Obama und die Todesliste
Getwittert hatte ich es schon, aber da es jetzt die deutschen Medien erreicht, auch hier der Link auf das verdammt lesenswerte Stück der New York Times im Original:
Secret ‘Kill List’ Proves a Test of Obama’s Principles and Will
Kurz gefasst: Wie der US-Präsident über die Todesliste mit den Zielen von Drohnenangriffen entscheidet.
Nachtrag: Thematisch dazu passend, sollte man sich wohl anschauen (falls es auch via Internet zugänglich ist): PBS Frontline: Al Qaeda in Yemen
@ BausC | 31. Mai 2012 – 12:17
Danke.
[…]Wer den Krieg gewinnt hat Recht.[…]
:-)
jeff costello | 31. Mai 2012 – 12:53
[…]die Argumentation ist sehr schlüssig;[…]
Ihre für mich auch. Es freut mich auch, dass Sie es als Argumentation für eine Position sehen, der man auch heftig widersprechen kann.
Gestatten Sie ein, zwei Gedanken bitte:
[…]aber Recht ohne Moral nicht dauerhaft bestehen kann, weil es den eigenen Bedingungen seiner Existenz widerspricht.[…]
Wenn die USA im Jemen und/ oder Pakistan Menschen töten, die sie aus intraobjektiver Sicht bedrohen, mag man das als Außenstehender unmoralisch empfinden, weil es grundsätzlich auch immer friedliche Lösungsmechanismen zu geben scheint und weil man, weil ich, als zivilisiert bezeichnen möchte, dass diese vorrangig anzuwenden sind.
Und doch wohnt dem Prinzip des Gegenagriffs, selbst dem Präventivangriff, auch eine moralische Stärke inne, der man sich bisher auf Völkerrechtsebene nicht vollends entziehen konnte, nicht nur die USA nicht.
[…]denn nur der Präsident ist durch US Recht vor Strafverfolgung geschützt.[…]
Auch der U.S.-Präsident kennt Grenzen.
[…]Im Übrigen lassen Sie völlig das grundlegende Prinzip des HVR, die Staatensouveränität außer Acht. […]
Wie dargestellt lasse ich das nicht. Ich postulierte ausdrücklich den Fall, dass ein Angriff auf U.S.-Staatsbürger erfolgte, glaubhaft angekündigt ist o.ä. bzw. allgemein: die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aktion gegeben ist.
Btw und davon ab: es ist kein Geheimnis, dass ein Staat nicht nur völkerrechtliche Rechte bzgl. seiner Souveränität und Integrität seiner Staatsbürger trägt, sondern auch Pflichten seine Staatsbürger im Zaum zu halten. Kann er oder will er das nicht, kann man ihn zwingen und/ oder übersteuern-auch das ein Prinzip.
[…]Die Tötung eines Menschen in D durch eine US-Drohne würde selbstverständlich zur Strafverfolgung des Täters führen.[…]
Habe ich das bestritten? Auch in Pak/ Jemen kann dies ja erfolgen. Nur kommt es auch automatisch zu einer Verurteilung-von mir aus in Abwesenheit? Das kann nur der Einzelfall beantworten.
@ Elahan | 31. Mai 2012 – 13:23… So, jetzt war der Post verschwunden.
[…] Doch bedarf es da wohl noch einer kritischen Revision des humanitären Rechts im Lichte des Rechts auf Leben. […]
Das Recht auf Leben und körperliche Unversertheit ist ein Naturrecht. Das negiert auch das HVR nicht. Und es ist nicht nur philosophisch universal (über Menschen und Völker hinaus) und immerwährend (über Raum und Zeit hinaus) geltend, sondern auch de facto überpositiv.
Es gibt kein Recht auf Töten „lediglich“ Rechtfertigungsgründe, aber die gibt es eben.
Sie können organisatorisch Sanktionierungen istitutionalisieren, das wird ja auch versucht, aber Sie können nicht das Recht auf Notwehr und Nothilfe einschränken oder gar abschaffen. Versuchen Sie folgenden Satz bitte zu bedenken: Wenn das Recht zu leben universell und immerwährend sei-und das muss es sein-dann sei auch das Recht sein Leben und das Dritter zu schützen universell und immerwährend.
Wäre es anders, so gäbe es eine Pflicht sich töten zu lassen. Wie und womit wollte man diese Pflicht begründen?
[…]Einsätze gegen angebliche Terroristen müssen je nach Sachlage entweder die Regeln des humanitären Rechts einhalten – wenn ein bewaffneter Konflikt vorliegt – oder, wenn diese Intensitätsstufe nicht erreicht wird, die Regeln eines allgemeinen Polizeirechts, wonach Tötungshandlungen nur als Ultima Ratio zum Schutze des Lebens anderer zulässig sind.[…]
Da haben Sie die (deutsche) Grundlage doch sehr genau skizziert. Ich komme nicht umhin, lediglich den Allgemeinplatz hinzuschreiben, dass sich dieser im Regelfall lässiger anwenden lässt als im Ausnahmefall.
[…]Wäre es nach Ihrer Auslegung denn auch angemessen gewesen die Terroristen des 9/11 mit diesen Methoden zur Strecke zu bringen?[…]
Um Ihre konkrete Frage konkret zu beantworten: Ja.
So ganz ohne Pathos kann ich Ihnen das aber nicht beantworten:
Die Bundesrepublik Deutschland und ihre Behörden haben die Pflicht Schaden von ihrem Staatsvolk bzw. hier lebenden Menschen, ihrer FDGO-bzw. ihrer Verfassung- und ihrem Staatsgebiet abzuwenden. Das diese dabei eine Fülle an Recht zu beachten haben, darf (und mE muss) sie nicht davon abhalten, denn das funktioniert auch unter Beachtung des Rechts ganz hervorragend, wenn man denn will und sie organsiatorisch befähigt.
Erinnern Sie sich bitte an Ihre sehr interessante Diskussion mit koffer http://augengeradeaus.net/2012/05/bundeswehrreformbegleitgesetz-die-unendliche-geschichte/comment-page-2/#comments
Ich bin davon überzeugt, dass es kein Gesetz gibt und keine Rechtsauslegung, die es verbietet die deutschen Streitkräfte durchaus auch bewaffnet einzusetzen im Falle einer bedingenden Notwehr-/ Nothilfesituation.
Das alles ist mE auch recht unstrittig. Strittig ist dann schon eher, ob, wann, gegen wen und wie lange eine solche Situation vorherrscht. Und das wird uns auch noch eine Weile beschäftigen.
@Sachlicher Vielen Dank für Ihre hervorragende Bewertung. Noch ein Nachbrenner: Einige der Terroristen befanden sich zum Zeitpunkt der Vorbereitung in der BRD, ich denk die USA hätten bei uns einen andere Methode angewendet um sie zur Strecke zu bringen, aber wenn nicht?
Ihre letzte Frage habe ich mir, in abgewandelter Form, auch schon mal gestellt:
Was wäre gewesen, wenn Osama bin Laden sich nicht in Rufweite der Militärakademie zu Abottabad, sondern in einem Plattenbau in Berlin-Marzahn versteckt gehalten hätte und die amerikanischen Geheimdienste hätten ihn dort aufgespürt?
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Amerikaner in diesem Fall die deutschen Sicherheitsbehörden um Amtshilfe ersucht hätten:
Zum einen hätte man wohl geargwöhnt, die Deutschen könnten die Festnahme vermasseln. Zum anderen hätte man wohl angenommen, dass sich gegen eine Auslieferung bin Ladens von Deutschland an die USA eine breite Koalition bilden würde.
@Chickenhawk
Mal ganz ehrlich, was soll die Spekulation bringen? Das ist genau so so sinnig wie die hier kuerzlich gelaufenen Spekulationen zur Familiengeschichte unseres Ministers…
@ Soenke Marahrens
Die Überlegung ist erstens interessant (jedenfalls meiner Meinung nach) und könnte zweitens durchaus mal relevant werden.
Ich verweise hierzu als Präzedenzfall auf die Umstände der Festsetzung der Entführer der Achillo Lauro im Jahr 1985 durch US-Streitkräfte auf italienischem Boden und die sich anschließende diplomatische Krise zwischen den USA und Italien. So etwas könnte auch in Deutschland passieren.
@ Soenke Marahrens | 31. Mai 2012 – 17:23
Was genau spricht dagegen, sich die Biografien unseres politischen Personals mal näher anzusehen? Ich halte die Familiengeschichte unsere Verteidigungsministers für hoch interessant und durchaus für das Amt für relevant.
@chickenhawk
„Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Amerikaner in diesem Fall die deutschen Sicherheitsbehörden um Amtshilfe ersucht hätten: Zum einen hätte man wohl geargwöhnt, die Deutschen könnten die Festnahme vermasseln. Zum anderen hätte man wohl angenommen, dass sich gegen eine Auslieferung bin Ladens von Deutschland an die USA eine breite Koalition bilden würde.“
Im Extremfall hätten die Amerikaner die Bundesregierung vermutlich einfach zur Amtshilfe oder zumindest zum Wegschauen genötigt. Die betroffene Bundesregierung hätte anschließend kein Interesse daran gehabt, den Fall bekanntwerden zu lassen. Die Amerikaner hätten umgekehrt ein Interesse daran gehabt, so etwas möglichst geräuschlos abzuwickeln und Situationen zu vermeiden, in denen jemand wie Murat Kurnaz hinterher Lärm schlagen kann. Guantanamo war auch vor diesem Hintergrund ein politischer Fehler, den man bei späteren Fällen wohl nicht wiederholt hat. In diesen Fällen mag Druck der Amerikaner aber gar nicht erforderlich gewesen sein, weil es möglicherweise sogar im deutschen Interesse gelegen haben mag, Akteure dauerhaft aus der politischen Gleichung zu entfernen, gegen die man auf Grundlage deutschen Rechts nicht oder nicht angemessen hätte vorgehen können.
@ Orontes | 31. Mai 2012 – 19:28
Vor dem 2+4 Vertrag hat es häufiger mal Situationen gegeben, in denen die Amis der Bundesrepublik mitteilten, dass sie das jetzt übernehmen …
Aktuell würde man wahrscheinlich in der anschließenden Pressekonferenz die konstruktive Zusammenarbeit loben uns sich für die Amtshilfe der amerikanischen Kollegen bedanken. Zumindest wenn es um so Kaliber wie Osama bin Laden geht. Und wenn irgendein Zaunkönig meint, rumzicken zu müssen, würden aus Spangdahlem und co. ein paar Jäger starten und nachgefragt, ob man noch Fragen habe …
Etwas diplomatischer würde vielleicht jemand auf den König aus Antoine de Saint-Exupéry’s „Der kleine Prinz“ verweisen: „Der König will ein machtvoller Herrscher sein, dem niemals widersprochen wird. (…)Der König hält sich für weise, da er glaubt, die Kunst des Herrschens in der Form vervollkommnet zu haben, dass er von jedem nur fordert, was er auch leisten kann. So fordert er von den Sternen nur, sie mögen sich bewegen, und von der Sonne, sie möge aufgehen, wenn auch die Zeit dafür ist.“
@Sachlicher
Haben Pakistan/Jemen etc das Recht die Drohnen abzufangen oder abzuschiessen?
Laesst sich aus internationalem Recht irgend eine Plficht dieser Staaten ableiten ihren Luftraum bzw ihre Einwohner zu schuetzen?
Sobald einer der von ihnen oben genannten Punkte der Pruefung nicht standhaelt, waere es dann ein Fall fuer den Internationalen Strafgerichtshof (ICJ)? Unabhaengig von der Frage ob der ICJ zustaendig ist. Zwar lehnen die USA denselben ab, Pakistan ist aber Mitglied.
@andere die hier einen Krieg sehen
Widerspricht es nicht ihrem Verstaendnis wenn die Gegner auch beim Angriff auf, in einem Krieg, legitime militaerische Ziele strafrechtlich verfolgt werden?
@Soenke Marahrens | 29. Mai 2012 – 22:03
(Zu Mord)
Muessten hier nicht die US Masstaebe fuer Mord angewendet werden? Dort genuegt afaik schon der Vorsatz um es von Totschlag abzugrenzen, ohne Heimtuecke oder niedrige Beweggruende.
(nicht dass ich HK zustimme, ich bin nicht kompetent um mir hier eine meinung zu bilden, auch bietet Sachlicher einen deutlich besseren ansatz die drohnenangriffe einzuordnen)
@sd
„Haben Pakistan/Jemen etc das Recht die Drohnen abzufangen oder abzuschiessen?“
Die Frage nach dem Völkerrecht ist ein bloßer Rhetorikwettbewerb für die Öffentlichkeit, wobei es aber InfoOps-technisch natürlich wichtig ist, hier v.a. gegenüber westlichen Zielgruppen überzeugend auftreten zu können. Strategisch ist es aber vollkommen gleichgültig was für Rechte diese Staaten haben, solange die Machtverhältnisse so sind wie sie sind. Deren Regierungen wissen das und haben sich deshalb mit den Amerikanern mehr oder weniger arrangiert.
„Laesst sich aus internationalem Recht irgend eine Plficht dieser Staaten ableiten ihren Luftraum bzw ihre Einwohner zu schuetzen?“
Völkerrechtlich gibt es nur eine Verpflichtung, von deren Territorium ausgehende terroristische Aktivitäten zu unterbinden. Aber auch wenn es diese nicht gäbe würden die Amerikaner genau das tun, was sie jetzt tun, und die Pakis würden sich genauso mit ihnen arrangieren. Seit der Antike hat sich daran nichts geändert: „Die Starken tun was sie tun wollen und die Schwachen ertragen, was sie ertragen müssen.“
„Widerspricht es nicht ihrem Verstaendnis wenn die Gegner auch beim Angriff auf, in einem Krieg, legitime militaerische Ziele strafrechtlich verfolgt werden?“
Wie gesagt: Die Starken machen die Regeln so wie sie sie brauchen und nennen das „Weiterentwicklung des Völkerrechts“. Warum sollte sich jemand, der stark genug ist dies nicht tun zu müssen, Regeln anderer Mächte unterwerfen, die seinen Feinden mehr nützen als ihm und von seinen Feinden ohnehin ignoriert werden? Irgendwann werden die Amerikaner nicht mehr stark sein, und dann macht irgendjemand anders genauso unfaire Regeln in seinem Interesse.
@Sun Tzu
Ich bin ein grosser Freund von Biographien. Ihre in diesem Blog vorgenommene beschreibung mit dann folgender Analyse wanderte aber m.E. an den entscheidenden Stellen in den Bereich des Spekulativen, u.a. weil, wie Sie es selbst schrieben, es an bestimmten Stellen keine Akten gaebe,
und damit wird es wertlos, denn behaupten kann ich alles…
Und da wir desweiteren nach wie vor nicht Sippenhaftung haben, halte ich die Bewertung des Verhaltens Einzelner am bzw ueber das Verhalten Ihrer Verwandten fuer prinzipiell unstatthaft.
@sd
Es hindert Pakistan ja niemand, den Amerikanern den Einflug/Ueberflug aus Souveraenitaetsgruenden zu verweigern, da sie es nicht machen, wird es wohl ein Kompensationsgeschaeft sein. Z.B. vielleicht (Achtung Spekulation) das in Yemen die aktuellen Machthaber das Risiko eines eigenen Machtverlust hoeher einschaetzen, als den moeglichen Gesichtsverlust aufgrund von US Aktivitaeten gegen Glaubensbrueder!
@sd
Wenn ein Soldat im Einsatz (im Krieg) mordet, dann gehoert er bestraft…..(u.a. schon aus Gruenden der Aufrechterhaltung der Disziplin), und dann gehoeren da die niederen Beweggruende sehr wohl damit hinein. Da kann ich nicht mit einem US Gesetz agieren.
Die Diskussion um Toeten und Morden ist am Ende eine moralische Frage, und da gibt es mehr Gedankenschulen, als wir beide hier aufzaehlen koennen.
Aber weil wir hier insgesamt auf der Moralebene agieren, muss man sich dann auch mit der moralischen Frage beschaeftigen, was unterlassenes Handeln bedeutet….
Herzlich willkommen im Dilemma!
Sun Tzu | 31. Mai 2012 – 19:15
Mmmhhh, der eine war Soldat; der Andere Politiker und durch Zufall (oder eben Parteiraison) Verteidigungsminister … also sooo spannend sind die Biografien nicht. Wo sind denn die Parallelen?
Orontes | 31. Mai 2012 – 20:03
Ihre Antworten bestehen wieder aus vielen „Luftblasen“.
„Strategisch ist es aber vollkommen gleichgültig was für Rechte diese Staaten haben, solange die Machtverhältnisse so sind wie sie sind.“
Frage: Sind Sie sicher das Sie „strategisch“ meinten?
Ich bewertete das Töten via Drohnen nach unserem deutschen Wertesystem (somit auch Rechtssystem) ….
Frage: Sie blieben bislang einer Antwort schuldig, wessen Wertesystem Sie denn verteidigen (dieses auch als verbal zu verstehen)..
@Heiko Kamann
„Ich bewertete das Töten via Drohnen nach unserem deutschen Wertesystem (somit auch Rechtssystem) ….“
Es mehr als ein Wertesystem in Deutschland. Wie Sie schon bemerkt haben, gehen wir von unterschiedlichen Wertesystemen aus. Ihr Wertesystem würde ich allerdings nicht „deutsch“ nennen, sondern liberalistisch-universalistisch, mit ein paar möglicherweise säkularisierten christlichen Einflüssen. Es scheint mit dem Wertesystem identisch zu sein, dem Politiker zumindest in Sonntagsreden gerne huldigen.
„Frage: Sie blieben bislang einer Antwort schuldig, wessen Wertesystem Sie denn verteidigen (dieses auch als verbal zu verstehen).“
Sie hatten bislang noch nicht gefragt. Als Soldat habe ich kein Wertesystem verteidigt, sondern einen Staat, dessen vorherrschendes Wertesystem ich nur eingeschränkt teile. Das war für mich kein Problem, weil dieser Staat u.a. die Idee der Gewissensfreiheit proklamiert und mir die Freiheit zugesteht, Dinge auf moralischer Ebene anders zu sehen als seine Politiker es tun.
Andere, zeitlose soldatische Wertesysteme stellen den Pflichtgedanken in den Vordergrund, und Pflicht ist m.E. unabhängig davon zu erfüllen ist, welchen philosophischen Mode die politische Führung gerade folgt. Gestern waren es Menschenrechte von Terroristen, heute sind es Frauenrechte in Afghanistan, morgen vielleicht der Klimaschutz, und übermorgen wieder etwas anderes. Solche Moden kommen und gehen, aber der Gegenstand der Pflicht bleibt bestehen, und solange die Politik sich nicht allzuweit von diesem entfernt, habe ich prinzipiell keine Probleme damit auch einem unvollkommenen Staat zu dienen. Ich finde es sogar gut, dass er seine Sonntagsreden in der Praxis nicht allzu ernst nimmt, wenn es darauf ankommt.
@ sd | 31. Mai 2012 – 19:51
Da man Rechtsnormen nachlesen kann, schreibe ich auch hier meinen Diskussionsansatz. Das bitte ich stets zu beachten und dieser Einschub ist nicht Ihnen persönlich gewidmet.
[…]Haben Pakistan/Jemen etc das Recht die Drohnen abzufangen oder abzuschiessen?[…]
Bevor ich jetzt alle internationalen Bestimmungen bzgl. der Luftfahrt und/ oder was ein kriegerischer Akt sei aufzähle, bleibe ich mal beim Grundsatz auf denen diese Vereinbarungen basieren:
Jeder Staat darf sein Staatsgebiet in jeder Dimension (Land, Luft, See, Weltraum) verteidigen.
Also dürfen Pakistan und Jemen nach diesem Grundsatz auch ihren Luftraum/ ihr Staatsgebiet verteidigen.
Im übrigen ist es eine -moralisch- recht unwirkliche Diskussion bzgl. der Aufklärungsdrohnen, dass diese den Untergang des Abendlandes und des Datenschutzes bedeuteten, während Satteliten Sie und/ oder die Staatsoberhäupter jemens/ Pakistans schon längst lässig beim FKK-Baden im Garten fotografieren und filmen könnten und es weder nationale noch internationale Kontrollregime gibt, die es wirkungsmächtig verhindern könnten.
[…]Laesst sich aus internationalem Recht irgend eine Plficht dieser Staaten ableiten ihren Luftraum bzw ihre Einwohner zu schuetzen?[…]
Nein, wenn man den Beitrag zur internationalen Luftraumordnung (zivil) zu denen sie sich verpflichteten (oder auch nicht) einmal bei Seite lässt.
[…]Sobald einer der von ihnen oben genannten Punkte der Pruefung nicht standhaelt, waere es dann ein Fall fuer den Internationalen Strafgerichtshof (ICJ)? Unabhaengig von der Frage ob der ICJ zustaendig ist. Zwar lehnen die USA denselben ab, Pakistan ist aber Mitglied.[…]
Wir müssen uns einmal bitte von der Vorstellung verabschieden, diverse Länder -allen voran die USA- würden ihre Handlungen generell nicht juristisch vorbereiten und begleiten. Das ist nicht der Fall. Und wenn gegen Recht verstoßen wird (wie z.B. bei diversen CIA-Aktivitäten vor und während der Reagan-Adminsitration) landet es vor einem Gericht, in guter Regelmäßigkeit „zumindest“ vor dem US-Congress zwecks polit-juristischer Einordnung.
Ihre Bemerkung, dass man diverse Handlungen vom IStGH einmal überprüfen lassen sollte, um Klarheiten (also einen letztlich normengebenden Richterspruch) zu bekommen, teile ich, weil es wünschenswert ist in meinen Augen-ohne jetzt einmal das organisatorisch Machbare zu betrachten. Aber die Auffassung, dass die USA hier laufend mit wehenden Fahnen verlieren würden, ja müssten, teile ich nicht.
[…]Widerspricht es nicht ihrem Verstaendnis wenn die Gegner auch beim Angriff auf, in einem Krieg, legitime militaerische Ziele strafrechtlich verfolgt werden?[…]
Wie geschrieben: Es gibt kein Recht auf Töten. Es gibt lediglich Rechtfertigungsgründe (und natürlich Schuldausschlussgründe)-im übrigen gibt es die zumindest niedergeschrieben/ oder mdl. überlieert in allen Gesellschaften, auch bei Naturvölkern, auch in den unterschiedlichsten Religionen, usw. Dass das Vorliegen dieser Gründe durch ein Gericht überprüft wird, ist ebenfalls kein Alleinstellungsmerkmal westlicher bzw. demokratischer Rechtsstaaten. Nun würden wir kaum die Gerichtsbarkeit und das Rechtsverständnis eines Naturvolks übernehmen wollen…, das führte jetzt aber zu weit.
International:
Wer gegen die Regeln des HVR verstößt, wird regelmäßig einem wie auch immer gearteten Verfahren unterzogen, ggf. dafür bestraft/ geächtet… so gut das international eben funktioniert.
Deutschland:
Für mich ist es so: Die Einleitung eines Verfahrens gegen eine Soldatin/ gegen einen Soldaten ist für diejenige/ denjenigen eine enorm belastende Situation. Es ist wichtig dass man das auch in akademisch interpolierten Diskussionen versteht und weiß, ebenfalls ist es in politischen Diskussionen zu beherzigen.
Dekliniert man es aber an unseren Gesetzen durch, ist das ein ganz unspektakulärer Routinevorgang, der auch eingeleitet wird, wenn im umgekehrten Fall ein Bw-Angehöriger getötet wird, und welcher dem allgemeinen Rechtsfrieden sehr dienlich ist. Polit-moralische Auslegungen sind für mich ohne Belang diesbezüglich.
Bisher ist noch kein Deutscher/ keine Deutsche als Bw-Angehöriger diesbezüglich verurteilt worden.
Jetzt ist natürlich wie angeklungen die Frage, was wir daraus machen: moralisch.
[…]Muessten hier nicht die US Masstaebe fuer Mord angewendet werden? Dort genuegt afaik schon der Vorsatz um es von Totschlag abzugrenzen, ohne Heimtuecke oder niedrige Beweggruende.[…]
Der Versuch einer Herleitung:
1. Der Spruch „Soldaten sind Mörder“ stammt bekanntermaßen von Tucholsky. Und so ist er auch einzuordnen. Da soll er bitte auch eingeordnet bleiben.
Leitet man jetzt ein staatstragendes Statement davon ab, dann bleibt die Frage: Seit wann darf jemand als Mörder bezeichnet werden, ohne dass ein weltlicher Richter dies als Recht sprach?
Und mit etwas Petitesse gefragt: Warum wird so unvollständig proklamiert? Der Spruch müsste doch eigentlich lauten: Alle Soldaten sind Mörder/ Totschläger/ Körperverletzer! Aber auch das wäre noch unkorrekt, korrekt: Alle Soldatinnen/ Soldaten sind Mörderinnen/ Mörder, ….! Oder?
2. Da diese grundsätzliche Unkorrektheit auch den Pace-Fahnen schwingenden Pazifisten in der midlife-crisis beschäftigte, dachte man sich was ganz tolles aus und proklamierte: „Soldaten sind potentielle Mörder“.
Darf ich das als philosophische Unsinnigkeit bezeichnen? Darf ich. Denn jeder Mensch ist ein solcher/ kann ein solcher sein/ könnte zu einem solchen gemacht werden (je nach philosophischer Schule). Insofern ist es eine Aussage ohne Erkenntnisgewinn, eine Nichtaussage, die keinen Sinn (Erkenntnis) bringt.
3. Wer mordet gehört bestraft. Wer aber ein Mörder, allgemein: ein Gesetzesbrecher, letztlich ist, legt ein unabhängiges Gericht fest.
4. Moral ist ein großes Wort. Für uns Deutsche mitunter zu groß.
@ Heiko Kamann | 31. Mai 2012 – 22:14
[…]Sind Sie sicher das Sie “strategisch” meinten?
Ich bewertete das Töten via Drohnen nach unserem deutschen Wertesystem (somit auch Rechtssystem) ….[…]
Mit Verlaub, aber Sie bewerten nach Ihrem System und Ihrer Rechtsauffassung. Das ist für mich absolut in Ordnung, ich mache ja nichts anderes, aber auch wenn wir mE den kleinsten gemeinsamen Wertenenner GG teilen, so ist doch Meinung Meinung-bei uns beiden.
Ernstgemeint und ohne Ironie: Ich lese neuerdings oft, dass der Drohneneinsatz moral-ethisch (geschenkt, keine ANtwort erforderlich) besonders zu kritisieren wäre und juristisch umstritten sei. Können Sie mir erklären, warum das so sei? Was hat sich geändert?
@Sachlicher
Chapeau und Dank!