Stand-by für Libyen? Das deutsche EU-Battlegroup-Dispositiv
Entschieden ist nach wie vor nichts, auch wenn ein in verschiedenen Varianten wiederholter Leadsatz vom Dienstagabend lautet: Ein Militäreinsatz deutscher Soldaten in Libyen rückt näher. Noch fehlt allerdings die entsprechende Anfrage der Vereinten Nationen – bislang scheint sie nicht in Sicht, auch wenn vermutlich niemand so recht einschätzen kann, wie sich Berichte wie dieser auf die öffentliche (und das heißt: auch auf die politische) Wahrnehmung auswirken.
Sollte es zu dem von der EU geplanten Einsatz kommen, bei dem Militär die humanitäre Hilfe absichern soll, sollte also EUFOR Libya Realität werden, wird die EU voraussichtlich auf ihre ständig bereit stehenden Battlegroups zurückgreifen. Und da sind für das erste Halbjahr 2011 auch deutsche Einheiten für diese Eingreiftruppe vorgemerkt. Das heißt noch nicht, dass auch diese Einheiten zum Einsatz kommen – aber sie stehen innerhalb weniger Tage abmarschbereit zur Verfügung.
Zur Info deshalb vosorglich eine Übersicht über die Einheiten, die in der Bundeswehr für die EU Battlegroup I/2011 vorgemerkt und zertifiziert sind (da auch etliche meiner Kollegen dieses Blog als Schwarzes Brett nutzen, erleichtert das die Berichterstattung, oder?):
Streitkräftebasis (701 Soldaten)
Kommando Operative Führung Eingreifkräfte, Ulm, Voraus-und Erkundungskommandos des Military Strategic Information Gathering Team (MSIGT) oder des Operational Liaison and Reconnaissance Team (OLRT) (siehe hier)
Spezialpionierbataillon 164, Husum – Teile der 5./164, 8./164 und Feldlagerbetriebszug (siehe hier)
Führungsunterstützungsbataillon 382, Havelberg – Teile von 4./382 und 5./382 (siehe hier)
Heer (68 Soldaten)
Panzerpionierbataillon 701, Gera – 50 Soldaten, Zugführer Oberleutnant Josephine Kaiser (siehe hier und hier)
Aufklärungsbataillon 13, Gotha – ein Fennek-Zug (siehe hier)
Sanitätsdienst (230 Soldaten)
8. Kommando Schnelle Eingreifkräfte Sanitätsdienst, Leer/Schwanewede (die sanitätsdienstliche Versorgung der EU Battlegroups gehört grundsätzlich zum Auftrag, siehe hier)
Niederlande: Führung der Battlegroup, Infanterie der 13. Gemechaniseerde Brigade unter dem Kommando von Brigadegeneraal Michiel van der Laan (siehe hier)
Österreich: gepanzerte Jägerkompanie, 180 Soldaten (siehe hier)
Finnland: Special Operations Task Group
(Zur Info noch: Die Zusammensetzung der anderen EU Battlegroup, der Nordic Battlegroup, und der Eingreiftruppe für das 2. Halbjahr 2011.)
„…Und da sind für das erste Halbjahr 2011 auch deutsche Einheiten für diese Eingreiftruppe vorgemerkt. Das heißt noch nicht, dass auch diese Einheiten zum Einsatz kommen – aber sie stehen innerhalb weniger Tage abmarschbereit zur Verfügung….“
Dann braucht man sie ja gar nicht vorzumerken, wenn sie ja nicht zum Einsatz kommen. Irgendwie macht das keinen Sinn. Wozu dann eine BG mit DEU Beteiligung?
Bitte korrigiert mich.
MkG
PS: Im Fall, dass man sie ja nicht braucht speziell für solch ein Szenario…?
@UmPp
Die geforderte schnelle Einsatzbereitschaft innerhalb weniger Tage der EU Battlegroup bedingt, dass Truppen vorgehalten werden. Ohne diese Vormerkung wäre der Vorlauf erheblich länger und eine schnelle Verlegung Utopie.
Die Battlegroup ist ein Korb mit verschiedenen Truppen, die über unterschiedliche Fähigkeiten verfügen. Diese Truppen (Fähigkeiten) werden dann individuell auf die Anforderungen einer Operation zusammengestellt.
Auch hier gilt wieder: Ohne Vormerkung wäre eine schnelle Zusammenstellung nicht möglich.
Fähigkeiten, die für eine Operation nicht benötigt werden, brauchen in diesem Falle auch nicht abgerufen werden – vorgehalten allerdings müssen sie im Sinne der jederzeitigen Verlegbarkeit aber eben doch.
Danke SchreckStarr, jetzt ist es klarer.
MkG
Eine wunderbare Übersicht! Ich empfehle dazu noch den Beitrag der niederländischen 13. Mechanisierten Brigade, der hier übersetzt vorliegt: http://tinyurl.com/6yn4vqn.
Litauen ist übrigens auch Bestandteil der Battlegroup.
Auf dem Papier alles super, aber live und in Farbe???
Vmtl hakt es schon an IdZ-Westen, Lucies und G36A2 für die Aufklärer und Pioniere.
Oder noch besser: daran hakt es nicht, weil derlei ja nicht gebraucht wird als „Nicht-Kampftruppe“ im humanitären Einsatz.
An Lehrgangszuweisungen vor „Zertifizierung“ (insbesondere erweiterte SanAusb) will ich gar nicht denken.
Wir machen das mit den Fähnchen…!
Richtig erkannt, Memoria. Teile der Ausrüstung oben genannter Einheiten bilden den Ausbildungspool für die AFG-Kontingente. Dort sind, zumindest im Bereich 1. PD, die derzeit den Hauptpool verwaltet, erhebliche Unterbestände. Die Mehrzahl der o.a. Einheiten verfügt nicht über gepanzerte oder minengeschützte Fzg, geschweige den IED-Ausrüstung.
Gaddafis Armee hat sich bislang sehr gut geschlagen, sie ist lernfähig und noch immer nicht zerfallen, trotz mittlerweile wochenlanger Bombenangriffe. Sie haben Zugriff auf Unmengen an Material, Ortskenntnis und den Siegeswillen. Wenn die EU Dort mitmischen will, dann wird das ein neues Drama.
Lieber Herr Wiegold,
die Battlegroups sind erstmal vom Tisch. Es geht vor allem um Transport: Schiffe – nicht schiessen- und da die nicht jetzt sondern erst in absehbarer Zeit benötigt werden, haben wir einen (fast)ganz normalen Force generation und Planning Process – alles halb so wild … und halb so teuer :)
@snuggels
Danke – so was hatte ich vermutet, nachdem die Bundesregierung diese Woche so still war… Offensichtlich waren in der vergangenen Woche Signale aus New York entweder falsch abgesandt oder aber falsch verstanden worden.
Jetzt geht ja auch der Bundestag erst mal in die Osterpause…
@ Memoria, Roman:
wir fahren dort hin wie immer, mit Wölfen (bzw. jetzt „green linern“, ohne cable cutter, das genaue Ausfüllen der Fahraufträge ist Schwerpunkt), mit normalen TPz und vielleicht dem ein oder anderen DINGO I. Dann passiert was, wir stellen fest daß die Ausrüstung unzweckmäßig ist erfinden etwas neues, erproben es, stelllen fest daß es dreimal so teuer wird, bestellen weniger Stückzahlen, undundund, und – hoppla! – haben wir es 2921!
Ich wage zu bezweifeln, daß man aus dem Kongo-Desaster etwas gelernt hat.