Afghanistans Sicherheitskräfte: Neue Spitze bei Insider-Attacken
Eine afghanische Polizistin an einem Checkpoint in Kabul (Foto: ISAF Media via flickr unter CC-BY-Lizenz)
Trotz weihnachtlicher low ops halte ich diese – beunruhigende – Entwicklung für berichtenswert: Am (heutigen) 24. Dezember hat es in Afghanistan erneut etliche so genannte insider attacks gegeben – Angriffe afghanischer Sicherheitskräfte auf internationale Truppen oder deren Umfeld, aber auch auf andere afghanische Soldaten oder Polizisten. Dabei hat ein Innentäter-Angriff in der Hauptstadt Kabul eine neue Qualität: Erstmals war eine Frau die Angreiferin.
An Afghan policewoman opened fire on a US adviser in the Kabul police chief’s compound Monday morning, senior police officials said.
The adviser later died in hospital. Isaf has confirmed the death, saying the victim was a civilian.
This is the first so-called green-on-blue attack by a female member of the Afghan security forces.
berichtet der afghanische Sender TOLONews.
Unterschied zu anderen Angriffen dieser Art wurde die Täterin nicht getötet (wobei vorerst die Frage offen bleiben muss, ob sie nicht sofort erschossen wurde, weil es sich um eine Frau handelt…), sondern festgenommen – was immerhin die Möglichkeit eröffnet, etwas über ihre Motivation zu erfahren.
Die Attacke in Kabul war zwar die auffälligste insider attack am heutigen Tag, aber nicht das einzige Problem mit afghanischen Sicherheitskräften.
Im Distrikt Qush Tepa der Provinz Jowzan – im deutsch kommandierten ISAF-Regionalkommando Nord – tötete ein Kommandeur der Afghan Local Police (ALP) fünf seiner Leute (die BBC berichtet von sechs Opfern).
In der Provinz Badghis im Nordwesten liefen zahlreiche Polizisten der ALP zu den Taliban über:
According to local authorities in western Badghis province of Afghanistan, at least 10 Afghan local police officers joined the Taliban militants group.
A local security official speaking on the condition of anonymity said the local police officers also took the weapons with them.
ISAF-Jahresrückblick und Ausblick bei Pressekonferenz:
http://www.dvidshub.net/video/193500/brig-gen-katz#.UNwJY2-TfhI
Erste Frage von BBC Dari, ob die NATO nach 2014 nur noch Training betreibt und den ANSF auch „in extremis“ nicht helfen soll. Antwort: Wird 2013 geklärt.
Antwort auf Nachfrage: Ist auch nicht nötig, weil ANSF 2014 selbständig handlungsfähig sind.
Die ISAF-Sprecher werden dann ordentlich ins Eck gedrückt, nachdem die Standard-Antworten praktischen Nachfragen (CAS nach 2014) nicht standhalten.
Seltsame Pressearbeit.
Auch in Uruzgan scheint die Transition beschleunigt zu werden:
Die Australier haben das Mentoring im Dezember 2012 auf Kandak-Ebene beendet (siehe:http://www.theaustralian.com.au/national-affairs/defence/afghanistan-withdrawal-under-way-as-troops-and-equipment-head-home/story-e6frg8yo-1226544352502) .
ISAF will sich beim Mentoring wohl bereits 2013 auf die Brigadeebene zurück ziehen.
Auch wenn die ANSF auf taktischer Ebene kein Mentoring mehr benötigen sollten, unklar bleibt wie die ANSF Zugang zu den Schlüsselfähigkeiten (Enablern) behalten sollen.
Schaut man sich die Einlassungen der militärischen Führung zu Mentoring und Enablern und der post-ISAF-Planungen vor einem Jahr an, dann hat man den Eindruck, dass alle ISAF-Staaten mittlerweile beschleunigt zum Ausgang drängen.
Insider-Attacken, anhaltende Unzufriedenheit mit der politischen Lage in AFG und die sicherheitspolitische Weltlage (arabischer Herbst) scheinen hier eine wesentliche Beschleunigung herbeigeführt haben.
AFP hat einen Bericht veröffentlicht, der beschreibt wie die Angriffe durch Innentäter organisiert werden:
http://www.businessinsider.com/how-insider-afghan-attacks-actually-work-2012-12
Selbst General Allen schreibt den Taliban nur 25% der Kameradenmorde zu, und das ist schon vergleichweise viel.
Die Hauptursache scheint immer noch Ignoranz, fehlender Respekt und westliche Militärkultur zu sein.