G36: Ein Fall für den Rechnungshof
Als ich Anfang April im Spiegel und hier im Blog über Probleme mit dem Standardgewehr der Bundeswehr, dem G36, berichtete, bekam ich einiges zu hören – Aprilscherz war noch das Harmloseste. Die Geschichte scheint allerdings weiter zu gehen – der Bundesrechnungshof, so der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe, habe die Beschaffung dieser Waffe moniert:
Als Beispiel nennt der Bericht das Gewehr G36, von dem mittlerweile rund 170.000 Stück bei der Truppe sind, für das es aber keine angemessene Einsatzprüfung gegeben habe. Mittlerweile lägen aus der Afghanistan-Mission Berichte vor, dass die Waffe mit ihrem im Vergleich zum Vorgänger kleineren Kaliber bei Treffern aus einer Distanz von mehr als 200 Metern den Gegner nicht sofort kampfunfähig mache, zudem würden die Kugeln schon bei leichtem Wind abgelenkt. „Selbst heftiges Feuer“, so ein Erfahrungsbericht, „beeindruckt den Gegner nicht mehr.“
(Disclaimer: die aktuelle Spiegel-Meldung ist nicht von mir.)
Das Thema bleibt also auf der Tagesordnung.
Patrouille in Fayzabad mit G36 und MG4. (Foto: Bundeswehr/Kazda via flickr unter CC-Lizenz BY-ND)
Aber es sieht einfach besser aus als das G3. Und man kann es stundenlang herumtragen, ohne zusammenzubrechen.
Das Problem ist doch nicht das Gewehr, sondern das Kaliber…das ist allerdings eine Grundsatzfrage, Das G36 hat damit nix zu tun
Das ist so ein Fall, wo man sich nicht freut, wenn man Recht hat – als die Waffe eingeführt wurde, war mein erster Gedanke: Cool aussehen anstatt toller Wirkung – wir sind in der amerikanischen Armee angekommen. Ich weiß noch, wie wir alle gelacht haben, wenn die Amerikaner zu Gast bei uns mit dem G3 geschossen haben und den Rückschlag sie aus den Schuhen gehoben hat – aber hey, NATO-Kaliber ist besser im Krieg, denn dann haben wir ja alle eine Logistik.
Ich hoffe ja, dass das nicht zum Verlust von Menschenleben führt – das Geld und damit der Rechnungshof ist mal so unwichtig, wenn es um das „Hauptwaffensystem Bw“ geht, wie nur irgendwas….
Wer mit den G3 zusammenbricht sollte mal mehr Nutella aufs Brötchen machen und ein G36 mit AG 36 ist auch nicht leichter.
Mal im Ernst es bleibt eine im Kern fehlgeleitete Diskussion. Hier wurde nicht das „falsche“ Gewehr beschafft. Man führt nur die 5,56 vs 7,62 Debatte Jahre (Jahrzehnte?) nach unseren Alliierten.
Dass der Bundesrechnungshof hier auf den Zug mit aufspringt zeigt nur wie unerwachsen wir weiterhin über Sicherheitspolitik reden.
Die Geschichte mit dem KSK würde mich näher interessieren. Welche Waffen sind beschafft wurden und erwiesen sich dann als mangelhaft?
pi
Kurz:
– 5,56mm vs. 7,62mm eine Debatte die seit Jahrzehnten, vorallem ideologisch, geführt wird. Beide Kaliber funktionieren auf ihrem Gebiet und ergänzen sich mit dem richtigen Waffenmix.
-Bis heute exestiert in der BW keine 5,56mm Munition, die auf die Wirkung in Weichzielen optimiert wurde – deshalb funktioniert 5,56mm nicht so wie erhofft. Erfahrungen der amerikanischen Spezialkräften mit optimierter Munition sprechen da eine andere Sprache.
-Das G36 war die richtige Waffe zu der richtigen Zeit – die Frage die man sich jedoch stellen sollte: Ist sie heute noch die richtige Waffe?
-Das Projekt „Unterstützungswaffe kurze Reichweite für Feldjäger/KSK“ evaluiert AR15 von Schmeisser, HK416, Sig Sauer SIG516, FN SCAR. Bis jetzt ist zumindest offiziell keine Entscheidung gefallen.
-Das primäre Problem mit dem G36: Es bietet kein Potential mehr, da sich Infanteriewaffen in eine andere Richtung entwickelt haben als gedacht. Eine Anpassung in diese Richtung ist konstruktiv nicht möglich da z.b hoher Schwerpunkt und Visierlinie.
-Ich vermute, dass im Zuge der Evaluierung für KSK und Feldjäger versucht wird, aus der „normalen“ infanteristischen Ecke, sich eine neue Waffe zu geben.
@Bang50
„Unterstützungswaffe kurze Reichweite für Feldjäger/KSK“
Das letzte, was ich dazu gehört habe, war eine Kurzversion des G36 – aber das es bis dato ja nichtmal mit der Pistole für den PersS so richtig klappt, sehe ich da wenig Chancen da in Kürze auch nur irgendetwas zu sehen. Kann aber auch sein, dass ich einfach zu schlecht informiert bin….
„Erfahrungen der amerikanischen Spezialkräften mit optimierter Munition sprechen da eine andere Sprache.“
Welche denn? Sind das auch für die breite Masse verwertbare Erfahrungen – also intensiver Feuerkampf auf mittlere bis lange Dauer? Ich bin da kein Fachmann, aber Spezialkräfteerfahrungen sind immer irgendwie….speziell.
mhh warens nicht auch die spezlkräfte die nach einem zwischenkaliber geschrien haben? (und da ist ja auch einiges in entwicklung, siehe aufzählung bang@ksk)
und ja, dass 5komma vlt nicht optimal ist, wissen wir schon seit Tonkin und allem was folgte.
Der Bundesrechnungshof und der Spiegel.
Das ist echt geballte Bundeswehrexpertise!
Wo ist der Rechnungshof eigentlich z.B. bei der F125 oder dem dritten EGV?
Die SPON-Meldung ist wie Bang50 vollkommen richtig erklärt vollkommener Schwachsinn und zeigt das Unwissen der Medien und den Mangel an ordentlicher Recherchefähigkeit für derlei Sachverhalte. Dass der Bundesrechnungshof auf den Zug aufspringt, verwundert mich doch ein wenig…
Ich kenne das Projekt als „Scharfschützenwaffe kurzer Reichweite“ (SSGKR), wurde die Bezeichnung geändert?
Das G36A1A1 stellt trotzdem mit seiner niedrigeren Visierlinie, der modularen Schulterstütze und dem Aluminiumhandschutz eine signifikante Verbesserung dar, selbst wenn mich die Visierwahl nicht glücklich macht.
Edit: JCR war schneller, kürzer und prägnanter :(
@ der_mike
G36 würde mich überraschen, da eigentlich nicht bei den Kandidaten und auch eigentlich nicht unbedingt favorisiert vom KSK – es bleibt spannend.
Ja – Erfahrungen von Spezialkräften sind immer etwas speziell – in diesem Fall wird es aber erst so möglich, die Wirksamkeit von 5,56mm bestätigen zu können.
Das Problem mit 5,56mm und seinem schlechten Ruf ist nicht unwesentlich darin zu finden, dass der „normale“ Lanzer in einem Infanteriegefecht nur eine sehr subjektives Gefühl besitzt wie effektiv seine Waffe wirkt. Normalerweise sieht er sein Ziel nicht sterben und in Afg. werden getötete Kämpfer sehr schnell aus der Gefechtszone gebracht. Ob er getroffen hat, erkennt er meist auch nur am andauernden Feuer.
Spezialkräfte hingegen wollen/müssen ihr Ziel erst eindeutig indentifizieren und gehen deshalb nahe ran. Dadurch können sie die direkten Folgen ihrer Waffenwirkung natürlich besser bewerten. Fazit: 5,56mm funktioniert zuverlässig, wenn man das Ziel trifft (ein unterschätztes Kriterium bei jedem Kaliber ;-) und die richtige Munition verwendet.
Beispiel: Der Osama Raid
@bang50
Das mit dem G36kurz kenne ich auch nur aus dem „Kommt dieses Jahr nicht mehr“-Meldungen der Truppengattungsspitze. Was das KSK dazu meint sollte für die FJg nur am Rande wirklich interessant sein, da die Jungs doch eine andere Idee von ihrem Gefecht haben – ok, Zugriff ist da eventuell noch vergleichbar.
Danke für die Infos zur Munition – aber irgendwie bestätigt das doch den Punkt: 5.56 ist, für die Infanterie, nicht das notwendige Kaliber…oder habe ich das falsch interpretiert?
Ich kann nicht behaupten, dass mich dieser Spiegel-Artikel in irgendeiner Weise aus den Socken gehauen hat. Ganz im Gegenteil. Da wird weder sachlich argumentiert, noch konstruktiv auf mögliche Lösungen und/oder Probleme eingegangen. Hauptsache reißerisch, das lenkt dann den in Bezug auf die Bundeswehr nichts wissenden Otto-Normalbürger fünf Minuten von seinen privaten Problemen ab. Mission Accomplished.
@ mike …
da lohnts sich dann mal in die geschichte der kaliberdiskussion einzulesen. die dicken dinger (7,92, 7,62, 30-06 usw ) waren für schütze bumms ebenfalls nicht optimal und wurden ja aufgrund der im WK2 gemachten erfahrungen gegen den Kleinkram ersetzt ( 7,62×39, 5,45, 5,56 ,(4,73mm) ) atm dreht der trend halt wieder. von zurück zum .308 hört man aber auch nichts. vlt pendelt es sich tatsächlich für eine Weile bei ~6,x mm ein
@der_mike
Das 5.56mm NATO nicht das optimale Kaliber für die Infanterie ist, würde ich so nicht behaupten. In Afghanistan mag das vielleicht bei den Gefechtsreichweiten so sein, aber wie schaut es denn in anderen Gebieten aus? Wird man bspw. in einem Dschungelkrieg mit kurzen Gefechtsreichweiten von der 7.62mm Lektion abweichen und nach dem kleineren Kaliber schreien?
Ich sehe schon was die nächste Bundeswehr-Reform beinhalten wird. Jeder Soldat bekommt ein Sturmgewehr für kurze Reichweite in 5.56, sowie ein Sturmgewehr für große Reichweite in 7.62. Wird allerdings am nicht vorhandenen Budget scheitern, und die Armee muss sich weiterhin mit 5.56mm NATO begnügen. Hurra!
Alternativ wird ein Sturmgewehr mit Wechselkaliber eingeführt. Erscheint mir aber eher unwahrscheinlich. Grund siehe oben.
Wer Masochist ist, dem empfehle ich die Kommentare bei SPON.
@ Boots on the Ground | 09. September 2012 – 21:37
Laut der Zeitschrift Caliber dürfte das identisch sein, wobei ich den Begriff von Ihnen noch nie gehört habe.
@ der_mike | 09. September 2012 – 21:51
Ich bin überhaupt erst einmal gespannt, wie lange es diese Spezialisierung in der Form noch geben wird. Geboren wurde das schließlich auf dem Balkan aus der Not bzw. dem Jubel über richtige Polizeiaufgaben heraus und der Tatsache, dass die Infanterie bei Zugriffsdurchsuchungsübungen immer wie im Häuserkampf vorgegangen sind; was nicht unbedingt positiv für die Überlebenschance der Zielperson war.
Seit UNMIK gibt es aber auch keine Polizeiaufgaben mehr und in AFG hat es sich völlig anders entwickelt, mehr in Richtung Konzept der US Army.
Streiche Führungsuntersützungtruppe, setze Kampf(untersützungs)truppe.
Das Kaliber ist in Ordnung; je nach Auftrag.
@ Boots on the Ground – Uff…gute Frage…die Bezeichnung welche ich verwendet habe kursiert schon länger. Also entweder ist Ihre Bezeichnung die Aktuelle oder es handelt sich um zwei Projekte – mehr weis ich auch nicht.
Mit IDZ-ES/IDZ 2/Gladius hat man einige Verbesserung vorgenommen in dem man eine niedrige Rail verbaut, jedoch bleibt das konstruktive Problem, dass diese Rail über den Ladehebel zum Handschutz bei weiten Schüssen nicht optimal ist, da nicht sehr steif und statisch nicht bestimmt.
Montiert man ein Nachtsichtgerät wird auch ein G36 mit niedriger Rail sehr kopflastig und kippelig.
@der_mike – Ich will sagen 5,56mm funktioniert für den „normalen“ Infanteristen wenn man es auftragsbezogen/gerecht einsetzt.
Eine 5,56mm ist suboptimal in den Bergen von Afg. eine 7,62mm ein unpraktischer Dampfhammer in einem engen städtischen Gebiet. Mein subjetiver Eindruck ist, dass in der Ausbildung nicht tief genug darauf eingegangen wird, in welcher Situation eine Waffe Vorteile bzw. Nachteile besitzt.
@Bang50 & Someone: Dann reden wir offenbar von der gleichen Waffe. Die Bezeichnung SSGKR stammt von den Vertretern von SIG und Schmeiser auf der IWA 2011 und wird wenn ich mich recht erinnere auch in „Handwaffen, Kampfmittel und Ausrüstung für den infanteristischen Einsatz“ verwendet.
Noch eine Bemerkung zur Kaliberdiskussion: In der Schweiz gewinnt der „infanteristische Halbkilometer“ wieder an Bedeutung – in 5,56 und ohne Zielhilfen: http://feuerkampf-und-taktik.blogspot.de/2011/06/0500-der-infanteristische-halbkilometer.html
@ Boots on the Ground – Interessant. Danke!
Habe den Spiegel-Artikel anders verstanden. Dem BRH geht es doch eher darum, dass vermeintlich ohne konzeptionelle Grundlage und ohne ernsthafte Vergleichserprobung beim Haus&Hofliferanten bestellt wurde. Außerdem wurde weiter beschafft, obwohl seit geraumer Zeit Defizite bekannt waren. Zumindest im Subtext klingt durch, dass die Beschaffungs-Entscheidungsträger ein zu großes Näheverhältnis zum Auftragnehmer haben und deswegen Steuergelder vergeudet wurden. Die hier diskutierte Kaliberfrage und die zuvor erörterte Frage, ob ein Sturmgewehr auch bei hoher Schussbelastung treffen sollte, interessiert den BRH doch nur am Rande.
@MK: (als ahnungsloser)
Warum kein Wechselkaliber? Wegen dem Geld?
Korrekt.
Ein Wechslkaliber Gewehr wie das FN SCAR, hört sich prinzipiell ja machbar an nur müsste es wohl vollkomen neu entwickelt werde, HKs AR15 „Variante“ und das G36 sind dazu wohl nicht bestimmt.
Die leichtere Ablenkbarkeit der kleineren Munition durch Wind und Wetter wird dadurch relativiert, dass die Trefferquote von Gewehrschützen im realen Gefecht im Promillebereich liegt. Somit gilt das Prinzip Quantität vor Qualität. Und beim G36 hat der Schütze 240 Schuss Munition zur Verfügung und beim G3 hatte der Schütze nur 100 Schuss ;-)
@Boots on the ground:
Welches Visier des G36A1A1 meinen sie denn? Es gab da ja zu verschiedenen Zeiten verschiedene Pläne (Beibehaltung bisheriges Visier (!), 4-fach Optik (wie bei IdZ-2), für G36KA3: tlw EoTech 552)
Mathias Gebauer beweist wieder einmal dass er an Dummheit und Inkompetenz nicht zu überbieten ist. Es gibt in keiner NATO Armee ein weit verbreitetes Sturmgewehr in 7.62mm. 5.56mm ist nun mal Standard. Das Problem haben alle Armeen und ist auch erst in Afghanistan aufgetreten (im Irak waren die Kampfentfernungen kürzer)
Das G36 ist ergonomisch inzwischen veraltet (fest eingebaute Optik in der Standard-Version, keine verstellbare Schulterstütze), aber die fehlende Wirkung auf große Entfernung liegt nicht am Gewehr an sich. Das Problem mit der Optik hat man auch in der Export und der A2 Version behoben.
Von einem sehr besonderen und bestens gepflegten Näheverhältnis zwischen Auftraggeber Bundeswehr und Haus- und Hoflieferant Heckler & Koch kann ohne Zweifel ausgegangen werden. Dass die Papierlage zum G36 nicht den Standards entspricht, ist auch Realität. Warum aber jetzt diese Meldung hochkommt, erschließt sich mir absolut nicht.
Die Kaliberdiskussion ist rückwirkend sinnlos und selbst in die maue Zukunft blickend problematisch und offen. Interessant bleibt doch, was wie bei wem in naher Zukunft und aktuell gekauft wird (neues .50 von Rheinmetall der Ausführung „feuchter Ingenieursraum der Feinmechanik“ oder G28 der Machart „kranke Gedanken zweier Einzeltäter bei Hersteller und Beschaffer“). Da sollte der BRechH mal dringend reinschauen!
@StefanS
Ihre Meinung ist Ihre Meinung, dennoch finden hier keine persönlichen Beleidigungen statt. Mal so als Warnschuss.
Nach gueltigem deutschen Jagdrecht darf man in Deutschland mit dem Kaliber 5,56 (223. Remington) gerade noch Rehwild erlegen. Die kenetische Energie ist gerade noch ausreichend. Allerdings wird man keinen Jaeger in Deutschland finden, der solch ein kleines Kaliber benutzt. Die Abdrift bei Seitenwind ist zu hoch, Ablenkung der Flugbahn beim Schuss durch kleinste Graeser und vorallem keine ausreichende Wirkung im Ziel. Und hier spreche ich von Entfernungen bis 100mtr. Jedes Kaliber kleiner als 7,62 ist fuer Wirkung auf Entfernungen von 300mtr nicht dienlich.
Ich darf mal Danke sagen – hier lernt man ein paar Dinge, die man eigentlich wissen sollte.
Leider bin ich – als lediglich IGF-gebildeter – immernoch der Meinung, dass es für ein Sturmgewehr die Durchschlagskraft haben sollte. Für den Rest hab ich die MP7. Ich mag das G36 aus dem Bauch heraus nicht.
Ferner bleibe ich auch dabei: Wenn es um die Hauptbewaffung der Soldaten geht, dann hat der BRH mal so garkeine Bedeutung. Eine Wehrwissenschaftliche Dienststelle, die sagt, das Gewehr sei untauglich, ist da die richtige Stelle.
Es wird ja immer doller…
Erst müssen wir erfahren, dass das G36 nach langen Feuerstößen heiß wird, das Rohr durchhängt und deswegen unpräzise wird und jetzt das… SKANDAL!!
Die NATO-Entscheidung zugunsten des (zu?) kleinen Kalibers bei den Sturmgewehren ist nunmal nichtmehr rückgängig zu machen. Evtl. tut sich ja in naher zukunft etwas in Richtung 6,x mm.
Viel entscheidender als das Kaliber ist mMn jedoch die Fähigkeit des Schützen, mit seiner Munition auch zu treffen… Die wirkungslosigkeit im Kampf auf weite Entfernung (200m +)rührt nach meiner Einschätzung eher aus den fehlenden Treffern her…
In der Ausbildung ist das entfernungsband 200-500m leider sträflich vernachlässigt und mit der derzeitigen justierung auch kaum zu Schiessen… So lange das neue Schiessausbildungskonzept nicht um sinnvolle Module für weite und weiteste Entfernungen (bis 500m) ergänzt wird, Hand in Hand mit Flächendeckender Justierung mit sog. Durchgehendem visierbereich („Battlefield Zero“) werden wir zu einer Armee von Nahbereichs-Deppen, die zwar Ziele in 5-50m mit „doppelschüssen“, aus der Bewegung und unter stress niederstrecken können, aber im Anschlag liegend aufgelegt nicht in der Lage sind, ein Ziel auf 300m kontrolliert zu bekämpfen.
Nochmal zum Kaliber:
Ich schau heute nochmal ob Ich die Studie zur wundbalistik von 5,56mm noch auf meinem PC habe, da wurde wenn Ich mi h Recht erinnere mit vielen Mythen aus dem Bereich 7,62 Vs. 5,56 aufgeräumt…
@quantum | 10. September 2012 – 6:36:
Ist ja nicht falsch, aber während es bei der Jagd relevant ist, dass man das Wild mit einem sicheren Schuss erlegt, um möglichst wenig Wildbret zu zerstören, ist das für die milit. Verwendung eher nachrangig…
An ein ziviles Fahrzeug stellt man ja auch andere Ansprüche als an ein militärisches und umgekehrt.
@der_mike: Wehrwissenschaftliches Institut und BWB haben eine Untersuchung der WTD mitgezeichnet, die kaum einen anderen Schluß zulässt. Das BMVg bewertet die Ergebnisse allerdings gegenüber dem Parlament anders.
Also ich finde den Kommentar von T. Weidenreich bezüglich der Intention des Artikels genau richig. Es sei mal dahingestellt, ob 5,56 das richtige Kaliber ist oder nicht, aber entscheidend ist doch, dass der Bericht genau DEN Punkt herausarbeitet an dem die BW seit Jahren krankt, nämlich das Erfahrungen aus der „Schlammzone“ nicht Ihren Weg in die obere Führung finden.
Ich verweise da nur auf Schreiben bezüglich selbst beschaffter Ausrüstung. Die Einsatzrealität der Bundeswehr ist leider noch nicht in den Köpfen der Bundeswehrführung angekommen.
Und genau das ist doch der wirklich erschreckende Punkt an dieser ganzen Geschichte!
@ mike … den BRH hat aber zu interessieren, wenn gewissen prozedere bei der beschaffung nicht eingehalten werden, wenn die hersteller nicht zur rechenschaft herangezogen werden, oder wenn bei so OFFENSICHTLICHEN mängeln keine nachbesserung gefordert wird.
das ist alles hier geschehen.
Diese ganze Diskussion ist irgendwie völlig sinnlos.
Es ist, wie verschiedentlich bereits angerissen, nur eine aufgewärmte und abgewandelte Form der alten Kaliberdiskussion 5,56mm vs. 7,62mm. Und das Problem hierbei ist, das viele mit gefährlichen Halbwissen arbeiten. Allein das was in dem Gebauer-Artikel steht strotz nur so von Halbtatsachen und unfundiertem Hören-sagen.
Und beim BRH frage ich mich woher die die Expertise nehmen, den Gefechtswert von Handwaffen zu beurteilen. Nun ist ja zunächst immer erstmal die Frage, was wirklich in dem Bericht drin steht und was davon, wie im Artikel verbaut wurde. Aber es fällt mir trotzdem sehr schwer, dem BRH da eine Kompetenz zuzusprechen. Und auch in der Bw gibts nur eine Handvoll qualifizierter Leute, deren Meinung ich schätze. Und die sitzen nicht zwangsläufig in der WTD oder BerWE oder HA. Dazu habe ich zu viele Innenansichten „genossen“.
Ich empfehle hier mal das Briefing von Per Arvidsson von der LCG 1 der NATO. Insbesondere die Folien 9 und 12! Und auch wenn das Briefing etwas älter ist, sind die Aussagen immer noch zutreffend!
http://www.wbresearch.com/uploadedfiles/Events/UK/2012/10983_006/Info_for_Attendees/presentations/Per%20Arvidsson.pdf
Die G36-Debatte wird wohl zum Evergreen.
Was bisher geschah:
Wir haben alle gelernt, dass
1. Das Kaliber 5,56 Vor- und Nachteile hat (im Wesentlichen seit 50 Jahren – Vietnamkrieg – bekannt)
2. Das G36 konstruktiv bedingte Grenzen bei Dauerfeuer hat.
Und jetzt? Neue Standardwaffe kaufen?
In welchem Kaliber? 5,56/ 6,5/ 6,8?
Und wer soll das bezahlen??
Organisationen sind nunmal pfadabhängig.
Was tun?
Zunächst einmal muss endlich eine systematische Betrachtung von Wirkverbünden erstellt werde, den bisher dreht sich die Diskussion fast nur um den Einzelschützen.
Eigentlich hätte dies Grundlage für IdZ-BS oder spätestens IdZ-ES/IdZ-2 sein müssen – war aber nicht der Fall.
Nun soll ein neues Handwaffenkonzept erstellt werden. Bisher stehen viele ESB-Beschaffungen (DMR, ASM) und Initiativen (Wirkmittel 90mm, 60mm-Mörser) neben dem IdZ-2.
Wenn diese Grundlagen klar sind, dann sollte man sich auch das G36 als Gesamtsystem anschauen: Waffe, Munition, Zielmittel, Anbauteile.
Optimierungsmöglichkeiten der Waffe sind wohl begrenzt, bei Munition, Zielmittel und Anbauteile sind jedoch erhebliche Verbesserungen möglich (siehe G36A1.1).
Diese Optimierung werden derzeit jedoch durch die andauernden Grundsatzdiskussionen zum Kaliber und möglicher Defizite des G36 erheblich verzögert.
Am Ende frag ich mich mit Blick auf die Dauerdiskussion: Wem nützt es??
Der Truppe sicher nicht.
@ Memoria:
Diese Diskussionen werden aber nur in „der Öffentlichkeit“ geführt. Bw-intern ist der Drops längst gelutscht. Das G36A1A1 ist Ergebnis einer IAGFA Entscheidung aus dem ersten Halbjahr 2009. Die kann man verkürzt so beschreiben „Es bleibt beim 5,56mm Kaliber und es bleibt beim G36“. Auf dieser Basis wurde dann eben das G36A1A1 definiert. Übrigens wurde dabei sehr wohl die HaWa als Gesamtsystem betrachtet. Bei den entsprechenden Besprechungen waren zwar erschreckend viele „Blinde“ und „Einäugige“ dabei, aber vom Ergebnis her, kann man dennoch zufrieden sein.
Ferner darf man nicht so sorglos Begrifflichkeiten durcheinanderschmeißen und gegeneinander vergleichen.
Grundsätzlich ist es zunächst einmal richtig, das es der Bw generell an einem durchgängigen HaWa Konzept fehlt.
Aber deshalb ist es nicht redlich Beschaffungen und Initiativen zusammenzuwerfen. ASM und WiMi90 sind im wesentlichen dasselbe. IdZ bzw. Gladius ist eine spezifisch auf die Infanterie (und nicht etwa querschnittlich) gemünztes System, dessen primärer Fokus die Führungsfähigkeit und Anbindung an die höheren FüWES ist.
Und das DMR, bei dem in der Umsetzung unnötig gepatzt wurde, ist für eine weitgehend querschnittliche Nutzung im Einsatz gedacht.
Generell, ich hab´s oben schon geschrieben, sollte man vorsichtig mit Urteilen sein, wenn man weder die Prozesse, noch die Interdependenzen oder die Dokumentenhierarchien kenn. Und das ist, neben einigen anderen Dingen, das Problem des Gebauer Artikels und der weitaus meisten Diskussionsbeiträge dazu.
@FPW:
Mein Hinweis auf Initiativen und Beschaffungen sollte nur verdeutlichen, dass es bisher an einem umfassenden Konzept für Handwaffen fehlt.
Im Einsatz hat die Truppe am Ende IdZ-BS – oder bald IdZ-2/ Gladius – und parallel über ESB beschaffte Ausrüstung. Hinzukommt – vielleicht – bald geplante Ausrüstung (z.B. Wirkmittel 90mm, ist aus meiner Sicht auch im Wesentlichen nicht dasselbe wie die ASM).
Diese Systeme stehen jedoch eher nebeneinander, als dass man die Dinge zusammen führt. Diese Kritik zielt insbesondere auf die Forderungslage des IdZ-2, von dem ja stets behauptet wurde er habe auch so viele Einsatzerfahrungen aufgenommen (aber es fehlt schon an Waffen im Kaliber 7,62).
Selbstverständlich ist neben IdZ-2 das querschnittliche G36A1.1 von weitaus größerer Bedeutung. Die IAGFA-Entscheidung von 2009 kenne ich – ich wollte nur darauf hinweisen, dass die Realisierung dieser Maßnahmen durch die die G36-Diskussionen derzeit erheblich verzögert werden.
.
Das auf dem Bild vom mitte-rechts Soldaten getragene MG4 macht die Sache nicht gerade besser.
Ich hatte schon immer eine Abneigung gegen sogenannte „Assaultrifles“ bei diesen Einsätzen.
Dafür benötigt man „Battlerifles“ – Gewehre mit Kraft und Reichweite.
Taliban sind (Laut den Berichten die ich gehört/gelesen habe) oftmals auch 500+ Meter entfernt.
Problem ist hier auch die Munition, wenn man, wie auch bereits erwähnt, speziell für Weichziele ausgelegte Munition (Muss ja nicht gleich Hollow-Point sein) verwendet, würden die Taliban auch was merken.
Wobei man hier auch mal debattieren müsste:
Laut Haager Landkriegsverordnung ist diese Munition in Kriegen verboten, aber wir sind doch nicht für den Kriegseinsatz dort?
Als „Ersatzwaffe“ für diese Einsätze gibt es bereits Entwicklungen:
– das LWRC SABR ist eine auf dem M4 basierende .308er Version, wiegt ca. dasselbe und ist noch etwas KÜRZER als das M4.
– das ACW-R verschießt 6,5mm Grendel-Munition. Um auf den Vorschlag eines Mittelweges zwischen .223 und .308 einzugehen. Die Grendel-Munition kann auch noch auf lange Distanzen eingesetzt werden, ohne zu viel an Kraft zu verlieren.
Es geht ja nicht um eine neue Standardwaffe, sondern darum, die Truppe im Einsatz RICHTIG auszurüsten.
Dann muss man halt mal tief in die Tasche greifen und mit Ausbildungswaffen 5000-10000 Einheiten kaufen. Ich kauf mir fürs Auto auch nicht nur nen 17er Schlüssel und erwarte, dass ich damit den Wagen komplett zerlegen kann!
Die Diskussion gleitet ab. Der BRH hat die Beschaffung des G36 nicht inhaltlich kritisiert (das kann er gar nicht, dafür gibt’s Experten bei der Bundeswehr), sondern vom Prozeß her. Stichwort „Haus- und Hoflieferant“.
Daß der unsaubere Prozeß (man könnte auch sagen: „Gemauschel“) inhaltliche „Querschläger“ hat, ist nur eine Nebenerscheinung, unter der aber jetzt unsere Jungs in Afghanistan zu leiden haben.
@all:
Passender Bericht von heute zum Thema Waffenmix:
http://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/!ut/p/c4/NYzBCsIwEET_aDcpCuLN0otXPdj2tk2XJpomZd3qxY83FZyBgeENgz0WJ3qFiTTkRBFb7Fw4Dm_wzAL00JVjhETOS3BeOcGdvFTGVvDkRXke-Nfwtl2NDC4n1i3LVkPJSUizwJJF40ZWkUIgjNgZ29Rmb_6yn0Pb19dut7PNub7gMs-nL6koKLk!/
Diese Fortschritte sind zweifellos erheblich – nur hat es schon bei der Pronblemfeststellung viel zu lange gebraucht (noch 2010 wurde vom HA die Notwendigkeit eines DMR grundsätzlich und mit absurden Argumenten in Frage gestellt).
Heute erschien auf Bundeswehr.de unter dem Titel „Durchschlagende Wirkung: Optimierter Waffenmix steht in Afghanistan zur Verfügung“ ein Artikel.
http://goo.gl/cMjtk
Wahrscheinlich eine Reaktion auf die aktuelle Diskussion.
@ Stefan | 10. September 2012 – 11:38
Danke, für Ihren Beitrag … mehr braucht dazu eigentlich nicht gesagt werden … außer es würde sich ein „Einkäufer“ äußern, um evtl. vorhandene „Zwänge“ zu beschreiben.
Das G28 sieht schwer nach einem HK417 aus (Grad mal nachgesehen: Es ist die MILITÄRISCHE Variante des ZIVILIEN HK 417, sehr interessant, das HK417 wird als G27 geführt).
Wäre auch meine bevorzugte Waffe, eben wegen des Kalibers und der Kampfentfernung die wir dort unten haben.
Nunja und wegen den schmorenden Gewehrschäften des G36, hier gabs darüber ja auch mal einen Artikel?
Der verlinkte BW-Artikel ist ein guter Schlussstrich für diese Diskussion – Aber noch lange nicht das Ende.
@Memoria: Bzgl. des Visiers des G36A1A1 müsste ich nachschauen, aber wenn ich mich recht erinnere, handelt wurde in “Handwaffen, Kampfmittel und Ausrüstung für den infanteristischen Einsatz” die ZO 4×30 von Zeiss genannt.
—– Trennung —- Thema Handwaffen:
G28: Mit 8kg zu schwer und zudem „überpräzise“ für ein DMR, eher ein vollwertiges Scharfschützengewehr als ein DMR und aus meiner Sicht deshalb eine Fehlentwicklung.
MP7: Die Waffe wurde als Personal Defence Weapon (PDW) für Fahrzeug- und Hubschrauberbesatzungen konstruiert (wie die P90 von FN Herstal), deshalb lässt sie sich auch einhändig benutzen. Mittlerweile wird die Waffe jedoch inflationär als persönliche Waffe des (infanteristischen) Führerkorps benutzt, wer sich hier über mangelnde Waffenwirkung beschwert, sollte auf seine StAN-Waffe (G36) wechseln.
Die Diskussion 5,56 vs 7,62 wiederholt sich alle paar Jahre und keine Armee hat bisher im großen Stil einen Wechsel vollzogen. Eine größeres Kaliber kann genauso wenig wie Optiken, Sturmgriffe etc. Ausbildungs- und Kalibermängel ausgleichen. Wie gesagt: In der Schweiz wird der infanteristische Halbkilometer mit 5,56 und ohne Zielhilfen abgedeckt.
Edit: Das „PräzisionsgewÄhr G82“ in dem verlinkten Artikel ist auch nett…
@Stefan: Grundsätzlich richtig, da kann ich Ihnen zustimmen.
Aber wenn man zu einer Kritik diesen Ausmaßes ansetzt, sollte man schon sauber arbeiten. Und wenn ich mir den BRH Bericht so durchlese, rollen sich mir stellenweise die Fußnägel hoch. Da werden „Argumente“ herangezogen, die am ehesten in die Kategorie „Ich hab da mal gehört“ fallen. Wer sowas macht, macht sich halt angreifbar! Da wäre es besser, sich auf den Kern seiner Kritik zu beschränken und bei seinen „Leisten“ zu bleiben.
Davon abgesehen teile ich die Kernkritik des BRH bzgl der Beschaffungswege und -entscheidungen inhaltlich aber durchaus. Ich kann auch nicht erkennen, das die H&K Produkte steht´s und ständig per se die beste Lösung darstellen!
@Memoria: Ja, stimmt formal das mit WiMi90 und ASM. Wenn man sich die Historie der Themen aber mal anschaut, stellt man fest, das WiMi90 im wesentlichen aus der ASM Forderung entstanden ist. Das meinte ich.
@Otto von B.: Die HLKO verbietet ja nicht per se HP o.ä. Munition. Ist halt immer ne Frage wie man die Sachen auslegt. Und die Auslegung der BMVg und AA Juristen ist da halt deutlich restriktiver als z.B. die der US Kameraden. Aber grundsätztlich gibts diesen Spielraum. Siehe nur die M855A1 bzw. MK318 SOST Nutzung.
das ganze erinnert mich an das Problem von Richard Löwenherz in der logistischen Vorbereitung auf seinen Kreuzzug: Armbrust mit (französischen) Stahlspannbogen vs englischer Langbogen mit verschieden Pfeilköpfen………
Das G28 wiegt ohne Visier und Anbauteile etwa genauso viel wie das G3, ist halt nur erheblich präziser. Man hat bewusst einen Verschluss aus Stahl gewählt, weil dieser eine gleichbleibende Präzision und bessere Munitionsverträglichkeit gewährleistet im Vergleich zu einem leichteren aus Aluminium. Damit dürfte man eben genau das Problem des G36 – nämlich die Abnahme der Präzision bei längerem Feuer – deutlich reduzieren. Man muss sich klar machen, dass allein das Zielfernrohr 1,6 kg wiegt, Zweibein 500g usw. usw. Wenn es dann zusammen auf 7,5 kg kommt, ist das halt kein Wunder, ich würde es aber nicht als übertrieben schwer bezeichnen. Man kann allerdings argumentieren, dass das Zielfernrohr für die meisten Schützen einfach ne Nummer zu gross und komplex sein dürfte, ein leichteres mit 6 oder 8 fach Vergrößerung hätte es sicher auch getan.
Aber wie man es auch macht, man macht es nie allen Recht.
Das G22 ist übrigens noch gut 1KG schwerer und die Scharfschützen beschweren sich meines Wissens auch nicht darüber.
Gerade über den BW Twitter gepostet worden:http://bit.ly/RNJ1xf