Härterer Kurs der NATO gegen Somalias Piraten?
Die Meldung kommt, warum auch immer, mit gehöriger Verspätung: Am 2. April ging nicht nur die niederländische Fregatte Tromp mit Waffengewalt gegen somalische Piraten vor, sondern auch das dänische Kriegsschiff Esbern Snare. Wie das dänische Marinekommando heute (!) mitteilte, befreiten die Dänen Anfang des Monats ein Mutterschiff, reteten 18 Seeleute aus der Hand der Piraten – und auch dabei kam es zu einem Feuergefecht, bei dem drei Piraten verwundet wurden.
Die Original-Meldung der Dänen hier (die Google-Übersetzung hier).
Auffällig dabei: Wie die Tromp fährt auch die Esbern Snare unter dem Kommando der NATO-Anti-Piraterie-Operation Ocean Shield. (Allerdings teilte das NATO-Kommando in Northwood den Zwischenfall mit den Niederländern, bei dem zwei Piraten getötet wurde, sehr schnell von sicht aus mit; den Zwischenfall mit den Dänen dagegen bislang gar nicht.) In beiden Fällen legen die Marinen Wert darauf, dass ihre Soldaten in Selbstverteidigung geschossen hätten, nachdem die Piraten das Feuer eröffnet hätten. In beiden Fällen wird der Name des Schiffes, dass die Soldaten stürmten, nicht genannt.
Für mich stellt sich nach diesen beiden Aktionen die Frage: Hat die NATO jetzt die Devise ausgegeben, dass ihre Seestreitkräfte offensiver gegen die somalischen Piraten vorgehen? Es sieht fast so aus. Auch die EU-Anti-Pirateriemission Atalanta hat Piraten-Mutterschiffe aus dem Verkehr gezogen, wie vor ein paar Tagen die Finnen ebenfalls eine nicht näher bezeichnete Dhau, und dabei 18 Piraten festgenommen. Dabei kam es allerdings nicht zu einer Schiesserei. Hatten die Soldaten unter EU-Kommando einfach Glück?
Und auch das gehört zur heutigen Piratenlage: Der UN-Sicherheitsrat hat sich für Sondergerichte gegen somalische Piraten ausgesprochen. Auch außerhalb des Landes, in der Region.
Niederlande, Dänemark und Finnland? Was um alles in der Welt macht denn unsere Deutsche Marine vor Ort? Wenn Deutschland eh nie richtig eingreift, dann sollten unsere Schiffe nun wirklich langsam nach Hause fahren. Ich finde es mittlerweile wirklich lächerlich – fast jede Nation hat hier bereits Leistung gezeigt. Nur Deutschland nicht.
Vermutlich erlaubt unser ständig angeblich uninformiertes „Parlament der Oberbefehlshaber“ keinen wirksamen Einsatz. Viele Köche verderben den Brei. Wozu wählt das Parlament eine Regierung, wenn es selbst ständig Exekutive spielen will?
@ Vince„Wenn Deutschland eh nie richtig eingreift, dann sollten unsere Schiffe nun wirklich langsam nach Hause fahren.“
Was meinen sie denn mit „richtig eingreifen“? Da stelle ich mal die Gegenfrage: Bei welcher Gelegenheit hat die deutsche Marine denn „falsch“ eingegriffen?
Manchmal lesen sich die Kommentare hier wie die von frustrierten Fussballfans, die sich danach sehnen das endlich mal wieder ein Tor fällt.
@Sebastian S.
„Was meinen sie denn mit “richtig eingreifen”? Da stelle ich mal die Gegenfrage: Bei welcher Gelegenheit hat die deutsche Marine denn “falsch” eingegriffen? “
Über die Inkompetenz deutscher Stellen beim Vorgehen gegen Piraten ist schon einiges veröffentlicht worden, z.B.
http://www.focus.de/politik/deutschland/geiselbefreiung-bitterer-streit-um-die-gsg-9_aid_407686.html
„Richtig eingreifen“ würde davon abgesehen m.E. vor allem bedeuten so einzugreifen, dass es danach keine Bedrohung mehr durch Piraten gibt und möglichst alle Geiseln und Schiffe in Sicherheit sind. Diesem Idealzustand kommt man zur Zeit nicht einmal nahe bzw. versucht erst gar nicht, diesen zu erreichen.
Die Geiseln auf der Hansa Stavanger waren nicht in Sicherheit vor dem Zugriff der Piraten. Zudem hatten die Piraten ihre Verfolger entdeckt. Von daher ist es Folgerichtig das es letztendlich nicht zu einem Befreiungsversuch kam. Jedenfalls wenn man dem Leben der Geißeln die höchste Priorität beimißt und es nicht nur darum geht mit allen Mitteln einer Lösegeldzahlung zu entgehen.
Es gibt übrigens eine weitere bemerkenswerte Entwicklung:
Deutsches Konsortium bietet Policen für Reeder an
Nanu, mir werden keine Rechte mehr zugestanden, meine Schlechtschreibung zu editieren?
Sehr kluger, sehr richtiger Kommentar!
Allerdings hat es auch seine (historische!) Berechtigung, das Parlament über BW-Einsätze entscheiden zu lassen. Nur: ein effektiver, flexibler Einsatz wird dadurch enorm erschwert. Den Kommandanten vor Ort müsste auch viel mehr Handlungsspielraum gegeben werden. Ich habe den Eindruck, dass die Leute sich trauen, weil sie nicht dürfen. (Subjektiver Eindruck, wohl wahr, aber entstanden durch Zuhören bei Aussagen in Interviews und „zwischen den Zeilen lesen“).
Lasse mich aber auch gern eines Besseren belehren.
Dass die Deutsche Marine bisher nicht so „groß raus gekommen“ ist wie die Holländer (und Dänen, und Finnen etc) könnte wohl daran liegen (s.o.: nicht trauen, weil nicht dürfen). Vielleicht waren es aber bisher auch nur fehlende Gelegenheiten: So war bei der SUSAN K die deutsche Fregatte NIEDERSACHSEN wohl in der Nähe, aber ihr Hubschruaber kam leider knapp zu spät, wie bereits von T.W. berichtet.
Siehe dort