Organisation ist Politik.
Was hätte ein Karl Theodor zu Guttenberg aus einem solchen Anlass gemacht! Eine solche Neugliederung der Führungsorganisation von Bundeswehr und Verteidigungsministerium, traditionsbewußt Dresdner Erlass genannt und damit – nach Helmut Schmidts Blankeneser Erlass und Peter Strucks Berliner Erlass – erst die dritte Neuregelung dieses Bereichs in der sonst an Strukturänderungen nicht armen Bundeswehrgeschichte. Vorgestellt im noch neuen, öffentlich weithin bekannten Militärhistorischen Museum der Bundeswehr. Mit einer Rede des Ministers. Das öffentliche Trommeln bis hin zum TV-Auftritt kann sich jeder, der den früheren Verteidigungsminister Guttenberg erlebt hat, leicht vorstellen.
Der charakteristische „Keil“ im Gebäude des Militärhistorischen Museums in Dresden
Andererseits. Wie ist Peter Struck mit seinem Erlass umgegangen, 2005? Das Dokument wurde schlicht mit einer Unterschrift des Ressortchefs in Kraft gesetzt und ging dann per Hauspost an die betroffenen Offiziere und Beamten. Keine Feier, keine Rede (so war meine Erinnerung, und ich habe sie mir von Insidern noch mal bestätigen lassen).
Wenig überraschend wählte Thomas de Maizière bei der Vorstellung des Dresdner Erlasses am (gestrigen) 21. März bewusst den für ihn typischen Mittelweg: den der demonstrativen, offensiven Bescheidenheit. Zwar schon im Militärhistorischen Museum, schon mit eingeflogenen Zuhörern aus den Spitzenetagen von Bundeswehr und Ministerium, schon mit Beteiligung des Stabsmusikkorps. Und doch: Statt Marschmusik ertönten Giovanni Simone Mayrs Bagatelle á tre – Marcia für Flöte, Klarinette und Fagott und Edmund Löfflers Kleines Hofkonzert von einem Holzbläser-Trio. Statt in die große, repräsentative Eingangshalle des Museums stellte er sich für seine Rede in das sehr schlichte dunkelgrau gehaltene Auditorium, das eher wie der Vortragssaal einer Sparkassenakademie wirkt.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr via flickr unter CC 2.0 Lizenz)
Vielleicht gar nicht so unpassend. Denn was de Maizière ganz offensichtlich beabsichtigte, hatte viel mit einem Management-Seminar für Führungskräfte zu tun. Da ging es weniger um den Erlass selbst (der übrigens den Spitzenbeamten und selbst den Inspekteuren der Teilstreitkräfte nach eigenem Bekunden zuvor nicht bekanntgegeben worden war). Sondern um eine Grundsatzrede des Vorstandsvorsitzenden an seine Spitzenleute, um sein Verständnis von Führung in einem Riesenladen wie den Streitkräften. Auch wenn der Redetext vom Ministerium gut eine Stunde vor Beginn verbreitet wurde: Die relativ kleine Gruppe, so mein Eindruck, sollte direkt vom Minister hören, was er von seinen Managern erwartet – und es solle sich niemand irren, wo oben ist: Der Primat der Politik verortet die letzte politische und militärische Verantwortung für die und in der Bundeswehr klar und eindeutig nach dem Grundgesetz beim Bundesminister der Verteidigung als Ressortchef und Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, der wiederum Teil der Regierung und parlamentarisch kontrolliert ist.
Das bedeutet, darauf legte de Maizière wert, nicht weniger Verantwortung für die darunter. Fast schon süffisant zitierte er aus dem Spiegel-Artikel zu Helmut Schmidts Blankeneser Erlass 1970: Der Minister will Generale, die für ihren Laden verantwortlich sind und die er deshalb auch für Missstände zur Verantwortung ziehen kann. Und der heutige Minister will das nicht nur für Generale: Anders als im Blankeneser und im Berliner Erlass regelt der Erlass von heute daher auch die Verantwortlichkeiten der zivilen Strukturen. Wir müssen uns als EINE Bundeswehr begreifen – und als EINE Bundeswehr denken. Das klingt nur für Außenstehende harmlos, faktisch ist es die Ansage, dass de Maizière bis knapp unterhalb einer Grundgesetzänderung gehen will, um die Trennung von Streitkräften und Wehrverwaltung in den Grundgesetzartikeln 87a und 87b im Sinne des, pardon, Unternehmenszweckes aufzuheben.
Den Kern seiner Führungsphilosophie (das ist hier in den Kommentaren zur Rede auch schon thematisiert worden) breitete de Maizière zum Schluss der Rede aus – mit der eindrücklichen Mahnung: Das, was ich hier vortrage, ist im Kern mit „Führen mit Auftrag“ immer gemeint und gemeint gewesen. Manches in dabei durch „Absicherung von oben“ und „Absicherung von unten“ verdunstet. Trauen wir uns wechselseitig zu, uns so zu verhalten, wie es gelerent und gelehrt wird in der Bundeswehr.
Weil es so zentral die Sicht des Ministers vorgibt, die fünf Maßstäbe für gute Führung aus der Rede im Wortlaut:
1. Führen durch Vorbild
In der Bundeswehr gilt die Autorität des Amtes und des Dienstranges viel. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Führungsfähigkeit und Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. Das ist auch mehr als Tradition. Das ist notwendig. Schwarmintelligenz und kollektives Mitbestimmen sind ungeeignet, um die Bundeswehr zu führen. Führung muss in einer Armee Gefolgschaft verlangen können, natürlich das Recht auf Widerspruch in Ausnahmesituationen eingeschlossen.
Gute Führung verlangt aber, dass zur institutionellen Autorität die persönliche Autorität hinzutritt. Dafür ist entscheidend, dass unsere persönliche Diensthaltung und Leistung von den Mitarbeitern und Untergebenen jedenfalls im Großen und Ganzen als vorbildlich aufgefasst wird.
Führen durch Vorbild, das ist anstrengend. Das ist im Alltag auch zu viel verlangt. Vorgesetzte, unser Führungspersonal, müssen keine Heiligen sein. Auch der Umgang mit Fehlern kann ein Vorbild bewirken.
Entscheidend ist, dass sich die Vorgesetzten in entscheidenden Situationen als Vorbild begreifen, also an die Sache und nicht zuerst an sich selbst denken, andere mitziehen und sich nicht zuerst in Sicherheit bringen, wissen, was für die eigenen Leute wichtig ist. In diesem Sinne ist Führen durch Vorbild nicht unmöglich, sondern unentbehrlich.2. Führen durch Führung
Das mag auf den ersten Blick merkwürdig klingen. Aber Führungspositionen bringen es oft mit sich, dass ihre Inhaber nach kurzer Zeit glauben alles besser zu wissen. Diesem Trugschluss ist schwer zu widerstehen. Dennoch sollten wir verhindern, dass Führung dazu verkommt, alles am Ende am besten selbst zu machen. Führen heißt, Andere machen zu lassen, Anderen Erfolg zu gönnen, Anderen aus der Patsche zu helfen. Führung soll steuern, nicht rudern.
Führen durch Führung hat zum Ziel, nicht nur auf das Ergebnis, sondern auch auf den Weg dorthin zu schauen. Gute Führung verlangt Kommunikation, Konfliktfähigkeit und Konsensbereitschaft. Und sie verlangt eine regelmäßige und aufrichtige, auch selbstkritische Nachbetrachtung der Ergebnisse und der Prozesse.
3. Führen durch Handeln
Jeder militärische Führer unter Ihnen weiß, was ich damit meine. Und als Minister weiß ich von meinen Besuchen bei der Truppe: Die Soldaten wollen mehr Taten als Worte. Da sind die Soldaten wohl nicht alleine. Die allgemeine Geschwätzigkeit in unserer Gesellschaft geht vielen Menschen zunehmend auf den Geist. Führung muss sich in Entscheidungen und Taten manifestieren, wenn sie dauerhaft respektiert werden will.
Einschätzungen, Beratungen, Bedenken, alles das ist wichtig, gerade auch in einem Ministerium, reicht aber nicht aus. Von Führungskräften werden Bewertungen und Handeln verlangt. Eine solide Bewertung umfasst immer auch ein Urteil und trifft damit eine Entscheidung.
4. Führen durch Vertrauen
Auch hierzu hat Helmut Schmidt 1966 etwas Bemerkenswertes gesagt: „Da wird in akribischer Weise angewiesen und befohlen, die oft den uns Deutschen nachgesagten Hang zum Perfektionismus in schönster Weise bestätigt. Dagegen lehrt man jedoch an Offizierschulen und auf der Führungsakademie die großen Vorzüge der Auftragstaktik“.
Klar ist: Militärische Befehlsketten können nicht alleine auf Vertrauen angewiesen sein. Es macht den militärischen Dienstalltag des Soldaten aus, klar formulierte Aufträge zu erfüllen. Die Bedingungen für ministerielle Arbeit und Verwaltungshandeln sind anders: Da kann mehr Spielraum gegeben werden. Im Gegenzug ist aber auch in stärkerem Maße kreative Mitarbeit gefragt. Auch das gelingt nur in einem Klima des Vertrauens. Dieses Klima müssen wir als Führung gestalten – von oben nach unten, von unten nach oben, im Ressort und in die Bundeswehr.
Dieses Klima können wir etwa dadurch befördern, einmal nicht die abschließende Antwort zu formulieren, sondern eine Frage zu stellen. Fragende Vorgesetzte signalisieren Zutrauen, schaffen Motivation, ermutigen zur Mitverantwortung. Eine Bundeswehr, die gleichzeitig Neuausrichtung und Einsätze bewältigt, braucht Führungskräfte, die Fragen stellen. Vertrauensvolle Führung über Fragen muss auch fehlerhafte Antworten zulassen. Oder um es mit den Worten der Heeresdienstvorschrift 100/100 zu sagen: „Führen mit Auftrag setzt die Bereitschaft der bzw. des Vorgesetzten voraus, das Auftreten von Fehlern in der Durchführung hinzunehmen.“Führung durch Vertrauen akzeptiert Fehler, weil sie um den Mehrwert an Erfahrung weiß. Aus Fehlern zu lernen heißt, an Erfahrung dazu zu gewinnen.
Ich rede hier nicht über blindes Vertrauen. Aufsicht, Kontrolle, Strenge – alles das muss sein. Es geht mir um die grundsätzliche Haltung zu den anvertrauten Menschen. Meine Überzeugung ist: Misstrauen schwächt Leistung und Charakter. Vertrauen stärkt Leistung und Charakter.
5. Führen durch Lob
Der richtige Umgang mit Lob zeichnet eine erfahrene Führungskraft aus. Viel zu oft – in Armeen auf der ganzen Welt – gilt jedoch: „Keine Kritik ist das größte Lob“. Sicher, der Dienst in der Bundeswehr ist keine Schönwetter-Veranstaltung. Aber gerade deshalb empfiehlt sich auch für die Bundeswehr das Prinzip Führen durch Lob.
Zu Recht fordern wir von der Gesellschaft Anerkennung für den Dienst, den die Mitarbeiter der Wehrverwaltung und die Soldaten hier in der Heimat und in den Einsätzen leisten. Diese Wertschätzung kann, sie muss dann aber auch bereits bei uns beginnen, – im Ministerium – und an jedem einzelnen Standort der Bundeswehr. Lob soll nicht alltäglich sein. Lob soll nicht schmeicheln. Lob soll nicht unehrlich sein. Lob muss auch differenziert sein. Lob kann persönlich ausgesprochen werden, aber auch „vor der Front“.
Ich rede hier nicht von Lobhudelei, die von Kommunikationsberatern zur besseren Stimmung in einem Betrieb empfohlen wird. Ich meine mit Führen durch Lob vielmehr, die Leistung anderer klug und differenziert anzuerkennen – insbesondere die Leistung von Untergebenen. Eine gute Konzeption zur Personalentwicklung gehört natürlich auch dazu.
Fast könnte man übrigens vermuten, de Maizière habe damit – auf seine Art – auch Teile der Vorschrift für die Innere Führung formuliert. Vielleicht sollte, überspitzt gefragt, das dann auch in diese Vorschrift hineingeschrieben werden?
Der Dresdner Erlass und auch die Rede des Ministers sind nur vordergründig Entscheidungen in organisatorischen Fragen – wie nicht zuletzt seine fünf Führungs-Beispiele deutlich machen. Auch wenn er in einer anderen Partei engagiert ist als der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, hat sich de Maizière offensichtlich dessen Aussage als Leitschnur genommen: Organisation ist Politik.
Auf den Erlass selber will ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen; aber auf eine Fußnote (!) verweisen. Vordergründig nur organisatorisch heißt es in dem Abschnitt Leitung des BMVg unter anderem:
Dem Bundesminister der Verteidigung sind neben Entscheidungen, die ihm Gesetze oder sonstige Vorschriften zuweisen, abschließende entscheidungen über folgende Angelegenheiten seines Geschäftsbereiches vorbehalten:
(…)
Einsätze der Bundeswehr außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland (…)
mit der Fußnote dazu:
Der Begriff des Einsatzes wird hier und in der weiteren Folge des Erlasses im militärfachlichen Sinne verwendet, unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Einsatz i.S.v. Art 87a Abs2 GG oder einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte i.S.d. Parlamentsbeteiligungsgesetzes oder um eine schlichte Verwendung von Streitkräften, beispielsweise im Rahmen der Amtshilfe handelt. Ein Einsatz in diesem Verständnis liegt danach vor, wenn die Streitkräfte einen besonders angeordneten, in der Regel befristeten, jenseits von Routinedienstbetrieb, Ausbildung und Übung angesiedelten Auftrag erfüllen, unabhängig davon, wie dieser Einsatz rechtlich einzuordnen ist.
Der Primat der Politik halt. Ausbuchstabiert.
Auch wenn ich ein großer Fan des Freiherrn war, so ist der von ihm gewählte Ansatz in die Zeit passend. Bescheiden und arbeitsorientiert – auch wenn ich mir eher einen Staatssekretärstatus für den GenInsp erhofft habe.
Danke für die Truppengattungswerbung – Feldjäger bekommen eindeutig zu wenig Aufmerksamkeit.
TdM macht das, wie es zu ihm passt. Wenn er jetzt auch dafür sorgt, dass das auch gelebt wird…
ich kann ja nur aus meinen Erfahrungen in großen Industrie-Unternehmen sprechen: dort ist es für die arbeitende Basis sowas von egal, was der jeweilige Vorstandsvorsitzende an Parolen zum Führungsstil ausgiebt. Dient im Gegenteil eher der Erheiterung, wenn es überhaupt wahrgenommen wird. Ist das bei der Bundeswehr etwa anders??
An sich möchte ich dem IBuK in fast vollem Umfang zustimmen. Einzig die Betonung darauf, dass die politische und *militärische* Verantwortung bei ihm (bzw. beim Parlament) liegt, gefällt mir nicht. Diese Aussage erweckt bei mir den Eindruck, das hier Verantwortung mit Entscheidungsgewalt gleichgesetzt wird. Das ist meiner Meinung nach unzweckmässig. Ich erinnere mich noch zu gut an den Vorgänger, der im Interview von sich gab „Panzer kann man in Kunduz gar nicht gebrauchen. Die einheimischen Brücken tragen das Gewicht nicht“. Derartige Entscheidungen sind auf einer wesentlich tieferen Organisationsebene zu treffen und das Hineinwirken des Parlamentes bzw. der politischen Führung in diese Prozesse widerspricht der im weiteren Verlauf hervorgehobenen Auftragstaktik.
tl;dr: Warten wir gespannt auf die Umsetzung
Mal offtopic (bzw. on-photo): Seit wann dürfen die Kettenhunde eigentlich schicke Autos fahren?! ;)
Seitdem der grüne Wald-und-Wiesen-Kommandeur das auch darf: Mit der Einführung der Bw-Fuhrpark-GmbH.
Nix Fuhrpark, die Limousine ist ein originäres Feldjäger-Auto.
http://bos-fahrzeuge.info/einsatzfahrzeuge/90355/Berlin_-_Feldjaeger_-_FuStW/photo/175453
(Irgendwo gab’s auch eine Geschichte dazu, wieso und weshalb, die ich aber gerade nicht finde.)
In Berlin ist dieses Auto recht weit verbreitet wegen des – bald exklusiven – Eskortenauftrages. Ansonsten ist es recht weit verbreitet, dass sich der Kommandeur eines dieser Autos….unter Führungsvorbehalt stellt.
@ Husar
Böses Wort. Bewaffnete Schülerlotsen klingt doch viel netter… ;-) Schicke Motorräder haben die übrigens auch. „Der in der Öffentlichkeit augenfälligste Auftrag ist der protokollarische Ehrendienst durch die Gestellung von Ehreneskorten für Gäste des BMVg.“ Guckst Du: http://www.streitkraefteunterstuetzungskommando.bundeswehr.de/portal/a/skukdo/!ut/p/c4/FcPBCYAwDADAWVwgEYoff26hfqS1tcSUVEiq66schyt-xN-UvVEVX3DGZacxPKAcNuXGsUKkJGpq8AR2UBKpNclJ4DjzP1hxQ48XT90LrwiM5w!!/
Viel interessanter beim Betrachten der Bilder auf flickr fand ich aber, wie sehr sich T.W. für „Tiere beim Militär“ zu interessieren scheint… ;-)
Das wird jetzt aber ziemlich OT. (incl. der Bemerkung zu den flickr-Bildern… ;-) )
Soll ich vielleicht zu diesem Fund
http://www.modellbaustudio-wilke.com/shop/mercedes-benz-eklasse-limousine-feldjaeger-p-14192.html
einen neuen Thread aufmachen?
@ T.W.
Nee, danke. Da mache ich doch lieber Dienstschluß… ;-) Hoffe nur das war nicht Frau K. aus S. bzw. B. Womit der Kreis wieder geschlossen wäre.
@Engelhardt
Ich stimme Ihnen zu. Mich irritiert dieses, nun bereits mehrfach erwähnte, Verständnis von „Primat der Politik“ auch etwas.
Ich glaube man kann das nicht so schwarz/schweiß sehen und sagen, dass die Politik entscheidet und das Militär umsetzt. Im Rahmen der Entscheidungsfindung ist die demokratisch legitimierte Bundesregierung (und das Parlament) sehr wohl auf die Sachkompetenz des Militärs angewiesen. Und das räumt dem „Umsetzer“ natürlich zwangsläufig ein gewisses Mitspracherecht ein. Im Gegenzug kommen keine utopischen oder nicht umsetzbaren Entscheidungen heraus.
Ich würde es so formulieren: Im Rahmen der Entscheidungsfindung kommen alle Argumente auf den Tisch, sachlich und wertungsfrei. Damit ist der Entscheidungsträger (Politik) bestmöglich informiert und fällt die (vermeindlich beste) Entscheidung. Diese wird dann durch das Militär umgesetzt.
Denn eines darf man nicht vergessen, die Verantwortung (für Fehlentscheidungen), die ist sehr wohl teilbar!
„Im Gegenzug kommen keine utopischen oder nicht umsetzbaren Entscheidungen heraus.“
Das würde ich NICHT unterschreiben …
Ich kann derzeit folgende Vorgaben des Erlasses nicht einordnen. Der GI ist gemäß Erlass „als militärischer Berater der Bundesregierung und als höchster Repräsentant der Bundeswehr Teil der Leitung des BMVg.“ Die Staatsekretäre bilden zusammen mit dem Minister die Leitung und der GI ist Teil der Leitung. Worin besteht der qualitative Unterschied?
„Der Generalinspekteur der Bundeswehr ist für die Planung, Vorbereitung,
Führung und Nachbereitung der Einsätze der Bundeswehr verantwortlich.“ Und was verantworten die Staatssekretäre in diesem Zusammenhang? Allgemein heißt es, sie „unterstützen“ den Minister.
Der GI trägt eine sehr hohe Verantwortung, so scheint es besonders auch im Vergleich zu den Staatssekretären, ist diesen „Unterstützern“ aber unterstellt. Jemandem unterstellt zu sein, der außerhalb der Verantwortungskette steht, scheint mir wenig zweckmäßig. Mit anderen Worten, es gibt fünf „Häuptlinge“ in der Leitung und der GI trägt die Verantwortung für die Einsätze, etwas überspitzt formuliert.
@ Politikverdruss
„. Worin besteht der qualitative Unterschied?“
„Der Generalinspekteur ist Teil der Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung.
Er ist nicht der Vertreter des Bundesministers der Verteidigung.
Das kann er nicht sein. Das muss ein Zivilist sein.
Das folgt aus dem Primat der Politik.“
Will bedeuten:
Staatssekretäre zeichnen „in Vertretung“
Generalinspekteur (und andere) zeichnen „im Auftrag“
Das macht den Unterschied, meine ich herausgelesen zu haben.
Der Unterschied ist erheblich.
J.König | 22. März 2012 – 16:27
Zusätzlich zu dem geschriebenen sollte noch erwähnt werden, das für den GI u.a. das Soldatengesetz und die Vorgesetztenverordnung gilt … Staatssekretäre haben damit nichts am Hut. Gehorsamspflicht hat nur der GI.
@ Heiko Kamann
„Staatssekretäre haben damit nichts am Hut.“
Gilt nicht auch für (beamtete) Staatssekretäre § 50 (2) SG?
Vieleicht meinten Sie die Parlamentarische, die sind Mitglieder des Deutschen Bundestages, also weder Beamte noch Soldaten.
Nein. SG = Soldatengesetz. Für Staatssekretäre gilt das Beamtengesetz.
@J.König,
vielen Dank für die Erläuterung. Das hätte man aber auch erreichen können, wenn man bei einer Vertretungsregelung den GI einfach ausklammert.
Die Verantwortung des GI für die Einsätze ist doch unteilbar. Die „unterstützenden“ Staatsekretäre passen doch insofern nicht in die Verantwortungsstrukturen, als sie selbst doch keine Verantwortung für die Einsätze tragen.
Beispiel: Der GI benötigt zusätzlich Mittel für den Einsatz und legt dem für den Haushalt zuständigen Staatsekretär eine Forderung vor. Der lehnt ab. So kommt die Forderung des gegenüber dem Minister verantwortlichen GI gar nicht beim Minister an. Die Unterbrechung der Verantwortungskette wird nicht funktionieren.
Solange der Generalinspekteur beamteten Staatssekretären unterstellt ist, kann man durchaus vom Primat des zivilen Beamtentums sprechen.
Gibt es dafür einen Grund? Hm, im Grundgesetz steht davon nichts.
@Robert
Das Problem, das ich sehe ist, dass zunehmend taktisch-operative Entscheidungen nicht mehr auf der entsprechenden Ebene gefällt werden, sondern auf einer strategischen Ebene.
Die Entscheidungskompetenz des Parlamentes sollte sich meiner Meinung nach darauf beschränken zu sagen: „Das ist der Gegner. Ihr dürft maximal XXXX Mann einsetzen. Jetzt geht und gewinnt das“. Denn das sind in meinen Augen die notwendigen Auflagen. Man muss dem Herrn General nicht vorschreiben, dass er keine Panzer / Flugzeuge / Haubitzen braucht. Das Parlament / der IBuK sollte dafür sorgen, dass das Zeug da ist, wenn der Führer vor Ort danach verlangt.
Jesus Messerschmitt | 22. März 2012 – 19:24
Deutschland hat mal schlechte Erfahrung gemacht, aus diesem Grunde wird die Bundeswehr zivil kontrolliert und in der Spitze auch geführt.
Das ist auch gut so und hat sich nun doch schon seit Jahrzehnten bewährt.
@ Christoph Engelhardt & all:
Das ist sicherlich sinnvoll, insbesondere die unseligen AWACS-Diskussionen sind hier sicherlich ein Tiefpunkt.
Aber was in der ganzen Diskussion hier aus meiner Sicht übersehen wird, ist die Rückgratlosigkeit der Exekutive – insesondere der Generalität bzw. Admiralität.
Bestes Beispiel ROE bei ISAF.
Hier hat nicht der Bundestag Beschränkungen beschlossen, sondern die Exekutive hat auf der Ebene einer Weisung den Inhalt des Bundestagsmandates ins Gegenteil verkehrt (Kap. VI, statt Kap. VII).
Bei den PzH waren auch nicht die Parlamentarier die Bremse, sondern der ehemalige GI hat im engen Schulterschluss mit der politischen Leitung des BMVg (Jung) die militärische Notwendigkeit laufend in Frage gestellt. Lakaien wie eh und je.
Daher greift aus meiner Sicht die alleinige Kritik an der Politik zu kurz. Es fehlt eben auch grundsätzlich an wirklicher militärfachlicher Beratung.
Nachtrag:
Aktuelles Beispiel, wie die militärischen Führung die Lage „zurechtbiegt“:
„„Bündnisse sind darauf angewiesen, dass Souveränität abgegeben wird“, erklärte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker in einem Vortrag zur Neuausrichtung der Bundeswehr im europäischen und transatlantischen Kontext vor der Clausewitz-Gesellschaft am 22. März in Berlin.
Die Bundeswehr habe dieses Prinzip verinnerlicht – das zeige bereits ein Blick auf die Gründungsgeschichte der Bundeswehr. „So fühlen wir uns natürlich auch in der Streitkräfteplanung verpflichtet, der Politik Optionen anzubieten, die Integration der Bündnisse zu vertiefen, ohne eine nationale Handlungsfähigkeit zu gefährden“, erklärte Wieker.
Den sichtbarsten Beweis hierfür liefern wir täglich in den Einsätzen“, sagte Wieker.
Hier erfüllten internationale Truppen gemeinsam den politischen Willen des Bündnisses. „Diese Abhängigkeiten, – in der Politik gelegentlich auch als Schwäche empfunden –, sehen wir mit unseren Verbündeten als eine Stärke, die ganz wesentlich Zusammenhalt und Kohäsion einer Koalition begründet.“
http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYuxDsMgDET_yIZMVbcilg5d2qFJNpIg5CpA5Jh0yccXht5Jb7inwxFrkzsoOKGc3Io9DjNdpy9M8QjwyYXrCpES7eKZSsR3-ywe5py8NIpPQpWBnWSGLbOszRTmaoAWHJS2Rmn1jz4vr4fpreo6ezdP3GK8_QCfm-MC/
Ergo:
Gut, dass wir keine FwdAirMedEvac-Hubschrauber, etc. haben – das ist gut für die Kohäsion einer Koalition!
Na dann ist ja alles gut.
Weiter machen!
Bin ein bisschen verwirrt über die 5 Maßstäbe für gute Führung: Wann werden die angelegt? Schon während der Neuausrichtung? Oder erst, wenn Alles neu ausgerichtet ist? Jetzt kann ich die Vorschrift natürlich nicht auswendig, aber Führung ist vorher auch nicht anders verstanden worden. An der Anwendung kann es manchmal gehapert haben. Vielleicht besonders in den letzten Jahren ?
@ Husar:
Kettenhund erfüllt den Straftatbestand der Beleidigung, nur zur Info…
@ T.W.:
Die Fahrzeuge sind über den BwFuhrparkService angemietet.
@Someone
Scheitert mEn schon am subjektiven Tatbestand
Zum Fahrzeug:
Schön sowas (wieder nur) auf Bildern zu sehen. In unserer Kp war der Ford Focus mit zivilem Kennzeichen das Highlight.
„Deutschland hat mal schlechte Erfahrung gemacht, aus diesem Grunde wird die Bundeswehr zivil kontrolliert und in der Spitze auch geführt.“
Da Sie sicher auf die Wehrmacht anspielen: mE wurde diese zivil geführt (eben durch Hitler) und die Generalität hat sich diesem komplett unterworfen. Eigentlich also die exakt gleiche Lage wie heute, abgesehen von den politischen Zielen natürlich.
@all
„“Der Generalinspekteur ist Teil der Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung.
Er ist nicht der Vertreter des Bundesministers der Verteidigung.
Das kann er nicht sein. Das muss ein Zivilist sein.
Das folgt aus dem Primat der Politik.”
Wo ist denn bitte festgeschrieben, dass das Primat der Politik durch einen starken StS umgesetzt werden muss??
Ich schätze den Minister sehr, aber die starke Stellung des StS ist glaube ich seiner eigenen beruflichen Vita geschuldet…
@Heiko Kamann
‚Die Kontrolle der Bw durch Beamte hat sich bewährt.‘
Also ehrlich, wenn ich sehe welcher Murks in dem letzten beiden Jahrzehnten besonders im Bereich der Beschaffung gemacht wurde, dann würde ich genau das Gegenteil behaupten!
@Koffer:
Jedoch hat der Bedarfsträger mit seltsamen Forderungen auch einen erheblichen Anteil am Murks (Tiger, IdZ, F125, FüInfoSysH, etc).
Die eigenen realitätsfernen Konzeptionäre, Weiterentwickler und Rüster sind bedeutender Teil dieses Problems!
„Kettenhund erfüllt den Straftatbestand der Beleidigung, nur zur Info…“
Geehrter Someone,
der Begriff „Feldjäger“ ist historisch aber dermaßen stark belastet, daß ich eine Umbenennung fordere, da ich den Begriff nicht mit gutem Gewissen nutzen kann. Nur mal so zur Info:
Im Dezember 1943 wurde daher durch Führererlaß (!) die Aufstellung der „Feldjäger-Kommandos“ als einer direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstehenden Ordnungstruppe befohlen.
Als Auftrag wurde formuliert:
„Die Feldjägerkommandos und –bataillone sind eine Wehrmachtsstruppe und unterstehen dem Chef OKW unmittelbar. Sie haben den Auftrag, Dienststellen und Einheiten des Heeres, der Kriegsmarine, Luftwaffe und Waffen-SS zu überprüfen und auszukämmen.“
Was das dann in der Praxis hieß, muß wohl nicht näher erläutert werden.
Ignorieren wir also doch lieber einfach den Begriff „Kettenhunde“, stehen da ganz männlich/ weiblich drüber und setzen die Diskussion sachlich fort. Dann bilde ich auch keine Einmannlichterkette. Versprochen.
Äh, die Feldjäger-Diskussion führen wir nicht in diesem Thread, oder? (Wenn da wirklich Bedarf sein sollte, mache ich einen neuen Thread auf…)
Koffer | 23. März 2012 – 7:02
„Also ehrlich, wenn ich sehe welcher Murks in dem letzten beiden Jahrzehnten besonders im Bereich der Beschaffung gemacht wurde, dann würde ich genau das Gegenteil behaupten!“
Ja, ja schon richtig … viel Murks ist passiert. Allerdings resultierte eine Masse davon aus der Tatsache, das Soldaten falsch beraten haben. Hier habe ich (zu meiner aktiven Zeit als Soldat) eine ganze Menge erlebt. Abgeordnete wollen beraten werden und sind auch drauf angewiesen; aber viele Soladaten trauen sich nicht (oder sind zu faul o.ä.), auf ihren Abgeordneten zu zu gehen. Hier könnte noch vieles passieren … also, kontakt halten zur Politik. Am besten mitmachen!
@rekom
“Deutschland hat mal schlechte Erfahrung gemacht, aus diesem Grunde wird die Bundeswehr zivil kontrolliert und in der Spitze auch geführt.”
Mit den schlechten Erfahrungen kann insoweit die Wehrmacht nicht gemeint sein, denn die Wehrmacht war ja in extremem Maße dem Primat der Politik unterworfen. Besonders, was die Kriegführung im Osten betrifft.
Das Beispiel für fehlendes Primat der Politik ist die alte Armee und der erste WK. Angelegt schon durch ein unklares Konkurrenzverhältnis zwischen ziviler Regierung und Armee, die sich nicht wirklich unterstellt waren, sondern beide auf die Person des Kaisers als Staatsoberhaupt und oberstem Kriegsherrn zuliefen. Voll zum Ausdruck kam dies im 1. WK, als sich der Kaiser struktur- und persönlichkeitsbedingt als völlig überfordert erwies und die OHL sich als Ersatzregierung etabliert hat (oder etablieren musste).
Dennoch liefert das Gerede über das Primat der Politik und der Glaube, hieraus ließen sich hierarchische Detailentscheidungen ableiten, m.E. auch nur „Gespensterargumente“. Allein schon angesichts der verfassungsrechtlichen und -praktischen Gestaltung unseres Regierungs- und Parlamentssystems ist das Primat der Politik mehr als gesichert. Zugespitzt gesagt, würde es auch nicht in Frage stehen, wenn man einen mit den politischen Zielen der BReg übereinstimmenden Generalinspekteur gleich zum Verteidigungsminister macht. Ob er dabei Uniform trüge, wäre mehr ein symbolische als eine substantielle Frage im Hinblick auf den Primat der Politik. Wesentliche politische Leitlinie werden ja sowieso durch die BReg als Kollegium, dem BKzl kraft Richtlinie und bestätigend das Parlament vorgegeben.
Man könnte ja mit allem leben, Vertreterregelung etc. Formal ist es sicher auch korrekt, da Staatssekretär B11 und GI B10 + Amtszulage, aber spätestens bei Pkt. 2. im Ergänzungserlass ballt sich bei mir doch schon wieder die Faust in der Tasche.
Warum nicht die Linie auf dem Organigramm vom GI direkt zum BM ziehen? TdM will ja anscheinend, dass sich die Bw als EINE Bw begreift, also Soldaten und Zivilisten. Hier wird doch aber schon wieder ein Klassenunterschied gepflegt. Abteilungen Erster Klasse unterstehen eine StS (Zivil), Abteilungen Zweiter Klasse (Militär) dem GI.
Um in der Sonne auf dem roten Teppich wie eben die Front abzuschreiten ist er dann aber wieder gut genug. Man könnte sich schon wieder aufregen, ist aber nicht verpflichtet dazu. Deshalb, selber Sonne genießen und bis gleich beim Blogtreffen… ;-)
@Memoria und Heiko Kamann
Klar hat da Militär maßgeblichen Anteil am aktuellen Schlamassel. Solange Generale nicht endlich selbstbewusst beginnen sich gegen schlechte Beamte durchzusetzen und Politiker auch hin und wieder in ihre Schranken zu verweisen, kann das alles nicht funktionieren…
Günter von der Bundeswehr | 23. März 2012 – 11:16
Moment, moment … Sie dürfen Bundeswehr aber nicht mit BMVg gleichsetzen!
Bundeswehr ist unterstellter Bereich und nicht politische Ebene. Einen Klassenunterschied sehe ich da nicht. Schauen Sie sich doch mal (als Beispiel) das Organigramm des BMI an und suchen dann nach der Bundespolizei oder dem Bundeskriminalamt …
@Koffer:
Und weit vor der Meinungsbildung auf hoher Ebene:
Es ist eine Vielzahl von militärischen Entscheidungsträgern bis zur Ebene A15, die die Beschaffung zu Murks werden lassen – schuld sind dann aber am Ende angeblich BWB und Industrie.
Die Einsatzauswertung und die Festlegung von Forderungen des Bedarfsträgers ist einfach grottig. Das ist selbst verschuldet.
Das wird zudem mit dem neuen Rü/Nu-Prozess sicher nicht besser.
@ Rekom und @ Utecensis
Die Wehrmacht war dem Primat der Politik unterstellt und später (ich glaube es war ab 1935) direkt auf Adolf Hitler vereidigt.
Wann haben die Soldaten der Wehrmacht sich zum ersten Mal gegen das Primat der Politik gestellt ? Im Putschversuch von Oberst Stauffenberg am 20. Juli 1994. Genau auf dieses Ereignis bezieht sich eine der Traditionslinien der Bundeswehr.
Und wie schaut es heute in der Praxis aus? Angefangen von der Generalität bis hinunter zum kleinen Batallionskommandeur arbeiten sie alle im vorauseilenden Gehorsam der Politik gegenüber und impfen den Nachwuchs gleichzeitig auf Zivilcourage ein. Sie selbst habe viel zu viel Angst um die Karriere um auch nur auf einer abweichenden eigenen Meinung zu beharren und sich ggf. den strittigen Punkt befehlen zu lassen. Wenn also irgendjemand meint, der GI muss einem StS wegen dem Primat der Politik unterstellt werden, der hat von der Praxis in den Streitkräften wenig Ahnung.
Georg | 23. März 2012 – 18:44
„Wenn also irgendjemand meint, der GI muss einem StS wegen dem Primat der Politik unterstellt werden, der hat von der Praxis in den Streitkräften wenig Ahnung.“
Machen Sie mich bitte schlau … Ich verstehe den Satz nicht oder verstehe nicht was er aussagen soll.
„Praxis in den Streitkräften“ heißt ja wohl „Praxis in der Bundeswehr“ … das ist die Ebene unter dem BMVg und hat mit Staatssekretären oder dem Minister erst mal nichts zu tun und muss auch von dieser Praxis keine Ahnung haben … dafür gibt es dann ja Soldaten.
Also, wie geschrieben …. ich brauche da noch mehr Erläuterung zu.
@ Heiko Kamann
Stimmt, Sie haben Recht, ich habe unpräzise formuliert !
Ich sehe den Primat der Politik weder in der Bundeswehr noch im BMVg gefährdet !
Meiner Meinung nach hätte der GI direkt dem Minister unterstellt werden können, ohne den Vorrang der Politik gegenüber dem Militär in Frage zu stellen. Die beiden parlamentarischen Staatssekretäre hätten den Minister vertreten können und unterhalb des Minister wären 3 Verantwortungsbereiche gewesen. Zwei wären zivil geführt worden (durch einen Beamten), ein Bereich wäre militärisch geführt worden, durch den GI.
Nun zu meiner Formulierung im vorigen Post. Ich bin der Meinung, dass kein Bw-Soldat in entsprechender Verantwortungsebene, weder der höchste General noch der kleinste Batallionskommandeur, den Primat der Politik je in Frage stellen oder gestellt haben. Das Gegenteil ist der Fall. Die Politik muss nur Wünsche laut denken und schon setzt sich eine Maschinerie von Soldaten von ganz oben bis hinunter in die kleinste Kompanie in Gang um die Wünsche der Politik zu erfüllen.
Also es wird keine „Zivilcourage gegenüber Fürstenhöfe“, sondern vorauseilender Gehorsam gelebt. Deshalb bin ich der Meinung, dass der GI nicht dem StS unterstellt werden muss (außer der StS vertritt den Minister in seinem Aufgabenbereich).
Georg | 23. März 2012 – 19:37
Ja, so sind wir wieder ganz nah bei ein ander …
Die Begründung, mit der Unterstellung des GI unter einen nicht „politischen“, sondern unter einen „beamteten“ StS verschaffe man der Vorrangstellung der Politik entsprechend Geltung, ist nicht nachvollziehbar. Hier hat sich eine Sichtweise verfestigt, die dringend zu hinterfragen ist.
Keine Institution des Staates ist dem Primat der Politik stärker unterworfen als die Bundeswehr. Dagegen ist im Grundsatz nichts einzuwenden. Selbst Clausewitz spricht vom „absoluten Primat der Politik“. Die Bundeswehr untersteht der Regierung, in Frieden und Krieg wird sie von Zivilisten geführt und das Parlament beschließt über ihren Einsatz. Darüber hinaus kontrolliert ein Zivilist(Wehrbeauftragter) im Auftrag des Parlaments die Streitkräfte. Ihre obersten Führer im Generalsrang können ohne Angabe von Gründen entlassen werden und jeder Soldat hat in der Öffentlichkeit Zurückhaltung zu wahren. Und nun wird der oberste Soldat der Bundeswehr auch noch einem beamteten StS unterstellt. Wenn es einer der politischen StS wäre, machte es ja noch Sinn. So aber kann man nur den Kopf schütteln.
Das hat nichts mehr mit einer ausgewogenen Implementierung einer Vorrangstellung zu tun. Das ist eine unangemessene Fesselung durch die Politik. Diese allumfassende Fesselung hat negative Auswirkungen. Sie lähmt und führt in letzter Konsequenz zum „strategischen Dilettantismus der politischen Klasse“. „Ein System einander widersprechender Aufforderungen säumte den politischen Weg der Militärs in die und durch die Bundesrepublik: Seid Staatsbürger, aber gehorsam! Denkt politisch, aber nur im Horizont der Regierungspolitik! Liefert Expertise, aber nur wenn sie willkommen ist!“ (K.Naumann)
Deshalb ist zu fordern: Der Generalinspekteur ist dem Minister direkt zu unterstellen. Der GI verfügt über einen Generalstab, den er zur Beratung der politischen Führung einsetzt.
@Politikverdruss
Wenngleich ich Ihnen bei der Analyse der Situation grundsätzlich zustimmen, so muß ich bei einem Detail widersprechen:
„Wenn es einer der politischen StS wäre, machte es ja noch Sinn.“
Die politischen Staatssekretäre dürfen den Minister aufgrund der (verfassungs)-gesetzlichen Konstruktion ihrer Dienststellung nicht tatsächlich vertreten.
Sie unterstützen und „vertreten“ ihn nur hinsichtlich politischer Fragen (also z.B. beim Auftritt im Verteidigungsausschuss) oder bei Besuchen im Ausland.
Immer dann wenn ein „Befehl“ erlassen oder eine ministerielle Weisung erteilt wird, dürfen sie nicht aus eigener Machtbefugnis handeln.
D.h. entweder muß der Minister in der Tat durch einen beamteten StS vertreten werden (was ich genauso wie Sie aus zahlreichen Gründen ablehne), oder die Vertretung muß durch einen anderen Minister erfolgen.
Ich habe die Konstruktion sowieso nie verstanden (in weder im Blankeneser, noch im Berliner oder im aktuellen Erlass).
Die Vertretung in den verfassungsrechtlichen Befugnissen (als IBuK) könnte man „quer“ verschieben und die Vertretung in der Leitung des Ministerium könnte man gleichberechtigt nach unten deligieren (zwei StS und ein GI und der „Dienstälteste“ führt in Abwesenheit)…
@Koffer,
ja, ist mir klar. Es ging mir nur darum zu verdeutlichen, dass bei den PStS wenigsten noch der politische Bezug gegeben ist, während der „Beamte“ gegenüber dem Militär eine Position erhält, die nach der Verfassung nicht vorgesehen ist. Die Beamtenschaft ist doch auch dem Primat der Politik untergeordnet. Ich kann das verfassungsrechtlich nicht einordnen.
@Politikverdruss:
Der GI ist ein Hauptabteilungsleiter im BMVg und somit untersteht er aus der hierarchischen Logik heraus einem Sts.
Die Begründung von TdM mit dem Primat der Politik ist jedoch auch aus meiner Sicht merkwürdig. Zudem die halbgare Aufnahme des GI in die Leitung.
Nach meinem Eindruck hat sich TdM vom Apparat einlullen lassen – er ist eben vorallem Verwaltungsjurist und seine Berater kommen ebenfalls aus einer Ministerialverwaltungsdenke.
Aber unterm Strich: Ist das in der Realität wirklich so schwerwiegend?
Entscheidend ist wie bisher die Persönlichkeit des GI.
Er kann sich im alten und im neuen System Gehör verschaffen (auch ohne formales Vortragsrecht beim BM) – oder wie bisher eben eher ein Ja-Sager sein. Egal ob neben oder unter einem Sts.
@ Memoria
Zitat: „Nach meinem Eindruck hat sich TdM vom Apparat einlullen lassen – er ist eben vorallem Verwaltungsjurist und seine Berater kommen ebenfalls aus einer Ministerialverwaltungsdenke.“
Ich glaube dieser Eindruck täuscht. Es ist das „System TdM“, dass hier ganz systematisch und zielgerichtet eingesetzt, bzw. auch im formalen Aufbau des Ministeriums implementiert wurde. Das „System TdM“ bezieht in erster Linie auf „Mund halten“ und „ohne Widerrede mitmachen“. Dies wurde bereits bei einigen Gelegenheiten sichtbar, z.B. letztes Jahr wo er vor der Generalsebene, B6 aufwärts, seine Reformvorstellungen kundgetan hat. Er hat der Generalität deutlich zu verstehen gegeben, dass er keine Widerrede duldet. Das Gleiche ist dann bei der Ausplanung der Strukturreform geschehen und bei deren Veröffentlichung („Der Sack ist zu“). Nach unten wurden die Stationierungsentscheidungen nicht schlüssig, nachvollziehbar erklärt sondern befohlen. Wenn die örtliche Politik Widerstand gegen die Stationierungsentscheidungen leistet, ist dies Majestätsbeleidung oder Hofverrat, je nach Sichtweise.
Wenn man an seine Zeit als Innenminister denkt, fällt einem die Vorgehensweise bei der gewünschten Fusionierung von Bundespolizei und BKA ein. Vermutlich ist diese Fusionierung auf lange Sicht nur durch den Ministerwechsel erledigt worden.
Also meiner Einschätzung nach lebt er nicht die Innnere Führung im konstruktiven Miteinander sondern hat autokratische Züge mit der Prämisse enweder du machst bedingungslos meinen Kurs mit oder du bist mein Gegner.
Aus dieser Konstellation heraus, auch weil der gegenwärtige GI keinen Wert auf die direkte Unterstellung unter dem Minister legte, hat er meiner Meinung nach den GI ganz bewußt unter den Staatssekretären gestellt.
Der ganze Integrationsgedanken, „wir sind eine Bundeswehr, egal ob Soldat oder Beamter“ halte ich für pure Rhetorik. Das jetzt soviele Dienstposten im Ministerium für Soldaten und Beamte wechselweise geöffnet sind, halte ich nur für eine zweckmäßige Einstellung um die ganzen Beamten bei der Verkleinerung des Ministeriums unterbringen zu können.
@Georg
„Das Gleiche ist dann bei der Ausplanung der Strukturreform geschehen und bei deren Veröffentlichung (“Der Sack ist zu”). Nach unten wurden die Stationierungsentscheidungen nicht schlüssig, nachvollziehbar erklärt sondern befohlen.“
Das höre ich hier immer und immer wieder, aber ich sehe das nicht so.
Bei aller Kritik im Detail, so ist im wesentlichen (mal abgesehen von einigen ganz wenigen StO) die Stationierungsentscheidung weithin angenommen worden.
„Wenn die örtliche Politik Widerstand gegen die Stationierungsentscheidungen leistet, ist dies Majestätsbeleidung oder Hofverrat, je nach Sichtweise.“
Und die örtliche Politik sollte meiner Meinung nach gar keine Rolle bei solchen Dingen spielen…
@Memoria,
ich kann in der aktuellen Spitzengliederung der BMVG-Spitze keine „Logik“ erkennen.
In den „Ergänzenden Festlegungen zu den Grundsätzen für die Spitzengliedrung“ hat der Verteidigungsminister am 21.03.12 festgelegt:
ParlStS Kossendey unterstützt in den Bereichen Administration und Einsätze.
ParlStS Schmidt unterstützt in den Bereichen Politik, Ausrüstung und Finanzen.
StS Beemelmans unterstehen Abteilungen Ausrüstung, Informationen, Infrastruktur, Personal.
StS Wolf unterstehen die Abteilungen Politik, Haushalt, Recht sowie der GenInsp mit den ihm unterstellten Abteilungen(Planung, Führung Streitkräfte, Strategie/Einsatz).
Ich kann wirklich keine „hierarchische Logik“ erkennen. Ich erkenne vielmehr, dass hier ein beamteter StS zu viel ist. Nach dieser Gliederung müsste eigentlich StS Wolf für die Einsätze der Bundeswehr verantwortlich sein und nicht der GI. Das greift doch nicht sinnvoll ineinander. So ist doch Einsatzplanung ohne die Abteilung (Militär-)Politik gar nicht denkbar.
Nein, hier ist ein StS zu viel. An dessen Stelle tritt der GI, der für die Einsätze verantwortlich ist und die politische Führung berät.
@Georg:
Da muß man ihnen wohl leider Recht geben: TdM ist wohl mehr Treiber als Getriebener.
Siehe auch der Versuch den Inspekteuren einen Maulkorb zu verpassen.
@Politikverdruss:
Die Logik dahinter heißt: Dem Minister unterstehen die Sts und den Sts unterstehen (Haupt-)abteilungsleiter.
Dem Minister untersteht kein Abteilungsleiter direkt. Das ist die Logik der Ministerialverwaltung.
Es mag Gründe geben den GI direkt dem Minister zu unterstellen – daran hat aber Minister wohl wenig Interesse. Siehe Beitrag von Georg.
Und in der Praxis ändert sich hier eh nichts, solange der jeweilige GI ein Ja-Sager ist.