War was mit Munitionsmangel?
Der Mangel an passender Munition ist bei der Truppe (und hier im Blog) ein Dauerbrenner. Vor dem Hintergrund finde ich die Aussagen des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, heute in Berlin bei der Vorstellung der Bemerkungen 2011 des Bundesrechnungshofes in der Tat, äh, bemerkenswert:
So lagert die Bundeswehr seit ca. 40 Jahren Gewehrmunition in großen Mengen (Nr. 65). Zurzeit sind es u. a. 227 Millionen Patronen im Wert von ca. 116 Mio. Euro. Ein großer Teil hiervon – mindestens 40 v. H. – ist durch unsachgemäße Lagerung korrodiert und völlig unbrauchbar geworden, so dass ca. 46 Mio. Euro buchstäblich verrottet sind. Überraschend ist das für uns nicht. Denn wir hatten bereits 2002 auf Mängel bei der Munitionsüberwachung hingewiesen. Bei unserer diesjährigen Kontrollprüfung stellten wir dann fest, dass
• die Bundeswehr die Korrosionsmängel erst 2004 bemerkte,
• sodann 2010 entschied, alle 227 Millionen Patronen einzeln auspacken und einzeln prüfen zu lassen und
• hiermit 30 Depotmitarbeiter und Soldaten zu beauftragen.So sind wir nicht nur Zeugen eines umfassenden kostenträchtigen bundeswehreigenen Arbeitsbeschaffungsprogramms. Vielmehr führt der nachlässige Umgang mit der Munition auch dazu, dass nunmehr neue Patronen für mindestens 17 Mio. Euro gekauft werden müssen.
Das Fazit im Bericht des Bundesrechungshofes:
Die Bundeswehr hat seit den 1960er-Jahren Gewehrmunition beschafft und so gelagert, dass sie zu großen Teilen korrodiert ist. Daher ist ausbildungs- und einsatzrelevante Gewehrmunition im Wert von 46 Mio. Euro mittlerweile unbrauchbar. Noch funktionsfähige Munition muss zeit- und kostenaufwendig von Hand aussortiert werden. In der Folge steht der Bundeswehr für die Ausbildung nicht genügend Gewehrmunition zur Verfügung.
Wie sagte doch BMVg-Staatssekretär Stéphane Beemelmans Mitte September: Das Mindeste, was ein Haus wie die Bundeswehr den Soldaten zu liefern hat, ist Munition.
Und es gibt im Bericht noch ein paar mehr Beispiele für den nicht so sinnvollen Umgang mit Steuergeldern.
wird 7,62*51 NATO sein… das Korrosionsproblem wurde schon mal angesprochen…trotzdem wieder ein Exemplarbeispiel für den Bürokratenapperat BW.
Da war doch letztes Jahr was:
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Sehr geehrte Damen und Herren,
werte Kameraden,
derzeit sind sämtliche Depotbestände der Munitionsart 7,62x51mm zu untersuchen. Um nachteilige Auswirkung auf Ausbildung und Einsatz zu vermeiden, ist dazu seitens der Truppe militärisches Personal in erheblichem Umfang abgestellt.
Mit oben stehendem Bezug haben wir eine Anforderung zur Unterstützung dieses Auftrags erhalten.
Ich bitte alle Mandatsträger, Teilnehmer an folgender Maßnahme zu gewinnen.
1. Thema: Überprüfung von Munitionsbeständen 7,62x51mm
2. Form: Wehrübung
3. Zeitraum: ab sofort, Mindestdauer des Einsatzes 10 Arbeitstage
4. Ort: Xxxxxxxxxxxxxxxxxx
5. Meldung:bald möglichst, an die zuständigen GeschSt, auf Formblatt BesAnResArb Anl A5/1
(Nr. 315), bis Mitteilung über die Einstellung
6. Qualifikation:Erfüllung der Voraussetzungen für die Ableistung einer Wehrübung (wehrdienstverwendungsfähig, Mannschaften nicht älter als 32 Jahre, Unteroffiziere/Offiziere nicht älter als 60 Jahre). Eine Durchführung in DVag oder auf Einladung ist nicht möglich. Für die Tätigkeiten erfolgen eine eingehende Einweisung und aktenkundige Belehrung durch hauptamtliches Fachpersonal.
Spezielle Qualifikationen in der Munitionskunde (Sachkunde Mun, Fachkunde Mun) wären von Vorteil, sind aber keine Voraussetzung. Keine Einschränkung hinsichtlich Truppengattung/OrgBer, Dienstgrad oder Kreisgruppenzugehörigkeit. Schwerpunkt bei den Kreisgruppen A,B,C und allen Reservistenarbeitsgemeinschaften „Schießsport“.
Wir sind mit dieser Anforderung aufgerufen, unseren Auftrag zu erfüllen und durch Unterstützung der Truppe unseren Beitrag zu Ausbildung und Einsatz zu leisten. Es wird uns damit auch die Möglichkeit gegeben, Leistungsfähigkeit und Kompetenz der Reservisten als verlässlicher Partner der Truppe unter Beweis zu stellen.
Sehr geehrte Herren, werte Kameraden, ich darf Sie bitten, sich trotz der derzeitigen Urlaubszeit in den kommenden Tagen nachhaltig um die Gewinnung von geeigneten Reservisten für diese Maßnahme zu bemühen.
Die Herren Organisationsleiter darf ich bitten, die Bemühungen zur Gewinnung und zeitnahen Meldung geeigneten Personals im Rahmen ihrer Kapazitäten zu unterstützen und, in Abstimmung mit den zuständigen Vorsitzenden und Beauftragten, selbst aktiv zu betreiben. Dabei bitte ich eine Vorprüfung bezüglich der Eignung gemeldeter Reservisten vorzunehmen und ggf. verbunden mit einem Dank und
einer Begründung zeitnah abzusagen oder die Weiterleitung der Meldung zu bestätigen.
Zur Rücksprache stehe ich gerne zur Verfügung und danke schon jetzt allen Beteiligten für ihr Engagement in dieser Sache.
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Ich wollte mein G3 nie abgeben…
An den 46 Mio Euro für korrodierte Munition zieht man sich jetzt hoch,
an die zig Mrd Euro die die Industrie mit Tiger, NH-90 und A400M in den Sand gesetzt regt sich wohl keiner ernsthaft auf.
Wieso macht der Bundesrechnungshof sich eigentlich noch die Mühe, solche Dinge auszurechnen?
Es interessiert doch „eh keine S**“, wie viele Millionen verschwendet wurden….
(Sorry für die Gossensprache….aber man muss es einfach so ausdrücken).
Die Mißstände bei der Munition bestehen schon seit über 10 Jahren-und sind wieder und wieder und wieder angemahnt worden, sowohl von externer Seite, als auch durch interne Massnahmen…..und wenn hat es interessiert?
Richtig-niemanden.
Ich muss zugeben, das-je länger ich nun „ausser Dienst“ bin, desto größer wird meine Neigung hin zur Meinung „den Laden abzuschaffen“.
Mit Umstrukturierungen und Reformen ist da nichts mehr zu machen….
Den Mangel hatte schon der Wehrbeauftragte 1994 angeprangert…
http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-peng-und-bum_aid_479335.html
Schon die Überschrift ist köstlich!
„Bei der Bundeswehr wird die Munition knapp – im Training und im Afghanistan-Einsatz schießt die Truppe viel mehr als geplant“
„• sodann 2010 entschied, alle 227 Millionen Patronen einzeln auspacken und einzeln prüfen zu lassen und
• hiermit 30 Depotmitarbeiter und Soldaten zu beauftragen.“
Das klinght nach purer Folter. Die armen Schweine, die diesen Auftrag erhalten haben…
Ich empfinde es als Folter was die BW Fürhung ihren „einfachen“ Soldaten antut. Ich habe es immer gut mit der BW gemeint, aber manchmal lässt Sie einen verzweifeln. Was hat sie denn auch für ein seltenes Problem? Warum zum Teufel funktioniert der gesunde Menschenverstand nicht auch in einer ihrer überbürokratischen Organisation? Hätte sich jemand ein Bein ausgerissen diese Munition unter die Truppe zu bringen und dafür neue einzulagern?
@Bang50:
„Was hat sie denn auch für ein seltenes Problem?“
Das Problem: Man interessiert sich „oben“ – und damit auch im bürokratischen Mittelbau (Ämter, Führungskommandos, etc.) – eben nicht WIRKLICH für „unten“ (Truppe), sondern hat mit dem Schönreden schon mehr als genug zu tun.
In der Tendenz wohl in vielen Großorganisationen gar nicht so selten zu beobachten – nur in der Bw sterben deswegen am Ende jedoch die eigenen Leute.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. In meiner Wehrdienstzeit, die noch nicht allzu lang zurückliegt wurde ein Aufstand gemacht, dass man einige Schießübungen nicht mehrmals schießen durfte um Munition zu sparen. Wir reden hier von 20-30 EA Patronen pro Stammsoldat. Da aber nicht jeder schießen wollte, wären es so maximal 300 EA gewesen…Und in Depots VERROTTEN 46 Millionen EA…
Da bin ich mal wieder sprachlos, aber was zählt schon Ausbildung…
Sehr geehrte Kameraden,
ich weiß in dieser Diskussion geht es um etwas ganz anderes aber trotzdem. Dies ist doch nur die Spitze des Eisbergs.
Ich verstehe eines nicht wir Leben in einem Land mit einer der leistungsfähigsten Wirtschaften dieses Planeten. Ich wünsche mir das diesem Tatbestand auch bei der Bundeswehr rechnung getragen wird. Ich wünsche endlich Kompetente und mit dem Thema erfahrene Personen im Amt. Und ich wünsche mir Leute die auch für die Bundeswehr und ihre Soldaten wirklich Interesse haben. Aus dieser Truppe könnte etwas ganz besonderes werden etwas worauf der deutsche Staatsbürger stolz sein kann. Eine moderne Einsatzarmee mit hoher professionalität , Zähigkeit und Härte. Soldaten denen man auf der Straße ansieht was sie von Beruf sind. Menschen die sich mit der Armee identifizieren und bei denen der Bürger auf der Straße das Gefühl hat keine Fehlinvestition begangen zu haben.
Es muss auch gewisse Anschaffungen überlegt werden. Die Bundeswehr ist keine Friedensarmee sondern eine Einsatzarmee die dringend Material und Ausrüstung in ausreichendem Maß und Qualität brauch. Es nicht sein was unseren Soldaten zugemutet wird teilweise bzw oft an Ausrüstung. Wenn ich zu unseren Nachbarn wie Belgien, Holland, Schweiz oder Österreich schaue was für hervorragende Ausrüstung ihren Soldaten zur Verfügung gestellt wird könnte ich bei Deutschland einfach nur heulen.
z.B. Holland: Super Puma Hubschrauber, Apache Kampfhubschrauber was macht Deutschland nichts
die Franzosen setzen ihn ein der Deutsche wartet und unsere Jungs in Indianerland gehen drauf
Bitte wenn dies einer List dann bitte ich sich darüber Gedanken zu machen.
Man muss das positiv sehen, als Beitrag zur Abrústung …
Zitat: „An den 46 Mio Euro für korrodierte Munition zieht man sich jetzt hoch,
an die zig Mrd Euro die die Industrie mit Tiger, NH-90 und A400M in den Sand gesetzt regt sich wohl keiner ernsthaft auf.“ Das halte ich für ein Missverständnis. Denn die hier gemeinte Verschwendung existiert ja nur aus BW-Sicht und ist nicht etwa auf Dummheit, Inkompetenz etc. der Bürokraten zurückzuführen. Der Zauber dient schließlich mit hoher Lobby-Kampfkraft abgesicherten industriepolitischen Absichten, die eben nur nichts mit der äußeren Sicherheit und der BW zu tun haben.
Im Grunde müsste man den Verteidigungsetat trennen in den Teil mit Buchungen zugunsten fremder Ziele, die über den Wehretat laufen und einen „echten“ Verteidigungsetat der der BW tatsächlich zur Verfügung steht, um den Auftrag zu erfüllen. (Klingt schwierig, läuft am Ende aber auf die geläufige Unterscheidung Staatsquote – Staatsverbrauch hinaus: Auch hier muss ein reiner Umverteilungseffekt quantifiziert werden). Und die Munitionsgeschichte ist wohl deshalb ärgerlich, weil sie auf den „echten“ Wehretat fällt.
Mann, die Sportschützen hätten die „überlagerte“ Depotmunition gerne gehabt. Hätte man die (nicht korrodierte) Munition im Rotationsverfahren ausgemustert und günstig verkauft, wäre man im Laufe der Jahre problemlos mit +/- 0 rausgekommen. Man hätte neu produzierte Munition gehabt und 20-30 Jahre alte Chargen wären im sportlichen Bereich friedlich verwendet worden. Auch in den ’60ern produzierte Munition funktioniert nach 40-50 Jahren, wenn sie gut gelagert wurde.
Statt dessen wird #kaputtgespart.
Zumindest Teile der betroffenen Munition wurden und werden bereits seit Jahren durch die einschlägigen Händler an Berechtigte verkauft. Sowohl in Deutschland als auch in z.B. den USA. Grade da hat man um 2008 herum grössere Lose MEN und DAG mit Korrossionsschäden abverkauft.
Wie Memoria geschrieben hat, ist das Problem wohl ehr das der politisch/militärischen Führung. Die BW will oben einfach keine Armee sein. Sie soll ein bewaffnetes THW sein, das ein bisschen schießen kann aber bitte nicht eine ernsthafte Militärstreitmacht mit gnadenlosen Kämpfern. Sonst würde Deutschland ja Gefahr laufen gleich wieder den 3 Weltkrieg anzuzetteln. Hört sich bescheuert an, aber die Märr von der einzigarten schlechtigkeit der Deutschen vor der man die Welt schützen muss, ist weit verbreitet in hohen Positionen (natürlich ehr im zivilen Bereich). Die militärische Führung ist unterwürfig und übt sich im vorrauseilenden Gehorsam. In einem solchen System können (und sollen) keine Traditionen entstehen auf die ein einfacher Soldat stolz sein kann. Eine Tradition die oben wie unten dazu führt ein Gefühl zu erzeugen:“Wir sind die Deutsche Armee.“ Eigentlich traurig, da kaum ein anderes Land auf eine so große Militärgeschichte schauen kann.
Stattdessen ist man irgendwie im 2WK hängen geblieben und gibt sich selbst den radikalsten politischen Gegnern unterwürfig (Nein das hat nicht`s mit dem Primat der Politik zu tun. Das Primat der Politik ist nicht eine Einbahnstraße, sondern führt in beide Richtungen). Es ist also Aufgabe der militärischen Führung, die Politik kompetent zu beraten und allem Widerstand entgegenzusetzen was die Wehrhaftigkeit Deutschlands herabsetzt. Dafür werden die werten Generäle eigentlich bezahlt.
Aber in der BW hat sich eine Kultur der Schönrednerrei etabliert, die einfach nur noch wiederlich ist. Schon alleine dieses Stabsgequatsche von „hochintegriert“,“hochtechnisiert“,“erste Grundbefähigung“ etc.. etc… zeigt schon die ganze verschleiernde Verlogenheit auf.
Ich bin inzwischen auch so weit das ich sage: Den kompletten Laden auflösen und neu aufstellen. Dieser BW Filz einer Armee die nie eine sein wollte und will, ist nicht reformierbar.
Man verzeihe mir die etwas drastische Sprache, aber ich falle gerade vom letzten Funken Glauben ab.
Staatssekretär Stéphane Beemelmans hat auch die zum großen Teil Schuld daran, dass wir nutzlose Korvetten gekauft haben – unfassbar, das der Mann noch immer im Amt ist.
@Voodoo
Bei aller Kritik an bestimmten Personen sollten wir bei den Tatsachen bleiben – als Beemelmans als Staatssekretär ins Amt kam, waren die Korveten nicht nur längst bestellt, sondern hätten auch schon längst geliefert sein sollen…
Das ist korrekt – aber sie haben doch bestimmt auch die NDR Reportage mit dem Interview seiner Person gesehen. Das zusammen mit ihrem Zitat und truppenfunk führt zum Bild eines Mannes, der hoffnungslos mit seinem Fachgebiet überfordert ist, dem das aber sch*** egal ist.
der zeitliche Ablauf ist wirklich besonders:
2002 durch den Rechnungshof bemängelt
2004 durch die Bundeswehr bemerkt
(der Bericht ist wohl im Umlaufverfahren liegengeblieben!)
und 2010 (!) bereits der Entschluss zum umpacken –
Militärbürokratie at its best!
Demgegenüber: 380.000 Päckchen pro Nase, öffnen, kontrollieren, umpacken, verschließen, registrieren in Handarbeit, Respekt!
Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen
@bang50
„Die militärische Führung ist unterwürfig und übt sich im vorrauseilenden Gehorsam. … Eigentlich traurig, da kaum ein anderes Land auf eine so große Militärgeschichte schauen kann.
Stattdessen ist man irgendwie im 2WK hängen geblieben und gibt sich selbst den radikalsten politischen Gegnern unterwürfig …. Das Primat der Politik ist nicht eine Einbahnstraße, sondern führt in beide Richtungen). …Aufgabe der militärischen Führung, die Politik …zu beraten und allem Widerstand entgegenzusetzen was die Wehrhaftigkeit Deutschlands herabsetzt. Dafür werden die werten Generäle eigentlich bezahlt….?“
Zuerst: Das mit der deutschen Tradition ist so eine Sache,
zuerst welche meinen Sie denn? Es gibt mehrere zur Auswahl. Die kaiserliche ab 1870, die preußische, bayerische, sächsische etc. oder die österreichische?
Und dann:
1. Gerade das von Ihnen beschriebene unterwürfige, vorauseilende Verhalten der Generale gegenüber der Politik ist typisch deutsche Tradition. Ich erinnere nur an den Entwurf der Eidesformel nach 1933 und die Duldung und Teilnahme an den Progromen im Osten.
Ausnahmen sind vielleicht Wallenstein, York, Moltke der Ä, und wenige Andere. (20.Juli!)
2. Auch Generale müssen Gehorsam sein, und dann gilt eben: „garbage in , garbage out“
Aus ungenügenden Vorgaben und ohne Plan lässt sich eben nur planlos Ungenügendes machen.
3. Nur weil in einem Depot Munition verrottet, darf man nicht den Mut verlieren.
Immerhin bringt die Armee auch Menschen wie den HFw Rönckendorf hervor.
Die Deutschen haben schon schlimmere Krisen gemeistert
@Jeff Costello
Die BW führt als Symbol das Eiserne Kreuz, also wäre es doch naheliegend die Völkerschlacht von Leipzig als die Geburtsstunde der „Deutschen“ Militärtradition im Sinne der BRD, die ja schließlich die Flagge des Lützowscheen Freikorps trägt, zu nehmen. Diese Schlacht war dann ja auch die Keimzelle zu den ersten Bestrebungen der Bildung eines Nationalstaates.
Alternativ kann man auch wesentlich früher Ansetzen z.b bei dem Großen Kurfürsten und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Dieser Ansatz würde dann vielleicht auch das Bild dafür schärfen warum man“Deutschland“ (ich setze diesen Begriff jetzt einfach mal in Anführungszeichen um zu verdeutlichen das es um die deutschsprachigen Gebiete geht, die sich zum Großteil in der BRD wiederfinden) das Exsistenzrecht in Europa nie so richtig zugestehen wollte und das unsere später so berümt gewordene Disziplin, Härte und auch Militarismus ein Ergebnis der schrecklichen Erfahrungen im Dreißigjährigen Krieg waren. Preußen war geprägt von dieser ständigen Angst überrant zu werden und wieder unter Fremdherschaft zu geraten.
Da Preußen nun einmal die anderen Königreiche/Fürstentümer mit der Zeit in sich aufnahm und unter großer Dominanz in das Deutsche Reich aufging, wäre es etwas umständlich jetzt noch die bayrische, württembergische, badische etc.. mit ein zu beziehen. Die Österreicher waren über mehr als ein Jahrhundert erbitterte Gegner einer zweiten deutschsprachigen Nation. Deshalb unternahmen sie alles um der Entstehung dieser Nation zu begegnen.
Aber darüber sollen sich die gelehrten Streiten. Mir ging es darum das es da viele Geschichten zu erzählen gibt, die es möglich machen eine Soldatentradition zu bilden auf die man durchaus stolz sein kann, wenn man sich von dieser Nationalsozialismusfixierung etwas lösen würde.
Deshalb komme ich jetzt zu
1.) Das Militär in Preußen etc.. war stets Obrigkeitshörig. Das ist richtig. Nur wie war es möglich, das in einem so autoritären System die größten Denker und Köpfe lebten, welche den Ruf als das Land der „Denker und Dichter“ begründeten? Vielleicht lag es daran das man zwar der Obrigkeit treu ergeben war, doch die eigene Bildung einem nicht davon abhielt auch selbst für sich den Kopf einzuschalten und seine Gedanken zu Papier zu bringen. Man findet dafür zahlreiche Beispiele von hohen Beamten und Militärs die ihren Dienst zwar treu verrichteten aber in schriftlichen Veröffentlichungen sich sehr kritisch äußerten und das nicht erst wenn sie schon pensioniert waren. Das würde sich heute warscheinlich kein BW General mehr trauen. Das in einer Gesellschaft die sich ja rühmt die dunklen Zeiten hinter sich gelassen zu haben und die Redefreiheit für jeden zu verteidigen. Sind Generäle jetzt also ängstlicher geworden oder die Gesellschaft intoleranter? Wie die Antwort auch ausfällt, sie hat einen bitteren Nachgeschmack.
Sie haben ja schon ein negativ Beispiel angeführt. Natürlich steht es im Zusammenhang mit den Nationalsozialisten. Das meinte ich mit der 2WK Fixierung. Wir finden jedoch genauso „deutsche“ Generäle die sich recht mutig dem Diktat wiedersetzten. Da wäre z.b Scharnhorst der sich zwar nicht in allen Belangen durchsetzen konnte, jedoch in der damaligen Zeit 1/3 der Generäle zu entlassen, welche meinten sie hätten ein angeborenes Recht darauf als Befehlshaber zu gelten, oder mal eben die normalen Bürger zu höheren Dienstgraden zuzulassen, hat sicher mehr Mut und Durchsetzungsvermögen gekostet als alle BW Reformen zusammen.
Oder der von Ihnen erwähnte York, welcher sich nach Besprechungen mit Clausewitz gegen Napoleon und gegen den direkten Befehl von Friedrich Wilhelm wendete.
Wieviel ungehorsam hätten „deutsche“ Generäle zeigen müssen um den Nimbus der Obrigkeitshörigkeit abzustreifen?
Was ist also unser Fazit? Das die deutschen Generäle mehr als andere Generäle vor der Obrigkeit gekuscht haben? Ich glaube Beispiele für und wieder, findet man in jeder Nation und zeichnet nicht die deutschen im besonderen Maße für diese Eigenschaft aus.
2.Natürlich müssen Generäle gehorchen (sie sind nun einmal das Primat der Politik) aber wie ich bereits sagte ist das keine Einbahnstraße. Deshalb kann ich ihrem „garbage in, garbage out“ nicht zustimmen. Es müsste heißen „garbage in (was schlimm genug ist) /do your best with the garbage and tell:“ that`s garbage“ “
Man kann wohl nicht behaupten die BW Generalität würde sich durch besonders kritische Haltung der politischen Führung gegenüber hervortun. Meist ist noch ein Stern mehr, wichtiger als eine funktionierende Armee.
Schon alleine diese Wortkompositionen dennen man sich so gerne bedient, erfüllen nur den Zweck die eigentlichen Zustände zuverlässig zu verschleiern. Ich weis noch wie ich dieses typische „Stabssprech“ zum erstenmal gelesen habe. Ich dachte mir:“ Was ist den mit denen los? Haben die irgendwelche sonderbaren Probleme? So schreibt doch kein Mensch!“
3. Nein wegen der Munition allein verliere ich nicht den Mut. Die ist nur das Zünglein an der Waage. Wer mich hier kennt, weis das ich mich mehr mit den technischen Aspekten der Rüstungsbeschaffung beschäftige (vorallem Landfahrzeuge und Handwaffen). Hier kann ich auf persönliche Erfahrungen im zivilen Bereich in der Auftragsvergabe, Entwicklung, Nutzung zurückgreifen. Was ich jedoch in der BW sehe lässt mich nur in erschütterten Staunen zurück. Ich könnte hier jetzt eine Liste anhängen von sonderbaren Entscheidungen, die anscheinend nur die BW in der Lage ist zu treffen. Der gesunde Menschenverstand welcher die negativen Auswirkungen eines überbürokratischen und suboptimalen Systems zu lindern vermag, ist bei der BW durchs offene Fenster entkommen. Das lässt mich verzweifeln.
Hochachtungsvoll
Bang50
@Bang50
„Die BW führt als Symbol das Eiserne Kreuz, also wäre es doch naheliegend die Völkerschlacht von Leipzig als die Geburtsstunde der “Deutschen” Militärtradition im Sinne der BRD, die ja schließlich die Flagge des Lützowscheen Freikorps trägt, zu nehmen. Diese Schlacht war dann ja auch die Keimzelle zu den ersten Bestrebungen der Bildung eines Nationalstaates. “
Die Verwendung des Eisernen Kreuzes ist vor diesem Hintergrund unaufrichtig, da die BRD ja kein Nationalstaat sein, sondern um jeden Preis in Europa aufgehen will. Die Bundeswehr sollte dieses ehrwürdige Symbol daher nicht weiter verwenden; es steht ihr nicht zu. Deutsche Politiker schämen sich ja ehrlicherweise auch für dieses Symbol (manchmal sind Minderwertigkeitsgefühle angebracht) und haben sich gegen es entschieden, als es z.B. für Tapferkeitsauszeichnungen zur Diskussion stand.
@ Zivi a.D.
Zitat:
„Zitat: “An den 46 Mio Euro für korrodierte Munition zieht man sich jetzt hoch,
an die zig Mrd Euro die die Industrie mit Tiger, NH-90 und A400M in den Sand gesetzt regt sich wohl keiner ernsthaft auf.”
Das halte ich für ein Missverständnis. Denn die hier gemeinte Verschwendung existiert ja nur aus BW-Sicht und ist nicht etwa auf Dummheit, Inkompetenz etc. der Bürokraten zurückzuführen. Der Zauber dient schließlich mit hoher Lobby-Kampfkraft bgesicherten industriepolitischen Absichten, die eben nur nichts mit der äußeren Sicherheit und der BW zu tun haben.“
Genau hier ist eben doch die Knackstelle für die ganze Bundeswehrphilosophie !
Meines Wissen heißt es im Einzelplan 14 „Rüstungs- und Beschaffungsausgaben“ und nicht „nationale Industriesubvention“.
Natürlich ist es Verschwendung und Dummheit, was bei der Entwicklung und Beschaffung von NH-90, Tiger und A400M abgeht !
@Bang 50
Von Major Claus Schenk Graf zu Stauffenberg wird von seiner Zeit in der Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heeres (heute wohl G3-Bereich) im Sommer 1941 folgendes, sinngemäßes Zitat berichtet :
Wenn irgendjemand befohlen hätte, die dümmste Gliederung des deutschen Heeres zu erfinden, er hätte vemutlich nicht die tatsächliche Gliederung erfunden, denn die sei noch dümmer als die dümmste vorstellbare Gliederung.
Hoffen wir mal das die Organisatoren der Bw in der jetzt anstehenden Reform dazugelernt haben.
Ich schließe mich den Meinungen an. Ich habe da so ein bild von Aschenputtel im Kopf.
30 Kerle die um einen rieseigen Haufen Patronen rumsitzen und dan schön sortieren. „Die Guten ins Töpfchen die Schlechten kriegen die Kinder zu Hause“. Nach nem halben Tag sortiert da garkeiner mehr und der Kram wird nurnoch wahllos zusammengeschmissen. Und das ergebnis ist das Gleiche wie Vorher.