Übergabe ohne Verantwortung?

In einigen afghanischen Provinzen und Städten Afghanistans hat die internationale Schutztruppe ISAF die Übergabe von Festgenommenen an die afghanischen Behörden vorerst gestoppt. Grund ist nach Angaben der BBC ein noch unveröffentlichter Bericht der Vereinten Nationen, in dem vor allem dem afghanischen Geheimdienst NDS (National Department of Security), aber auch der Polizei vorgeworfen wird, Gefangene zu foltern – unter anderem durch Schläge mit Gummischläuchen und mit Elektroschocks, aber auch mit sexueller Nötigung.

Es geht dabei um Gefängnisse der beiden Sicherheitsbehörden im ganzen Land – im deutschen Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans NDS-Einrichtungen in der Provinz Takhar und das Polizeigefängnis in Kundus. Den Gefangenen wurde vorgeworfen, zu den Aufständischen zu gehören, Anklage wurde allerdings nicht erhoben. Gefoltert, urteilt die UN, wird weit verbreitet und systematisch.

Für die internationalen Truppen sind die Vorwürfe ein doppeltes Problem – zum einen, weil einige der Gefangenen, die gefoltert worden sein sollen, von ISAF-Soldaten festgesetzt und an die Afghanen übergeben wurden.  ISAF hat deswegen die Vorsichtsmaßnahme ergriffen, die Überstellung von Festgenommenen an bestimmte Einrichtungen auszusetzen, bis wir die Feststellungen des anhängenden Berichts der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) verfizieren können, sagte ein NATO-Offizieller der BBC.

Zum anderen ist eine Folter durch Geheimdienst und Polizei kein gutes Vorzeichen für eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen – die bis 2014 in der Lage sein sollen, selbst für die Sicherheit am Hindukusch zu sorgen. Die Transition, die Übergabe in Verantwortung, macht diese Entdeckung nicht einfacher.

Nachtrag: Die afghanische Regierung hat die Vorwürfe als politisch motiviert zurückgewiesen.