Iranische Marine schießt von Piraten entführten Containerfrachter frei
Die Nachricht ist schon deswegen bemerkenswert, weil man von diesem Beteiligten an der Anti-Piraterie-Front im Indischen Ozean recht wenig Details erfährt: Ein Patrouillenboot der iranischen Marine soll einen von somalischen Piraten entführten iranischen Frachter frei geschossen haben. Nach Berichten iranischer Nachrichtenagenturen dauerten die Feuergefechte zur Befreiung des Containerfrachters Armis 48 Stunden. 13 Piraten seien festgenommen worden und sollen in Iran vor Gericht gestellt werden.
Nun werfen die Berichte der iranischen Nachrichtenagenturen FARS und IRNA (ich muss mich mangels Sprachkenntnissen auf die Berichte englischsprachiger Quellen stützen) ein paar Fragen auf. Zum einen: weder vom Piracy Reporting Centre in Kuala Lumpur noch von der NATO wurde für den 26. März ein iranischer Containerfrachter dieses Namens als gekapert gemeldet. Zum anderen erwähnt die hier angeführte IRNA-Meldung zwar, dass die Piraten zwei Besatzungsmitglieder getötet und eines verletzt hätten; allerdings gibt es keine Angaben, ob es bei der Befreiungsaktion Opfer unter der Besatzung oder den Piraten gab. Lediglich den Hinweis, dass es keine Verluste unter den iranischen Soldaten gab. (Nebenbei: bei Eingabe der FARS-Meldung in den Google-Übersetzer sind es nur noch zwölf festgenommene Piraten…)
Nachprüfbar ist nur, dass es in der Tat den Containerfrachter Armis gibt, der unter der Flagge von Barbados fährt, der iranischen Mount Everest Maritime Inc. gehört und von der Hafiz Darya Shipping Co. bereedert wird, die ebenfalls in Teheran sitzt. Und ebenfalls nachprüfbar ist, dass am 26. März tatsächlich ein iranisches Schiff von Piraten entführt wurde, nämlich der unter bolivianischer Flagge fahrende Massengutfrachter Eglatine, der allerdings nach einer Woche wieder frei kam.
Vor ein iranisches Gericht? :D Bin ja mal gespannt, wie die den Sachverhalt angehen. 2 Monate auf Bewährung und 80 Sozialstunden werden es sicher nicht werden. Tja, immer auf die Flagge gucken, bevor man entert ;-)
Iranians we love you! ;)
Hier ist natürlich wieder Jürgen Trittin gefragt, um das Wohlbefinden der inhaftierten Piraten sicherzustellen.
Aber im Ernst: Ich frage mich schon, ob die Piraten ihre Opfer auch dem Herkunftsland und dem damit verbunden Risiko auswählen, vgl. etwa den Entführer der Maersk Alabama:
http://www.bop.gov/iloc2/InmateFinderServlet?Transaction=IDSearch&needingMoreList=false&IDType=IRN&IDNumber=70636-054
Der arme Teufel sitzt noch bis zum Jahr 2038 im Hochsicherheitsgefängnis in Indiana.
Ist m.E. nicht das erste Mal (Herbst 2009), dass die Iraner Dampfer „befreien“, die gar nicht entführt worden sind.
Auch wenn es bei einer Dhow wohl weniger auffiele, wenn sie gekapert würde: bei einem Containerschiff dieser Größe ließe sich das nur sehr schwer verbergen, die Befreiungsaktion schon gar nicht.
Die Iraner sind im Gegensatz zu den Chinesen (eigene Konvoi-Slots) auch die völligen Eigenbrötler da „unten“. Zwar muss sich niemand der (freiwilligen) Organisationsmöglichkeiten vor Ort anschliessen, ich hatte aber damals eher den Eindruck, dass die Iraner eher damit beschäftigt waren, unfallfrei zur See zu fahren.
Dient insgesamt vermutlich eher der eigenen Propaganda, da auch die lokale (ostafrikanische) Berichterstattung bis dato keine einzige Meldung darüber hat.
Die „üblichen Verdächtigen“ (reuters Africa/ fr.allafrica.com/ jeuneafrique.com mit Ticker) sind sehr ruhig.
Wohl nichts Neues im (Süd-)Osten.
Die NATO registriert nicht alle versuchten Entführungen. Häufig erst nachdem diese erfolgreich durchgeführt wurden. Auch ist unwahrscheinlich, dass ein iranisches Handelsschiff bei der „befreundeten“ NATO um Hilfe bittet, wenn diese von der iranischen Marine geleistet werden kann. Das die iranische Marine dies der NATO meldet glaube ich auch nicht.
@Stefan
Die NATO registriert Entführungen nicht nur dann, wenn die NATO um Hilfe gerufen wird … siehe z.B. den am 26. März entführten Frachter Eglatine. Und das IMB registriert Hijackings auch generell, unabhängig von der Flagge und Eigentümer-Nationalität. Die Frage ist eher, ob es einen generellen Distress Call gab. (Wenn das alles so überhaupt stimmt.)
@T.Wiegold | 03. April 2012 – 21:34
Wenn die NATO ausnahmslos alle versuchten Entführungen registriert, dann stellt sich die Frage, woher sie ihre Infos erhält und besonders, warum sie nicht in jedem Fall selbst reagiert hat. Ohne Meldung gibt es sicher auch keine Registrierung. Und selbst kann die NATO ihre Augen nicht überall haben. Das die Welt derartige Vorfälle schon öfters erst über Pressemitteilungen erfahren hat, d.h. nicht über die NATO, ist auch nicht neu. Vielleicht gab es einen Notruf allein an die iranische Marine durch das iranische Schiff. Dies könnte ich mir bei der Mentalität der Iraner gut vorstellen.
@Stefan: „dann stellt sich die Frage, woher sie ihre Infos erhält…“
einfach den (weltweit standardisierten) Seefunk abhören, was sowieso alle ausrüstungspflichtigen Schiffe tun müssen. Ein DistressCall (auch der Kategorie „piracy“) geht an alle empfangsbereiten Seefunkstationen und wird somit auch auf den Nato-Schiffen registriert werden (die automatisch ausgelöste Alarm-Hupe ist wirklich nicht zu überhören). Auch die Iraner werden ganz normale Seefunk-Anlagen mit sich herumfahren und bei Bedarf einfach auf den dafür vorgesehenen Distress-Knopf drücken und das oben beschriebene Procedere auslösen.
„Zum anderen erwähnt die hier angeführte IRNA-Meldung zwar, dass die Piraten zwei Besatzungsmitglieder getötet und eines verletzt hätten; allerdings gibt es keine Angaben, ob es bei der Befreiungsaktion Opfer unter der Besatzung oder den Piraten gab. Lediglich den Hinweis, dass es keine Verluste unter den iranischen Soldaten gab.“
Hmm,
mag vielleicht daran liegen das die Iraner weniger politisch korrekt vorgehen als wir uns das wünschen ;-)
Es gibt Bilder nicht nur von den Soldaten, sondern auch von Waffen und Gefangenen.
Was auffällt ist, dass die Piraten wesentlich schwerer bewaffnet waren als normal, da war ein PKM-MG und ein Granatwerfer (MK 79?) sowie auf einem anderen Bild ein MG auf Dreibein (SG-43?) zu sehen.
@JCR
Haben Sie einen Link zu den Bildern? (Oder meinen Sie die im Youtube-Video in dem anderen Thread?)
http://www.mehrnews.com/fa/newsdetail.aspx?NewsID=1567981
(ich kann kein Farsi, ich hatte die bilder aus einem anderen Forum)
http://www.mehrnews.com/mehr_media/image/2012/04/776540_orig.jpg
Waffenarsenal
http://www.mehrnews.com/mehr_media/image/2012/04/776521_orig.jpg
MG (Könnte aber auch von den Iranern zum Schutz vor weiteren Angriffen in Stellung gebracht sein.