Randvolle Agenda: Gorch Fock, Piraten und Haushaltswünsche
Die Woche startet aus verteidigungspolitischer Sicht sportlich.
Erst mal geht es natürlich um die Vorgänge auf der Gorch Fock, die Ablösung des Kommandanten, das weitere Vorgehen des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Und um die beiden anderen aktuellen Aufreger in der Debatte: den tödlichen Schiessunfall im OP North im Dezember und die geöffnete Feldpost.
Dann ist heute morgen interessant zu lesen, dass der Minister angeblich 1,2 Milliarden Euro zusätzlich für den Umbau der Bundeswehr in diesem Jahr möchte.
Und, was fast ganz untergeht: Heute gibt’s noch einen Piratengipfel von Bundesregierung und Reedern. Der Marineinspekteur hat schon mal auf die rechtlichen Einschränkungen hingewiesen.
Schauen wir mal, wie das alles wird.
(Ach so, auch das noch: Bundeswehr feuert Al-Qaida-Aussteiger.)
Ups, Nachtrag: Da ist mir doch glatt durchgegangen, dass außerdem noch in dieser Woche die Verlängerung des ISAF-Mandats beschlossen werden soll. Und vermutlich der Arbeitsstab Umbau der Bundeswehr dem Minister seine Vorschläge vorlegen wird. Hab‘ ich sonst noch was übersehen?
Stichwort GF u.a.: Da bleibt einem die Spucke weg. Ohne das Ergebnis der Untersuchung abzuwarten und offenbar ohne Kenntnis des IN Marine sowas durchzuziehen… Es zeigt sich nunmehr endgültig, dass den Minister nur seine Umfragewerte interessieren, nicht die Soldaten. Er macht (Reduzierung, Abschaffung der Wehrpflicht, nunmehr GF u.a. Ereignisse) aus der Bundeswehr eine Armee von Verlierern, um seine Karriere (Seehofer-, dann Merkel-Nachfolge) nicht zu gefährden. Und unserer Leopard-Experte Königshaus steht auch nicht gerade als jemand dar, dem es um die Soldaten und ihre Schutzwürdigkeit geht. Den Zuschauer packt Ekel.
Ich bin auf die nächsten Verlautbarungen aus dem Ministerium gespannt – wie bereits befürchtet : „Nach den ersten Anschuldigungen melden sich immer mehr Soldaten zu Wort, bringen durch erschreckende Bekenntnisse immer neue Details ans Licht in den Medien (bild)“ – es ist nicht mehr schön, wie die Medien sich auf den Posten des Verteidigungsministers einschiessen, zu mal der zeitliche Kontext bei vielen Vorfällen nicht gegeben ist …
@ltc007 : vielleicht wissen Sie mehr als ich, doch ich warte die nächsten offiziellen Meldungen ab, bevor ich den Fehler begehe, welchen ich andere bezichtige, begangen zu haben :)
Ich denke, diese Hyperaktivität von Guttenberg auf Zuruf der Bild wird sich schon kurzzeitig als Eigentor erweisen – man kann nicht am einen Tag lückenlose Aufklärung fordern, um dann am nächsten Tag ohne jede weitere Erkenntnis den Kommandanten vom Posten abzuberufen.
@LTC007:
Abgesehen davon, dass der Minister das durchaus im gleichem Atemzug mit der Abberufung hätte verlautbaren sollen, war für mich eigentlich klar, dass dahinter nur das übliche Verfahren steht bei verfahrenen Situationen in der betroffenen Einheit erstmal wieder Arbeitsfähigkeit herzustellen. Das hat mit Aktionismus nun gar nichts zu tun. Das habe ich auch beim Heer schon so erlebt, übrigends ohne, dass in dem Fall bei dem Betroffenen etwas nennenswertes hängen blieb, wie sich herausstellte lagen die Verfehlungen damals bei jemand ganz anderem, hatten aber so eine Dynamik entwickelt, dass nur so die starren Positionen der Beteiligten erstmal aufzulösen waren um überhaupt ermitteln zu können.
Ich empfehle die Pressemitteilung des BMVg vom Wochenende zur Lektüre:
http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd4k3cbcASUGYxvqR6GJu5gixoJRUfW99X4_83FT9AP2C3NCIckdHRQC7F07g/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfRF80SkVQ?yw_contentURL=%2FC1256F1200608B1B%2FW28DDLUV853INFODE%2Fcontent.jsp
wenn das so normal ist, warum geschieht es erst jetzt und warum gibt es die gleiche Maßnahme in anderen Fällen nicht? Z.B. Ablösung des Kdr ASB MeS bzw. Kdr RC-N (nach Todesfall)? Ablösung des Kdr InfS (nach Schießunfall vor einigen Jahren)? Ablösung Kdr KSK (Schießunfall vor einigen Jahren)? Auch hier hat jeweils die StA ermittelt.
Glaubwürdig ist das nicht.
Man darf nicht vergessen, dass es sich nicht nur um einen Disziplinarvorgesetzen handelt, der für die Dauer der Untersuchung von seinen Aufgaben entbunden (nicht versetzt, …) wurde. Sondern er ist gleichzeitig noch Kapitän des Schiffes, auf dem die ersten Untersuchungen stattfinden sollen.
Und auch dieses umfangreiche „Hausrecht“ gilt es bei der Bewertung zu betrachten.
@Memoria
Nun bleibt doch mal auf dem Teppich ;-)
Die GF ist nun mal schlecht mit Verbänden im Einsatz vergleichbar. Die Position des Kapitän eines derartigen Schiffes ist nun mal herausgehoben und er stünde weiter im Kreuzfeuer der medialen Skandalpresse, so aber zieht der Minister den Focus auf sich und gut ist.
Meine Güte, was haben wir den an harten belegten Fakten ?
2 tote Soldaten und geöffnete Post mit entwendeten Inhalt.
Der Rest sind doch nur wilde Spekulationen auf der Basis von seidigem Halbwissen und anonymen Berichten von „ehemaligen Offiziersanwärtern“.
Da wird über die „harte und unmenschliche“ Ausbildung schwadroniert diesen „unmenschlichen Drill“ und über „sexuelle Belästigung“ ohne auch nur ansatzweise zu Erläutern worin dies bestanden haben soll.
Es wird bewußt breiter Raum für Spekulationen gelassen.
Motto : Scheiße schmeißen, es bleibt ja doch was hängen.
Wären diese heute heute Offizier, so würden die Medien das zwiefellos höchst medienwirksam puplik machen. Von daher darf über deren Motivation gerade jetzt an die Öffentlichkeit zu treten munter spekuliert werden.
Es sind politische Ränkespiele die da Ablaufen, nicht mehr und nicht weniger.
Am Ende des Tages wird man sehen was dabei rauskommt.
Zur ereignisreichen Woche:
Wird Dienstag nicht auch noch der Jahresbericht des Wehrbeauftragten vorgestellt?
@J.R.
Ich wusste doch, dass ich noch was vergessen hatte.
@icharbeitegern:
Das ist ja gerade das Perfide, dass das in der Einlassung des Ministers vom Freitag bewusst nicht oder nicht deutlich gesagt wurde nach dem Motto: Die vorläufige Beurlaubung vom Amt habe ich deshalb angeordnet, weil…. Und Danke für den Hinweis auf die Presse-Erklärung. In der neuesten Version des Ministers werden alle für bekloppt erklärt, die Kritik zu äußern wagen. Souveränität und gutes Gewissen sehen anders aus.
Die deutsche Marine sollte sich vor Somalia zurückziehen, ihre Schiffe verkaufen und das Geld in einen Lösegeldfonds stecken. So ist das bestenfalls ein Witz.
@ Tom:
Der Disziplinarvorgesetzte an Bord eines Schiffes ist der IO (erste Offizier), der Kommandant hat bereits die 2.Stufe (vglb. Bataillonskommandeur).
Eleganter – und m.E. fairer (in dubio pro reo) – waere es gewesen, den Kommandanten zur Befragung auszufliegen, ihn aber vorerst offiziell auf seinem Posten zu belassen.
Es kann immer mal sein, dass ein Kommandant durch einen anderen kurzfristig (Krankheit) vertreten wird.
Jetzt bekam das Ganze eher den Beigeschmack des Aktionismus‘ anstatt eines ernsthaften „In-Schutz-Nehmens“.