„Gegen Piraten helfen nur Soldaten“
Die Innenminister der Küstenländer wollen mehr Soldaten gegen Piratenangriffe am Horn von Afrika. Bislang seien doch nur 300 der insgesamt 1.400 deutschen Marinesoldaten im Einsatz, die laut Mandat für die EU-Mission Atalanta möglich sind, argumentiert der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann laut NDR.
Na denn… Bin gespannt auf die Ergebnisse der Gespräche mit dem Verteidigungsminister. (Der die Landesminister vermutlich darauf hinweisen wird, dass im Mandat vor allem der Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms mit Hilfslieferungen für Somalia steht; weniger der Schutz der Schiffe deutscher Reeder im Indischen Ozean.)
Nachtrag: In der heutigen FAZ, berichtet der Kollege Stephan Löwenstein, zeigt der Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft schon mal die Marschroute auf:
Die Bundesregierung will den Einsatz bewaffneter privater Sicherheitsteams auf deutschen Schiffen rechtlich ermöglichen, aber keine Erlaubnis zum Einsatz von Kriegswaffen erteilen. Das sei auf einem interministeriellen Treffen am Mittwochabend beschlossen worden, sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto (FDP), am Donnerstag dieser Zeitung.
Der geneigte Leser fragt sich, was sich der NDR-Autor dabei gedacht hat, so zu titeln. Die historische Anspielung (so sie denn beabsichtigt war) ist ein wenig schief.
Gerade der werte Herr Ministerpräsident McAllister sollte wissen, dass die Marine bereits jetzt personell und materiell am Limit ist. Schließlich liegt ein Großteil der Marineeinheiten bei ihm im Bundesland in Wilhelmshaven. Wenn sie denn mal da sind.
Denn bei Abwesenheitstagen von teilweise 200 und mehr im Bereich der Fregatten fragt sich der geneigte Leser zusätzlich, wo die restlichen 1100 Soldaten her kommen sollen, vom Mandat wie von @T.W. bereits angesprochen, mal ganz ab.
Die Boote kann man dort nicht hinschicken, weil ein Abstützpunkt in erreichbarer Nähe fehlt, außerdem sind sie schlicht für die dortigen klimatischen Bedingungen nicht geeignet.
Und bei einer anstehenden Außerdienststellung der Schnellboote fällt mir keine Einheit ein, die dort hin könnte.
Die Korvetten könnten sich zwar theoretisch am Einsatz dort beteiligen, fahren aber noch nicht in ausreichender Zahl und sind scheinbar noch nicht voll einsatzbereit.
Und wo das Mehr an Bordhubschraubern her kommen soll bleibt auch unbeantwortet, die MFGs 3 in Nordholz und 5 in Kiel sind ebenso materiell extrem schlecht gestellt und können wohl nicht noch einen weiteren oder größeren Einsatz stemmen.
Auch habe ich diese Forderung schon vor 1 oder 2 Wochen gehört, neu ist sie daher nicht. Und nur weil man etwas immer öfter wiederholt wird es nicht besser…
*räusper
Ich kann mich erinnern, diese Überschrift schon einmal gemacht zu haben. Damals wurde ich von ihnen,aufgrund der erwähnten Nähe zum historischen Orginal ermahnt …
Zeiten ändern sich. Ich halte den Ausspruch für nach wie vor angemessen.
pi
Ohne BHS braucht da eh niemand hin, also entfallen alle Boote. Und auch die Korvetten sind dort somit nutzlos. Mit ein paar OPVs wäre die Marine besser bedient, aber die sind ja nicht so „sexy“.
TomTom hat völlig recht … selbst wenn man großzügig mit 250 Mann pro Fregatte rechnet wären dass 6 (!!!) Stück … wo sollen wir die denn hernehmen?
@Mariner | 08. September 2011 – 20:56
„TomTom hat völlig recht … selbst wenn man großzügig mit 250 Mann pro Fregatte rechnet wären dass 6 (!!!) Stück … wo sollen wir die denn hernehmen?“
Von den 15 deutschen Fregatten. Woher sonst? Einsatz ist die beste Ausbildung.
@Stefan
Und in zwei Jahren liegen dann alle Fregatten in der Werft, oder wie haben Sie sich das vorgestellt? Jetzt mal abgesehen davon, dass diese Art von Einsätzen keine Ausbildungsgelegenheit für die Marine darstellt, sondern vielmehr regelmäßig zu Fähigkeitsverlusten in den Warfare Areas führt.
Danke MFG,
ich hätte es nicht besser sagen können.
Von den Helos ganz zu schweigen – die haben jetzt schon kaum noch Flugstunden.
Die Schnellboote waren ja schon mal da unten und haben auch ganz gut gearbeitet – aber die können halt nur Eskortieren da ihnen der Helo fehlt und brauchen doch häufiger ein RAS…
Zum Löwenstein-Artikel: „Halbautomatische Waffen mittleren Kalibers reichten auch nach Einschätzung des Verbandes Deutscher Reeder aus.“
Vor so viel Expertise bzgl. der optimalen Bekämpfung kleiner, hoch beweglicher Ziele von einem sich bewegenden Schiff aus muss man schon den Hut ziehen.
Was die Position der Bundesregierung angeht, so ging es wohl weniger um die Sachfrage als darum, sich als Verteidiger von Recht und Moral gegen die bösen privaten Söldner („Pistoleros oder Desperados“) darzustellen. Damit diese Botschaft aber wirklich glaubwürdig wird, sollten die Damen und Herren Abgeordneten auf einem entsprechend abgerüsteten Schiff der deutschen Marine mal einen Truppenbesuch vor Ort wagen. So mancher von denen könnte sich danach vielleicht qualifizierter zu der Frage äußern, wie sich die Wirkung von .223 Einzelschuss und .50 Feuerstößen auf Speedboote unterscheidet.
Genau das dachte ich mir auch… „Opa´s Jagdflinte“ bzw. womöglich noch Feuerwehrschlauch gegen RPG 7, Kashi und PKM. Da hat die Bundesergierung mitten im Entscheidungsprozess mal wieder kalte Füsse bekommen. Mein Gott, wie schlecht…
Keine Kriegswaffen gegen Piraten ? Dann bleiben noch Jagd- und Sportwaffen. Prima, deutsche Sportschützen und Jäger sollen die Schiffe retten ! Die Biathleten haben ja noch Sommerpause und könnten sich was dazuverdienen.
Wie rechtfertigt die Bundesregierung jetzt eigentlich den Marineeinsatz am HOA wenn militärische Bewaffnung gegen Piraten doch angeblich gar nicht erforderlich ist?
Wie rechtfertigt die Bundesregierung jetzt eigentlich den Marineeinsatz wenn militärische Bewaffnung gegen Piraten doch angeblich gar nicht erforderlich ist?
@MFG, TomTom
Stimmt alles.
Erinnern Sie sich aber bitte an einen der Hauptgründe für die Anschaffung der Korvetten: Ersatz der Boote durch durchhaltefähigere, zur entregionalisierten Randmeerkriegführung befähigte Einheiten. Sie sollten auch als günstige Alternative „escort“ fahren und die dafür zu teuren Fregatten ersetzen. Da ATALANTA im Gegensatz zu OCEAN SHIELD in erster Linie WFP-Schiffe beschützt sind die Korvetten dafür konzeptionell wie geschaffen.
@Stefan
Der Einsatz am Horn von Afrika unterfordert die Besatzungen, da sie dort null „Full Spectrum Operation“ fahren und üben können. Darüber klagen auch die anderen Truppensteller, allen voran die Amerikaner, die deshalb regelmäßig ihre Einheiten herausnehmen und unter national tasking anderweitig beschäftigen.
Etwas OT: Das gleich gilt übrigens auch für die Landstreitkräfte in AFG, die bei aller Intensität auf der unteren taktischen Ebene wegen der hohen zeitlichen Belastung und kurzer Rotationszyklen immer mehr ihre Fähigkeiten im mittleren und oberen Intensitätsspektrum verlieren.
Für Land- und Seestreitkräfte könnte man also zu dem Schluß kommen, dass wir viel Geld sparen und die Soldaten für den Einsatz endlich angemessen ausstatten und ausbilden könnten, wenn wir auf die ohnehin nicht mehr einlösbare Option der Operationen verbundener Kräfte verzichten. Vielleicht wird ja die Reform den Weg zeigen. Für die Luftwaffe mag es ja ein anderes Rational geben, der Einsatz ist es jedenfalls nicht, und die laufenden Beschaffungsvorhaben bedienen nur das Szenario des kalten Krieges.