Sonntagslesestoff: de Maizière im Deutschlandfunk
Unbedingt lesen (oder, wer will, auch anhören): Verteidigungsminister Thomas de Maizière in seinem bislang umfassendsten Interview. Mit interessanten Aussagen (nicht nur die, dass er eine Antwort auf die Frage nach dem künftigen Umfang der Bundeswehr sorgfältig vermeidet): Interview der Woche im Deutschlandfunk.
Was soll denn das mit dem U-Boot bedeuten??
„Und die Taliban verlegen sich wieder auf asymmetrische Bedrohungen, also nicht dass sie Gebiete zu versuchen zu erobern und zu dominieren, sondern mit Einzelschlägen, wie wir gesehen haben – entweder durch U-Boote in den Sicherheitsbehörden der Afghanen oder durch Anschläge auch mit afghanischen Opfern versuchen sie, zu verunsichern.“
Bin etwas ratlos….
„Asymmetrische Bedrohung“ ist ein Schlagwort, mit dem man Laien vielleicht vor 10 Jahren noch beeindrucken konnte. Schon bei Minister Jungs Versuchen informiert und kompetent zu wirken erzeugte es eher das Gegenteil. Davon abgesehen haben die Aufständischen im Grundsatz in den letzten Jahren nichts anderes gemacht als das, was sie heute tun. Hoffentlich lernt dieser Minister schneller als der unbeholfene Jung, an den er mich immer stärker erinnert….Schlimm, dass es kein besseres Personal für solche Aufgaben zu geben scheint. Deutschland wird drittklassig regiert.
Zielvorstellung sind wohl weiterhin Dauereinsätze, obwohl die Politik und die militärische Führung laufend sagen man wolle keine „Afghanistan-Armee“.
Der ganze Bereich Rettung und Evakuierung und der Ausbildungsunterstützung bleibt weiterhin kein Thema. Die Diskussion pendelt zwischen ISAF und konventionellen Szenaren zur Selbsterhaltung überkommener Strukturen.
Im Ergebnis versuchen wir wieder den letzten Einsatz zu gewinnen.
Von der derzeitigen KFOR-Armee zur ISAF-Armee im Jahr 2018.
Gleichzeitig verliert die Truppe durch die Nachwuchsprobleme und die Verschlechterung der Ausbildung noch den letzten Biss und Schwung.
Hier ist ein politicher Impuls à la Gates notwendig.
Hierzu ist wohl auch TdM nicht in der Lage. Schade.
@jetflyer:
Mit den U-Booten sind wohl gezielt von INS in die ANSF eingeschleuste Attentäter gemeint. Hoffe damit die Ratlosigkeit in MeS zumindest etwas reduziert zu haben.
Asymmetrische Kriegsführung oder Bedrohung ist sowieso weißer Schimmel. In einem Konflikt versuchen beide Parteien immer eine Asymmetrie zu ihren Gunsten herzustellen. Das kann technologisch sein (z.B. USA im ersten und zweiten Irakkrieg und Afghanistan) oder eben durch Taktik (die dann gegen die Besatzer angewandt wurde).
@ jetflyer:
Nachklapp zur Diskussion um die Erstürmung der UNAMA-Gebäude in MeS:
„Gegen 17:30 Uhr erhielt das Isaf-Kommando die Nachricht, dass sich in einem weiteren Unama-Gebäude in der Stadt, einem sogenannten „safehouse“, weitere 16 internationale Mitarbeiter aufhielten. Daraufhin wurden die bereitgehaltenen Entsatzkräfte dorthingeschickt, was immer noch anderthalb Stunden in Anspruch nahm. Die Straßen seien voll gewesen und die Sicherheitslage unklar, heißt es dazu. Gegen sieben Uhr waren sie am Stützpunkt, in der folgenden Stunde wurden die 14 überlebenden Unama-Leute und die sieben Leichname herausgeholt.“
http://faz-community.faz.net/blogs/sicherheit/archive/2011/04/15/als-die-afghanen-hilfsangebote-der-isaf-in-mazar-i-scharif-zurueckwiesen.aspx
Die Straßen waren voll und die Sicherheitslage unklar … wie überraschend… besser ging es nicht – also wirklich!!
@ Memoria
Danke für die Idee mit den U-Booten… wird wohl so sein und ich mag analogien… aber das??!!
Das mit dem Nachklapp zu UNAMA kann ich auch nicht so richtig in einen Kontext setzen. Was hat das Safehouse mit der Bergung der Leichname zu tun und was ist das Problem mit den 1,5 Stunden??
Vielleicht stehe ich ja heute völlig auf dem Schlauch?!
@jetflyer:
1,5h sind in einer solchen Lage und der Entfernung wohl „suboptimal“.
Personel Recovery stell ich mir anders vor.
Zumal die Kräfte ja schon alarmiert waren (NTM 15 min?).
Waren Hubschrauber auch für PR nicht verfügbar?
Aber vielleicht steh ich ja dabei auf dem Schlauch.
„Nachwuchsgewinnung war bisher so, dass die jungen Männer über die KWEA irgendwie zur Bundeswehr kamen…“
„Es kommt gar nicht mehr so sehr darauf an, wo der Schreibtisch desjenigen steht, der Nachwuchsgewinnung betreibt…“
Das halte ich aber für sehr beschränkte Aussagen!
Von Koblenz nach Köln braucht man auch nur 45 Minuten, wenn kein Unfall oder anderer Stau auf der Strecke ist.
Sorry und Bitte um Verständnis, dass ich hier nicht weiter ausführen werde… leider war dieser Vorfall unter den gegebenen Umständen nicht vermeidbar. Ich bin persönlich davon betroffen und kann es immer noch nicht glauben….
Und mit PR hat es nichts zu tun. Hätte ISAF denn mit brachialer Gewalt durch MES donnern sollen und mit schweren Waffen gegen die Zivilbevölkerung vorgehen?? Ich glaube nicht!
@Delta 0219:
Die Kritik am VM kann ich nicht nachvollziehen.
Er verweist meiner Meinung zurecht darauf, dass die Taliban wieder auf asymmetrische Kriegsführung setzen.
Während sie sich in den letzten Jahren z.B. in Char Darreh festgesetzt und Patrouillen in diesen Bereichen klassisch militärisch bekämpft hatten, bleibt ihnen an vielen Orten offensichtlich nur noch der vereinzelte Einsatz von IEDs.
So interpretiere ich zumindest den VM, was sich auch mit etlichen Berichten aus der Region Kunduz deckt.
@K.B.
Haben die INS u.a. Chahar Darreh denn wirklich konventionell gehalten, oder hat man nur darauf verzichtet, sie durch eigene Präsenz zu verdrängen? Soweit ich mich erinnere, sind die INS bei den diversen „erfolgreichen“ Operationen der Bw stets ausgewichen und haben nichts gehalten. Nach dem Ende der Operation kehrten sie dann immer zurück, woruafhin die Bevölkerung nach und nach das Vertauen in ISAF un GIRoA verlor. Kaum ein Afghane wollte sich unter diesen Umständen noch exponieren. Erst seitdem die bösen Amerikaner in der Gegend unterwegs sind scheint es eine Trendwende bzgl. der Kontrolle von Räumen durch die INS zu geben. Das hat aber wie gesagt nichts mit einem Strategiewechsel der INS zu tun, sonder mit der neuen ISAF/US-Strategie. Die INS haben schon immer „asymmetrisch“ gekämpft, schon weil sie gar nicht anders können.
Aber von einem Minister, der vor ein paar Tagen noch nicht wusste wofür OMLT steht, sollte man vielleicht nicht zu viel erwarten.
@jetflyer:
„Und mit PR hat es nichts zu tun.“
Vielleicht haben wir einfach ein unterschiedliches Verständnis von PR.
„Personnel Recovery (PR): The sum of military, diplomatic and civil efforts to effect
the recovery and reintegration of isolated personnel.
Isolated Personnel: Military or civilian personnel who are separated from their unit
or organisation in a situation that may require them to survive, evade, resist exploitation,
or escape while awaiting recovery.“
http://www.euroairgroup.org/wp-content/uploads/2011/03/2011_01_JPR_JOG.pdf
Aber alles weitere gehört ja dann auch nicht hier her.
So setzt sich also die Reihe der „farblosen“ Verteidigungsminister fort…
Ein bisschen Schwafeln hier, ein bisschen schwadronieren da…..und schon läuft das Pferd weiter im Kreis…
Also ist gut, alles war okay, nur ein bisschen besser machen müsste man es….einfach ein paar Stühle rücken, noch ein paar Arbeitskreise gründen und den Mannschaftssoldaten 2 Euro mehr im Monat zahlen, und schon ist das Problem „Bundeswehr“ erledigt…
Wie kann man-insbesondere in diesem Alter-so realitätsfremd sein?
@ Memoria
Ich denke wir teilen die Definition von PR. Der „disconnect“ liegt aber in der praktischen Anwendung, die nicht immer der Definition/Theorie folgt.
Man kann auch Close Air Support, Panzer, Artillerie und so weiter gegen Demonstranten einsetzen… also „können geht“, aber man muß sich immer sie Sinnfrage stellen und die umfasst weitaus mehr als die Definition unter diesen Umständen hergibt.
Oha, hört hört. Die Gesellschaft an den Tisch bekommen. Der letzte Verteidigungsminister hatte da den ein oder anderen guten Ansatz. Ob der Neue genau diese Fähigkeiten besitzt…hmmm?!
Eine Gesellschaft, welche Gewalt aufwendet um Bäume in Schlossparkanlagen zu schützen, Bürgerinitiativen zum Schutz vor gefährlichen Überlandleitungen startet und sich in weltbewegende Problem des Abschreibens und sich nur für den GAU vor der EIGENEN Haustür (Sind Geigerzähler eigentlich wieder im Handel erhältlich oder noch ausverkauft?) interessiert. Vielleicht wäre, aufgrund der „neuen“ Meinung des ein oder anderen Wählers, die Bundeswehr doch noch anpassungsfähig. Die Bundes(gartenschau)wehr. Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, wäre das Weißbuch überflüssig! Das Grünbuch muss her. Kampf gegen umweltverpestende Staaten und den ein oder anderen Sünder in den eigenen Reihen. Wie medienwirksam und zeitgerecht…! (Ironie Ende)
Schade ist nur, dass in dem ganzen Interview nicht eine Aussage – natürlich politisch derzeit so was von state of art – klar verständlich und präzise nicht nur als Richtungsschuss zu verstehen wäre. Rolf Clement hat genau die richtigen Fragen gestellt: Fixpunkte der Reform – Konzeptionelle Leitlinien – Souveränitätsverzicht – Stationierungskonzept – Einsparungen. Schade, dass diesen Fragen so konsequent ausgewichen bzw. nach Lehrbuch umsegelt wurden. Wo wir uns auch schon wieder auf hoher See befinden ->
Zumindest gibt es jetzt keine Maulwürfe etc. mehr sondern U-Boote in den Gewässern der afghanischen Sicherheitsbehörde. Wieder was gelernt! Memo an mich: Ab heute, der Kampf gegen Uboote!