Lage im Nord-Kosovo weiter labil
Pardon, wenn ich hier weiter prominent den Kosovo im Blick behalte – gerade mit der (derzeit noch laufenden) Entsendung vorwiegend deutscher Verstärkungskräfte hat es ja auch aus deutscher Perspektive weiterhin Bedeutung. Und ebenso pardon, wenn ich mich überwiegend auf serbische Sender berufe: Die Informationsstränge sind dünn, sehr dünn (und auch große Medien wie die österreichische Agentur APA machen es, warum auch immer, nicht anders.)
Also: die für heute erwartete Entscheidung der serbischen Gemeinden im Nord-Kosovo, ob sie wie vereinbart und gefordert die Straßenblockaden abbauen, ist erst einmal verschoben. Formal wurde das damit begründet, dass die Vertreter der Gemeinde Zubin Potok nicht erschienen seinen, wie der serbische Sender B92 meldete. Jetzt soll jede Ortschaft für sich entscheiden, wie sie mit den Barrikaden umgeht.
Nach einer zügigen Lösung des Problems klingt das nicht. Und es muss zu Besorgnis Anlass geben, wenn die Kollegen von Middle East & Balkan News melden, dass der offizielle (d.h: albanischstämmige) Zoll die Regierung des Kosovo damit begonnen habe, in Geschäften nach geschmuggelten serbischen Waren zu suchen – das heizt die Stimmung zwischen den Ethnien wieder an.
Unterdessen veröffentlichte KFOR eine Pressemitteilung, die ohne Kenntnis der Hintergründe ein bisschen kryptisch klingt:
Spokesman KFOR Dr. Hans-Dieter Wichter sharply rejects a report that a political advisor of Commander KFOR has apologised for alleged statements to Mr. Krstmir Pantic of Mitrovica.
It is not true that a political Advisor of General Bühler or another authorised person has communicated an apology to Mr. Pantic. This is purely invented.
Das bezieht sich wohl auf Meldungen serbischer Medien (vielen Dank für den Leserhinweis!) wie hier:
Pantić further said that „an advisor“ to KFOR commander Erhard Buehler called him on Monday morning, „to apologize to him and the Serb people on behalf of Buehler“ for everything that happened in the past days.
„KFOR in this way admitted to making a mistake by taking the side of the Kosovo Albanians. I am certain that KFOR will in the future act much more carefully,“ he said, adding that, in the future, „all issues“ would be solved in negotiations between the government of Serbia and a delegation of the Kosovo Albanians.
Unterm Strich: die Lage sieht nach den relativ positiven Aussichten des vergangenen Wochenendes wieder düsterer aus.
http://www.nato.int/kfor/docu/pr/2011/08/20110808a-eng.pdf
Danke.
Wäre ja schön, wenn die auch noch reinschreiben würden, worauf sich das bezieht…
Und hier im Nachklapp der Bezug:
http://www.b92.net/eng/news/politics-article.php?yyyy=2011&mm=08&dd=08&nav_id=75826
Danke, nehme das mal oben mit rein.
Die albanische Regierung des Kosovo hatte im Februar 2008 mit Rückendeckung der USA und führender EU-Staaten einseitig die Unabhängigkeit dieser südserbischen Provinz von Belgrad erklärt und wurde bislang von 76 (einer Minderheit) der insgesamt 192 UN-Nationen anerkannt. Hierbei ist zu beachten, dass die Region formell – laut UN-Resolution 1244 – zu Serbien gehört.
@ Stefan:
Und das zeigt das Dilemma der KFOR. Einerseits sind jede Menge Nationen im Kosovo, die dieses Land mit seiner Unabhängigkeit anerkannt haben und deren Soldaten andererseits unter besagter UNSCR 1244 im Einsatz haben, und sogar mithelfen quasi eigene Streitkräfte in einem Teil von Serbien aufzubauen. Das sollen dann unsere Soldaten nachvollziehbar auf der Straße erklären. Hut ab vor diesem Auftrag und dem Durchhaltewillen der Jungs auf den Strassen mit den Roadblocks.
Resolution 1244 schließt ein unabhängiges Kosovo ja nicht aus. Gerade diese Facette ist ja umstritten. Unstrittig ist jedoch dass UN und EU vor Ort beim Aufbau von allem helfen was ein souveräner Staat so an Institutionen benötigt, exklusive einer Armee allerdings, diese wird nicht aufgestellt.
Alle die sich über die dunklen Hintergründe der jetzigen Offiziellen im Kosovo mokieren sollten einerseits mal an die eigene jüngere Geschichte denken und andererseits auch nicht vergessen, dass die Kosovoalbaner über Jahrzehnte massiv diskriminiert worden sind und nie Zugang zu höheren Verwaltungsebenen hatten. Wie soll sich denn dann eine „saubere“ Elite herausbilden. Dass man dann auf die zurückgreift, die eben vor Ort sind und eine entsprechende Meinungsführerschaft besitzen ist das ständige Dilemma der Interventionspolitik des Westens. Wer soll es denn machen?