Fast wie aus einer anderen Welt: 87 neue Hubschrauber in 15 Jahren

So viel Lob hört Lutz Bertling nicht oft. Der Hubschrauberhersteller Eurocopter, schwärmte Innen-Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, habe es immer verstanden, auf die Wünsche seiner Kunden und Helikopter-Nutzer einzugehen und termingerecht zu liefern. Bundespolizei-Präsident Matthias Seeger und das fliegende Personal der Bundespolizei sparten ebenfalls nicht mit lobenden Worten, als Eurocopter-Chef Bertling und seine Mitarbeiter am (gestrigen) Mittwoch die letzten zwei EC155-Helikopter einer rundum erneuerten Hubschrauberflotte an die Polizisten übergaben.

Auf einen Beobachter vor allem der militärischen Hubschrauber-Nutzung wirkte der Festakt wie eine Veranstaltung aus einer anderen Welt. Eurocopter, der Lieferant von Kampfhubschrauber Tiger und Transporthubschrauber NH90, die bei der Bundeswehr erst mit jahrelanger Verspätung in Dienst gestellt werden und in den Einsatz gehen sollen, als leuchtendes Vorbild für Zusammenarbeit bei einem komplizierten Beschaffungsvorhaben – das scheint in oliv undenkbar.

Bundespolizisten vor einem EC155-Hubschrauber auf dem Gelände der Fliegerstaffel in Blumberg bei Berlin

Im Dezember 1997 hatten Bundesinnenministerium und Bundespolizei den Beschaffungsvertrag mit Eurocopter abgeschlossen, keine 15 Jahre später sind alle 87 bestellten neuen Hubschrauber ausgeliefert: 65 Helikopter für den Polizeieinsatz, vom Transporter bis zum Überwachungshubschrauber mit Wärmebildkamera und Echtzeit-Datenübertragung, 16 für Katastrophenschutz und Luftrettung sowie sechs Schulungshubschrauber.

Angesichts solcher Nachrichten dürften sich Bundeswehr und Verteidigungsministerium die Haare raufen. Der Transporthubschrauber NH90 heißt zwar so wegen der 1990-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als er konzipiert wurde. Aber ebenso wie der Tiger dürfte er – in einer dringend benötigten Version zur Rettung verwundeter Soldaten – frühestens im Jahr 2013 in den Einsatz gehen.

Warum gibt es so riesige Unterschiede zwischen der offensichtlich problemlosen Lieferung an die Bundespolizei und den jahrelangen Verzögerungen bei der Ausrüstung der Bundeswehr? Das habe ich am Rand der Übergabezeremonie den Eurocopter-Chef Bertling gefragt:

Was Bertling natürlich nicht sagen kann: Der Beschaffungsprozess ist bei der Truppe deutlich komplizierter. Von der Bestellung bis zur Abnahmeprüfung.
Innen-Staatssekretär Fritsche hatte in seiner Festrede noch eine Erklärung parat, die den Kollegen im Bendlerblock auch nicht so gut gefallen dürfte: Bei der Beschaffung habe das Ministerium abgewogen zwischen einer revolutionären Neuentwicklung und einem bewährten Muster mit Aufbaupotenzial: Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, obwohl andere Teile der Bundesverwaltung sich im Luftfahrzeugsektor oftmals anders entschieden haben. (Trotz heftigen Nachdenkens sind mir außer Bundeswehr und Bundespolizei keine Teile der Bundesverwaltung eingefallen, die eine Hubschrauberflotte betreiben.)
Die Gründe, die Fritsche für die umfassende Flottenmodernisierung nannte, kamen mir dagegen wieder sehr bekannt vor: Überalterung der Hubschrauber (die Alouette 2 flog der damalige Bundesgrenzschutz nach seinen Angaben rund 40 Jahre lang), die Einrüstung von modernen Sensoren und Echtzeit-Datenübertragung, Nachtflugfähigkeit, Allwettertauglichkeit, spritsparender und damit kostengünstiger wie umweltfreundlicher Betrieb. Und natürlich auch die gestiegenen Anforderungen von Spezialkräften: Für die GSG9 sind sie ein unverzichtbares Einsatzmittel zur Bewältigung terroristischer Lagen.

Was übrigens die Ansicht angeht, die an die Polizei ausgelieferten Hubschrauber seien im Wesentlichen off the shelf und damit schneller und günstiger lieferbar als die Spezialwünsche der Militärs: Da hat mich ein Fachmann der Bundespolizei darauf hingewiesen, dass auch die Polizisten bei ihren Helikoptern zahlreiche Sonderwünsche realisiert haben. In einem EC135 mit Wärmebildkamera und Echtzeit-Datenlink, sagte der Experte, seien nicht nur rund 20 Funkantennen verbaut. Sondern auch drei Mal so viele Kabelmeter wie im Standardmodell.