban castrated, beheaded, and disemboweled him, sending the pieces to his family and to his base’s fellow interpreters as an example of what happens to “collaborators.” “
Old Blue: „Our interpreters were threatened via text messages on their phones. Their families were threatened. They often wore shemaghs over their faces in certain areas to prevent being identified. They live dangerous lives simply due to their work. Sam was specifically targeted by the anti-government forces in our area and in Kabul. We had to put controls on his movement after a while, not letting him travel alone.“
Da ist das deutsche Vorgehen schlicht eine Schande.
Umso mehr, wenn man sich durchliest wie unheimlich wichtig die Terps für den Einsatz waren, und welchen Respekt sie sich verdient haben. Siehe
Joshua Foust, Old Blue, Bouhammer, Nathan Hodges. Vampire06: „A good terp is better than all the fire support in the world. I can’t say enough about how important your terps are.“
Naja wenn man das Verfahren zum Schutz von Kollaborateueren mit anderen Ländern vergleicht, hinkt Deutschland schon arg hinterher. Im übrigen haben die meisten wahrscheinlich angefangen, als die Sicherheitslage deutlich stabiler war (2001-2006), seitdem hat sie sich nur verschlechtert.
Andererseits sind aber auch Vergleiche wie die mit Südvietnam (die man in manchen Berichten hört) überzogen. Da überlässt man kein Land einer sicheren Invasion, sondern man hinterlässt eine Regierung, die sich halbwegs verteidigen kann, mit einem Feind, dessen genaue Stärke schwer vorherzusagen ist.
Letztlich müsste man die Gefährdung der Betroffenen also im Einzelfall klären – das scheint aber den Zuständigen eher egal zu sein. Sind ja keine deutschen Wähler.
Genau wie Scout bereits ausgeführt hat sieht die Lage aus.
Die Sprachmittler/Angestellten die im Rahmen von „echten“ gefährlichen Situationen eingesetzt werden, also im Bereich Spezialkräfte oder im Bereich Militärisches Nachrichtenwesen, z.B. HUMINT / EloKa, sind ALLE ALLE ausnahmslos deutsche Staatsbürger die in Deutschland leben und als Reservisten „eingestellt“ wurden. Bis auf einen einzigen Fall war und ist das genaus so.
Eine „Gefährdung“ angestellter „ziviler“ Afghanen kann nicht ausgeschlossen werden, grundsätzlich sind diese Personen jedoch nicht in z.B. o.g. gefährlichen Bereichen eingesetzt. Ich betrachte eine „vermeintliche“ oder tatsächliche Gefährdung daher als „Berufsrisiko“ für das primär nicht der Arbeitgeber haftet.
Ganz anders sieht die Lage bei Afghanen aus die irgendwie anders ;-) mit ISAF zusammenarbeiten, hier hat man sich bereits Gedanken gemacht, BMI nimmt Einzelfallprüfungen vor. Zum Argument – andere Länder hätten bereits AFG Mitarbeiter aufgenommen – hier einfach mal überlegen und zwischen den Zeilenm lesen wer da wohl „evakuiert“/exfiltriert wurde… alle anderen arbeiten nämlich genauso wie wir.
Ich bin neu in dem Blog hier und finde gut, dass dieses Thema aufgegriffen wird. Einige Anmerkungen:
1. Alle Afghanischen Angestellten können einen Antrag auf Prüfung ihres Falles stellen. Über das Verfahren sind sie bereits umfangreich informiert worden.
2. Die geltend gemachte Bedrohungslage wird dann in einem aufwändigen Prozess geprüft.
3. Zum Thema Sicherheitslage: m.E. ist es unzulässig von einer – möglichen – individuellen Bedrohung auf die generelle Sicherheitslage zu schließen. Kein Staat der Welt kann jeden einzelnen seiner Bürger 100 % vor einer individuellen Bedrohung schützen.
4. Ich finde es auch nicht zynisch, die Afghanen zum Verbleib in Afghanistan zu bewegen – dafür werden im Übrigen durchaus attraktive Angebote wie weitere Ausbildungen oder Studiengäng angeboten. Der „Brain Drain“, der möglicherweise durch ein Schlechtreden der Situation nach 2014 entsteht, kann dem weiteren Aufbau des Landes defintiv schaden.
Nur mal zum Verständnis, Deutschland nimmt 13000 syrische Flüchtlinge auf (bzw. plant diese Zahl zu erreichen)! Wohlgemerkt aus einem Land in dem wir nicht interveniert haben und wir diskutieren hier wenige dutzend Angestellte die mitunter seit mehr als einem Jahrzehnt für die Bundesrepublik unter teils abenteuerlichen Umständen arbeiten?
Hier wird doch immer so gern vom mangelnden außenpolitischen Engagement schwadroniert, hier wäre eine Möglichkeit sich (zugegebenermaßen im Kleinen) als verlässlicher Partner zu zeigen. Der nächste Einsatz kommt bestimmt…
@huey: Und mir sind nun wieder einige Fälle von Angestellten bekannt, welche aus dem Süden des Landes (AFG) stammen und gezielt im Norden eingesetzt wurden, da man daheim lieber nicht erzählt für wen man arbeitet.
Die einfache Lösung:
Keine (lokalen) Sprachmittler mehr einstellen.
Es kann nicht sein, das wir für alles und jeden die Verantwortung bis zum Lebensende übernehmen, nur weil dieser jemand „mal“ für die BRD gearbeitet hat…
Jeder der Sprachmittler hat diesen Job GERNE angenommen-niemand wurde gezwungen. Somit war auch jedem das Risiko klar-denn von Anfang an wurde NIE das Versprechen gemacht, diese Menschen bei einem späteren Abzug „mitzunehmen“.
Für mich ist das eine ganz einfache Sache:
Sie wurden für eine spezifische Aufgabe angeheuert-und kannten die Umstände.
Sie wurden dementsprechend bezahlt-und gut.
Sollen wir vielleicht auch noch den (lokalen) Reinigungskräften ein Leben in Deutschland ermöglichen?
@Seepferd: Ich weiß nicht was Sie unter „echten“ gefährlichen Situationen verstehen aber die einfache Trennung in Gefährlich = Deutscher Reservist und Gärtner im PRT = lokaler Angestellter ist schlichtweg falsch. Die Knappheit an deutschem Sprachmittlerpersonal führte dazu, dass lokale Sprachmittler bei den Einheiten „draußen“ die Mehrheit stellten.
@huey: Das die Jungs den Job gerne gemacht haben kann ich bestätigen. Es ist jedoch angesichts der afghanischen Arbeitsmarktlage recht zynisch darauf zu verweisen, dass man auch einen anderen Job hätte annehmen können.
Partnering ist bzw. war ein Ansatz der sich maßgeblich auf dieses Personal abgestützt hat. Der Hinweis auf eine entsprechende Vergütung führt geradewegs in die Diskussion um die Gefahrenzulage deutscher Soldaten, nach dem Motto: „Tja, verwundet oder PTBS
aber du kanntest ja die Gefahren und wurdest entsprechend bezahlt“ Willkommen im Söldnertum.
Während meines Einsatzes war es dem Fingerspitzengefühl lokaler Sprachmittler zu verdanken das niemand zu Schaden gekommen ist. Diese Leute waren loyal und haben kulturbedingt eine sehr spezielle Auffassung von den Fürsorgepflichten eines Arbeitgebers. Holt die Leute nach Deutschland!
So weit ich das aus der Ferne beurteilen und der Berichterstattung glauben kann, ist man in Afghanistan ständig und überall, aus unterschiedlichsten Gründen, mehr oder weniger gefährdet. Welche Lösung bieten wir dem Rest der Bevölkerung an? Sind zudem nur die Sprachmittler in Gefahr, weil sie Kontakt zu Deutschen hatten? Wo fängt das an und wo hört das auf? Hier wäre ich auf eine hilfreiche Antwort von Alstadtpirat gespannt.
@Altstadtpirat ich kann sie sehr gut verstehen. Man bucht einen Sprachmittler im Krieg sicherlich nicht wie einen Touristenführer in irgendeiner Stadt. So kann ich mir vorstellen, dass sich auch enge persönliche Beziehungen entwickeln. Im Einsatz selbst, schützen sie sich sich ja auch gegenseitig. Der Eine mit der Sprache und der Andere mit seiner Waffe. Insofern eine Schicksalsgemenschaft. Wie muss also ein Staat handeln bzw. wo muss eine Grenze gezogen werden?
@ huey
+1
Ich bin da voll bei huey…Die von den deutschen Kontingenten eingestellten Ortskräfte, erhalten selbst für einfachste Tätigkeiten ein Gehalt was über dem lokalen Schnitt liegt.
Beispiel Kosovo: Einstiegsgehalt für eine Putzfrau (bzw. „das Gebäude reinigende“) ca. € 365 NETTO, Durschnittseinkommen KOS € 300-350 BRUTTO
Man könnte jetzt einen Vergleich bemühen und sagen, das Durschnittsbrutto für Single-Haushalte in DEU liegt laut stat. Bundesamt bei ca. € 2300 was ungefähr der Besoldungsgruppe A7, Erfahrungsstufe 3 entspricht (Oberfeldwebel, ledig). Proportional gesehen billigt also der Dienstherr einer im Ausland angestellten Putzfrau mehr zu, als einem im Inland dienenden „Meister seines Fachs“…Interessanter Aspekt wie ich finde, wenn auch way off topic…
Back to topic:
Sprachmittler, Übersetzer und Dolmetscher erhalten auch gerne mal das drei- bis fünffache (!!). Dem Vernehmen nach ist das bei ISAF nicht anders, wobei mWn für die besonders gefährdeten „Terps“ (TF, SOF, HUMINT) auch noch Risikozuschläge gezahlt werden und diese idR nicht aus der Region kommen in der sie eingesetzt werden. Ob das etwas an der Tatsache ändert das trotzdem bekannt ist das er „kollaboriert“ sei dahingestellt.
Die Anstellung bei ISAF erfolgte freiwillig, genauso hätten diese bei Änderung der Gefährdungslage jederzeit kündigen können.
Hm, wer hier mit dem Gehalt und der (scheinbaren?) Freiwilligkeit argumentiert… sollte sich dann auch nicht beschweren, wenn Soldaten vorgehalten wird, sie seien ja freiwillig zur Bundeswehr gegangen, hätten um die Auslandseinsätze vorher gewusst und würden mit dem AVZ fett abkassieren. Ist ja die gleiche Argumentationslinie.
So als Laie eine Frage dazu: Um wie viele Personen geht es konkret? – Also die wollen ja wohl nicht alleine kommen und dann gibt es Familiennachzug. Was kommt da auf Deutschland zu?
„Ist ja die gleiche Argumentationslinie“
Ist es nicht.
Ein Soldat dient der BRD-und wird nicht unbedingt nur für einen Einsatz in Afghanistan eingestellt.
Die Sprachmittler werden vor Ort und für eine bestimmte Tätigkeit angeworben-würde die Bw ihre Soldaten für den Afghanistan-Einsatz auch vor Ort aus lokalen Kräften rekrutieren, wäre ihre Argumentation richtig-so hinkt sie nur.
@TW
Falsch, Sie vergessen das die einem dem Deutschen Volke dienen, auf Gedeih und Verderb unter Androhung von ernsten Konsequenzen und die anderen für Geld arbeiten und auch woanders Sprachmittler wären wenn es da mehr geld gebe.
@T.W. : Da waren Sie schneller. Ich wollte im wesentlichen den gleichen Punkt anführen, dass es nicht seien kann das man mit Freiwilligkeit argumentiert aber selber sich oft genug über Dinge die den eigenen freiwilligen Dienst angeht dann noch beschwert.
Und ich muss sagen dass ich überrascht bin, dass hier einige so reagieren. Gerade bei den Sprachmittlern die, wie hier schon erwähnt wurde, unglaublich wichtig für den Einsatz und die Soldaten vor Ort sind sollte man doch Verständnis für Unterstützung durch den deutschen Staat aufbringen können.
Und wieder bin Ich bei huey.
Ich werde in den Einsatz befohlen weil mittelbar die Mehrheit des Volkes dad so möchte, die Putzfrau kann für uns arbeiten oder es lassen…
Platt gesprochen entscheidet Sie selbst ob Sie für den Kdr PRT oder den lokalen Warlord putzt…
@huey u.a.
Ich glaube worauf T.W. hinaus will ist, dass wenn Sie sagen die Sprachmittler wussten von den Rahmenbedingungen und haben die Tätigkeiten für die sie angeheuert wurden freiwillig gemacht und wurden entsprechend entlohnt könnte man genauso anführen, dass ein deutscher Soldat der der BRD dient dies ebenfalls tut und ebenfalls von den Rahmenbedingungen weiß (Auslandseinsetze, Versetzungen, Pendeln, lästige Reformen, inkompetente Beamte etc.). Sprich mit ihrer Argumentation könnte ich ihnen jegliches Recht sich zu beklagen in Abrede stellen da sie ja von allem wussten oder zumindest hätten wissen müssen, genauso wie die Sprachmittler davon wussten.
Ich würde diese Argumentation so nicht unterschreiben oder gar benutzen.
@T.W. Sorry falls sie das so nicht meinten – meine Interpretation und Gedankengang
Okay Ich beiß an!
Wenn mich meine Freundin sitzen lässt, weil ich so viel unterwegs bin, kann Ich dann vom Staat verlangen dies zu kompensieren?
Ich wusste um dieses Risiko wie der Terp, aber steht mirdeswegen das rrundum-sorglos Paket zu?
Mein Eindruck 2012/13 vor Ort war, dass die von uns eingesetzten Sprachmittler auch in der Zivilbevölkerung und mit den örtlichen Behörden gut vernetzt waren und auch in der Zeit nach dem Abzug wohl ganz gut durchkommen werden.
Hilft aber nicht, ist ja nur eine subjektive Einzelwahrnehmung.
Viel wichtiger finde ich die Grundsatzfrage: Berechtigt die Brandmarkung als Kollaborateur durch die Taliban zum Asyl in Deutschland? Man sollte hier bedenken, dass ja auch alle Polizisten, Soldaten, Angestellten der offiziellen afghanischen Regierung von den Aufständischen als Kollaborateure bezeichnet, bedroht, bekämpft und verfolgt werden.
Außerdem können mit Sicherheit auch viele einfache Bürger glaubhaft nachweisen, dass sie in der Zeit der Taliban-Herrschaft bedroht worden sind, und dass sie nach 2014 wieder fürchten, Repressionen oder Angriffen ausgesetzt zu sein. Diese Angst eint doch weite Teile des afghanischen Volkes im Moment.
Dass es also hier um eine ‚kleine vierstellige Zahl‘ geht, wie im Beitrag angedeutet, sehe ich nicht so. Wenn, dann müsste das im Grundsatz entschieden werden. Und da verstehe ich dann schon auch das Argument, gerade diejenigen, die sich in der Zusammenarbeit mit ISAF und der afghanischen Regierung profiliert haben oder Regierungsstellen angehören, sind zwar besonders bedroht, werden aber eben auch besonders beim Aufbau des Landes gebraucht.
Das wären zumindest meine ersten Gedanken.
Moooment. Ich hab nichts von zustehen geschrieben. Ich glaube nicht das Deutschland in einer zwingenden Verantwortung ist, aber dennoch finde ich das man ob der gebrachten Leistung (und den verbundenen Gefahren) die Terps dann doch unterstützen sollte.
Okay, Ich sehe wir nähern uns an…
Unterstützung? Gerne! Aber dann bitte in Form von Überleitung in Beschäftigungen bei GO’s, NGO’s, IO’s oder zu ziv. Firmen…als eine Art Terp-BFD sozusagen
Wo fängt die konkrete Gefährdung einer Ortskraft oder eines Sprachmittlers an ? Jeder der in der Nähe von deutschen Soldaten gesehen worden ist, ist ein „Kollaborateur“ und damit samt Familie – wer afghanische Familenumfänge kennt, weis was ich meine > 10 Personen – berechtigt nach Deutschland auszureisen?
Ich rede von konkreter Gefährdung, das heißt daß zwischen dem Auftreten des Afghanen mit ISAF Kräften und resultierenden Aktionen – nächtlicher Hausbesuch, Festnahmen, erhöhte SIcherheitskräftepräsenz usw. – ein echter Zusammenhang besteht. Nur weil Sprachmittler deutsche Patrouillen begleiten entsteht hier nicht automatisch eine echte Gefährdung. Zwischen der Frage des PtlFhr über den Sprachmittler an die Dorfbevölkerung „Wo sind den hier die Taliban…?“ kann ich diese Gefährdung nicht erkennen. Es ist nicht so das der PtlFhr und der SprMi auf dem Dorfplatz stehen, der SprMi mit dem Finger auf afghanische Dorfbewohner zeigt und diese dann samt Familie abgeholt werden. Die Kirche schön im Dorf lassen… Völlig anders sieht die Lage bei Informanten, Sprachmittlern die im Rahmen von direkten Aktionen und im MilNw eingesetzt werden aus – dort ist die konkrete Gefährdung gegeben, hier werden nur uniformierte Sprachmittler eingesetzt bzw. um diese Personengruppe wird sich gekümmert.
Die Abgabe von Ausrüstung/Integration auch optisch in Ptl/Bw Einheiten, führt eher noch zu einer Verstärkung der Gefährdung, hier wird Verantwortung für den SprMi übernommen, aber individuell durch die Soldaten die die Problematik schön befeuern, nicht alles dem Dienstherrn in die Schuhe schieben. Es wird wo eine Gefährdung besteht auch vom Dienstherrn Verantwortung übernommen, entsprechende Dinge – Asyl nach Einzelfallprüfung durch BMI (einstelliger Bereich und wachsend) gibt es für gefährdete Personen, meiner Meinung nach zu Recht nur für diese.
Über die Gründe für die „Gefährdung“ aller Kontingentangehörigen kann ruhig auch mal gesprochen werden, wer entsprechend Geld – für die Region und Umstände- verdient wird leider ein attraktives Ziel für Neider nicht ausschliesslich Taliban. Ordinäre Erpressung, staatliche Sicherheitsbehörden, Warlords usw. stellen sich alle in die Reihe zum abkassieren, das ist in AFG der way of life. Klar können wir darüber argumentieren das dies alles ganz ganz schlimm ist, gehört aber zur afghanischen Lebensrealität. Die im Monitorbericht erwähnten Fälle gehören leider in die Kategorie normales „Berufsrisiko“.
Provokation AN : Die Situation kann ruhig auf Deutschland übertragen werden für bestimmte Berufsgruppen Polizisten, Finanzbeamte und in einigen Teilen auch für Soldaten besteht auch ein erhöhtes Berufsrisiko das die signifikante Schädigung von Leib und Leben beinhaltet. Mir würde man glatt die Kniescheibe zertrümmern und mich verprügeln – sagen jedefalls die Flugblätter und Foreneinträge, wenn mich das stört, die Gefährdung unerträglich wird, sollte ich meinen Beruf wechseln.
Provokation AUS
Keine Sorge ich habe in AFG soviel Dienstzeit verbracht wie andere in der Bw sind, nicht in der Wehrverwaltung ;-).
Möglicherweise ist die Besorgnis unter den afghanischen Sprachmittlern auch nur deshalb so groß, weil niemand genau zu wissen scheint, wie es nach dem Abzug der ISAF weitergeht. Die Prognosen reichen von „kein Problem, die afg. Armee/Polizei ist inzwischen so gut aufgestellt, dass sie die Sicherheit in den Griff kriegen“, über „dann teilen die Warlords und Drogenbarone das Land unter sich auf“ bis „dann stehen kurze Zeit später die Taliban wieder in Kabul“, je nachdem, welche Vorhersage eintrifft, werden die Sprachmittler evt. gar nicht oder mehr bedroht sein. Ganz nebenbei stelle ich mir die Frage (da ich gewissermaßen vom Fach bin), in welchem Ausmaße die ISAF im allgemeinen, die BW im besonderen AFG durch die Brille ihrer Dolmetscher und Übersetzer gesehen hat, von einfachen Ausdrücken mal abgesehen, ist jede Übersetzung eine Interpretation des Übersetzenden, mit entsprechenden Effekt auf den, der die Übersetzung benötigt und daraus Schlussfolgerungen zieht.
Erschreckend mit welcher Überheblichkeit einige Kommentatoren hier die Sprachmittler (und andere, je nach ja Standpunkt unverzichtbare Mitarbeiter oder Kollaborateure mit dem Feinde…) ans Messer liefern. Nach dem Motto: „Wir haben sie gebraucht, nun ist´s gelaufen, lasst uns gehen, was kümmert uns deren Schicksal?“. Das ist schon ziemlich schäbig und wird nicht nur den Afghanen nach dem Abzug eine Lehre sein. Das wird ein fröhliches Arbeiten in den nächsten Konflikten. Das Tragische ist, dass viele andere ISAF-Nationen das offensichtlich besser handhaben. Haben die Kanadier nicht neulich erst Sprachmittler samt Familie (800 Leute?) zu sich geholt? Was zum Henker soll denn bitte dabei sein, die Leute aus der Schußlinie zu nehmen, in der sie definitiv sind!. Nebenbei können sie sich hier ein neues Leben aufbauen, das letztlich doch auch wieder Afghanistan auf indirektem Wege zu Gute kommt, durch Geld- und Wissenstransfer. Die derzeit vertretene dumpfe Wegwerf-Mentalität der Politik hat etwas zutiefst rassistisches. Und wie gesagt, viel Freude bei den nächsten Kampfeinsätzen in Ländern, wo das Heer die Sprache nicht spricht…
Übrigens, auch von MONITOR angesprochen: Die Leute werden dennoch kommen. Nehmen sie eben ihr Erspartes vom deutschen Gehalt, bezahlen damit Schleuser (zahlen die eigentlich Steuern darauf?), die sie dann illegal her hier bringen. Sind sie erstmal hier, bekommen sie auch Asyl… Also, warum nicht gleich eine gute Figur machen?
Den Bericht von „Monitor“ finde ich empörend unsachlich und tendenziös. Mehr als zwei Minuten habe ich ihn zugegebenermaßen nicht ertragen können. Einleitungssatz: „Worüber wir in unserem ersten Beitrag berichten, ist zutiefst beschämend…“ Von Anfang an wird auf journalistische Objektivität zugunsten einer rein emotionalen Haltung verzichtet. Nach zwei Minuten dann der Satz: „2014 soll Schluss sein mit dem ISAF-Einsatz, der Westen hat keine Lust mehr auf Afghanistan mit all seinen Gefahren.“ – Der „Westen“ wird wie selbstverständlich einer skrupellosen Desinvolture geziehen, als geschehe der Abzug aus einer Laune heraus. Ich habe den Beitrag von dieser Stelle an nicht mehr zu Ende gesehen.
@Seepferd: Sie haben bei Ihren zahlreichen Einsätzen wohl nie mit Sprachmittlern gearbeitet. „Provokation Aus“!
Der tendenziöse Charakter des Monitor-Beitrags zeigt sich auch an der aufgeladenen Sprache. Deutschland hat afghanische und andere Verbündete im Einsatz oft genug im Stich gelassen, ohne dass Monitor dies als „beschämend“ dargestellt oder überhaupt nur aufgegriffen hätte. Das hätte nämlich nicht ins politische Konzept gepasst, weil Unterstützung hier Kampf bedeutet hätte, und wenn tatsächlich unterstützt worden wäre, hätte „Monitor“ dies gewiss angeprangert. Die von Monitor angesprochenen Probleme haben davon abgesehen bereits jetzt alle Afghanen, die in irgendeiner Form mit der afghanischen Regierung zusammenarbeiten. Dieses Problem ist schon aus praktischen Gründen nicht dadurch lösbar, dass man alle diese Menschen ausser Landes bringt, und es wäre sogar kontraproduktiv, wenn man gerade die Leute ausser Landes bringen würde, die die Zukunft des Landes sicherstellen könnten. Diese Leute kämpfen schon heute und werden auch künftig kämpfen müssen, aber wenn man ihnen helfen will, schimpfen die Gesinnungsfunker von „Monitor“ bestimmt über deutsche Waffenexporte, Killerkommandos und todbringende Drohnen.
Hm. Mein Eindruck nach den bisherigen Kommentaren: Wer im Einsatz mit diesen Sprachmittlern zusammengearbeitet hat, befürwortet, dass sie in Deutschland Schutz finden sollen. Wer das aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnt oder sich an Monitor prinzipiell stört, ist dagegen bzw. hält den Bericht für tendenziös, weil ja Monitor immer tendenziös sei…hat aber nicht mit den Sprachmittlern im Einsatz gearbeitet.
Ist der Eindruck richtig oder habe ich da was übersehen?
Sie polarisieren, Herr Wiegold….
Ich habe die letzten (beinahe) 3 Jahre im Irak verbracht (bzw. bin noch dort), davor habe ich lange Zeit in Afghanistan gearbeitet-und dort oft (teilweise täglich) Kontakt zu den Sprachmittlern gehabt..
Sie haben es doch nicht nötig, derart polemisch zu werden……
@huey
Die Diskussion ist schon recht polarisiert… Ich hatte diesen Eindruck und habe deshalb nachgefragt, aber Ihre Antwort zeigt ja, dass es offensichtlich nicht so ist.
@T. Wiegold
Falls Sie damit andeuten, dass die Arbeit mit Sprachmittlern zu besonderer Empathie oder gar Gefühlen von Kameradschaft führen würde, kann ich das für meinen Bereich nicht bestätigen. Nach einigen Fällen, in denen afghanische Sprachmittler ihre Position zum eigenen finanziellen Vorteil, zu Gunsten von Familienmitgliedern oder im Rahmen von Streitigkeiten mit anderen Afghanen missbräuchlich eingesetzt hatten, herrschte zeitweise tiefes Misstrauen. Dieses wurde dadurch verstärkt, dass man bei begründeten Entlassungen mit Racheakten wie Weitergabe von Informationen an die falsche Seite zu rechnen hatte. Um das Ausmaß des Misstrauens zu illustrieren: Manche Soldaten gaben konsequent nicht mehr ihren Klarnamen oder ihre private Kontaktadresse an den Sprachmittler weiter, nachdem solche Informationen nachweislich auf der falschen Seite gelandet waren. Natürlich haben sich nicht alle Sprachmittler so verhalten, aber das Ausmaß des erkannten Fehlverhaltens war in meinem Bereich nicht unerheblich, was allerdings auch schon rund fünf Jahre zurückliegt. Auch über einige Probleme im Zusammenhang mit afghanischen Sprachmittlern deutscher Staatsangehörigkeit könnte man einmal kritisch berichten, aber das ist ein anderes Thema.
@T.Wiegold: Lieber Herr Wiegold,
richtig ist, ich nie mit Sprachmittlern im Einsatz gearbeitet habe. Ich habe überhaupt nicht gedient.
Richtig ist auch, dass dass ich „Monitor“ für eine Sendung halte, die von Berichten über vermeintliche oder tatsächliche Skandale lebt. Mit dieser Bewertung tue ich sicher niemandem Unrecht. Den zitierten Beitrag werde ich schon deshalb nicht zur Grundlage meiner Meinungsbildung machen, weil ich ihn überhaupt nicht vollständig gesehen habe und weil ich, wie gesagt, vermute, dass er dafür auch nicht taugt.
Ich wollte Ihnen mit meiner Kritik an „Monitor“ aber auf keinen Fall – bitte verzeihen Sie die flapsige Formulierung – an Ihre Schreiberehre gehen.
Ich habe meine Meinungsbildung zu diesem Thema ehrlich gesagt noch nicht abgeschlossen. Persönlich hätte ich nichts dagegen, ein paar hundert oder tausend afghanischen Helfern das Leben zu retten, indem ihnen Asyl gewährt wird. Nur leider stellt sich die Sache doch ein bisschen komplizierter dar, oder?
> Ist der Eindruck richtig oder habe ich da was übersehen?
Auch wenn die anderen es polarisierend nennen, den Eindruck habe ich auch.
Die Beobachtungen von OTL aD decken sich auch mit meinen eigenen Erfahrungen..
Scheinbar steckt ins uns Deutschen immer noch das „universelle Schuldbewusstsein“ und die Meinung, das wir für alles und jeden Verantwortung übernehmen müssen (während wir vor den Problemen im eigenen Land, z.B. Altersarmut, Korruption und „umgekehrtem Rassismus“) die Aufgen verschließen.
Die Aussagen von OTL aD haben mich an einen Vorfall im Kosovo erinnert (wenn ich mich richtig erinnere), wo ein Sprachmittler seine Position genutzt hat, um eine alte „Familienfehde“ voranzutreiben, indem er der Bundeswehr falsche Informationen lieferte (und auch „falsch“ übersetzte)……
Ohne Einsatzerfahrung: Ich denke wir sollten alle Sprachmittler aufnehmen wenn dies gewollt ist. Wie bereits angesprochen, sind diese weitaus mehr gefährdet als zB Reinigungskräfte.
Wenn wir sie nicht aufnehmen und nur einige werden umgebracht, wäre es ein fataler Eindruck, den DEU auf die Welt macht, vor allem für zukünftige Einsatzgebiete. Wer will dann noch für die Bw arbeiten?
Zudem dürfte die Zahl plus Zuzug der engsten Familienmitglieder nicht allzu hoch sein, verglichen mit all den anderen Menschen denen wir Asyl gewähren. Und: Sie sprechen unsere Sprache und haben bereits ihr Leben für DEU riskiert. Das kann man von den meisten anderen denke ich nicht behaupten. Außerdem endet unser Engagement in AFG nicht 2014, sie werden also auch selbst in DEU Geld verdienen können mit ihren Kenntnissen. Einige dürften auch recht gebildet sein, nicht wenige haben ihre Kenntnisse ja aus dem Studium in der BRD / DDR.
Was hier im Forum in einem anderen Threat angesprochen wurde, kann ich aus persönlicher Erfahrung bestätigen: Die Afghanen sind hier von allen Moslems in DEU mit am besten integriert.
Folgerung: Wirkliche Nachteile sehe ich keine, dafür viele Vorteile. Und wie bereits angesprochen: Besser wir laden sie ein, als dass sie sonstwie kommen. Und AFG würde auch weiterhin von ihnen profitieren.
> Scheinbar steckt ins uns Deutschen immer noch das “universelle Schuldbewusstsein”
Also ich habe mal gelernt, dass man so gehen soll, das man wiederkommen kann. Mit anderen Worten. Wenn diejenigen, die mit den Leuten zusammengearbeitet haben dafür sind, dass wir die Leute nach hier holen, dann bin ich es auch. Es steht jedem frei das als „universelles Schuldbewußtsein“ zu sehen, ich nenne es einfach „Vernunft“.
> Die Aussagen von OTL aD haben mich an einen Vorfall im Kosovo erinnert (wenn ich mich richtig erinnere), wo ein Sprachmittler seine Position genutzt hat, um eine alte “Familienfehde” voranzutreiben, indem er der Bundeswehr falsche Informationen lieferte (und auch “falsch” übersetzte)……
Niemand hat was von einem Blankoscheck gesagt. Auch in der Auswahl der Personen kann man „Vernunft“ anwenden.
@hans: Das Argument, Sprachmittler seien schließlich „mehr gefährdet als (…) Reinigungskräfte“ halte ich nicht für überzeugend, auch wenn das stimmen sollte. Die Aufständischen werden meines Erachtens Helfer ermorden, wenn Ihnen ein Racheakt opportun erscheint und sie die Gelegenheit dazu bekommen – egal ob es sich um einen General, einen Dolmetscher, eine Lehrerin oder eine Putzfrau handelt.
Nur, um einmal den Menschen, die scheinbar wenig vom dem verstehen, was in Afghanistan vor sich geht, das Ganze ein wenig näher zu bringen:
Dort werden Menschen umgebracht, nur weil sie weiblich sind….
Oder einfach nur, weil sie im Weg standen.
Oder weil sie nicht weggesehen haben, als sie wegsehen sollten….oder weil sie hinsahen…….
Ein Leben ist dort unten (fast) nichts wert.
Warum sollte also das Leben eines Sprachmittlers (für uns) wertvoller sein, als das Leben eines Mädchens, z.B.?
Wird hier nicht auch mit zweierlei Maß gemessen?
@ huey
Das finde ich zynisch. Darf ich fragen, als was Sie in den von Ihnen oben genannten Ländern unterwegs waren/sind?
@ autostaedterin
Dann möchte ich von Ihnen gern eine nicht-zynische Antwort auf die Frage haben, was wir mit einem Mädchen machen sollen, das bedroht wird, weil es von seinen Eltern auf die Schule geschickt wird, uns aber nicht als Dolmetscherin gedient hat.
@autostaedterin
„Huey“ wollte vermutlich sagen, dass die Wirklichkeit sich in Ländern wie Afghanistan für die Betroffenen nun einmal unangenehm gestaltet, und dass das deutsche Helfersyndrom daran nichts ändern kann. Die Afghanen werden ihre Probleme selbst lösen müssen, denn wir können ihre Probleme nicht für sie lösen. Die Überheblichkeit, dass wir es könnten, verliert man nach etwas Zeit vor Ort.
@ huey
Die einfache Lösung:
Keine (lokalen) Sprachmittler mehr einstellen.
Ist das Ihr Ernst?
@ Fred
Ein Soldat dient der BRD-und wird nicht unbedingt nur für einen Einsatz in Afghanistan eingestellt.
@ huey
Falsch, Sie vergessen das die einem dem Deutschen Volke dienen, auf Gedeih und Verderb unter Androhung von ernsten Konsequenzen und die anderen für Geld arbeiten und auch woanders Sprachmittler wären wenn es da mehr geld gebe.
Irrelevant. Der Deutsche Staat wirbt Menschen an, der Deutsche Staat setzt diese Menschen einer Gefahr aus, der Deutsche Staat ist für diese Menschen verantwortlich.
Das ist die Verantwortlichkeit, sowohl moralisch als auch realpolitisch (zwecks Image, Vertrauen und Nachwuchsgewinnung). Warum sich wer anwerben läßt ist dabei ziemlich schnuppe, genauso wie die Details des Arbeitsvertrag.
(Da muss man das Fass, dass die Deutschen ein Vielfaches verdienen, nur einen Bruchteil der Zeit im Einsatz sind, dort viel besser geschützt werden, Rente und Krankenversicherung beziehen, eine planbare Zukunft haben, keine Angst um ihre Familien haben müssen und jederzeit in ein sicheres Zuhause zurückkönnen gar nicht erst aufmachen. Das hat mit der Verantwortlichkeit nichts zu tun. Sondern das ist lediglich ein Ausdruck, dass diese bei manchen ernster genommen wird als bei anderen.)
@ Seepferd
hier wird Verantwortung für den SprMi übernommen, aber individuell durch die Soldaten die die Problematik schön befeuern, nicht alles dem Dienstherrn in die Schuhe schieben.
Und ich blöder Zivilist dachte, dieses „Befeuern von Problemen“ heißt „Kameradschaft“. Aber vermutlich braucht’s sowas heutzutage im Krieg nicht mehr…
@ Altstadtpirat
Danke.