Angriff auf einen Marder – wie schon geübt
Der heutige tödliche Angriff auf einen Bundeswehr-Schützenpanzer Marder in der nordafghanischen Provinz Baghlan ist in seinem Ergebnis erschreckend – wenn auch nicht überraschend.
Erschreckend deshalb, weil der Marder 1A5 mit seinen Nachrüstungen, insbesondere gegen Minen und Sprengfallen (IED) eines der am besten, wenn nicht das bestgeschützte Fahrzeug der Bundeswehr im Afghanistan-Einsatz ist. Zu Recht weist der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass diese Version des Marders der modernste Typ des Schützenpanzers ist.
Im Klartext: Den Aufständischen ist mit ihrem Anschlag erstmals gelungen, einen deutschen Soldaten in diesem Panzer zu töten (mit allem Vorbehalt – noch kennen wir nicht die Details, unklar ist ja unter anderem, wo sich der Gefallene aufhielt, ob die Luken/die Heckrampe des Fahrzeugs geschlossen waren etc.). Auf jeden Fall ist damit zu rechnen, dass das von der Propaganda als Erfolg vermarktet werden wird.
Was das nicht Überraschende angeht: Einen solchen Angriff auf den Schützenpanzer üben die deutschen Soldaten bereits – wie zum Beispiel im vergangenen Jahr bei der Informations-Lehrübung Nord gezeigt. Da gab es genau dieses Szenario zu sehen: Ein Marder wird von einem IED angesprengt.
Im Übungsszenario blieb es bei einem Verwundeten.
Archivbild: Informations-Lehrübung Nord im September 2010: Der Marder links im Bild wurde angesprengt, hier simuliert durch die rote Rauchpatrone.
Der Marder geht!
08.11.2007
Zitat:
Das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiere ist noch immer der 1971 eingeführte und mittlerweile dreimal kampfwertgesteigerte Schützenpanzer (SPz) Marder. Konzipiert für die Bedrohungen der 70er und 80er Jahre, wird er den anstehenden Anforderungen im Einsatz nicht mehr voll gerecht. Sein Aufwuchspotential ist ausgereizt. Er nicht mehr in der Lage, den Verbund mit dem Kampfpanzer (KPz) Leopard 2 herzustellen. Dennoch wird der alte SPz Marder noch über Jahre seine Aufgaben im Heer erfüllen müssen. Bis der letzte Puma in etwa 10 Jahren an die Truppe ausgeliefert ist, wird das Heer mit dem Marder weiterleben. So gut und bewährt der Marder auch gewesen sein mag, wir kennen seine Defizite bei der Überlebensfähigkeit durch nicht mehr bedrohungsgerechten Schutz, der taktischen Beweglichkeit, der Hauptbewaffnung (Bordmaschinenkanone im Kaliber 20 mm) und der Führungsfähigkeit. Das Aufgabenspektrum des Heeres verlangt eine neue Qualität an Waffensystemen. Der Puma stellt genau diese neue Qualität dar.
Quelle: http://tinyurl.com/3u8gvly
Auch ein Puma ist nur bis zu einem gewissen Grad gegen solch ein IED geschützt. Und im Zweifel packt der geneigte INS eben etwas mehr Sprengstoff dazu. Selbst die sogenannten „Super- Abrams“ der Amerikaner konnten diesem Wettrennen nicht standhalten.
Ich hatte ein interessantes Gespräch mit einem norwegischen Offizier, der mir erzählte, dass die zuständigen norwegischen Stellen das Problem darin sehen, das der verwendete Sprengstoff in IED eben meist nicht militärischer Natur ist und deshalb langsamer umsetzt. Daher würden auch die Panzerungen ganz anderen Belastungen ausgesetzt sein.
Wie gesagt – mich wundert der heutige Vorfall nicht. Auch ein Marder 1A5 bleibt „nur“ ein Marder. Vollkommner Schutz ist Wunschdenken.
„der verwendete Sprengstoff in IED eben meist nicht militärischer Natur ist und deshalb langsamer umsetzt. Daher würden auch die Panzerungen ganz anderen Belastungen ausgesetzt sein.“
Könnten Sie das näher erläutern? Als Laie auf dem Gebiet kann ich da jetzt keinen Sinn erkennen.
nehmen Sie den hochlobenden Beitrag über den SPz MARDER lieber wieder raus….bevor alle die auch nur etwas Ahnung von Rüstung haben vor Lachen auf den Rücken liegen…. ich weiß zwar nicht warum wir nicht in der Lage sind das beste und geeigneste Material in den Einsatz zu schicken …. aber der MARDER „uralt“ ist es mit Sicherheit nicht…. leid tun mir diejenigen denen man vorgaukelt sie seien bestens geschützt ….. das sind sie nicht und das weiß jeder……Leider,Leider ist es so
@verteidiger
Welchen hochlobenden Beitrag? Ich sprach von einem der bestgeschützten Fahrzeuge in Afghanistan – und das ist natürlich relativ. Das Problem ist: etwas Besseres steht dort nicht zur Verfügung.
Zitat T.W.: „Zu Recht weist der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass diese Version des Marders der modernste Typ des Schützenpanzers ist.
Im Klartext: Den Aufständischen ist mit ihrem Anschlag erstmals gelungen, einen deutschen Soldaten in diesem Panzer zu töten (mit allem Vorbehalt – noch kennen wir nicht die Details, unklar ist ja unter anderem, wo sich der Gefallene aufhielt, ob die Luken/die Heckrampe des Fahrzeugs geschlossen waren etc.). Auf jeden Fall ist damit zu rechnen, dass das von der Propaganda als Erfolg vermarktet werden wird.“
Zur Klarstellung: Das von mir eingestellte Zitat stammt aus dem Jahr 2007 (i.W.: zweitausendsieben)! „…wir kennen seine Defizite bei der Überlebensfähigkeit durch nicht mehr bedrohungsgerechten Schutz …“
Ach Leut, so schlimm das auch ist, es bleibt nicht aus. Das haben nur noch nicht alle, im SP Politiker und der Großteil der Bevölkerung nicht kapiert. Die denken, ein Gefechtsfahrzeug ist unv erwundbar und der deutsche Soldat soll sich am besten in den Feldlagern einigeln. So tut er keinem weh und es passiert ihm nichts.
Exakt – die (meisten) Soldaten wussten das schon immer, aber unsere Entscheidungsträger haben das, wie so vieles, einfach mal wegkonzentriert… und taadaaaa, alles kein Problem, wir haben ja geschützte Fahrzeuge!
Ich bin kein Ingenieur, aber versuche es trotzdem einmal zu umschreiben. Wenn das hier jemand präzisieren kann, nur zu. Und wie gesagt, ist die Einschätzung nicht von mir , sondern von den Norwegern so gemacht worden:
Militärischer Sprengstoff „explodiert“ sehr schnell, die Belastung auf Panzerung und der Fahrzeugstruktur ist demnach heftig, aber nur kurzer Natur. Improvisierter / industrieller Sprengstoff „explodiert“ aber langsamer – demnach ist die Belastung geringer, die Dauer der Belastung verlängert sich jedoch. Dies führt zu ganz anderen Effekten, als die, gegen die das Fahrzeug eigentlich konstruiert wurde.
Und machen wir uns nichts vor – A5 heisst „Fünfte Anpassung/Ausführung“ nicht „Fünfte Neuentwicklung“. Irgendwann kann ich konstruktionsbedingte Mängel nicht mehr beheben, weil ich sonst gleich ein neues Fahrzeug bauen könnte. Es bastelt ja auch niemand an seinem VW Passat von ´95 herum, um dann irgendwann mal bei der Paris-Dakar 2012 an den Start zu gehen, weil man vom Sieg überzeugt ist. Streckenweise hab ich aber das Gefühl, das man „uns“, den Soldaten und der Öffentlichkeit, genau das verkaufen möchte. Erinnern wir uns an das Bohei, als der Eagle IV eingeführt wurde; das Auto wurde fast so angepriesen, wie ein neuer Heilsbringer. Am 15.04.2010 konnte man dann den realen Effekt eines IED am Eagle bewundern, die Bilder dürften jedem noch in Erinnerung geblieben sein.
Das ist korrekt, ANFO hat z. B. nicht mal die Hälfte der Detonationsgeschwindigkeit wie z. B. TNT, von C4 etc. ganz zu schweigen. Trotzdem erschließt sich mir dies nicht, müsste die Detonation doch „sanfter“ ablaufen … vergleichbar mit der Wirkung einer zu tief vergrabenen IED.
Soweit ich gelesen habe, sind die einzige INS in AFG die „militärische“ IED-Sprengstoffe nutzen das Haqqani-Netzwerk. Alle anderen mehr oder weniger Dünger. Ist das so korrekt?
Zum SPz: Hätte der Puma das denn überstanden?
Dazu müsste man das „das“ erstmal definieren.
Zitat T.W: Das Problem ist: etwas Besseres steht dort nicht zur Verfügung.
Mir fehlen die Worte! Dafür müssen meine Kameraden sterben!
@Benjamin: Nein, das ist falsch. Alle nutzen das, was verfügbar ist. Egal ob HIG, Taliban, Haqqani, IMU, AQ, LeT usw. usf.
Letztes Jahr haben die MARDER 40 – 50kg Sprengstoff ohne kriegsentscheidende Schäden überstanden. Und das läuft wie bei allem: ich setze A ein – keine Wirkung – ich setze A+x ein – kaum Wirkung – usw. – und jetzt war das halt auch für den MARDER zu viel. Hat sich aber abgezeichnet, da die SPz eine Zeit lang das größte Übel aus Taliban-Sicht waren. Und wenn man einen Erfolg erzielt hat das halt seine Wirkung, und zwar auf jeder Seite.
Sollen wir jetzt eine neue „MAUS“ entwickeln, um maximalen Panzerschutz bereitzustellen?
Ich prognostiziere Rufe nach LEO II wegen Schutzwirkung innerhalb der nächsten zwei Tage. Aus diesen Rufen kann man wieder den militärischen Sachverstand der „Experten“ ableiten.
Trennung: was ist daran schlimm, einen IED-Anschlag auf einen SPz zu üben? Das muss mir jetzt mal jemand erklären.
@Vodoo
Ich gehe mit ihrer Aussage konform, dass der Soldat meistens weiß auf was er sich eingelassen hat und der Politiker denkt mit deutscher Ingenieurskunst gibt es den umfassenden Schutz. Doch Ihren letzten Absatz kann ich nicht folgen.
Änderungen und Ausbaustufen sind nicht immer Mängel, sondern oft auch Anpassungen auf Grund von technischen Weiterentwicklungen, neuen Einsatzgebieten und Forderungen des Militärs. In den 70’er, als die ersten MARDER ausgeliefert wurden, hat bestimmt noch keiner damit gerechnet irgendwann in AFG zu stehen.
Was den Eagle angeht: Bei dem Anschlag handelte sich nicht, wie man bei Ihrem Beitrag denken könnte, um ein „normales“ IED, sondern es wurde ein Raketensprengkopf beim Anschlag genutzt.
Es gibt aber Grenzen, inwieweit ich ein bestehendes Fahrzeug anpassen kann, darauf wollte ich hinweisen.
Ob es sich beim Eagle um einen Sprengkopf handelte, ist meines Wissens nach noch nicht hundertprozentig geklärt, aber nehmen wir an, das es so ist: Ändert es etwas am Ergebnis? IEDs bestanden zu Anfang fast immer aus militärischem Sprengstoff in Form von Munition aller Art. Erst im Laufe der Zeit wurden sie mit konventionellem Sprengstoff verstärkt. Das Fahrzeug wurde auf dieser Grundlage entwickelt – aber ich kann es eben nicht bis zur Unendlichkeit schützen, da wir dann irgendwann eine MAUS auf Rädern haben.
Das mit dem militärischen vs. zivilen Sprengstoff bzw. Eigenlaboraten hat was mit der Dauer der Belastung zu tun. Schnell umsetzende Sprengstoffe haben logischerweise einen schnell aufbauenden Impuls, der aber nicht besonders lange anhält. Zivile Sprengstoffe haben einen längeren Spitzenimpuls (u.U. halt in der Stärke geringer). Damit geht natürlich auch eine längere Einwirkung des Drucks einher. Solche Sprengstoffe „schieben“ daher auch mehr. Sieht man z.B. im Bergbau. Da bringt ein „kurzer, Knackiger“ Impuls nicht viel. Zerstört zwar das Gestein, löst es aber nicht ausreichend. Deshalb ist Panzerstahl ja auch eher härter als elastisch. Also mehr für „Kurz und Knackig“ optimiert.
Marder 1A5 mit IED-Schutz? Zusätzlicher Minenschutz, ja. Aber IED-Schutz?
Die Fahrzeuge verfügen doch gar nicht über eine derartige Zusatzpanzerung wie beispielsweise das Rheinmetall Close Combat Vehicle, ironischerweise ein Upgrade des Marders:
http://strategie-technik.blogspot.com/2011/03/infantry-fighting-vehicleclose-combat.html
@Nico
Ich bezog mich darauf:
„In the south and southwest, the Taliban’s bombs are still made from fertilizer, detonated through the compression of metal-free pressure plates, usually made of wood, when someone walks or drives over them to complete a circuit. Only the insurgent network of Jalaleddin Haqqani in eastern Afghanistan uses a limited amount of “military grade munitions” and remote-controlled detonations.“
http://www.wired.com/dangerroom/2011/03/afghan-war-still-fubar-pentagons-bomb-fighter-says/
@Benjamin: Das ist schlichtweg falsch.
Ich bin kein Fachmann bezüglich Stahl und Sprengstoff. Aber trifft es nicht zu, dass der Marder aufgrund seiner Form eh nicht so gut gegen größere Mengen Sprengstoff schützt? Eine konventionelle Panzermine z.B. hat ja im Vergleich zu so mancher IED eine eher geringe Menge Sprengstoff und zündet unter der Kette. Von daher wirkt sich eine große IED-Ladung auf den Innenraum anders aus, da sie wie oben beschrieben „anders“ explodiert und ja auf eine gerade Fläche trifft und somit nicht weggeleitet wird. Daher wirkt die gesamte Kraft quasi in den Innenraum, in welchem die Soldaten ja meines Wissens nach keine besonderen Hängesitze haben, wie z.B. im Puma. Letztenendes ist der Marder (übrigens genau wie der Fuchs) also grundsätzlich nicht gut geeignet, um gegen große IEDs zu schützen.
Lieg ich da richtig?
Mein Beileid den Angehörigen und Kameraden.
Vor allem hat der Marder eine flache Wanne und liegt recht tief, nimmt daher die volle Wucht einer Detonation unter dem Fahrzeug auf, im Gegensatz zu bspw. MRAP Fahrzeugen.
Ich halte den Marder in der minengeschützten Version für gut geschützt. Kein Fahrzeug ist unzerstörbar, es geht immer nur um Risikominimierung.
Große Sprengladungen können auch Schützenpanzer viele Meter in die Höhe schleudern.(Es gab da mal ein beeindruckendes Foto von einem bei Anprengungsversuchen in die Höhe geschleuderten Marder in einer älterern Ausgabe von Strategie und Technik). Die dabei auftretende Beschleunigung ist für die Insassen höchst gefährlich, selbst wenn die Hülle des Fahrzeuges intakt bleibt. Wenn die Insassen dann eventuell nicht in ihren speziellen schockabsorbierenden Sitzen angeschnallt sind sondern an den Luken stehen hilft die beste Panzerung wenig.
Alles in allem dürfte der Patria AMV das beste Fahrzeug in AFG sein. Schutz, Wirkung und Geschwindig sind dort fast perfekt vereinigt. Das Fahrzeug ist einsatzerprobt und sofort lieferbar, aber wir müsssen den Scheiss ja lieber selber entwickeln und warten das er irgendwann mal ankommt.
@Roman:
Auch die Polen haben leider mittlerweile Gefallene zu beklagen, weil ihre AMVs (Rosomak) von IEDs angesprengt wurden.
Es ist denke ich konsens, das man jedes Fahrzeug knacken kann. Selbst bei uns haben sie ja die US-Buffalos gekillt haben. Der Patria hat aber denke ich eine gute Balance zwischen den oben aufgeführten Werten und seinem Gewicht erreicht. Er kann viele Wege fahren, die der Boxer nie erreichen wird. Seine Waffenanlage wird aber nicht bei jeder Ansprengung wie beim Marder ausfallen. Und er kann viel einstecken, seine Besatzung vertrauen ihm zurecht.
Er ist aber wie jedes andere Fahrzeug auch zu knacken. Leider.
Sind die Marder in Afghanistan eigentlich voll besetzt? 9 Mann passen ja rein, aber es gab weniger Verletzte. Hat der Rest der Besatzung nur Glück gehabt?
Nein,
3 Mann Stamm wie immer und zwei bis vier hinten drinn, je nach Auftrag und Vorliebe ZgFhr. Es ist sonst zu eng, zu warm und der Stauraum wird für Mun und Ausrüstung verbraucht. Außerdem dauert das Absitzen mit angelegter Ausrüstung zu lang. Daher fahren meist zwei Marder und zwei Dingos mit den Fussi drauf zusammen durch die Gegend.
Zudem ist der Kernauftrag der Marder dort nicht der geschützte Transport von Infanterie sondern einzig und allein Feuerunterstützung. Das macht auch ein vollen Kampfraum eher unnötig.