De Maizière zu Rüstungsexporten: Menschenrechte sind nicht alleiniges Kriterium

Mit seinen aktuellen Äußerungen zu deutschen Rüstungsexporten und vor allem zum geplanten Verkauf an Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien Donnerstagabend hat Verteidigungsminister Thomas de Maiziere hinreichend Staub aufgewirbelt – aus der Opposition kommt heftige Kritik an seinen Aussagen: Saudi-Arabien, so der Kern, sei wichtig für die Stabilität der Region – und Menschenrechte könnten nicht alleiniges Kriterium für die Genehmigung von Rüstungsexporten sein.

Leider finden sich bislang nur nachrichtliche Zusammenfasssung mit einigen Zitaten der Minister-Äußerungen in den Medien, keine zusammenhängende Abschrift der betreffenden Passagen in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner am (gestrigen) Donnerstagabend. Wenn’s sonst keiner macht, muss ich es wohl machen – hier die Abschrift der wesentlichen Äußerungen de Maizières (die Zeitangaben beziehen sich auf die Sendung vom 20. September 2012 in der ZDF-Mediathek):

00:40:35
Es ist nicht Aufgabe von Soldaten, es ist auch nicht Aufgabe des Bündnisses, und nicht Aufgabe des des Militärischen, eins zu eins wirtschaftliche Interessen umzusetzen. Deswegen haben wir zum Beispiel abgelehnt, Soldaten auf Schiffe von Reedern zu schicken, die die Schiffe vorher ausgeflaggt haben, um deren wirtschaftliche Interessen zu schützen. Das ist mal der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Dass wirtschaftliche Interessen auch Interessen sind, die wirtschaftsrelevant sind – wie Wasser, wie Demographie, Rohstoffinteressen, Handelswege – zeigt sich daran, dass unser Atalanta-Einsatz vor der Küste Somalias sowohl die Schiffe schützt, die Nahrungsgüter für hungernde Menschen bringt, wie auch den internationalen Seeverkehr. Und das ist ein relativ populärer Einsatz sogar. Also auch da muss man abwägen, wollen wir das oder wollen wir das nicht. Alleine aus wirtschaftlichen Interessen Krieg zu führen, daran würden wir uns nicht beteiligen.

(Screenshot: ZDF-Sendung Maybrit Illner 20. September 2012)

00:59:38
Es sind überhaupt nicht 400 Panzer nach Arabien hingegangen, sondern wir haben eine Debatte, die ich leider aus Gründen der Geheimhaltung nicht richtig kommentieren kann, ob und in welcher Weise Rüstungsexport auch – die Waffen, die nicht Terroristen gegen uns einsetzen – geeignet sind, die Stabilität in der Region, und da geht es um Saudi-Arabien und den Iran, positiv zu beeinflussen. Das ist die Frage, um die es dabei geht.
Wir beraten diese Dinge im Bundessicherheitsrat geheim, der Export selbst wird veröffentlicht. Das halte ich auch für richtig. Aber jetzt zu sagen, wir hätten da 400 Leopards nach Saudi-Arabien geliefert, das stimmt gar nicht.

00:51:22
Saudi-Arabien ist kein demokratisches Land, da müssen wir nicht drüber reden. Saudi-Arabien ist ein Land, was für die Stabilität im Nahen Osten eine große Rolle spielt. Saudi-Arabien ist in einer denkbar schwierigen Situation im Verhältnis zum Iran. Wir haben über den Islam geredet, wenn wir genauer reden, müssen wir natürlich über Sunniten und Schiiten und so weiter reden.
Iran ist ein Land, was seine gesamte Nachbarschaft und Israel bedroht. Und in dem Zusammenhang ist die Stärkung der Stabilität Saudi-Arabiens mit geeigneten – nicht mit allen – Mitteln eine denkbar vernünftige Entscheidung, die man treffen kann, in einer schwierigen Abwägungsentscheidung, und die andere Regierungen vor uns auch getroffen haben.

00:53:45
Wir haben und bleiben bei einer restriktiven Rüstungsexportpolitik. Die richtet sich allerdings nicht nur nach Kriterien der Menschenrechte, sondern auch nach Kriterien der Stabilität einer Region. Und in dem Fall, glaube ich, ist es – je nachdem wie Entscheidungen ausfallen, die wir dann auch öffentlich vertreten – entspricht es genau diesen Kriterien. Saudi-Arabien ist ein wichtiges Land im Kampf gegen den Terrorismus, Saudi-Arabien hat uns in vielen Fällen im Kampf gegen den Terrorismus geholfen, ich denke mal an das Stichwort der Kofferbomber in Köln. Gegen Terroristen, die uns, Großbritannien und andere bedroht haben. Da kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen. Also, die Sache ist nicht einfach mit Ja und Nein zu beantworten, das ist wahr. Es ist eine schwierige Abwägungsentscheidung, die ich aus Gründen der Geheimhaltung jetzt hier auch nicht im Einzelnen vortragen kann. Aber einfach zu sagen, Menschenrechte sind hier das alleinige Kriterium, reicht nicht aus.