Vögel statt Plattenbauten: Grünen-Umweltpolitiker will Bundeswehr-Übungsstadt stoppen
So soll Schnöggersburg einmal aussehen (Grafik mit freundlicher Genehmigung von Y- Das Magazin der Bundeswehr)
Das Projekt ist (mindestens) in Europa einmalig: Auf dem Truppenübungsplatz Altmark nördlich von Magdeburg baut die Bundeswehr die Übungsstadt Schnöggersburg – mit allen Elementen eines urbanen Ballungsraums wie Hochhaussiedlung mit Plattenbauten, U-Bahn, Fabrik- und Elendsviertel, ja sogar einem künstlichen Fluss. Das insgesamt mehr als sechs Quadratkilometer große Terrain für die Vorbereitung auf Einsätze im urbanen Umfeld stößt bislang schon vor allem bei Linken und Bundeswehrgegnern auf Kritik – nun aber auch bei einem Umweltpolitiker: Der grüne Landtagsabgeordnete Dietmar Weihrich aus Sachsen-Anhalt hat nach eigenen Angaben Ende vergangener Woche bei der EU-Kommission Beschwerde gegen Schnöggersburg eingelegt, weil mit dem Projekt wichtige Umweltschutzbestimmungen verletzt würden.
„Meine Triebfeder ist nicht, das Projekt zu verhindern“, sagte Weihrich am Montag im Gespräch mit Augen geradeaus! „Ich bin Umweltpolitiker, kein Verteidigungs- oder Friedenspolitiker“. Aber auch die Bundeswehr müsse die geltenden Vorschriften beachten: „Mir geht es erst mal darum, dass die Umweltschutzrichtlinien eingehalten werden.“
Ob die Bundeswehr mit ihrem Vorhaben tatsächlich gegen solche EU-Bestimmungen verstößt, ist eine komplizierte rechtliche Frage. Sowohl der Bund als auch das Land Sachsen-Anhalt räumen zwar ein, dass der Bau der Übungsstadt ein Eingriff in die Natur sei, sehen aber nicht zuletzt durch Ausgleichsmaßnahmen die Regelungen beachtet:
Das Bauvorhaben „Urbaner Ballungsraum“ stellt gemäß § 14 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Dieser ist durch den Verursacher gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG auszugleichen oder zu ersetzen. Verursacher von Eingriffen in die Natur auf dem Truppenübungsplatz Altmark ist der Bund als Eigentümer der Liegenschaft.
Mit Beginn der ersten Planungsschritte wurde mit der Erstellung eines Landschafts- pflegerischer Begleitplanes (LBP) begonnen, in dem alle Auswirkungen des Vorhabens und die erforderlichen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dargestellt wurden. Die Bewertung des Eingriffs und die Ermittlung des Umfangs von Kohärenzmaßnahmen erfolgte auf der Grundlage der Richtlinie über die Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Sachsen-Anhalt (Bewertungsmodell Sachsen-Anhalt). Die ermittelten erforderlichen Kompensationsmaßnahmen für das Bauvorhaben liegen schwerpunktmäßig in der Neuanlage und Reaktivierung von Heide-Lebensräumen, in der Schaffung anderer Offenland-Lebensräume und in der Entsiegelung von bebauten Bodenflächen auf dem Truppenübungsplatz Altmark.
Der erstellte LBP wurde durch die obere Naturschutzbehörde geprüft. Im Bescheid vom 26. Juli 2012, Az 204.1.3-21121/1-2012, wird ausgeführt, dass bei Umsetzung des vorgeschlagenen Maßnahmepaketes, unter Beachtung der erteilten Auflagen die Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „NATURA 2000“ für den betroffenen Lebensraumtyp und die betroffenen Vogelarten gewährleistet ist. Neben dem LBP wurde eine Flora-Fauna-Habitat-Untersuchung (FFH) durchgeführt. Dabei wurde beachtet, dass sich das geplante Bauvorhaben innerhalb des FFH-Gebietes E 3535-301 „Colbitz- Letzlinger- Heide“ und im SPA-Gebiet DE 3635-401 „Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide“ (Special Protection Areas = Europäisches Vogelschutzgebiet) befindet und damit Bestandteil des „europäischen ökologischen Netzes NATURA 2000“ ist.
Entsprechend Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie i.V.m. § 34 BNatSchG wurde das Bauvorhaben auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines „NATURA 2000-Gebietes“ geprüft, ob es einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen das Gebiet erheblich beeinträchtigt. Im Ergebnis der Verträglichkeitsuntersuchungen zum FFH- und Vogelschutzgebiet wurde festgestellt, dass das geplante Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des Schutzgebietes führen kann. Danach wäre das Vorhaben zunächst als unzulässig gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG einzustufen. Das Projekt wurde gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG im Zusammenhang mit den notwendigen Maßnahmen entsprechend des Europäischen Netzes NATURA 2000 zugelassen. Auf der Grundlage des Leitfadens des BMVg zur „Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung bei Infrastrukturvorhaben und beilandschaftsbezogenen Vorhaben der Bundeswehr“ vom Oktober 2008 wurden die erforderlichen Ausnahmeprüfungen durchgeführt und die entsprechenden Kohärenzmaßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen Netzes „NATURA 2000“ festgelegt. Der Bundesminister der Verteidigung hat mit Erlass vom 27. April 2012 die Ausnahmeprüfung gebilligt.
erklärte die Landesregierung in Magdeburg im November vergangenen Jahres auf eine Große Anfrage der Linkspartei.
„Ich stelle infrage, dass sich die Bundeswehr auf die Ausnahmen berufen kann“, hält der Grünen-Umweltpolitiker Weihrich dem entgegen. Seine Argumentation zielt darauf, dass in dem Gebiet kein Vogelschutzgebiet nach nationalem deutschen Recht bestehe, sondern ein faktisches Vogelschutzgebiet – dafür seien jedoch Ausnahmen nach der FFH-Richtlinie nicht zulässig, wie auch bereits der Europäische Gerichtshof geurteilt habe.
Nun kommen hier zwei ohnehin nicht einfache Rechtsgebiete zusammen – Umweltrecht und Europarecht. Ob und welche Auswirkungen Weihrichs Beschwerde in Brüssel haben wird, bleibt also vorerst ziemlich offen.
@Elahan
Das wird jetzt ziemlich OT…
Manche Leute können auch echt jeden Blödsinn zerreden und ins Absurde abwandern lassen. Anstatt sich darüber zu freuen, dass offenbar endlich mal was nützliches erdacht wurde, wird wieder nur gemosert und spekuliert. Das Thema geht sowieso nach spätestens 40 Posts den Bach runter. Was war das nochmal? Ach ja, ein Grüner hat gemäß seiner Überzeugung (oder eben nur aus rein juristischen Gründen) etwas gegen „Mehr-Bundeswehr“. Na und? Spätestens seit dem Bombodrom wissen wir doch, dass man die Bundeswehr gerne vermehrt in Einsätze schickt, sie aber bitte nicht in diesem Land üben soll, ist ja laut und wirkt so gewalttätig. Wie hoch war nochmal der Anteil an Übungsabwürfen der Luftwaffe, die hier getätigt werden?
Wie ich bereits geschrieben habe, ist ein umwelttechnisches Argument eh Schwachsinn, weil es Tiere und Pflanzen nirgends so gut haben wie auf Übungsplätzen. ^^