Die Niederländer schießen zurück
Im Gegensatz zu einigen anderen Nationen haben sich die Niederländer beim Schutz von Schiffen unter ihrer Flagge gegen Piraten festgelegt: Private bewaffnete Sicherheitsteams bleiben unter ihrer Flagge verboten, dafür werden 50 (!) militärische Sicherheitsteams zusammengestellt und an Bord gefährdeter Frachter und Tanker eingeschifft. Ein solches Team hatte jetzt seine (erste?) Bewährungsprobe zu bestehen: In der Arabischen See schlugen die Soldaten eines solchen Vessel Protection Detachments einen Angriff auf das Handelsschiff Flintstone mit scharfen Schüssen zurück.
Die Details hier in einer Mitteilung des niederländischen Verteidigungsministeriums (und hier die Google-Übersetzung).
Egal ob militärisch oder zivil: Bewaffnete Sicherheitsteams stellen in diesen Tagen am Horn von Afrika wiederholt unter Beweis, dass sie nicht nutzlos an Bord sind – wie ein Blick in die Meldungen des Piracy Reporting Centre zeigt:
16.01.2012: 0705 UTC: Posn: 15:04N – 058:17E, Around 265nm NE of Socotra Island, Yemen (Off Somalia).
Lookouts onboard a tanker underway noticed six pirates in a skiff approaching their vessel at a distance of 3.5nm. At a distance of around 300 meters the onboard unarmed security team engaged the skiff with the LRAD and the non-essential crew members mustered in the citadel. The skiff fired at the vessel and continured to approach. The security team fired warning flares which landed close to the skiff. The pirates continued to approach and fire upon the vessel. However after the security team fired two more flares close to the skiff the pirates aborted but tailed the vessel for 15 minutes before heading towards a mother vessel in the vicinity.17.01.2012: 0632 UTC: Posn: 13:32N – 055:44E, Around 93nm NE of Socotra Island, Yemen.(Off Somalia).
Armed pirates in a skiff approached a pipe layer vessel underway. The armed security team onboard showed their weapons and made their presence known. The pirates aborted the approach and moved away.
Das Mittel der VPD beweist sich immer mehr, wenn es denn genutzt wird. Die gemachten Erfahrungen innerhalb der Deutschen Marine schlagen in die gleiche Richtung.
Die genannte Zahl von 50 VPD der Niederländer muß allerdings relativiert werden:
Die Niederlande schiffen ihre VPD nur für den Transit eines Schiffes durch ein gefährdetes Gebiet ein. D.h. daß ein angemeldetes Schiff für die Fahrt von max. zwei Wochen durch ein VPD geschützt wird. Danach gehen die Soldaten wieder von Bord. Von diesen Schutzaktionen können die Niederländer 50 durchführen. Allerdings nie parallel, sondern über das ganze Jahr verteilt. Im Gegensatz zu den deutschen Teams sind die der Mariniers doppelt so groß. Um das durchhaltefähig zu stellen, können die Niederländer nicht die ganze Zeit an Bord/im Einsatzland bleiben.
Aber sie leisten unglaublich gute Arbeit.
…Bewaffnete Sicherheitsteams stellen in diesen Tagen am Horn von Afrika wiederholt unter Beweis, dass sie nicht nutzlos an Bord sind ..
und wenn dann die Mehrzahl/alle solche Teams haben, und es für die Piraten keine lohnenderen weil ungefährlicheren Ziele gibt – was kommt dann?
a) alle Piraten werden (wieder) Fischer
b) die Eskalation zw Piraten und Sicherheitsteams geht in eine neue Runde
best
snuggels
Leider scheitert ein soches Vorgehen in D an dem Unwillen unserere Regierung dies auch gegen den Willen der Sozies, Grünen und anderer Elemente durchzusetzen.
@Ralf: Können Sie das konkretisieren und belegen bitte? Das ist ernst gemeint, nicht polemisch. Wurden solche Sicherheitsteams eigentlich mal ernstahft politisch diskutiert und gibt es da einen Graben zwischen Regierung und Oposition? Und wer sind eigentlich die „anderen Elemente?“
Gespannte Grüße
Henner
Ich halte bewaffnete Sicherheitsteam für eine mögliche Lösung ders Piratenproblems. Ich denke nicht, dass dies zu einer Eskalation führen wird, denn die Bewaffnung der Piraten ist recht eingeschränkt und falls sich an Bord Marinesoldaten befinden, so können diese einiges an Feuerkraft mitnehmen. Ich sehe eher das Probleme, in den Kosten dieses Handelns, denn 50 Sicherheitsteams verursachen auch Millionen Euro an Kosten. Vor allem wenn man bedenkt, dass diese über Jahre im Einsatz sein werden.
Meine Frage wäre mehr wer für die Kosten denn aufkommst, der niederländische Staat? Oder die Reeder? Weil ich denke doch, dass private Sicherheitsteams aufjedenfall von den Reedereien bezahlt werden müssen.
Vielleicht kann mich jemand „erleuchten“ indem man mir sagen könnte wie groß solche Sicherheitsteams sind? Ich lese immer von Teams, sind das dann 2 Leute oder gleich 20? In welchen Dimensionen muss man denken.
@Alpha – 17. Januar 2012 – 20:12
„Meine Frage wäre mehr wer für die Kosten denn aufkommst, der niederländische Staat? Oder die Reeder? Weil ich denke doch, dass private Sicherheitsteams aufjedenfall von den Reedereien bezahlt werden müssen.“
Das ist doch egal.
Wenn es die Reeder übernehmen, dann a) geben sie entweder die Kosten an ihre Kunden weiter oder b) machen Miese. Im Fall a) haben sie einen Wettbewerbsnachteil. Im Fall b) zahlen sie im besten Fall weniger Steuern und gehen im schlechtesten Fall pleite. Beides kann dem eigenen Staat nicht egal sein.
Unnötiger bürokratischer Aufwand + Hürde die kostenpflichtigen Team zu engagieren (->höheres Risiko als nötig) + Nachteil für die eigenen Reeder = besser der Staat schreibt keine Rechnung
Es stellt sich die Frage, welchen militärischen Hintergrund die Soldaten dieser Sicherheitsteams haben. 50 Teams ist ja schon eine ganze Menge.
Die Soldaten kommen vom Korps Mariniers. Allerdings handelt es sich um 50 VPD im Jahr, was die Anzahl der Soldaten relativiert.
Ich finde es gut das sich manche Länder / Reederein sich wehren. Sich wehrlos ergeben ist doch schwachsinnig. Wieso wird nicht mehr getan um sich gegen die Piraten zu wehren.
@Chickenhawk
Wahrscheinlich werden die aus der Marineinfanterie rekrutiert, und die Fähigkeiten eines Boarding teams müssen diese Schutzkräfte ja auch nicht haben, denn mit ihrer ziemlich wahrscheinlichen technischen Überlegenheit werden von solchen Sicherheitskräften geschützte Schiffe wohl nie von einem Piraten auch nur ansatzweise berührt werden.
Das überrascht mich.
Kürzlich hieß es doch, die Niederlande wollten keine (privaten) bewaffneten Sicherheitsteams an Bord unter ihrer Flagge zulassen. Dann war wohl gleichzeitig die Entscheidung schon gefallen, es mit eigenen Soldaten selber zu machen (was mir wohl entgangen war. Egal).
Also bitte: Es geht doch, liebe Bundesregierung. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran!
Und unsere hochgeschätzten Politiker und entscheidungsfreudigen Beamten brüten schon seit Monaten immer noch über Fragen der „Zertifizierung“ von privaten Sicherheitsfirmen! Nicht mal das kriegen sie zustande. Mann-o-Mann, was soll man da noch sagen! Die deutsche Zertifizierung braucht sowieso kein Mensch. Da haben die Engländer längst Fakten geschaffen.
@Ziege
Nicht nur wahrscheinlich sondern Fakt, wie man dem link oben entnehmen kann.
Die Niederländischen Marines sind recht beachtlich aufgestellt und äußerst fähig.
http://www.defensie.nl/english/navy/marines/
Naja, mehr als eine Gruppe braucht es ja nicht. Einfaches Schichtsystem mit einigen zusätzlichen Wachleuten, die Schlafplätze sollten auf dem Schiff verteilt sein. Bei Alarm auf die Schiffsseite, wo der Angriff herkommt und Feuer frei, zumal die Stammcrew ja auch noch da ist. Manch einer von denen kann auch ne Knarre bedienen. Nach der Passage einige Tage Ruhe und Action im Hafenviertel und dann mit dem nächsten Schiff zurück.
Ist bestimmt eine gute Zeit, zumal ja eher ungefährlich (außer im Hafenviertel, da muss man auf seine Kauleiste und auf den kleinen Infantristen gut aufpassen).
@Ralf
Es waren nicht SPD und Grüne, sondern CDU und FDP, die (private) Sicherheitsteams als „Pistoleros“ bezeichneten: http://faz-community.faz.net/blogs/sicherheit/archive/2011/09/08/keine-pistoleros.aspx
Ach, übrigens, einen Tag später teilt die Bundeswehr mit, dass sie da auch mitgespielt hat und die Sache noch nicht erledigt ist (neuer Thread? Mal sehen…)
Atalanta: Warnschüsse auf Piraten-Mutterschiff
und wie viele niederländische Schiffe fahren auch unter niederländischer Flagge?
Das dürfte doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein und der Rest unter der Flagge von Barbados/Liberia/Zypern/anderesLandohneArbeitnehmerrechteundnormaleSteuersätze gemeldet sein?
und das selbe gilt für dt. schiffe doch genauso.
wer deutsche sicherheitskräfte an bord haben will, muss eben auch was dafür tun.
capitalism, my ass.
Zur Stärke von VPD’s: Militärische VPD’s bestehen meist aus 10 bis 12 Soldaten, welche immer von einem Offizier geführt werden. Als Beispiel hierfür seien die maltesischen und estnischen VPD’s der EUNAVFOR genannt. Die Malteser arbeiten dabei eng mit den Niederländern zusammen, die Esten operierten bisher von deutschen und französischen Fregatten.
Seit ein paar Monaten werden außerdem VPD’s von afrikanischen Staaten wie z.B. Uganda ausgebildet, damit diese ebenfalls Schiffe der WFP und AMISOM schützen können.
Dass es auch anders geht, zeigt Norwegen. Seit Juli letzten Jahres sind private Sicherheitskräfte auf Schiffen unter norwegischer Flagge unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Siehe:
http://seasecurity.org/images/uploads/pdfs/SAMI_Briefing_Document_082011_Norwegian_Guidelines_on_Armed_Force.pdf
evtl bin ich blind, aber ich habs hier noch nicht gelesen. ;)
Atalanta: Warnschüsse auf Piratenmutterschiff (Bundeswehr)
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/Ncw9C4NADAbgf5R4dOjHprh06KBLa7dTgwS8D-7SCtIf31yhCbzL-yT4RF1v37xY4eDtig8cJr6MG4zbTEDssyXZCRznrII8WC8cOVmhxPQDsuO9PNKDSYmUFFKmuSgMCWJIspbmlZI2wDMOlWkbc6z-Yz6n7lZ33eFs2mvTY3Su_gK-3CjE/
@mwk und andere
Ich glaube, ich hatte um 11.54 in einem Kommentar hier auf die Lübck hingewiesen ;-) (so viel zu der Frage, was hier auffällt und was nicht…)
Bin aber weiter dran.
@all
Die Kommentare zur Verfolgungsjagd der Lübeck verschiebe ich in den neuen Thread.
@ peme
Die Frage nach der Flagge ist in der Tat eine ganz interessante.
Die meisten „deutschen“ Schiffe fahren doch eh unter Bahamas oder sonst was.
Ergo sollte sich der Reeder schön brav drum kümmern.
Ich bin da übrigens ein Befürworter privater Sicherheitsdienste als VPD’s.
Es heilt nicht das Problem, aber es lindert wohl mittelfristig die Auswirkungen (ohne zwangsweise Militäreinheiten zu binden) auf den Welthandel. Am Ende des Tages müssen die Somalis ihre Probleme lösen und eventuelle Hintermänner in Dubai oder London dingfest gemacht werden. Das geht nur durch staatliche Initiativen, die sich nicht nur auf Schadensbegrenzung vor Ort verlegen darf. Sonst wird da weiter gestorben.