RC N Watch: Ein Großteil des Nordens geht in afghanische Verantwortung
Die afghanische Regierung, genauer: Präsident Hamid Karzai, hat heute die Liste der Provinzen, Distrikte und Städte gebilligt, die in der zweiten Stufe der Transition in die Sicherheitsverantwortung der Sicherheitskräfte Afghanistans übergeben werden sollen. Davon ist das – deutsch geführte – ISAF-Regionalkommando Nord recht stark betroffen; viele Regionen, in denen die internationalen Truppen im Norden bislang für die Sicherheit zuständig sind, finden sich auf dieser Liste für die (wie es in Deutschland immer heißt) Übergabe in Verantwortung wieder.
Dann gleichen wir mal ab: Zum ISAF-Regionalkommando Nord gehören die Provinzen
Badakhshan
Baghlan
Balkh
Faryab
Jowzjan
Kunduz
Samangan
Sar-e Pul
Takhar
Bereits in der ersten Stufe der Transition übergeben wurde die Sicherheitsverantwortung für die Stadt Masar-i-Scharif (Mazar-e-Sharif) in der Provinz Balkh.
Jetzt folgen aus dem RC North:
als komplette Provinzen: Balkh, Takhar, Samangan
in der Provinz Badakshan als Distrikte Shahr Buzurg, Yaftal Sufla, Arghanj, Baharak, Tashkan, Kishm und Argo, außerdem die Stadt Faizabad;
alle Distrikte außer Sayaad in der Provinz Sar-e-Pul;
die Stadt Shebergan (Shibergan) in der Provinz Jowzjan (Jauzan).
Wie sich das konkret auf die ISAF-Aktivitäten und damit auch auf den deutschen Truppenansatz in der Region auswirkt, wird man abwarten müssen. Die Übergabe des PRT Faizabad in die zivile Führung des deutschen Auswärtigen Amtes ist ja bereits bestätigt; jetzt stellt sich noch die Frage nach dem Status/der Aufgabe des Provincial Advisory Team (PAT) in Taloqan in der Provinz Takhar. Das türkisch geführte PRT in Shibergan hat ohnehin schon, wenn ich richtig informiert bin, einen zivilen Schwerpunkt.
Daß sich dieser Blog auf die Sicherheitslage konzentriert ist klar. Aber ich fürchte, daß schon allein aus ökonomischen Gründen kein Anlaß für Optimismus besteht: http://andreasmoser.wordpress.com/2011/11/26/the-afghan-economy-in-numbers/ – 97 % der afghanischen Wirtschaft leben von Hilfsleistungen und von ausländischen Militärs. Nach dem Abzug 2014 wird der Großteil davon wegfallen. Ob die ANA gut ausgebildet ist oder wer in welcher Provinz die Zivilverwaltung führt, wird – fürchte ich – dann keine allzu große Rolle mehr spielen. Das Sein wird das Bewußtsein bestimmen.
@Andreas Moser part of the GDP that is due to international aid or the military of foreign nations: 97 %
Die Zahl bezweifele ich stark. Haben sie eine Quelle dazu?
@b
Ein Anteil von 97% des BSP erscheint mir auch als zu hoch, aber ich erinnere mich an Diskussionsbeiträge aus meiner aktiven Zeit, die darauf hinweisen, dass die ANSF alleine weitaus mehr kosten als die afghanische Regierung langfristig selbst generieren könne.
Und auch wenn ich ein amtlich beglaubigter „Troll“ bin, so würde ich nicht ausschließen wollen, dass bedeutende wirtschafts- und finanzpolitische Ereignisse innerhalb der kommenden sechs Monate die Fähigkeit und den Willen von NATO-Staaten deutlich reduzieren könnten, die angeforderten Mittel bereitzustellen.
Noch so ein „Troll“, der in dieser Frage pessimistisch ist: http://csis.org/publication/afghanistan-pakistan-war-ahe-end-2011
@b und Orontes
Ich habe die Zahl auch schon vor ein paar Tagen gefunden…
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/afghanistan2568.html
Eventuell hilft der Link weiter.
@TK – da hat mal wieder jemand geschrieben ohne die Primärquellen zu lesen.
Der Weltbank Bericht sagt ausdrücklich (Seite 7):
Von den Mitteln die zur „Hilfe“ für Afghanistan ausgegeben werden erreichen nur ca. 20% Afghanistan. Der größte Batzen sind die Kosten für die ausländischen Militärs die der „Hilfe“ zugerechnet werden aber niemals in afghanisches Bruttosozialprodukt (GDP) umgewandelt werden.
Diese Kosten dem afghanischen Bruttosozialprodukt gegenüberzustellen ist Unsinn und grob irreführend.