RC N Watch: „Die Falle von Badakshan“
Der Kampf gegen den Drogenanbau und -schmuggel in Afghanistan gehört ausdrücklich nicht zum Aufgabenbereich der Bundeswehr am Hindukusch. Dennoch wird sich natürlich demnächst die Frage stellen, wie das deutsch geführte ISAF-Regionalkommando Nord und das deutsche PRT in Faisabad sich verhalten, wenn in der entlegenen Provinz Badakshan der Kampf gegen die Drogenhändler massiv verstärkt wird.
Eine gemeinsame Initiative in dieser Provinz hat nämlich der Chef der Föderalen Russischen Drogenaufsichtsbehörde, Viktor Iwanow, bei einem Treffen des zentralasiatischen Anti-Rauschgiftquartetts mit Vertretern Afghanistans, Pakistans, Tadschikistans und eben Russlands in Kabul vorgeschlagen. Noch in diesem Jahr sollte die Falle von Badakshan geplant werden – und möglichst zuschnappen. Badakshan, unwegsam und schwer zu überwachen, sei schließlich das wichtigste Aufmarschgebiet der nördlichen Route des Drogenhandels, zitiert die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti den Drogenfahnder.
Dass die abgelegene Provinz bei diesem Problem eine wichtige Rolle spielt, ist nicht neu. Im Juni hatte CNN sich das mal angeschaut:
Es gab mal ein Jahr in dieser Provinz, da hast Du nicht ein Feld gesehen bzw. musstest lange nach den Schlafmohnfeldern suchen.
Interessant, wie schnell sich die Situation wieder ändern kann. Aber schon damals waren die Zeichen an der Wand…
Ist das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen für die regionale Stabilität, wenn die Mohnfelder blühen?
Tom Koenigs von den Grünen hatte einmal vorgeschlagen, den Anbau zu legalisieren, um der organisierten Kriminalität den Boden zu entziehen.
Der Koenig Vorschlag mit der Legalisierung ist gar nicht abwegig.
Genau so hat man das in den 70ern in der Türkei gemacht.
http://www.thestar.com/article/185452
Eigentlich hat keiner der Beteiligten die Absicht den Drogenhandel wirklich einzuschränken, man will ihn nur für eigene Zwecke steuern.
Nachdem mittlerweile über 50 % des BSP von AFG von der Drogenökonomie erbracht wird, das Land durch eine eigene Einnahmequelle stabilisiert wird und der Präsident mit seinem Clan über eine politische Patronage des Drogenhandels auch Macht und Einfluss auf die verschiedenen Stämme AFG ausübt, wird der Drogenhandel wohl nicht ernsthaft bekämpft werden.
Siehe auch Citha Maaß, SWP, Afghanistans Drogenkarriere:
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2010_S02_mss_ks.pdf
Georg | 06. September 2011 – 21:33
[…]Eigentlich hat keiner der Beteiligten die Absicht den Drogenhandel wirklich einzuschränken, man will ihn nur für eigene Zwecke steuern.[…]
Das ist nicht gesamtumfänglich der Fall. In Kurzform:
Hier geht es um AFG, PAK-aber in Hr. Wiegolds Artikel mehr noch auch um RUS und TDJ. Bei ersteren Ländern-den Produzenten: nun ja, evtl. haben Sie da sogar Recht.
Bei den beiden letzteren ist Ihr Kritikpunkt nicht auszumachen. Im Gegenteil unternehmen sie durchaus etwas, insbesondere im Zusammenhang mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. In Stichworten:
China möchte die Drogenproblematik beenden, weil sich die Uiguren damit finanzieren, die man als Faktor ansieht China selbst und die Zentralasiatische Region zu destabilisieren (Kirgisien und Kasachstan wüssten keine adäquate alleinige Antwort, sollten die Uiguren in diesem Gebiet zu operieren beginnen) scheut aber militärische Schritte.
Tadschikistan möchte die Drogenproblematik beenden, weil es den mühevoll ausgehandelten Frieden nach dem Bürgerkrieg in den 1990er Jahren gefährdet bzw. anti-staatliche Kräften Einkommen sichert und die Korruption befördert. Man möchte auch militärisch vorgehen, kann es sich aber allein nicht leisten-ebenso wenig kann man es sich leisten diese Drogenbekämpfung mittels sozio-ökonomischer Maßnahmen zu beflanken, was definitiv notwendig wäre.
Russland kennt ähnliche Gründe und kongruenten Willen bzw. Limitierungen, denkt aber wie China auch an die Region.
Das mögen alles keine edlen Gründe sein. Sie sind aber im regionalen Kontext sehr wirkungsmächtig formuliert und es wird begonnen sie umzusetzen.
@ jugendoffizier | 06. September 2011 – 18:01
[…]Es gab mal ein Jahr in dieser Provinz, da hast Du nicht ein Feld gesehen bzw. musstest lange nach den Schlafmohnfeldern suchen.[…]
Nein. Nur wurde das weniger medial aufbereitet.
[…]Ist das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen für die regionale Stabilität, wenn die Mohnfelder blühen?[…]
Definitiv ein schlechtes.
[…]Tom Koenigs von den Grünen hatte einmal vorgeschlagen, den Anbau zu legalisieren, um der organisierten Kriminalität den Boden zu entziehen.[…]
Herr Koenigs war ja nun nicht irgendwer bzgl. AFG „gewesen“. Er solle doch bitte einmal begründen, warum es ihm und seiner Behörde nicht einmal im Ansatz gelang, die Landwirtschaft von AFG so umzugestalten, dass a) AFG zum „Selbstversorger“ bzgl. der Lebensmittelproduktion wurde und b) es immer noch attraktiver ist mittels Mohnanbau Geld zu verdienen, welches dann auch in den Nahrungsmittelimport geht bzw. warum letzeres immer noch attraktiver ist, als selbst zu produzieren.
Das wäre nämlich Aufgabe der zivilen GO`s und NGO`s gewesen, und somit auch seine. Dafür wurde eine Menge Geld eingestellt. Was wurde damit errreicht Herr Koenigs bzw. konkreter: warum wurde damit nahezu nichts erreicht?
b | 06. September 2011 – 18:56
[…]Der Koenig Vorschlag mit der Legalisierung ist gar nicht abwegig.[…]
Ist er, nicht zuletzt aus zentralasiatischer, russischer und chinesischer Sicht. Oder anders: Er ist bei mindestens zwei UNSR Mitglieder undiskutabel, also in der Bewertung als abwegig zu bezeichnen, oder anders: bei allem guten Willen, dem ich Herrn Koenigs gern unterstelle, wohl eher nicht umsetzbar.
[…]Genau so hat man das in den 70ern in der Türkei gemacht.[…]
Die Türken konnten seinerzeit einen Markt bedienen, auch weil die Produktionszahlen „überschaubarer“ waren. Im Zusammenhang mit „Koka“ versuchte man gleiches in Südamerika und befeuerte nur den Anbau und sorgte nebenbei für eine seinerzeit eklatante Erhöhung der Lebensmittelpreise, weil nun die Attraktivität Nahrungsgüter zu produzieren noch mehr sank.
Und ich erwähne lieber auch gar nicht alle Mittel, mit denen es der türkischen Administration seinerzeit gelang, halbwegs die Balance zu halten (BTW: verschweigt das auch Ihr Artikel) bzw. „gewisse Produzenten“ zur Einstellung ihrer Tätigkeit zu bewegen-auch um kurdische Geldquellen zum versiegen zu bringen, IMHO keine Petitesse, warum die Türkei seinerzeit sehr dankbar mit US-und UN-Geldern hier legale Produktionsprozesse einleitete und die „Frontstaatfunktion“ der Türkei gegenüber der Sowjetunion keine Petitesse, warum die USA sich seinerzeit engagierte und die sowjetische Drogenproblematik keine Petitesse warum die UdSSR seinerzeit bereitwillig die UNO „machen lies“-letztere, bzw. deren Nachfolgestaaten sind dazu bzgl. AFG aus unterschiedlichsten Gründen nicht bereit.
Das alles ist auch immer sehr schwer untereinander vergleichbar. Da gibt es leider keine „einfachen“ Lösungen und Wahrheiten. Das wissen Sie aber selbst.
Dennoch stimme ich Ihnen aber im Grundsatz zu: Es geht nicht militärisch, allein militärisch schon gar nicht -und da sind Südamerika und die Türkei nun wieder sehr gute Referenzbeispiele-man muss die afghanischen Drogenbauern „positiv“ zwingen, den Mohnanbau sein zu lassen. Doch auch Herr Koenigs Forderung bzw. Idee und Ihr Beispiel sind bzw. können nur Teil einer ganzen Reihe von zivilen Entwicklungsmaßnahmen sein-wie auch Ihr Beispiel Türkei eindrucksvoll zeigt(e).
In einem dürften wir uns also einig sein: So oder so ist das hier thematisierte vorrangig eine zivile Aufgabe, die einer Menge Methoden bedarf, soll es gelingen den illegalen Drogensumpf, der neben der unmittelbaren Wirkung auch viel „Unheil“ und „Instabilität“ -so unkonkret möchte ich dabei bleiben dürfen- finanziert, trocken zu legen.