RC N Watch: Der Norden wird (noch) wichtiger
Dass der Norden Afghanistans für den ISAF-Einsatz in den vergangenen Jahren zunehmend Bedeutung bekommen hat, ist nichts wirklich Neues: Je öfter in Pakistan Nachschubkonvois angezündet wurden, um so mehr denken die Planer in Kabul über eine Stärkung der Nachschubroute über die zentralasiatischen Republiken und den Norden des Landes nach. Jetzt scheinen diese Überlegungen einen neuen Schub zu bekommen: U.S. turns to other routes to supply Afghan war as relations with Pakistan fray, berichtet die Washington Post heute.
(Übrigens mit der für mich neuen Zahl, dass 80 Prozent der Nachschublieferungen im Norden über Usbekistan laufen – dann aber auch wieder nicht so überraschend. Und mit eine Erklärung dafür, warum auch die deutsche Regierung alles tut, die Beziehungen zu diesem Land nicht zu beeinträchtigen.)
Ansonsten geht es im Norden unverändert rund, was hier so gar nicht wirklich zur Kenntnis genommen wird – hier eine kleine Auswahl der vergangenen Tage:
ISAF Joint Command Morning Operational Update July 3, 2011
A combined Afghan and coalition security force killed several insurgents during a search for a Taliban leader in Archi district, Kunduz province yesterday.
The leader directs the Archi district attack network, and plans and executes attacks against Afghan government officials and Afghan security forces.
During the search, the Afghan-led security force noticed several individuals, armed with AK-47 rifles, maneuvering in the area. The force pursued the individuals, resulting in an engagement which killed several insurgents. The force discovered a grenade launcher and several grenades on the deceased insurgents.ISAF Joint Command Morning Operational Update July 2, 2011
A combined Afghan and coalition security force killed several insurgents and detained one suspected insurgent during an overnight security operation in Balkh district, Balkh province, yesterday.
The target of the operation was the Taliban district chief operating in the province. He is involved in planning and executing attacks against Afghan security forces and manages recruiting and weapons distribution for the network.
The Afghan-led security force was immediately attacked by armed insurgents when they arrived at the targeted compound. The insurgents, armed with AK-47 rifles, proceeded with their attack until the security force engaged them, killing several.
After the engagement the security force detained one individual with suspected insurgent ties.
In Chahar Darah district, Kunduz province, a combined security force killed one insurgent and captured an Islamic Movement of Uzbekistan leader. The leader was directly responsible for coordinating and planning roadside bomb attacks against Afghan security forces. During the operation an engagement ensued after the security force made numerous attempts to apprehend an armed insurgent peacefully. The insurgent was killed as a result of the engagement.ISAF Joint Command Morning Operational Update July 1, 2011
A combined Afghan and coalition security force detained two suspected insurgents while searching for a Taliban leader in Archi district, Kunduz province, yesterday. The leader is the Taliban appointed governing official for attacks in the district. He leads a roadside bomb and suicide attack network and is directly involved in the planning, coordinating and execution of attacks against Afghan government officials and Afghan security forces. The security force found the two individuals while searching a compound associated with the leader. Both men were detained for additional questioning.
Vor diesem Hintergrund muss man sich auch die Aussagen von Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker im Deutschlandfunk-Interview mit Rolf Clement zu einer möglichen deutschen Truppenreduzierung in Afghanistan in diesem Jahr ansehen (die daraus gemachten Meldungen, der Generalinspekteur wolle um 500 Soldaten reduzieren, würde ich ein wenig infrage stellen…):
Clement: Gesetzt den Fall, die Lage bleibt, wie sie ist, in welchem Umfang könnten Sie sich vorstellen, dass der deutsche Anteil reduziert wird?
Wieker: Das hängt erstens von den verfügbaren Fähigkeiten der Amerikaner im Norden ab, aber eben auch von der Absicht aller anderen Truppen stellenden Nationen. Hier beabsichtige ich, mich im September mit meinen Kollegen zusammenzusetzen, insbesondere den Skandinaviern, die dort den Löwenanteil mit stellen, sodass wir ein abgestimmtes Vorgehen realisieren können, das dann eben als militärischer Ratschlag in die politische Entscheidungsfindung einfließt.
Clement: Die US-Vorgabe, ein Drittel abzuziehen, ist das für Sie eine Größenordnung?
Wieker: Nein, die Amerikaner haben uns da keine Vorgabe gemacht.
Clement: Aber ist das für Sie ein Modell?
Wieker: Nein. Die Amerikaner haben ja nicht gesagt, sie ziehen ein Drittel ab, sondern sie ziehen das ab, was sie zur Verstärkung 2010 eingebracht haben. Wenn ich das auf uns beziehe, dann reden wir über 500 Soldaten.
Clement: Gut. Das ist dann so ungefähr die Messlatte.
Wieker: Das will ich noch gar nicht sagen. Das hängt dann von der Lagebeurteilung ab. Aber das wird sicherlich ein Rahmen sein, an dem man sich orientieren kann.
Der Norden als Hauptnachschubroute wird, mit einer Verdoppelung des heutigen Verkehrs, auch die entsprechenden Angriffe darauf anziehen. Zudem kann sich der Konflikt dann auch nach Uzbekistan (IMU) ausweiten.
Positiv ist das damit garantiert ist das der Norden wichtiger wird und die Amerikaner entsprechende Fähigkeiten (Hubschrauber) dort werden und sich eher aus dem Süden zurückziehen. Darüber braucht sich BW jetzt keinen Kopf mehr machen.
Negativ ist das die Route damit auch die Hauptrollbahn für den Rückzug aus Afghanistan sein wird. Die dortigen Sicherungstruppen werden als Letzte das Land verlasssen und das Licht ausmachen dürfen.
Die Bundeswehr sollte sich meiner Meinung nach zurückhalten/-ziehen und die Sicherung der Route mehr den Amerikanern überlassen. Dafür könnte man Aufgaben in den nördlichen Randbezirken übernehmen.
Hier noch ein Artikel aus der Welt:
http://www.welt.de/politik/ausland/article13464233/In-der-Killzone-endet-das-Gefuehl-vom-Abenteuercamp.html
Es macht Sinn über mehrere Nachschubrouten zu verfügen ,um so den Feind im Ungewissen zulassen, auf welcher Route und wann der Nachschub zugeführt wird und es werden auch so die Kräfte des Feindes aufgesplittert
Der Abzug von Kräften hat sich eindeutig nach der Sicherheitslage zu richten und nicht nach politischem Wunschdenken
Die nördlichen Randgebiete sind aber gerade nach Nordwesten / Westen um einiges heisser, als Balkh und Co. – besonders an der Grenze zum RC W ist es nicht prickelnd. Das PRT MEYMANEH wird ebenfalls mit schöner Regelmässigkeit beschossen, also wäre ich da mit solchen Äusserungen eher zurückhaltend.
„Der Abzug von Kräften hat sich eindeutig nach der Sicherheitslage zu richten und nicht nach politischem Wunschdenken“…….und mit diesem Argument kreieren wir eine never-ending-intervention-story nach der vorherigen. Dabei wird aber vergessen, dass die Strategie des „eternal war for eternal peace“ sich eigentlich nur auf den Frieden der Protagonisten dieser Strategie bezieht ;-)
Merke : in einem darwin’schen Universum ist Sicherheit eine Illusion ! Aristoteles, der ja mal angetreten ist, um den Widerspruch zwischen Vernunft und Dogma (Glaube) aufzulösen, ist uns ja leider nicht im Original (Griechisch) zugänglich; die Original-Texte von Aristoteles sind nur noch aus Übersetzungen ins Alt-Arabische der Toledo-Schule verfügbar und somit im höchsten Masse suspekt ! Also halten wir uns besser an Darwin und lassen uns weiter den Hintern für die Aufrechterhaltung einer äußerst profitablen Illusion wegsch….pardon,
Streiche: peace….Setze: profit
Den Norden für Nachschub zu nutzen ist ein alter Hut. Es wird wohl seinen Grund haben, weshalb dort eine Eisenbahnstrecke gebaut wird und die Grenz/Zollposten vergrößert werden. Hat nicht auch schon die Bundeswehr mal einen Schienentransport (über Russland, Kasachstan) versucht?
Das es auch im Norden Sicherheitsvorfälle gibt kann man ja mittlerweile auch in der „Unterrichtung der Öffentlichkeit“ nachlesen. Auf einem Diagramm werden dann – nach Regional Command geordnet – die Anzahl der Sicherheitsvorfälle aufgelistet (mit Vergleichszahl zum Vorjahr). Das dann bei den Regional-Commands mit deutscher Beteiligung meistens nichts steht ist aber schon… äh nun ja.
Wobei ich gerade feststellen muß, dass nur die „Unterrichtung der Truppe“ diese Feature hat, bei der „Unterrichtung der Öffentlichkeit“ fehlt dieser Part…
Anscheinend wird da nur was reingeschrieben wenn’s auch ein der Presse erwähnt wurde. Deren Interesse schwankt natürlich…
Auch die Höhe 432 gibt’s schon länger. Zumindest auf der ’10-er Tournee sind die Tourbusse da immer wieder hingerollt. Ich glaube da gab es sogar mal einen (Spiegel?) Bericht.
Genauso gab es damals wie jetzt Gebiete in denen ISAF nicht präsent ist bzw. unbedingt hinwill.
Ich habe manchmal auch die Vermutung, dass die Führung bzw. Poltitik garkein interesse an Berichterstattung aus Afghanistan hat. Den Presseinformationen nach macht das PRT Feyzabad nichts, ansonsten würde es da ja was zu berichten geben.
@Horst
Afghanistan: Dienst in Fayzabad (1)
Zur möglichen Reduzierung um 500:
Was ist hierfür die Grundlage? Die Mandatsobergrenze mit oder ohne Reserve?
Reden wir dann also von einer Obergrenze von 5350 – 500 oder 5000 – 500?
Der Unterschied wäre erheblich für das Kontingent. Die Anrechnung der Reserve würde den 500er-Schritt in der Realität noch gut abfedern und trotzdem könnte die Politik ein starkes Signal zum Abzug geben.
Aber das BMVg stellt sich sicher wieder selbst ein Bein („Beibehaltung der Reserve“) und am Ende schiebt man den schwarzen Peter wieder ans Parlament ab….
@t.Wiegold
…und im 2. Teil wird dann die Idyle mit spielenden Kindern und Rosen und kleinen Bäumen auf dem Seitenstreifen komplett gemacht.
Damit wird gut beschrieben weshalb die Soldaten da unten sind und wie ihr Dienst (und die Bedrohungslage) aussieht.
Der GI spricht hier von ZITAT:
Nein. Die Amerikaner haben ja nicht gesagt, sie ziehen ein Drittel ab, sondern sie ziehen das ab, was sie zur Verstärkung 2010 eingebracht haben. Wenn ich das auf uns beziehe, dann reden wir über 500 Soldaten.
ZITAT ENDE
Wobei ich diese 500 irgendwie nicht nachvollziehen kann. Zumindest in Kunduz fand da die Umgliederung von Inf-/Schutz-/Aufklärungskompanie + ‚Innendienst‘ ins ASB Kunduz statt. OMLT wird man ja wohl noch in Afghanistan lassen – mal will ja an irgendjemanden übergeben.Zurzeit sind ASB MES in Baghlan und ASB Kunduz in Kunduz aktiv.
Nur ein Hirngespinst von mir:
Da bliebe ja vielleicht die QRF? Partnert nicht und hat m.W. etwa 200-350 Mann. Dazu noch die PzH2000 + nachgeordnete Stellen. Würde auch den Eindruck: „Die Sicherheitslage verbessert sich.“ erwecken.
Wie das die Einheiten vor Ort auffassen steht wieder auf einem anderen Blatt.
@Horst:
Die QRF gibt nicht mehr, die wurde zum ASB MeS.
Das Steilfeuer PzH2000 und Mrs abzuziehen wäre wieder Bw pur – solche Gedanken gab es vor nicht allzu langer Zeit.
Im Stab RC-N könnte man deutlich sparen – das sagen auch Insider. Aber am Ende spart man sicher wieder an Indianern und/ oder Rohren….