Die Reform als Chance: Immendingen bittet um Kasernenschließung
Die Nachrichten aus Immendingen klingen ein bisschen verblüffend. Seit Wochen sehe ich in den Online-Ausgaben der Regionalzeitungen Berichte über Bürgermeister, Landräte, Ministerpräsidenten, die um den Erhalt ihrer Bundeswehr-Standorte kämpfen und vor der Bekanntgabe der Stationierungsentscheidung am 26. Oktober alles mögliche versuchen, um Druck auf Verteidigungsminister Thomas de Maizière aufzubauen.
Da fällt Immendingen eben auf: Die möchten ihre Garnison geschlossen sehen. Nicht, so scheint es, weil sie etwas gegen die Bundeswehr hätten. Sondern weil ihnen etwas weit Lukrativeres in Aussicht steht: Ein Daimler-Benz-Technologiezentrum.
Die Headline liest sich auf den ersten Blick kurios, aber die Hintergründe sind nachvollziehbar. Nur den dort stationierten Soldaten wird das weniger gefallen.
Nicht nur der BM von Immendingens chreibt solche Briefe auch der Ministerpräsidentkandidat der SPD in Bayern und derzeitige Oberbürgermeister von München Ude bittet den BM möglichst viele Standorte in München zu schließen (außer Sanitätsakademie und Bundeswehruniversität).
Man will ja „Wohnraum schaffen ohne Waffen“ (wie die Süddeutsche erst am Di titelte). Nun schau ich mir mal all die geschlossenen Bw-Liegenschaften in und um München an und muss feststellen, dass wenn die Bw erstmal raus ist, man viel viel Zeit vergehen lässt, bis überhaupt etwas passiert und wenn, wird nicht Wohnraum geschaffen, sondern ein Gerwerbegebiet errichtet. Die Einzige mir bekannte Ausnahme ist das die Panzerwiese. Es scheint fast so, als würde der OB lediglich seine allseits bekannt Bundeswehraversion in München ungezügelt (mit schlechten Argumenten in der Sache) ausleben können. Aber was solls.
OB Ude macht ganz offensichtlich über Jahrzehnte mehrheitsfähige und erfolgreiche Politik in München.
Das er mit dieser Einstellung zur Bundeswehr auf dem bayerischen Lande Erfolg haben wird glaube ich eher nicht. Die allermeisten Gemeinden stehen hier – so meine bisherige Erfahrung – wirklich zu ihrer Bundeswehr.
Das offenbart aber mal aus der anderen Perspektive, um was es den betroffenen Gemeinden in 99,9% der Fälle geht: Wirtschaftskraft. Nix anderes. Die ach so oft nach aussen bezeugte und „gelebte“ Verbundenheit hält nur solange der Rubel rollt und die vor Ort stationierten Soldaten als billige Hilfskräfte angesehen werden können (abhängig von dem Verband und der Stärke).
Bleibt zu hoffen, dass der Bürgermeister den Vertrag mit Daimler-Benz bereits in der Tasche hat, der Autokonzern interessiert sich auch für weitere Standorte.
Ansonsten konnte Immendingen Pech haben, Daimler-Benz entscheidet sich anderweitig und die Bundeswehr schließt auf Betreiben der Kommunalpolitik den Standort.
Offensichtlich scheint Daimler-Benz in Immendingen ein vorzügliches Standortmarketing zu betreiben. Man plant die Einrichtung eines Prüf- und Testzentrums bei dem vorzugsweise der Standortübungsplatz von Interesse ist.
Die Presse überschlägt sich vor Euphorie, man könnte beinahe meinen Daimler-Benz errichtet ein neues Werk.
Es mag sein, dass dort bis zu 300 Arbeitsplätze geschaffen werden. Fraglich bleibt jedoch, wie viele davon täglich aus dem Raum Stuttgart einpendeln (Vorgabe Daimler-Benz für das Testgelände ist max. 1 Stunde Fahrzeit und die Testfahrzeuge müssen zwischen dem Testgelände und den Entwicklungszentren im Raum Stuttgart bewegt werden) bzw. überhaupt den Wohnsitz in der Kommune nehmen.
Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Kommune steuerlich besser stellt. Das Daimler-Benz Zentrum hat kaum Wertschöpfung und innerhalb des Konzerns bestehen exzellente Möglichkeiten Gewinne zu verschieben und die Steuerlast zu drücken.
Auch ist zu befürchten, dass der Rückfluss aus der Einkommensteuer (viele junge Soldaten haben in der Garnisonsstadt den steuerlich relevanten Erstwohnsitz) niedriger ausfällt als mit einigen Daimler-Benz-Mitarbeitern.
Unbetrachtet bleibt auch, dass mit dem Wegfall der Kaserne vermutlich auch der Sitz der BwDLZ mit überregionalen Aufgaben keinen Sinn mehr macht. Es dürften somit auch überproportional viele zivile Arbeitsplätze im Bereich der Wehrverwaltung entfallen.
Fakt ist, man hat in Immendingen immer auf die gute Partnerschaft mit der Garnison hingewiesen. Die Veröffentlichung der Pläne der Kommunalpolitiker urplötzlich in der Zeitung sind ein Schlag ins Gesicht der Soldatinnen und Soldaten, da man davon ausgehen konnte, dass Immendingen eine hohe Bestandssicherheit hat.
Offensichtlich haben die Kommunalpolitiker auch übersehen, dass viele Soldatinnen und Soldaten in der Gemeinde und Region verankert sind und dort ihren Lebensmittelpunkt haben.
Ich habe früher selber in der Wehrverwaltung in Immendingen gearbeitet, und finde es auch sehr schade wenn der Standort geschlossen würde. Ich denke kaum das Daimler dann MA der Bundeswehr übernehmen wird. Was machen dann die ganzen zivilen Mitarbeiter ?? Es gibt ja weit und breit kein anderen BW Standort. Hoffe das der Standort bleibt.
Gruss ein EX STOVler
Ich denke auch, dass es typische Kommunalpolitik ist, die sich nur um das Liebe Geld scheren. DIe Bundeswehrsoldaten werden damit nicht wie vollwertige Bürger behandelt, sondern wie ausgediente, nun von Benz überholte, Geldgeber. Es ist erbärmlich, wie Bürgermeister über Existenzen entscheiden sobald sie Gold glänzen sehen.
Ich persöhnlich komme aus Norddeutschland, sollte ab Juli 2012 dort Stationiert werden. Alles sollte wunderbar werden, weil ich dort unten eine Frau kennengelernt habe. Ich wei0 das interessiert keinen, aber ich wollte nur eines der vielen Einzelschicksale erläutern, die betroffen sind.
Gruß Andreas