KFOR: „You do not demonstrate legitimately with the gun“
Mit deutlichen Worten haben der KFOR-Kommandeur, der deutsche Generalmajor Erhard Drews, und sein vorgesetzter Admiral im NATO-Kommando Neapel, James Locklear, auf die (gestrigen) gewaltsamen Auseinandersetzungen im Nord-Kosovo reagiert. Die Zahl der verletzten Soldaten, die nach den Angriffen behandelt werden mussten, hat sich derweil auf 30 erhöht.
Zur Dokumentation die Erklärungen von Drews und Locklear vom Dienstagnachmittag im Wortlaut:
COMKFOR PRESS STATEMENT 29.11.2011
Yesterday the roadblock-removal operation by KFOR went as planned. KFOR was executing its mandate to re-establish unconditional Freedom of Movement for all.
The operation was successful and was completed without violence to the demonstrators.
Later on demonstrators attacked KFOR positions and inflicted injuries by using small arms fire, explosive devices and Molotov-Cocktails.
KFOR has always maintained the right of people in Northern Kosovo to protest to be legitimate as it would be and is anywhere else in the world.
However what was witnessed yesterday were acts of violence which has no part in legitimate protest.
You do not demonstrate legitimately with the gun.
You do not protest legitimately with the pipe bomb.
You do not voice your opinion legitimately with a Molotov cocktail.
There are now 30 injured KFOR soldiers in hospital. They were not hospitalized because of a legitimate protest.
Gunshot wounds, shrapnel wounds, fractures and burns do not result from a legitimate demonstration.
Yesterday’s violence has exposed evidence of the existence of a criminal hardcore minority amongst the demonstrators. KFOR understands that this minority does not represent the majority of the people in Northern Kosovo.
The continued use of violent acts by this hardcore element that threaten a safe and secure environment and the life of anyone is not acceptable. KFOR will take all appropriate measures to ensure the safety of all the people of Kosovo, but also of its soldiers.
KFOR will use all means available in a life threatening situation.
ADM Samuel J.LOCKLEAR III
COMJFC KFOR STATEMENT RE 28 NOVEMBER INCIDENTS
The use of violence against KFOR troops is unacceptable. We urge all parties to exercise restraint and cooperate fully with all international actors on the ground to ensure freedom of movement without delay.
KFOR’s mission is to contribute to the maintenance of a sage and secure environment, freedom of movement and security in Kosovo, under United Nations Security Council Resolution 1244. It is fulfilling that mission carefully, fairly and impartially.
NATO has said repeatedly that we fully support Commander KFOR in fulfilling that mandate. I wanted to take this opportunity to convey that KFOR’s mission is to contribute to a safe and secure environment in Kosovo, which includes freedom of movement in accordance with its mandate. Inside this framework KFOR routinely establishes check points throughout Kosovo.
Yesterday, in accordance with its mandate, KFOR carried out Freedom of movement operations in the municipality of Zubin Potok. During the operation, small arms fire and homemade explosive devices were used against KFOR soldiers by “criminal elements” posing as legitimate demonstrators. As a result, soldiers were injured.
KFOR responded to these criminal acts by non-lethal means (water cannon, rubber bullets, and tears gas).
The people causing harm to KFOR soldiers are not peaceful demonstrators or working to provide good solutions. These criminal acts and any action threatening a safe and secure environment is unacceptable. NATO will take appropriate measures to ensure the safety of all the people of Kosovo.
I want to emphasize that KFOR reserves right to protect itself against all aggressive actions; and, we continue to act lawfully and within our lawful mandate. Our role is in support of EULEX in its effort to ensure rule of law functions throughout Kosovo for the benefit of all people.
The isolation of the population through roadblocks undermine crucial public services such as ambulance, fire fighting and medical supplies. But not removing roadblocks, people are blocking their own prosperity and they are placing an embargo on their own people and impeding the movement of goods.
I strongly encourage all leaders and communities in Kosovo to continue promoting stability and dialogue, as nobody benefits from a return to the tensions of the past.
Thank you.
Dieses „you do not…“ in dreifacher Ausführung hat irgendwie was… oberlehrerhaftes. You do not talk to armed angry people like that!
„You do not talk to armed angry people like that!“
Wie spricht man denn sonst mit diesen bewaffneten, verärgerten Menschen? Wären Sie evtl. so freundlich, nicht mehr auf meine Soldaten zu schießen, dürfte wohl kaum zielführend sein.
Im Gegenteil, ich meinte eher ein paar Nummern härter als höflicher. Dieses „you do not“ hat was von den zehn Geboten, wirkt aber gleichzeitig unglaublich realitätsfern.
Mir erscheint es so, als ob es sich mancher Mitschreiber ein bißchen einfach macht. So wie hier die Zurückhaltung der deutschen Truppen kritisiert wird, wurde vor zwei Jahren (anderer Schauplatz, andere Situation) die Entscheidung eines deutschen Obristen kritisiert, dessen Befehl und seine Folgen viele Tote zur Folge hatten und ja schon verfilmt worden sind.
Und die Amerikaner sind in den vergangenen Monaten mitnichten immer konsequenter gegen Demonstranten vorgegangen. Ich erinnere nur an die Vetreibung von US-Soldaten von der Grenzstation Jarinje, im Juli diesen Jahres.
„…hat was von den zehn Geboten, …“
Diese zu beachten kann hilfreich sein. Das gilt natürlich für beide Seiten.
Nur? Wer achtet schon auf Gebote.
„Ich erinnere nur an die Vetreibung von US-Soldaten von der Grenzstation Jarinje, im Juli diesen Jahres.“
War es nicht die EULEX, die fluchtartig den Grenzübergang verlassen hatte?
http://www.youtube.com/watch?v=370UnnmrkRY&feature=related
@ Ein Kollege: Zuerst einmal bestehen gewaltige Unterschiede zwischen den beiden Situationen. Die „kinetische“ Grundspannung, die in Afgh vorherrscht, wird im Kosovo gerade erst wieder aufgebaut. Zudem wuerde ich mich nicht in die Kritiker von Oberst Kleins militaerischer Entscheidung einordnen.
Bei einer Entscheidung muss man immer die zeitliche Komponente betrachten(kurzfristiger vs. langfristiger Erfolg). Die Entscheidung des Fuehrers vor Ort sollte im Sinne der Auftragstaktik nicht nur militaerische, sondern auch eben andere, auftragsbezogene(politische) Faktoren mit einbeziehen.
Konfrontiert mit der Alternative, dass heute 10.000 Serben demonstrieren, weil gestern 6 ihrer Landleute erschossen wurden, war es sicherlich richtig, nicht zu schiessen. Mittelfristig produziert man damit aber nur mehr Gewalt, denn die serbischen Angriffe sind ja nicht wirklich geahndet worden und fliessen demzufolge als legitimes Mittel mit in den Protest ein. Deshalb bin ich nicht unbedingt mit dem zurueckhaltenden Vorgehen von KFOR unzufrieden, sondern mit dem langfristigen Trend, der sich in dieser kurzfristigen Entscheidung ausdrueckt.
Was mich interessiert: Wie sieht den die serbische Bewegung von innen aus? Gibt es verschieden Fraktionen, kann man diese spalten, die gewalttaetigen abtrennen? Bei einer physischen Demonstration ist es immer sehr schwierig, verschiedene Gruppen zu unterscheiden, die fuer eine gemeinsame Sache eintreten (Siehe Castor oder S21). Aber die Organisationsstrukturen sind sicherlich getrennt. Ist das beschaffen von Baufahrzeugen und die Koordinierung der Menschenansammlungen wirklich nur ein basisdemokratisches Phaenomen, oder gibt es Schaltstellen, Anfuehrer, eine Struktur? Dies waere eigentlich Polizeiarbeit, aber OpInfo koennte dies auch uebernehmen, wenn es im Mandat enthalten ist.
Die politischen Hintergründe lassen sich ohne detailierte Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort kaum nachvollziehen, aber wenn man bedenkt daß KFOR offensichtlich schon kaum Quellen in der „eigenen“ Kosovo-Regierung hat (die versuchte Besetzung der Grenzposten hat KFOR offensichtlich kalt erwischt), so dürfte es bei den Serben wohl gleich Null sein.
Von außen macht die Bewegung einen geschlossenen Eindruck, aber da wird es auch gemäßigte, radikale und militante Kräfte geben, wie auch in Stuttgart ;).
Das Problem ist, daß KFOR keine Zugeständnisse an die Serben machen kann. Es stehen nur absolute Forderungen im Raum und für die Serben gibt es schlicht keinen Grund, einfach aufzugeben. Vor allem da die Mehrheit von ihnen wohl aufgrund der Ereignisse von 2004 überzeugt ist, daß Zugeständnisse und eine albanische Präsenz den Anfang ihrer Vertreibung bedeuten würden.
Problem ist daß da wohl auch interessen „von außen“ eine Rolle spielen:
Die serbische Opposition will mit Unterstützung der Proteste die eigene Regierung mit ihrem pro EU Kurs diskreditieren, was ihr auch prächtig gelingt, die Kosovo-Albaner wollen das Süppchen am Kochen halten nachdem sich die Weltöffentlichkeit praktisch nicht mehr für sie interessierte und umgebende Länder wollen verhindern, daß Serbien möglicherweise in die EU kommt.
OT:
In Afg ist eine Patrouille angesprengt worden, den Fennek hat es zwar ordentlich erwischt, aber die Zelle scheint gehalten zu haben. Alle drei Besatzungsmitglieder sind verletzt, schwere der Verletzung noch nicht bekannt. Und mal wieder Baghlan-City.
Zudem ist auf bundeswehr.de mal wieder nichts zu lesen, während die ersten Presseorgane es wieder in die Welt verbreiten.
Kann bei Bedarf dann in den neuen Thread verschoben werden.
[Stimmt so nicht: es gab eine Meldung auf bundeswehr.de, die ich auch getwittert hatte am Nachmittag. Neuer Thread derzeit schwierig, weil unterwegs. T.W.]
OT: mit Bild aus der Bild
http://www.bild.de/politik/inland/afghanistan/anschlag-auf-bundeswehr-patrouille-drei-verletzte-21285074.bild.html
„The line must be drawn here! This far, and no farther!“
– Captain Jean-Luc Picard (in Star Trek: First Contact)
Wenn man auf offene Provokation stets zurückhaltend und überaus defensiv reagiert, kann zweierlei passieren: die Provokatoren verlieren das Interesse, weil auf ihre Handlungen nicht reagiert wird – oder sie werden immer aggressiver, weil sie sehen wollen, wie weit sie gehen können. Heute Brandsätze, morgen schon Heckenschützen? COMKFOR tat gut daran, die Randalierer daran zu erinnern, dass Angriffe auf KFOR-Truppen abgewehrt werden – selbst mit der Anwendung letaler Gewalt, wenn es anders nicht möglich ist. Auch wenn dies sehr verklausuliert formuliert wurde, sollte die Botschaft deutlich genug gewesen sein. Nun werden aber diese Worte auch Taten folgen müssen!