Somalias Piraten: Asien schlägt zu
Kurz zusammengefasst, weil man da schnell den Überblick verliert:
Malaysische Soldaten haben bereits gestern einen Piratenangriff auf den Flüssiggastanker Bunga Laurel mit Gewalt verhindert. (Mehr Details hier.)
Südkoreanische Spezialeinheiten haben nach tagelanger Verfolgung den Frachter Samho Jewelry freigeschossen.
Es bleiben noch etliche Details offen, aber eines zeichnet sich ab: Die außerhalb der Bündnisse NATO, EU und Combined Maritime Forces agierenden asiatischen Länder sind offensichtlich zu einem härteren Vorgehen, einschließlich aller Risiken, gegen die Piraten bereit.
Zur Aktion der Südkoreaner gibt es ein Video von AP (einbetten funktioniert nicht, deshalb der Link: http://www.youtube.com/watch?v=BvcAzWr-Fh4)
Der Bloggerkollege von informationdissemination.net sieht vor allem ein Signal der Entschlossenheit, das Südkorea damit aussenden will:
I’m not sure every country would see their own folks wounded in an action, then choose to do something even more daring. Taking the action to storm the ship after taking wounded wasn’t necessarily the call of the CO of the destroyer, indeed it was probably someones call higher in the chain of command – perhaps the civilian side. Things could have gone very wrong when storming the ship, the political risks taken were not trivial. It is something to think about, and something I’m sure the DPRK and China will think about.
Und, weil es dazu passt (auch wenn es in den Kommentaren schon mal irgendwo verlinkt war): Die New York Times berichtet, Blackwater-Gründer Eric Prince sei an der geplanten Privatarmee gegen Piraten beteiligt.
@ Orontes
„Tschetschenien ist ein komplexes Thema, aber schlimmstmöglich war der Verlauf doch eher für die besiegten Tschetschenen als für die Russen.“
Ich kann mir nicht ausmalen das Terrorismus noch extremer werden kann als das in Beslan der Fall war. Das meine ich mit „schlimmstmöglich“. Druck erzeugt Gegendruck, darum sollte man nur drücken wenn man den Gegner damit auch niederwerfen kann.
„was würden Sie als Pirat tun, wenn sie die Vermutung hätten, dass ab jetzt Geiseln nicht mehr als menschliche Schutzschilde funktionieren und beim nächsten Überfall vielleicht Spezialkräfte auf ihrer Fährte sind, die kein Risiko scheuen und keinen Widerstand dulden?“
Momentan ist die Piraterie ein lukratives Geschäft mit geringen Risiken. Das ist ein Unding und darum kann es nicht sein das man gefasste Piraten wieder laufen lässt. Soweit sind wir wohl einer Meinung.
Wenn man nun beginnt die Risiken rigoros zu erhöhen, erreicht man dadurch tatsächlich mehr Sicherheit für die Schifffahrt?
Da das Piraterieproblem wohl nicht von heute auf morgen verschwinden wird muss man sehr langfristig denken. Und bei lang andauernden Konflikten passen sich die Beteiligten an die Taktiken des Gegners an.
Was könnte also passieren? Möchtegernpiraten steigen aus, die Hartgesottenen bleiben übrig. Wenn der Einsatz für die Piraten dadurch erhöht wird das sie den sicheren Tod erwarten müssen, dann könnten sie ihrerseits den Einsatz für die Gegenseite dadurch erhöhen das Geiseln in Zukunft bei Befreiungsaktionen nicht mehr geschont werden.
Man hätte insgesamt vielleicht weniger Vorfälle aber dafür wesentlich kostspieligere und das nicht nur in finanzieller Hinsicht. Darum werden solche Befreiungsaktionen wohl die Ausnahme bleiben. Solange die Piraten nicht mal eingesperrt werden glaube ich sowieso nicht das irgendwer ernsthaft daran interessiert ist die ganze Sache zu ändern.
@ StFwdR
Ob die Geschosse durch gingen oder nicht ist überhaupt nicht der springende Punkt.
Es geht darum das bewusst auf das Überraschungsmoment verzichtet wurde.
@Sebastian S.
Dann hätte da das A -Team das machen sollen.
Diese hätten dann auch kein Problem gehabt die Piraten, einen nach dem anderen bewußtlos zu schlagen, und sie dann einer gerechten Strafe durch ein ordentliches Gericht zuzuführen.
Soweit die Theorie, das es im wahren Leben anders geht als in fiktiven Hollywoodproduktionen sollte bekannt sein.
..dann könnten sie ihrerseits den Einsatz für die Gegenseite dadurch erhöhen das Geiseln in Zukunft bei Befreiungsaktionen nicht mehr geschont werden.
Ach zur Zeit werden die Geiseln durch ide Piraten geschont ?
Da hatte ich ja nun gar nicht mit gerechnet.
Und langfristig bedeutet was ? Einsehen das wir es nicht ändern können und von daher diese Kollateralschäden in Kauf nehmen, sozusagen nen hunni mehr für den neuen LCD-Ferseher, ist ja für einen guten Zweck ? Piratensponsoring über den Kaufpreis?
Tut mir leid, aber DAS steht nicht in meinem Buch !
@ StFwdR
Was wollen sie uns sagen? Dass 100€ mehr je importierter Fernseher Deutschland in den Ruin treibt und so den „vitalen Interessen“ Deutschlands widerspricht? Oder ist das „nur“ so ein Moralargument, weil es ihrem Gerechtigkeitsempfinden widerspricht Kriminellen Geld in den Rachen zu werfen? ;)
Etwas ernster:
Wie würde wohl die Unterstützung für den Aufbau staatlicher Strukturen und die Beseitigung von Krieg und Terror in Somalia in Deutschland aussehen ?
Welche Halbwertzeit hätte eine politische Aussage die dieses realisieren will ?
Ich wage ja die These: Das hängt sehr davon ab, wie glaubwürdig der Ansatz ist.
Und das ist ja auch der Punkt, woran der Verwaltungsaufbau in Afghanistan scheitert (keine Mittel, kein Personal, kein Konzept).
Sicher, einige werden immer gegen jegliches internationales Engagement sein. (Immerhin könnte man das Geld ja verwenden um Deutschen ihre Fernseher zu subventionieren… ;) )
Aber ich habe den Eindruck, dass das Gros vor allem skeptisch ist, dass es lediglich um Aktionismus geht (sprich „dabei sein ist alles“), und nicht um das Erreichen konkreter Ziele. Und die Bereitschaft, dafür zu zahlen, ist nachvollziehbarerweise recht gering – erst recht, wenn mit deutschen Leben bezahlt werden soll.
Sie haben erkannt das die Nummer mit den LCD als Methapher gedacht war, es hängt für uns als exportorientiertes Land ohne Rohstoffe natürgemäß ein vitales Interresse an freien Handelswegen an, ist das nicht mehr gegeben, überlegen Sie selbst die Konsequenzen.
Und das es eine großartige Unterstützung für ein ernsthaftes Engagement sowohl in Afghanistan als auch in einem eventuellen Szenario Somalia geben würde, wage ich ernsthaft zu bezweifen.
Dazu haben die gewählten Volksvertreter viel zu viel Schiß inner Büxe als das sie derartiges vor Ihrem Wahlvolk vertreten würden. Nach Aussen will man jedoch der „gewachsenen Bedeutung der Bundesrepuplik blablabla“.
Also macht man ein bisschen in der Hoffnung das es gutgeht.
Und da das Leben nun mal kein Ponyhof ist holen einen die Sünden der Vergangenheit eben ein.
@ StFwdR
Auf das A-Team werde ich jetzt nicht eingehen. In diese flachen Gewässer folge ich ihnen nicht. Es reicht wenn einer auf Grund läuft.
Nur soviel: Der Tod der Geiseln wird bei so einer „Befreiungsaktion“ bewusst in Kauf genommen. Das lässt sich nicht leugnen. Worum geht es dann also? Um ein Zeichen zu setzen? Und von welchem Wert ist dieses Zeichen? Abschreckung wirkt nicht bei jedem.
„…exportorientiertes Land ohne Rohstoffe natürgemäß ein vitales Interresse…“
Das ist so eine häufig bemühte Worthülse. Was bedeutet das eigentlich? Das ein paar Wegelagerer den Wohlstand und die Sicherheit Europas gefährden? Interesse ja, aber vital? Warum werden die Piraten denn nicht eingesperrt wenn das Interesse tatsächlich so vital ist?
Warum werden die Piraten denn nicht eingesperrt wenn das Interesse tatsächlich so vital ist?
Sehen Sie werter Sebastian S., das fragen Sie mal den Volksvertreter Ihres Vertrauens.
Unsere Wirtschaft lebt vom Export und ist angewiesen auf den Import von Rohstoffen.
Sollte das mal nicht funktionieren, dann gibt es Sand im Getrieb.
Wie z.B. bei den Ölschock in den 70`ern.
Nicht nur das dann Sonntags keine Autos fahren, sondern noch so manch andere liebgewonnene Tätigkeit geht den Bach runter. Preise steigen, Märkte sind nicht mehr erreichbar oder nur noch zu wesentlich teureren Konditionen was gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit im Ausland senkt, in der Folge gehen Arbeitsplätze verloren, ausländische Produkte sind nicht mehr erhältlich und deren Preise steigen und so weiter und so weiter…
Schon vergessen ?
Ich nicht, von daher Ahoi immer ne Handbreit Wasser untern Kiel ;-)
Naja, von einer Blockade der Handelswege kann man von 44 gekaperten Schiffen (2010) zu 21.415 Schiffen (2008), die den Suez-Kanal durchqueren, kaum reden.
Und um die Kosten mal in Relation zu setzen: Die Durchquerung des Suez-Kanals kostete laut Wikipedia im Schnitt je Schiff 251.000 $. Das durchschnittliche Lösegeld je Schiff lag bei 5,4 Mio. $ – gemittelt auf alle Suez-Kanal-Fahrer macht das 11.000 € je Schiff. (Ja, das ist eine theoretische untere Grenze. Aber es macht die derzeitige Größenordnung glaub sehr gut deutlich.)
Und bei allem Gerede um spektakuläre Einzelaktionen: Es glaubt hier wohl niemand, dass die Bundeswehr/GSG9 das Piratenproblem vor Somalia allein in den Griff bekommt. Und schon ist man doch bei den Schlagworten, die in Deutschland erst recht unpopulär sind: „Bundeswehr als Interventionsarmee“ in einem „System kollektiver Sicherheit“.
Es ist vermessen die Ölkrisen der 70er mit dem Piratenproblem zu vergleichen. Bleiben wir doch mal bitte auf dem Teppich. Dschingis Khan war auch kein Handtaschenräuber.
„Warum werden die Piraten denn nicht eingesperrt wenn das Interesse tatsächlich so vital ist?“
Wir hatten letztes Frühjahr bis zu 30 Piraten an Bord und wussten nicht wohin mit ihnen.
Eins ist klar – das sagten sogar die Piraten – in Europa ins Gefängnis zu kommen wäre für sie das beste was ihnen passieren könne.
Auch wenn es für uns „verwöhnte“ Europäer schwierig zu verstehen ist – aber unsere Gefängnisse sind besser als das beste Leben in Somalia.
Es geht hierbei nicht allein um die Piraten, ich bezog mich auf Ihre Entgegenung zu den Im-. & Exportinteressen des Landes als „Worthülse“.
Was im politisch Korrekten Deutschland passiert wenn man das Thematisiert hat ja der gute Horst Köhler am eigenen Leib erfahren dürfen.
Es ging hierbei einzig und allein um die Frage inwiefern sich diese Floskel auf die Piraten anwenden lässt. Wie groß ist denn der Schaden tatsächlich den die Piraten anrichten?
@ ein Mariner
„Auch wenn es für uns “verwöhnte” Europäer schwierig zu verstehen ist – aber unsere Gefängnisse sind besser als das beste Leben in Somalia.“
Das wird häufig so kolportiert, halte ich dennoch für ein Gerücht. Sicherlich ist die Aussicht auf Gefangenschaft in einem europäischen Gefängnis keine besonders erschreckende Perspektive. Trotzdem wird das nicht jeder als lebenswerter sehen.
„Hat sich eigentlich mal jemand bei allem Jubel zu der Befreiungsaktion angeschaut wie das abgelaufen sein muss?
Die Brücke und der ganze Aufbau sehen aus wie ein schweizer Käse und zwar nicht nur von MG Kalibern.“
@ Sebastian S.
Die Einschusslöcher können auch von den Piraten stammen, die am 15.1. das Schiff beschossen und danach gekapert haben.
Wir können darüber nur spekulieren….
„Die Samho Jewelry fährt unter maltesischer Flagge; am Heck steht der Heimathafen Valetta. Also: Das ist, zumindest formal, ein Schiff aus einem EU-Staat. Aber EU/Atalanta hat sich nicht gefordert gefühlt, zumindest nicht so wie die Koreaner…“
@ T. Wiegold.
Die SAMHO JEWELRY war nicht bei MSCHOA und UKMTO registriert!
Siehe EUNAVFOR Bericht:
http://www.eunavfor.eu/2011/01/mv-samho-jewelry-pirated-in-the-indian-ocean/
@Janmaat
Habe nicht von der Registrierung bei EUNAVFOR gesprochen, sondern von dem Flaggenstaat, der bei der Diskussion der Deutschen ja immer eine wichtige Rolle spielt.
@ Sebastian S. | 22. Januar 2011 – 16:08
„Da nimmt man dann eben in Kauf mal ab und zu ein Lösegeld zu bezahlen …“
Würde eher sagen: Da nimmt man eben in Kauf, dass die eigenen Matrosen von barbarischen Wilden, angegriffen, verschleppt und mit den Umbringen bedroht werden.
Wenn vergleichsweise ein Dienstgeber in Deutschland seine Pflichten aus dem Arbeitnehmerschutz so auffassen würde, wie die deutschen Reeder, säße er im Gefängnis!!
Wer hätte das gedacht?
http://www.reuters.com/article/idUSLDE70M01O20110123
Und ? Was soll uns das sagen ?
Glaube, dass es für koreanische Seeleute, die auf Schiffen unter deutscher Flagge fahren, sehr gefährlich wird.