Mini Mine Wolf und Helmkameras
Dank eines Leserhinweises habe ich jetzt auch verspätet das Video wahrgenommen, das die Bundeswehr am vergangenen Sonntag auf ihrem YouTube-Kanal eingestellt hat: Eine gemeinsame Operation von Bundeswehr und Afghanischer Nationalarmee (ANA) in Nordafghanistan – und in diesem Video wird nicht nur erstmals (nach meiner Kenntnis) der bereits bestehende Teil des deutschen Route Clearing Package, der ferngesteuerte Mini Mine Wolf, im scharfen Einsatz gezeigt. Sondern der Beitrag enthält auch, dazwischen geschnitten z.B. bei 02:16, Sequenzen, die ganz offensichtlich mit einer Helmkamera gedreht wurden:
Helm-Kamera ? Glaube ich nicht. Sieht eher nach einer „Subjektiven“ aus. (Subjektive = Kameraeinstellung, bei der in der Bewegung die subjektive Blickperspektive einer in der Szene eingebundenen Person quasi aus Augenhöhe / Kopfhöhe gedreht wird) Die Kamera befindet sich dabei auf der Schulter des Kameramanns und ist meist nicht „im Wasser“ = horizontal ausgerichtet. Daher der „GoPro“-Effekt. Ich denke eher an eine konventionelle HD-Cam, wie sie vom EKT benutzt wird. Helmkamera wäre in dieser völlig unkritischen Situation auch nicht nötig gewesen – die braucht’s nur, wenn zB schnelle Bewegung oder eine Gefechtssituation eine Cam im „Autopilot-Modus“ zweckmässig erscheinen lässt. Und im Fall des EKT – das hier offensichtlich Urheber gewesen ist – wäre Helmkamera im Einsatz maximal als „back-up“-Cam auf dem Helm des Redakteurs sinnvoll. Oder wünschenswert…
@ET
Achten Sie mal drauf, was bei diesen Einstellungen links unten am Bildrand zu sehen ist.
Richtig sieht man bei 2,25. ist für mich die Halterung. Aber ansich ne schöne qualität.
@TW
Oha – ist mir gar nicht aufgefallen. Also doch Helmkamera… Damit also offensichtlich Premiere im „offiziellen Einsatz“.
@ Dante
Die HD-Qualität der – übrigens ausserordentlich preiswerten – Helmkameras von zB „GoPro“ ist in der Tat bestechend. Eindeutig Mittel der Wahl, wenn’s „mal etwas tougher zugeht“.
Habe ich das bei 1:12 richtig verstanden? Zuerst durchsucht die ANA und danach wird nach Sprengfallen gesucht? Wäre es andersrum oder noch besser gleichzeitig nicht besser? Insbesondere, wenn die Durchsuchung des nächsten Dorfes eh schon klar ist?
Jain. Die ANA geht vor, ggf. nicht auf den Wegen, sondern über die Felder usw. Dann wird nach dem triggerman oder anderen verdächtigen Typen gesucht. In der Regel sind die Sprengfallen ja nicht im Dorf selbst versteckt, wo sie alles kaputthauen, sondern am Dorfrand, an Zufahrten oder an verwaisten Grundstücken. Solange die ANA drinnen alles absucht, arbeiten sich die Minensuchtrupps über die Wege vor. Je nach Lage entweder gleichzeitig oder abwechselnd. Das dauert aber deutlich länger. Insofern können die beiden ANA-Kp hier getrennt vorgehen udn wir mit unser Technik langsam hinterher. Sollte es, wie geschildert, so gewesens sein, dass die Einheit pünktlich, vollzählig und einsatzbereit erschienen ist, dann hat sie und ihre Ausbilder Respekt und Anerkennung verdient. Hoffetnlich darf sie sich dann weiterhin im Norden aufhalten und wird nicht zur Bewährung gen Süden versetzt.
@all
Abseits von den Helmkameras:
Die Gesamtoperation zeigt aus meiner Sicht vorallem, dass man nach all den Jahren immernoch nicht gelernt hat, wie sinnlos solche Clear-Operationen in Btl-Stärke (2 Kp-ANA, OMLT (BEL), 1 InfZg TF KDZ (DEU), UstgKr (DEU), ANP) ohne hold-Anteil sind. Genau solche Op aber den ANSF vorgelebt werden – und man hierauf auch noch öffentlich stolz ist. Keinerlei Selbstreflexion.
Nicht einmal die einfachsten Dinge hat man nach 10 Jahren in der Führerausbildung für ISAF berücksichtigt.
Kurze Zusammenfassung des Problems (wäre auch geeignet für die Einsatzvorbereitung):
http://www.au.af.mil/au/awc/awcgate/milreview/sepp.pdf
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2011_S30_mue_ks.pdf
@Memoria
Danke für die Anmerkung und Links…
@Memoria
Bei 3:26 ist aber davon die Rede, dass im Anschluss der Clear-Operation ANA-Kräfte die Gegend dauerhaft aus einem COP heraus sichern.
pi
@pi:
Zunächstmal ist die Clear-Phase mit dem zeitlichen Vorlauf schon reichlich absurd (das hat auch der letzte INS vorher gewußt) – aber auch ebenso häufig. Dann ist hold aus meiner Sicht eben weitaus mehr als ein COP (der ja auch nicht unmittelbar erstellt wird, sondern gebaut werden „soll“ um dann Einfluss auf die 5 Dörfer zu haben). Auch die eigentlich zentrale Rolle der ANP wird nicht weiter erwähnt. Als weiteren Hintergrund empfehle ich die beiden links (s.o.).
Vergleichen sie mal die „succesful/ unsuccesful“-Tabelle (1. Link, S. 3) mit ISAF.
Da können sie bei „unsuccesful“ fast überall nen Haken machen.
Die konventionelle Denkweise konventioneller Streitkräfte führt eben zu konventionellen Lösungsansätzen für unkonventionelle Probleme.
Jetzt bitte nicht so schwarz malen. Konventionelle Denkweise konventioneller Streitkräfte mit konventionellen Lösungsansäzen für unkonventionelle Probleme funktioniert auch. AFG ist kein Hexenwerk, die Talibs keine Meister der Taktik und Führung. Getreu nach den konventionellen Grundsätzen „Infanterie vor“, „Panzer erobern Gelände, Infanterie hält es“ und „Masse kann man nur durch noch mehr Masse ersetzen“ ^^ hätte man auch diesen Konflikt deutlich leichter lösen können, bzw. verhindern, das er wieder aufkocht. Wir sind aber keine konventionellen Streitkräfte. Wir sind, so wie gern behauptet, eine Parlamentsarmee (was für ein dummes Wort) damit genauso schlecht wie dieser unfähige, dilettantische Haufen von Abgeordneten in Berlin, über den sich der Rest von Deutschland gerne aufregt.
@ memoria ( & @all)
Abseits von den Helmkameras II:
Das SWP-Papier von Philipp Münch ist auf jeden Fall lesenswert, aber mE keinesfalls uneingeschränkt richtig (im Sinne von lehr- und hilfreich).
Dazu drei Beispiele:
a) Rechtsverständnis?
S. 18 „Weitere freiwillige Beschränkungen erlegt sich die Leitung des BMVg dadurch auf, dass sie auf eine im NATO-Sprachgebrauch als >kinetic trageting< bezeichnete gezielte Tötung verzichet."
<= Und ich dachte immer, es sei das sich in der politischen Mandatierung durch den Bundestag spiegelnde Rechtssystem und Werteverständnis der Bundesrepublik Deutschland das Bundeswehrsoldaten nicht zu Mördern werden lässt!?!
b) Begriffsverständnis?
S. 7 "Wie diese Erläuterungen zeigen, ist eine Strategie immer auf den konkreten Einzelfall bezogen. Eine Doktrin ist dagegen ein Konzept, dass für unterschiedliche Fälle in gleicher Weise gültige Verhaltensweisen vorschreibt oder eine Lagebestimmung vorgibt, …"
<= Man muss einzelne Worte sicher nicht erst auf die Goldwaage legen, um zu erkennen, dass eine Strategie eben nicht für den Einzelfall gilt und Doktrin gerade nichts vorschreibt!
In der Fußnote 14 auf Seite 9 schimmert indes das richtige Verständnis durch, so dass die Frage bleibt, ob der Wissenschaftler PM unkonzentriert geschrieben hat oder vorsätzlich polemisieren will?
c) Fachliches Verständnis?
S. 22 "Über deutlich bessere nachrichtendienstliche Erkenntnisse scheinen die US-Kräfte zu verfügen, wobei das Grundproblem auch hier im Bereich der HUMINT liegt."
<= Ungeachtet der Tatsache, dass in der Bw das Verhältnis HUMINT COIN unterbewertet ist, hat die Aussage des Hauptsatzes doch wohl wesentlich etwas mit dem Fähigkeitspotential von 90.000 versus 5.000 Soldaten zu tun, oder?
@Roman
Finde ihr heftiges Parlamentsbashing bisschen problematisch und darüber hinaus unfair. Zudem jedes Volk sich das Parlament wählt, das zu ihm passt…. (jetzt bitte keine OT-Diskussion über Parlamentarismus an sich usw., aber bitte auch nicht unqualifiziertes Pöbeln…)
??
Sie haben recht, jedes Volk wählt sein für sich bestes Parlament. Bei uns kommt noch die Besonderheit hinzu, das jeder Abgeordnete die Mär einer Parlamentsarmee glaubt. Da kann man auch wieder die Unkenntnis vieler Abgeordneten sehen, denen man auf einem Truppenbesuch erstmal den Blödsinn ihrer Behauptung erklären muss. Cromwells new modell army war ein Parlamentsheer. Bezahlt, ausgerüstet und befehligt durch Vertreter des Parlaments. Bei uns ist wie in jedem Land die Bw Teil der Exekutive. Der Bundestag kann zwar den Kriegszustand formal erklären, die Regierung aber nicht zum Einsatz der Streitkräfte zwingen oder, nach der Erklärung davon abhalten. Zudem enscheidet sie nicht, wer Befehlshaber irgendwo von irgendwas ist oder ob man links oder rechtsherum fährt. Zwar besteht die Möglichkeit, die Anträge der Regierung abzulehnen, das sich die Bw an Auslandseinsätzen beteiligt, aber die Regierung kann nicht zur Teilnahme gezwungen werden.
Zudem habe ich die mir zumindest bekannte Meinung nicht weniger Menschen über das Parlement wiedergegeben und mit der Behauptung verknüpft, dass dann die Bw ja nicht viel besser sein kann. Denn wer so dicht an der Quelle des „Gestanks“ sitz, der fängt bald selber an zu riechen. Und bei der Bundeswehr gilt ja: Lieber mitten drinn statt nur dabei.
Ansonsten wage ich auch mal zu behaupten, das in keinem anderen Land in Europa soviele Abgeordnete (m. Meinung nach zu Recht) vom Inlandsgeheimdienst etc. beobachtet werden, soviele vorbestrafte Leute Führungspositionen in der Politik einnehmen können.
@JR
„Das SWP-Papier von Philipp Münch ist auf jeden Fall lesenswert, aber mE keinesfalls uneingeschränkt richtig…“
Nach der Lektüre hatte ich den Eindruck, dass es der SWP wieder einmal in erster Linie darum ging, den Kurs ihres Geldgebers argumentativ zu untermauern. Wesentliche Aspekte des Themas (z.B. die Erfahrungen im Raum Kunduz seit 2009, die auch deutschen Beobachtern kaum verborgen geblieben sein können) kommen in dem Dokument leider nicht vor. Bei einer ernstzunehmenderen Einrichtung wäre so ein Dokument wegen „Confirmation Bias“ niemals freigegeben worden, aber in Deutschland, wo man bei dieser Positionierung nicht mit Kritik rechnen braucht, geht offenbar in dieser Hinsicht alles.
Passt zwar nicht 100%ig, aber ich frage mich, wieso im Presseportal um 10:11 Uhr folgendes steht:
„Der Deutsche Bundestag hat heute das neue Mandat zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beschlossen.“
http://www.presseportal.de/pm/7846/2187849/beck-neues-afghanistan-mandat-markiert-die-wende
Ich dachte die abschließende Beratung darüber beginnt erst 15:20 uhr?
Zum Thema Parlamentsbeteiligung = Einflussnahme durch Mikromanagement:
Im Antrag der Grünen ist als Forderung eine Aufstockung des OMLT-Personals um mind. 140 Personen (=Soldaten?) aufgeführt.
Ich bin für mind. 141 …
welche vorteile bietet die deutsche minenräumungstechnik gegenüber den südafrikanischen 6×6 gefährten?
auf den ersten blick tauscht man hier scheinbar beweglichkeit (minibagger) gegen sicherheit (remote.. .)
die amerikaner scheinen von ihren 6×6 Modellen aus ZA ja sehr überzeugt zu sein.
@markus
Der Mini-Minewolf ist auch ferngesteuert.
aeh ja das meinte ich. der minenwolf bietet ein hohes maß an sicherheit weil man ihn fernsteuern kann und IEDs somit außerhalb der gefahrenzone für den operator bleiben.
das ding sieht aber nicht besonders schnell aus und muss ja für längere strecken auf den tonner / nen passenden hänger
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die Buffalos sind hochmobil und stören in konvois nicht weiter, haben aber den nachteil, dass der Operator des manipulators an board ist und damit zumindest potentiel opfer größerer IEDs werden kann.
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gibts schon entsprechende berichte zerstörter / beschädigter buffalos, bei denen auch die besatzung zu schaden gekommen ist ? zumindest offiziell schwört man ja auf das gerät.
Ich schaue gerade „Bomb Patrol Afghanistan“, sehr interessant hinsichtlich Kampfmittelräumung allgemeine, aber auch hinsichtlich des Route Clearing Package. Eventuell wurde es schon erwähnt, dann bitte ich um Entschuldigung: Der Husky 2G verfügt mittlerweile ebenfalls über ein Bodendurchdringungsradar, befindet sich bereits seit letztem Jahr im Einsatz und wurde als „greatest Intervention for 2011“ ausgezeichnet: http://www.army-technology.com/contractors/mines/rsd/presshusky-2g-us-armys-greatest-invention-2011.html
Verglichen mit den Videosequenzen und den Informationen, die durch die Bundeswehr und Industrie veröffentlicht wurden, erscheint das amerikanische Route Clearing Package insgesamt wesentlich zweckmäßiger, d.h. mobiler und effektiver im Sinne des Auftrags.
@Roman:
Und wiedermal haben wir den Schuldigen gefunden: das pöse, pöse Parlament.
Bei allen Defiziten in diesem Bereich: Kein Grund die eigene Truppe so stümperhaft auszubilden und zu führen.
Politisch gewollt ist meist nur eine Ausrede für eigenes Führungsversagen.
Zu konventionellen Lösungen für unkonventionelle Probleme: Wenn das so wäre hätten die UdSSR ja schon 1980 gewonnen.
@ Memoria.
Nein, da wurde ich falsch verstanden. Der Fisch fängt vom Kopf her an zu stinken, aber den größten Müll und Gestank produziert die dicke Mitte und kaum der Schwanz, der ja immer arbeiten muss. Sie stimmen mir aber zu, das wenn das Parlament (naja, zumindest die betroffenen Parlamentarier) sich sehr viel mehr Gedanken machen und eigene Expertise aufbauen würden, dann könnte unsere derzeitige Führung in vielen Ebenen nicht so sein wie sie ist.
Im übrigen wage ich erneut zu behaupten, dass die Russen in nicht wenigen Phasen des Krieges eigentlich militärisch gewonnen hatten. Zumal an einen Sieg der Gegenseite beiweitem nicht zu denken war. Sie haben vielleicht zu spät versucht den Konflikt zureafghanisieren, ein Fehler, den man dann in Tschetschenien leider wiederholt hat. Ob wir es besser hinbekommen, ich weiß nicht. Die innen- und außenpolitischen Entwicklungen sind erstmal getrennt davon zu betrachten.
Der Mini-Minewolf hat sich beim Räumen von Minenfeldern (hauptsächlich Antipersonen-minen) sehr bewährt. Hier wird, abseits der hohen Clearing-Rate besonders die Möglichkeit geschätzt, ihn schnell (wenn auch nicht autark) verbringen zu können.Die neue Route-Clearing Strategie muss sich erst bewähren. Und der Mini-Minewolf mit ihr. Als reiner Manipulator von bereits entdeckten Sprengsätzen macht er doch eine gute Figur.