Gegen Somalias Piraten: Geht die EU an Land?
Seit einiger Zeit läuft in Europa die Debatte, ob die EU-Antipirateriemission Atalanta künftig auch Piraten (zumindest deren Boote und Ausrüstung) auch an Land in Somalia bekämpfen darf und soll. Eine Entscheidung der beteiligten Staaten ist offensichtlich noch nicht gefallen, aber die Vorarbeiten laufen: Dem Bloggerkollegen von Bruxelles2 ist ein Blick in den Entwurf der Planung gelungen.(Die Google-Übersetzung hier.) Eine – aus deutscher Sicht – entscheidende Änderung: Das Einsatzgebiet der Atalanta-Streitkräfte soll auf Somalia selbst und auf dessen Binnengewässer ausgeweitet werden.
Interessant wird jetzt die Frage, wie sich die Deutschen dazu verhalten. Bislang hatte ich den Eindruck, dass die Bundesregierung zwar eine entsprechende Änderung des Operationsplans (die durch die bestehenden UN-Mandate ja gedeckt ist) zwar nicht blockieren würde, aber die Deutsche Marine da entsprechende Vorbehalte anmelden würde. Zumal für eine solche Änderung für deutsche Soldaten ein geändertes Mandat des Bundestages nötig wäre. Und das noch nicht mal ein halbes Jahr nach der Verlängerung des bisherigen Mandats.
Nun hatte ich allerdings kürzlich schon vermutet, dass in Regierung und Parlament Überlegungen für ein neues Mandat und erweiterte Befugnisse, also den Einsatz – wie auch immer – jenseits der Wasserline, nicht mehr völlig von der Hand gewiesen werden. Klarheit gibt es noch nicht, aber vielleicht in den nächsten Tagen? Irgendwann will ja die EU auch zu einer Entscheidung kommen.
Ich hatte kürzlich die wunderbare Gelegenheit, mit einer Reihe (Stabs-) Offizieren der Marine zu sprechen, darunter auch Somalia-Veteranen (sagt man das so?), die auf der Brücke deutscher Kriegsschiffe standen, als diese gegen Piraten vorgingen.
Die klangen irgendwie nicht nach Vorbehalten gegen ein Mandat, das Vorgehen ab der Niedrigwasserlinie innenwärts beinhaltete…
Was sollte die Marine da für Vorbehalte haben?
Pardon, habe ich schlampig formuliert: Vorbehalte im Sinne von caveats, die die Deutsche Marine bei der Atalanta-Operationsführung anmelden müsste.
Piraten werden seit Jahrhunderten gehenkt wenn man sie erwischt. Mit unserer Art des Gutmenschentums werden wir in diesen Gebieten keinen Blumentopf gewinnen…
Kill ‚em all, let God sort ‚em out!!!
… und bevor sich alles aufregt: ich habe in Afrika eigene Erfahrungen gesammelt, deswegen klingen meine Kommentare manchmal auch nicht gesellschaftsfähig nach deutscher Norm…
Straftäter werden auch schon mal auf offener Strasse mit Hickory-Luststäbchen zu Tode geprügelt… und man guckt zu….(so es denn eine wie auch immer geartete staatliche Ordnungsmacht gibt…)
Wenn wir in Somalia mal an Land gehen, ein Piratennest platt machen und dadurch den Seeverkehr etwas sicherer machen… ja wen interessiert das wirklich?
in Afrika gilt das Recht des Stärkeren – und wir ändern das nicht…!
Im Zweifelsfall sollten wir mal die Opfer zu Worte kommen lassen – so sie das noch können!
@TW: Soweit mir bekannt, gibt es derzeit von Seiten der Deutschen keine caveats vor Somalia. Ich sehe auch im Moment keine, die sich dahingehend abzeichnen würden. Und bei den Offizieren war davon auch eher weniger die Rede (und ja, caveats waren u.a. ein Thema…).
Welche Einschränkungen kämen Ihrer Meinung nach in Betracht?
cosmo | 13. März 2012 – 23:47
Ich hoffe das Sie nicht in irgendeiner Weise Deutschland vertreten haben bei Ihren Missionen. Jemand der soweit entfernt ist von unserem Rechts- und Wertesystem ist kein ernst zu nehmender Diskutant … Ihre Äußerungen: einfach wiederlich
Am 04.03.2012 wurde von einigen Medien sehr reißerisch über Kampfschwimmer an Bord des EGV BERLIN berichtet.
Dies scheint zunächst nichts mit einem möglichen Einsatz gegen Piraten an Land zu tun zu haben.
Der Pressestab des BMVg veröffentlichte in seiner
-Aktuelle Lage in den Einsatzgebieten der Bundeswehr vom 07.03.2012-
(Auszug) „Für den derzeitigen Einsatzzeitraum des EGV BERLIN bis zum 24.05.12 können seit dem 05.03.12 durch den Einsatz der Kampfschwimmer auch die im Operationsplan ATALANTA vorgesehenen Einsatzoptionen „Inbesitznahme von Schiffen gegen Widerstand“ sowie „Immobilisieren von der Piraterie verdächtigen Schiffen“ aktiv unterstützt werden.“(Ende Auszug)
Von den veröffentlichten Einsatzoptionen ist es nur ein kleiner Schritt bis zum Neutralisieren von Piratenfahrzeugen, die am Strand aufliegen. Abhängig ist dies natürlich von den .
An Land gehen ja – aber nur, wenn damit ein ernsthafter UN-Ansatz verknüpft ist, die u.a. durch die Raubfischerei der europäischen Fangflotten verarmte Küstenbevölkerung (Entzug der Lebensgrundlage) wieder irgendwie hochzupäppeln. Das wird i.Ü. für Nordafrika auch die Herausforderung sein, wenn nicht in einigen wenigen Jahren die neuen gemäßigten Regierungen infolge tiefer Enttäuschung der Bevölkerung über mangelnde wirtschaftliche Fortschritte hinweggefegt werden sollen. Dann wird es erst recht schwierig.
Solange es weiterhin Menschen im friedlichen (und warmen, sozial sicheren) Deutschland sind, die über die Einsätze entscheiden (ohne zu wissen, was „dort unten“ eigentlich passiert)-solange wird sich auch nichts ändern.
Bis (die politische „Elite) Deutschland(s) sich zu dieser Entscheidung durchringen kann, sind die Piraten ohnehin an Altersschwäche verstorben….
@ziv81
„An Land gehen ja – aber nur, wenn damit ein ernsthafter UN-Ansatz verknüpft ist, die u.a. durch die Raubfischerei der europäischen Fangflotten verarmte Küstenbevölkerung (Entzug der Lebensgrundlage) wieder irgendwie hochzupäppeln.“
Ungefähr so wird das wohl aussehen, was man an Land tun wird. Und es wird keine nachweisbare Auswirkung auf das Piratenproblem haben, weil die Piraten organisierte Kriminelle sind, die einfach viel mehr Geld mit Piraterie verdienen können und keinerlei Grund haben damit aufzuhören, wenn man irgendwann pro Kopf 40 Euro im Monat mit Fischerei verdienen kann statt 20 Euro. Warum muss man in Deutschland jedes sicherheitspolitische Problem geradezu zwanghaft zu einem entwicklungspolitischen Problem umdefinieren? Dieser Ansatz ist übrigens schon in Afghanistan spektakulär gescheitert, als man das Problem einer dreistelligen Zahl von Al-Qaida-Operateuren nicht einfach durch deren Tötung oder Gefangennahme lösen wollte, sondern durch das utopische Projekt der Umwandlung Afghanistans in einen modernen demokratischen Nationalstaat. Jetzt soll also Somalia transformiert werden, um das Problem einer vierstelligen Zahl leicht bewaffneter Piraten zu lösen, die man problemlos innerhalb von wenigen Wochen militärisch lösen könnte.
Die Vorstellung des wesentlichen kausalen Zusammenhangs zwischen der Raubfischerei und dem Piratenproblem finde ich ansonsten eher psychologisch interessant: Sie zeugt von einem in Deutschland tief verankerten Wunsch, sich für alle Probleme der Menschheit kollektiv schuldig zu fühlen. Wenn irgendwo in Afrika kriminelle Banden existieren, müssen jedes Mal wir als Deutsche (oder zumindest als Europäer) irgendwie daran schuld sein. Rational begründbar ist das im Fall Somalias nicht: Die Raubfischer kommen z.B. in erster Linie aus Asien, und sie haben die Probleme Somalias nicht verursacht, sondern konnten erst nach dem Zusammenbruch Somalias weitgehend ungehindert aktiv werden. Die Piratenbanden sind auch nicht aus verarmten Fischern entstanden, sondern aus Bürgerkriegsbanden, die neue Einnahnequellen suchten und Schutzgelder von den Fischereischiffen erpressen wollten.
@Orotnes: Danke für die Unterstützung, auch ich kämpfe stets gegen den weit verbreiteten Irrglauben, dass die Piraten die armen Fischer waren, denen wir die Lebensgrundlage weggefangen haben.
Dies mag vor vielen Jahren an einigen wenigen Orten mal eine der Ursachen für die anwachsende Piraterie gewesen sein, inzwischen ist sie das definitiv nicht mehr und diese Ansicht wird eigentlich nur noch von der SED-Nachfolgepartei und den Grünen vertreten.
Natürlich soll jedem Menschen auf dieser Erde die Möglichkeit gegeben werden, für seinen eigenen Lebensunterhalt (und den seiner Familie) durch seiner eigenen Hände Arbeit zu sorgen.
Aber die Probleme in Somalia haben einen gänzlich anderen Ursprung, so dass auch die Überfischung der dortigen Seengebiete (und übrigens im Rest der Welt ebenso) nur eines von ganz vielen Problemen ist.
Können denn die neuen Korvetten, wenn diese denn mal endlich fahren diese Seeräubernester nicht mit ihren Raketen ausräuchern ?