Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz (2)

Zwei Drei Nachträge zu dem komplexen Gesetzesthema:

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, hat dazu im Deutschlandfunk ausführlich Stellung genommen.

Und für die, die – möglicherweise über den RSS-Reader – nur die Einträge hier, aber nicht die Kommentare verfolgen: Die sind zu dem Thema auch lesenswert.

Dazu aus der heutigen Bundespressekonferenz mit Antworten von Regierungssprecher Steffen Seibert und dem Sprecher des Verteididgungsministeriums, Stefan Paris:

STS SEIBERT: (…) Ein zweiter Punkt war ein Gesetzentwurf zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen. Dieser geht auf einen Antrag zurück, den die Fraktionen von Union und FDP im Bundestag im Oktober 2010 beschlossen haben. Die Zielsetzung lautet, den im Einsatz versehrten Bundesbediensteten und deren Hinterbliebenen die bestmögliche soziale Absicherung zu gewähren.

Es ist offensichtlich, dass sowohl militärische als auch zivile Einsätze in Konfliktgebieten und in Krisenregionen leider mit besonderen Gefahren für das Personal, das dort eingesetzt ist, verbunden sind. Das wurde uns allen durch Gefechte und Anschläge mit gefallenen und verwundeten deutschen Soldatinnen und Soldaten, die es im vergangenen und auch in diesem Jahr in Afghanistan gegeben hat, auf traurige Weise klargemacht. Ziel ist es nun, die Versorgung von Soldatinnen und Soldaten, aber auch von Zivilbediensteten, also die Versorgung von allen, die bei einer besonderen Auslandsverwendung einen Einsatzunfall erlitten haben, zu verbessern. Der Bund hat als Dienstherr gegenüber diesen Menschen ganz zweifelsohne eine besondere Fürsorgepflicht, und dieser kommt er jetzt mit diesem Gesetzentwurf in angemessener Weise nach.

(…)

FRAGE: Zunächst habe ich eine Lernfrage an Herrn Paris. In dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen steht, auch die Angehörigen sollten stärker unterstützt werden, und die Hinterbliebenen von Zeitsoldaten sollten künftig die gleichen Rechte genießen wie die von Berufssoldaten. Was heißt das konkret? Welche Rechte sind das, die die Hinterbliebenen von Zeitsoldaten momentan noch nicht genießen, künftig aber genießen werden?

PARIS: Es ist einer der zentralen Punkte dieses Gesetzes, dass es die bisherige Rechtslage nur hergab, dass die Berufssoldaten unter die besonderen Versorgungsbegünstigungen fallen. Das wird jetzt auf den Bereich der sogenannten Nicht-Berufssoldaten erweitert. Das sind Zeitsoldaten, das sind Menschen, die im Zivilen Dienst tun, das sind beispielsweise auch solche Personen, die im Bereich der (akustisch unverständlich) und Ähnlichem den Berufssoldaten gleichgestellt werden. Es erfolgt eine Angleichung, sodass ab Inkrafttreten des Gesetzes, ab dem nächsten Jahr, die Regelungen, wie sie bisher für die Berufssoldaten galten, jetzt für die Berufssoldaten verbessert werden, aber insbesondere auch auf den Bereich der von mir gerade genannten Gruppen erweitert werden.

ZUSATZFRAGE: Aber um welche Regeln geht es konkret? Welche Rechte hat der Hinterbliebene von Berufssoldaten heute schon, die bei einem Zeitsoldaten erst künftig greifen werden? Betrifft das die Ausgleichszahlungen, oder was ist es konkret?

PARIS: Es sind die Regelungen, die sich in diesem Gesetz befinden, einmal die Regelungen, die es gibt, und dann die Regelungen, die verbessert worden sind, beispielsweise die Anhebung der Entschädigungszahlung. All diese Dinge gelten in Zukunft auch für die Personen, die nicht den Status des Berufssoldaten haben, sondern eben in andere Gruppen fallen, für die das jetzt angeglichen wird.

ZUSATZFRAGE: Ich habe noch eine Zusatzfrage zur Schwerbehindertenklausel. Bundeswehrverband und SPD fordern, bei einer Weiterverwendung die Prozentzahl des Schädigungsgrades von 50 Prozent auf 30 Prozent abzusenken. Wie steht das Ministerium dazu? Ist es denkbar, dass diesbezüglich noch nachgebessert wird, oder bleibt es bei den 50 Prozent?

PARIS: Herr Seibert sagte bereits, dass die Initiative, die ja im vergangenen Jahr aus dem Parlament kam, seitens der Bundesregierung sehr begrüßt wird. Das Gesetz ist heute vom Kabinett im Entwurf beschlossen worden und geht jetzt in die parlamentarische Beratung. Mir steht es nicht zu, der parlamentarischen Beratung vorzugreifen, ich kann Ihnen aber erläutern, warum diese Grenze nicht auf 30 Prozent abgesenkt wurde, sondern bei 50 Prozent bleibt.

Sie wissen, dass die Gesetze, die ins Kabinett gehen, im Ressortkreis abgestimmt werden. Dort hat es den Hinweis gegeben, dass ein verfassungsrechtliches Problem entsteht, wenn man unter die Grenze von 50 Prozent geht. Das liegt daran, dass Stellen im öffentlichen Dienst nach Art. 33 Abs. 2 GG nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben werden dürfen. Ginge man jetzt von 50 Prozent auf 30 Prozent herunter, würde man gegen diesen verfassungsrechtlichen Grundsatz verstoßen. Deshalb ist dieses Gesetz zunächst einmal so vorgelegt worden, wie es das Kabinett beschlossen hat. Hierbei wurde eine rechtliche Position eingenommen. Was die parlamentarischen Beratungen dazu ergeben werden, müssen wir abwarten.

FRAGE: Herr Staatssekretär, es gab in dem erwähnten parlamentarischen Beschluss vom vergangenen Jahr, dem meiner Erinnerung nach nicht nur Union und FDP, sondern auch SPD und GRÜNE zugestimmt haben, einige weitere Punkte, die jetzt in diesem Gesetzentwurf nicht aufgegriffen worden sind, zum Beispiel ich sage es einmal untechnisch: die Beweislastumkehr, dass eine Schädigung auf einen Einsatzvorfall zurückgeht. Bei einer posttraumatischen Störung scheint es besonders schwierig zu beweisen, dass diese tatsächlich auf ein Ereignis im Einsatz zurückgeht. Deswegen wollten die Parlamentarier das umkehren. Gilt hier auch, was Sie, Herr Paris, gesagt haben, dass es das Kabinett dem parlamentarischen Verfahren überlassen will, dies möglicherweise noch einzubauen, und liegt es ebenfalls an irgendwelchen verfassungsrechtlichen Gründen, dass die Regierung das nicht schon ihrerseits eingebaut hat?

STS SEIBERT: Einen Moment, Herr Paris. Ich will nur ganz kurz sagen: Sie haben völlig recht. Der Antrag ist von den Fraktionen CDU/CSU und FDP eingebracht worden, hat damals aber breitere Zustimmung gefunden, was im Übrigen ein schönes Zeichen sagen wir: der Verbundenheit zwischen Parlament und Bundeswehr ist. Aber die Antwort sollte en detail von Herrn Paris gegeben werden.

PARIS: Der Antrag ist vom Deutschen Bundestag am 7. Oktober bei Enthaltung der LINKEN beschlossen worden.

Nun zu Ihrer anderen Frage. Gefordert war, dass eine Erleichterung der Nachweispflicht hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs von Wehrdienst und Schädigung aufgenommen werden sollte. Das hat man nicht getan, da es ohnehin bereits genügt, die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs darzustellen. Dieser Grundsatz gilt für das gesamte soziale Entschädigungsrecht, und eine Abweichung nur für die Auslandseinsätze der Bundeswehr konnte sachlich nicht begründet werden. Das ist der Grund, warum man die von Ihnen erwähnte Erleichterung der Nachweispflicht nicht aufgenommen hat. Es gilt aber auch das, was ich gerade gesagt habe: Das ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung. Er ist heute im Kabinett beschlossen worden und unterliegt jetzt natürlich, wie jedes andere Gesetz auch, der parlamentarischen Beratung. Wir werden sehen, wie es zum Abschluss der Beratung aussehen wird. Ob noch Ergänzungen oder Änderungen vorgenommen werden, kann ich nicht beurteilen. Das ist Zukunft.

ZUSATZFRAGE: Es sind jedenfalls das verstehe ich richtig rechtliche Abwägungen und zum Beispiel keine finanziellen Erwägungen gewesen?

PARIS: Nein. Es sind, so wie ich es gerade sagte, rechtliche Erwägungen, ähnlich wie bei der Frage des Beschädigtengrades von 50 Prozent oder 30 Prozent. Man muss ja auch in andere Rechtsbereiche schauen. Ich erwähnte gerade das sogenannte soziale Entschädigungsrecht. Es gibt aber auch für andere Berufssparten eine entsprechende Regelung. Insoweit muss man natürlich auch schauen, dass diese Regelungen kohärent sind und nur dann durchbrochen werden können, wenn dies sachlich begründet ist. Das hat die Bundesregierung nicht gesehen und hat es deshalb auch nicht in diesen Gesetzentwurf aufgenommen.

FRAGE: Herr Paris, habe ich das richtig verstanden: Wenn ein Soldat durch Einsatzverletzungen zu mehr als 50 Prozent schwerbeschädigt ist, dann ist er für den öffentlichen Dienst geeignet, ist er zwischen 30 Prozent und 50 Prozent schwerbeschädigt, dann ist er das nicht, und das soll durch das Grundgesetz erklärt sein? Das heißt: Je geschädigter der Soldat desto geeigneter? Das ist die Logik, warum der Grad der Beschädigung nicht reduziert wurde?

PARIS: Nein, es ist umgekehrt. Es gibt eine bestehende Regelung in Art. 33 GG. Darin geht es um die Frage, wer im öffentlichen Dienst arbeiten kann. Das misst sich an den drei Begriffen, die ich nannte: Eignung, Befähigung und fachliche Leistung. Würde man jetzt diese 50 Prozent auf 40 Prozent oder 30 Prozent, jedenfalls auf eine Prozentzahl darunter, absenken, dann könnte der Vorgabe des Grundgesetzes nicht mehr entsprochen werden und es entstünde ein verfassungsrechtliches Problem. Hätte man eine Absenkung auf 30 Prozent vorgesehen, dann hätte man eine Regelung vorgelegt, die nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Aber es ist natürlich auch Aufgabe des Bundeskabinetts, bei Gesetzesvorlagen darauf zu achten, ob sie verfassungsrechtlich möglich sind bzw. ob sie verfassungswidrig sind. Wenn man in der Abstimmung mit den Ressorts zu dem Ergebnis kommt, dass das nicht möglich ist, dann legt man es auch dem Bundeskabinett nicht so zur Entscheidung vor.

ZUSATZFRAGE: Nur noch einmal zum Verständnis nachgefragt: Das heißt: Ein Soldat, der aus Afghanistan zurückkommt und aufgrund seiner Verwundungen 50 Prozent Schwerbeschädigung ausgewiesen bekommt, wird in den Stand des Berufssoldaten übernommen, ein Soldat, der eine Verletzung hat, die einem 30-prozentigen Beschädigungsgrad entspricht, nicht? Oder ist ein Denkfehler darin enthalten?

PARIS: Nein, das ist ein Denkfehler. Sie sagen: Ein Soldat, der verletzt zurückkommt, wird dann nicht aufgenommen. Sie müssen natürlich immer noch unterscheiden. Ein Berufssoldat, der in Afghanistan ist und dort eine Verletzung erleidet, ist Berufssoldat. Das war er auch schon vorher. Es ist ja nicht so, dass ein Zeitsoldat, der in Afghanistan verletzt wird und zurückkommt, Berufssoldat werden soll. Darum geht es nicht. Sondern es geht sozusagen um die Frage, ab welchem Grad der Verletzung diese Leistungen ausgeschüttet werden.

VORS. LEIFERT: Offenbar bleiben gewisse Restzweifel, die sich vielleicht später bilateral klären lassen.

PARIS: Das machen wir bitte später telefonisch.

ZUSATZFRAGE: Ich habe den Eindruck, dass die Fachpolitiker an eine rückwirkende Geltung vom 1. Januar 2011 gedacht haben. Sehe ich es richtig, dass diese in dem Gesetzentwurf, der heute beschlossen wurde, nicht vorgesehen ist?

PARIS: Nein, das ist meines Wissens nicht vorgesehen, sondern das Gesetz soll ohne Rückwirkung in Kraft treten. Es gibt aber diesen Zeitraum, der deutlich bis 1992 zurückverlegt worden ist, in denen es ja die ersten Fälle gab. Aber eine Rückwirkung auf den 1. Januar 2011 gibt es nicht, sondern es tritt in Kraft und ist dann gültig.

(…)

FRAGE: Es ist klar, dass man das bilateral klären könnte, aber ich habe noch einmal nachgeschaut, weil das meines Erachtens ein sehr wichtiger Punkt ist. Es geht in der Tat darum, dass Menschen, die einen 50-prozentigen Schädigungsgrad haben, Anspruch auf Weiterverwendung im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten, in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder in einem unbefristeten Arbeitnehmerverhältnis haben. Das ist der Anspruch. Wer zur Hälfte geschädigt ist, bekommt etwas auf Lebenszeit. Wer nur zu 30 Prozent geschädigt ist, bekommt nichts. Jetzt sagt die Bundesregierung „Weil der nach Eignung und Befähigung dafür nicht taugt“, und das wäre dann grundgesetzwidrig. Das finde ich unlogisch.

PARIS: Ich finde das nicht unlogisch. Also noch einmal, bilden wir einfach einmal den Fall ab: Es gibt einen Soldaten einen Wehrübenden oder einen Zivilisten , der im Einsatz zu Schaden kommt. Dann wird vor dem Hintergrund der Frage festgestellt, ob er einen Anspruch auf Weiterverwendung hat. Dann muss geprüft werden, wie hoch der Grad seiner Einschränkung ist, die er aufgrund dieses Vorfalls im Einsatz erlitten hat. Dieses Gesetz sieht im Entwurf vor: Er hat diesen Anspruch auf Weiterverwendung dann, wenn seine Beeinträchtigung 50 Prozent oder mehr ausmacht. Es wird jetzt gefordert, das könne nicht sein, es sollten 30 Prozent sein.

Ich hatte Ihnen mehrfach gesagt, dass diese Gesetze innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werden müssen. Sie müssen immer das ist bei jedem Gesetz so auch an der geltenden Rechtslage und insbesondere an der Verfassungslage gemessen werden. Der entscheidende Artikel, der hierbei ins Spiel kommt, ist der von mir auch eben genannte Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes. Darin ist festgelegt, dass derjenige, der geeignet und befähigt ist sowie auch über eine entsprechende fachliche Leistung verfügt, im öffentlichen Dienst tätig sein kann. Der Verfassungsgeber und auch die dazu ergangene interpretierende Rechtsprechung gehen davon aus, dass jemand, wenn er eine Beschädigung von 50 Prozent erlitten hat und einer dieser drei Punkte ihn dann eben nicht mehr befähigt, im öffentlichen Dienst tätig zu werden, dann nach einem traurigen, schädigenden Ereignis logischerweise auch keinen Anspruch auf eine Weiterverwendung haben kann. Das ist die Logik, die dahinter steckt. Die Logik bedeutet, dass neue Gesetze, die in das parlamentarische Verfahren gebracht werden, daran zu messen sind, ob es entgegenstehende Regelungen oder gegebenenfalls auch verfassungsrechtliche Vorgaben gibt, die zu beachten sind. So wird jedes Gesetz gemacht.

Ich hatte eben, als Herr … fragte, zu der Frage dieser sogenannten Umkehr der Beweislast gesagt: Auch hier ist eine Nichtaufnahme nicht erfolgt, weil man eben unter Bezugnahme auf andere bestehende Regelungen das sogenannte Feld des sozialen Entschädigungsrechtes schauen muss, dass die Regelungen im Gesamtkonzert der deutschen Gesetzeslage auch miteinander kohärent sind. Das ist das, was man bei Gesetzen beachten muss. Dabei ist eben nicht nur die formelle Rechtmäßigkeit von entscheidender Bedeutung, sondern man muss auch schauen, ob das, was man neu machen möchte, gegen bereits bestehende Grundsätze, festgelegt in anderen Gesetzen, verstößt oder ob sich das sollte nicht sein Gesetze widersprechen. Insbesondere hat immer die Frage den höchsten Rang: Ist ein neues Gesetz mit der Verfassung vereinbar?

In der Abstimmung über dieses Gesetz ist von der Bundesregierung gesagt worden: Wir müssen es bei diesen 50 Prozent belassen. Wir können nicht weiter heruntergehen. Wir können nicht auf 40, 35, 30 oder 25 Prozent heruntergehen, weil wir sonst an eine verfassungsrechtliche Grenze kommen, die das Gesetz dann verfassungswidrig machen würde. – Anders kann ich es Ihnen nicht erklären. Jetzt habe ich mein Pulver verschossen; es tut mir leid.

FRAGE: Herr Paris, wenn das denn so stimmt, was Sie sagen, halten Sie das sozusagen auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten und moralischen Gesichtspunkten für richtig? Wenn Sie es nicht für richtig halten, was spräche dann an dieser Stelle gegen eine Grundgesetzänderung?

PARIS: Selbstverständlich halte ich das, was das Bundeskabinett nach einer eingehenden Vorabstimmung im Ressortkreis mit den beteiligten Ressorts insbesondere dem Bundesinnenministerium beschließt, für richtig und auch für moralisch vertretbar. Das Bundeskabinett verabschiedet keine moralisch nicht vertretbaren Gesetzentwürfe.

Darüber hinaus gibt es diesen Art. 33 Abs. 2 das nennt man die althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums; das ist der ganz alte Begriff, der dahinter steht seit dem Bestehen des Grundgesetzes. Ich hatte eben auch gesagt, dass dieser Artikel immer wieder herangezogen wird, um diese Fragen des öffentlichen Dienstes zu klären. Das ist sozusagen die oberste Klammer, die es dabei gibt. Dieser Grundsatz, der darin steht, ist richtig. Er ist auch gut, weil man eine bestimmte Eignung, eine bestimmte Befähigung und auch eine fachliche Leistungsfähigkeit haben muss. Ansonsten sollte sich der Dienstherr davon verabschieden, jemanden aufzunehmen.

Es geht hier um den Anspruch der Weiterverwendung. Dort sagt man: Die Grenze dessen, bei der jemand noch diesen Anspruch auf Weiterverwendung geltend machen kann, liegt bei 50 Prozent der Beeinträchtigung. Dazu hat man sich entschieden das hat man in diesen Gesetzentwurf hineingeschrieben , weil auch aufgrund der vergangenen Jahre dieser Punkt insbesondere vom Bundesinnenministerium als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen wird. Dem sind wir auch gefolgt.

Wir müssen jetzt sehen die Frage hatte ich schon mehrfach beantwortet , ob der Gesetzgeber diesem Entwurf folgen wird oder ob der Gesetzgeber aus welchem Grund auch immer vielleicht eine andere Regelung treffen wird. Das Bundeskabinett hat heute diesen Entwurf beschlossen. Dieser Entwurf ist durch das Bundesverteidigungsministerium unter Mitwirkung anderer Ressorts, namentlich des Bundesinnenministeriums, vorbereitet worden. Nun geht er in die parlamentarische Beratung. Da stellt sich nicht die Frage der Moral, sondern ich habe Ihnen hier dargelegt, wie das rechtlich zu verstehen ist.

ZUSATZ: Wenn aber jetzt jemand im Dienst im Dienste der Bundesrepublik Deutschland eine psychische Traumatisierung im Auslandseinsatz erleidet, diese Traumatisierung mit 30 oder 40 Prozent quantifiziert wird, diese Traumatisierung aber den Soldaten auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar macht, weil dort 100 Prozent einsatzfähige Arbeitnehmer erwartet und verlangt werden, dann ergibt sich daraus eine moralische Verpflichtung für die Bundeswehr, für den Gesetzgeber, für solche Leute zu sorgen.

PARIS: Mir fällt es sehr, sehr schwer, hier als Sprecher eines Ministeriums über moralische Fragen zu sprechen. Ich glaube, das gehört in einen anderen Bereich.

Noch einmal: Ich habe Ihnen dargestellt, nach welchen Maßstäben Gesetze gemacht werden. Ich will überhaupt nicht abstreiten, dass natürlich auch moralische Fragen dahinter stehen. Aber nichtsdestotrotz hat der Gesetzgeber, dem Vorschlag des Deutschen Bundestages folgend, eine Verbesserung durch das gesamte Gesetz herbeigeführt. Es gibt ja auch noch andere Regelungen in diesem Gesetz finanzielle Ausgleiche usw. , die natürlich auch im Falle dieser Verwundungen zum Tragen kommen. Es geht hier einzig und allein um die Frage des Anspruchs auf Weiterverwendung. Klammern Sie bitte nicht aus, dass es auch noch eine Vielzahl von anderen Regelungen in diesem Gesetz gibt. Diese sind Ihnen auch bekannt.

Deshalb kann ich nur noch einmal betonen: Das Gesetz wurde sehr intensiv erarbeitet. Diese Frage wurde auch sehr, sehr intensiv diskutiert. Aber letztendlich gibt es dann auch nur eine Lösung, die von der Bundesregierung in dieses Gesetz hineingeschrieben wurde. Ich kann noch einmal betonen: Der Gesetzgeber, von dem diese Initiative auch kommt, wird seine Beratungen jetzt aufnehmen und gegebenenfalls zu einem anderen Ergebnis kommen. Das kann ich aber nicht beurteilen. Das liegt in der Zukunft. Ich kann Ihnen nur darlegen, warum diese Regelung mit 50 Prozent und nicht mit 30 Prozent belegt wurde. Das hat einen primär rechtlichen Grund.

FRAGE: Noch einmal für ganz Dumme: 60 Prozent Beschädigung eines Kriegsversehrten heißt Anspruch auf lebenslange oder unbefristete Weiterbeschäftigung. Korrekt?

PARIS: Nein, nicht korrekt, weil Sie dann natürlich wieder unterscheiden müssen, wer denn verletzt worden ist. Wenn ein Zeitsoldat verletzt worden ist, wird er in der Regel nur über den zeitlichen Vertrag weiter beschäftigt, den er hat. Er springt dann ja nicht automatisch in ein lebenslanges Arbeitsverhältnis.

ZUSATZFRAGE: Beim Berufssoldaten Weiterbeschäftigung?

PARIS: Ja, so ist es.

ZUSATZFRAGE: Der gleiche Berufssoldat 40 Prozent beschädigt, keine Weiterbeschäftigungsgarantie?

PARIS: Kein Anspruch darauf.

ZUSATZ: Weil das Grundgesetz sagt: Der Berufssoldat, der zu 40 Prozent beschädigt ist, ist weniger geeignet, befähigt oder fachlich geeignet als der mit 60 Prozent Beschädigung. Das bleibt aber unlogisch.

PARIS: Ich glaube, ich habe versucht, die Unlogik, die Sie sehen, aufzulösen. Wenn Sie das als unlogisch sehen, ist das so. Ich habe Ihnen versucht darzulegen, dass diese Regelung gemessen an dem so hergeleitet worden ist, was das Grundgesetz hergibt und was über eine sehr, sehr lange Zeit (erarbeitet worden ist).

Sie müssen sich vielleicht einmal Folgendes überlegen: Diese Frage richtet sich nicht nur an den Soldatenberuf, sondern diese grundsätzliche Regelung gilt für alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Ich räume ein, dass dieses Gesetz besonders deswegen gemacht worden ist, weil es für den Soldatenberuf oder für solche, die mit diesem Beruf besonders im Einsatz in Berührung kommen, bestimmte Verbesserungen in der Einsatzversorgung vorgesehen hat. Ganz klar ist das eine spezielle Gruppe.

Im Übrigen darf man, wenn man solche Gesetze macht, nicht alle anderen Fälle ausblenden. Denken Sie an das Beispiel, nach dem Herr … eben gefragt hatte, wo ich auch sagte: Da ist eine bestimmte Regelung eben nicht in den Entwurf aufgenommen worden, weil dann andere soziale Entschädigungsgesetze, die es ja in Deutschland für eine viel größere Gruppe vielleicht auch für alle gibt, nahezu ein Stück weit ausgehebelt würden. Dann wäre eine ungleiche Behandlung aufgrund verschiedener Gesetze in Bezug auf verschiedene Personengruppen gegeben. Die gibt es immer. Aber sie darf nicht so ungleich sein, dass es nicht mehr vertretbar ist. Daran wird immer gemessen.