(Relative) Ruhe vor Mogadischu

Blick auf Mogadischu vom WFP-Frachter Caroline Scan (Foto: Bundeswehr)

Die Aktivitäten der Piraten vor der Küste Somalias, im Golf von Aden, in der Arabischen See und im Somali-Becken haben trotz des Abflauen des Monsuns nicht wieder zugenommen – eine im Vergleich zu den Vorjahren erstaunliche Entwicklung, und noch weiß niemand, ob sie von Dauer ist. Den vermutlich größten Anteil daran, das räumt auch die EU-Antipirateriemission Atalanta ein, dürfte die zunehmende Einschiffung (privater) bewaffneter Sicherheitsteams auf Handelsschiffen haben. Außerdem natürlich die anhaltende Präsenz internationaler Seestreitkräfte und die so genannten Best Management Practices, also die passiven Schutzmaßnahmen an Bord der Frachter und Tanker – da an erster Stelle die so genannte Zitadelle, der gesicherte Schutzraum, in den sich die Besatzung eines gekaperten Schiffes zurückziehen kann.

Der Rückgang hat auch dazu geführt, dass das deutsche Autonomous Vessel Protection Detachment (AVPD), das bewaffnete Schutzteam der Bundeswehr, seine bisherigen Touren auf dem Frachter Caroline Scan ohne Zwischenfälle absolviert hat. Das Schiff transportiert Lebensmittelhilfe des Welternährungsprogramms nach Somalia, und diese Touren führen den Frachter und damit auch das Bundeswehr-Team bis nach Mogadischu (siehe Foto oben). Seit Mitte Oktober sind die Schutzkräfte unterwegs, und zwar autonom, das heißt ohne ein Kriegsschiff in der Nähe – deshalb wurden die bewaffneten Kräfte auch um eine medizinische Notversorgung bis hin zu einem Behelfslazarett ergänzt.

Allerdings, und das wird angesichts der fast nicht mehr vorkommenden Meldungen über die somalischen Piraten meist vergessen: Selbst wenn die Seeräuber morgen ihre Aktivitäten vor der Küste und auf hoher See einstellen würden, viele Probleme bleiben: Zahlreiche Seeleute – und ein paar Schiffe – sind weiterhin in Piratenhand. Eine Erinnerung daran war die Freilassung von südkoreanischen Seeleuten am vergangenen Samstag. Sie waren bei der Kaperung ihres Schiffes, des Tankers Gemini, Ende April 2011 gefangen genommen worden. Die Piraten hatten zwar das Schiff zwischenzeitlich freigegeben – die Südkoreaner aber als Geiseln behalten, nicht zuletzt wegen der vorangegangenen gewaltsamen Befreiung des südkoreanischen Frachters Samho Jewelry.

Zur Aufarbeitung zurückliegender Piratenangriffe gehört auch die juristische Aufarbeitung: In der vergangenen Woche verurteilte ein italienisches Gericht acht somalische Seeräuber wegen des – gescheiterten – Angriffs auf einen italienischen Frachter zu 16 bis 19 Jahren Haft. Es handelt sich zwar um einens der relativ – im Vergleich zur Zahl der Angriffe in den vergangenen Jahren – seltenen Verfahren in Europa. Aber davon kommt ja noch mehr: Die Niederlande wollen vier mutmaßliche Piraten vor Gericht stellen, die niederländische Soldaten bei der Kontrolle einer Dhau angegriffen hatten.

Allerdings, das sollte nicht vergessen werden, sind die Zahlen von festgehaltenen Schiffen und Seeleuten mit Vorsicht zu genießen: Meist werden nur die großen Frachter und Tanker der meist westlichen Reedereien erfasst, nicht die kleinen Dhaus und Fischerboote, die ebenfalls Opfer der Piraten werden.

Und das hätte ich übrigens fast vergessen: Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen ist zwar von Bundestag und Bundesrat in erster Lesung beraten worden, aber noch lange nicht verabschiedet. Angekündigt wurde die Regelung für den Einsatz privater bewaffneter Sicherheitsteams auf Schiffen unter deutscher Flagge im Juli 2011.