Die erste Gefechtsmedaille für einen Gefallenen
Die erste der neuen Gefechtsmedaillen der Bundeswehr hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verliehen: Die neu gestiftete Medaille erhielten am Donnerstag die Angehörigen des Hauptgefreiten Sergej Motz, der am 29. April 2009 bei Kundus als erster Bundeswehrsoldat in einem Gefecht gefallen war. Das Gefecht, in dem er fiel, markierte eine bis dahin nicht gekannte Intensität des Afghanistaneinsatzes für deutsche Soldaten, erklärte das Ministerium.
Auch vor dem 29. April hatte es deutsche Gefallene gegeben – angefangen mit Oberstabsarzt Dieter Eißing, dessen Hubschrauber 2001 beim Einsatz für die UN-Mission in Georgien abgeschossen wurde. Doch er wie die Soldaten, die in Afghanistan durch Feindeinwirkung ums Leben kamen, starben bei Anschlägen, nicht in einer Gefechtssituation. Der Stiftungserlass für die Gefechtsmedaille sieht vor, dass der Auszuzeichende mindestens einmal aktiv an Gefechtshandlungen teilgenommen oder unter hoher persönlicher Gefährdung terroristische oder militärische Gewalt erlitten hat; außerdem ist als Stichtag dafür der 28. April 2009 festgelegt.
Am kommenden Montag will Guttenberg im Bendlerblock, dem Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums, weiteren Soldaten die Gefechtsmedaille verleihen, die ja eine Sonderstufe der Einsatzmedaille der Bundeswehr ist. Außerdem sollen an diesem Tag Soldaten und Angehörige von Gefallenen weitere Auszeichnungen wie das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold und das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit erhalten.
(Foto: BMVg)
(Diese Information vom Donnerstagnachmittag hatte das Verteidigungsministerium mit der Sperrfrist Freitag 6 Uhr versehen. Da sie bereits über die Agenturen und andere Medien läuft, geht jetzt natürlich auch meine Meldung raus. Während das Ministerium noch auf der Sperrfrist beharrte, hat nämlich der Minister selbst bei dieser Veranstaltung von der Verleihung berichtet. )
Dem Vernehmen nach verdanken mehrere Kameraden ihr Leben dem Opfer des Kameraden Motz. Eine offizielle Ehrung erscheint auch daher als lange überfällig. Es erscheint allerdings als zynisch, dass diese Ehrung durch eine politische Führung verliehen wird, welche der Entwicklung in Kunduz nicht nur tatenlos zugesehen hat, sondern auch Maßnahmen anordnete, welche diese Entwicklung begünstigten. Was seit Anfang 2009 in der Provinz Kunduz geschieht, ist auch eine Folge des gescheiterten passiven („Vorrang vor Zivil“) deutschen Ansatzes dort. Ausnahmsweise zitiere ich den Spiegel. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,483714,00.html Spätestens hier trafen die politische und militärische Führung falsche Entscheidungen, die sich ab 2009 rächten.
„angefangen mit Oberstabsarzt Dieter Eißing“?
Was ist mit Alexander Arndt?
http://www.welt.de/politik/article1251887/Bleiben_auch_wenn_nicht_alle_heil_zurueckkehren.html
Nur weil in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden, erscheint die Stiftung und Verleihung einer Gefechtsmedaille doch nicht schon zynisch?
Diese Medaille ist im Wesentlich doch nur:
a) ein weiterer Schritt in die Richtung der Normalität innerhalb des Militärs (Ehrung und Hochachtung für aktive Gefechtsteilnehmer)
und
b) Beleg für Guttenbergs Unantastbarkeit, dass er diese ohne großes öffentliches Aufhebens durchgesetzt hat.
@D.B.
Arndt war der erste Tote der Bundeswehr in einem Auslandseinsatz, aber nicht der erste Gefallene. (Es sei denn, man will diesen Begriff auf jegliche kriminelle Aktivität erweitern.)
Im heutigen Tagesspiegel findetsich ein unsäglicher Kommentar, der durch sich durch völlige Ignoranz und vermeintliche moralische Überlegenheit auszeichnet…
Mir kam fast der Kaffee hoch, als ich dieses Gefasel lesen musste.
Die Dame hat sich offenbar zum Thema Afghanistan und den Fakten zu den Gefechten der letzten zwei Jahre nur begrenzt sachkundig gemacht.
Es bleibt die Frage, warum ausgerechnet diese Person an prominenter Stelle zum Thema kommentieren darf…
Link: http://www.tagesspiegel.de/meinung/militaerischer-ruhm-ist-abgeschafft/3329220.html
[Thelamon: Da der Link zum Nachlesen da ist, habe ich das Zitat gekürzt – weil eine komplette Übernahme des Textes über ein Zitat weit hinausgeht und ich rechtliche Probleme mit dieser Übernahme vermeiden muss. Bitte um Verständnis. T.W.]
Ich muss meine Kritik an der Gestaltung der Medaille ein wenig einschränken.
Entgegen den anderen Einsatzmedaillen und Ehrenkreuze kommt sowohl die Spange als auch die Medaille als solches hinsichtlich der Verarbeitung wesentlich hochwertiger herüber als die bisherigen.
@ Thelamon:
Hmm … ich weiß nicht, ich kann nicht sagen, dass mir der Tenor des Textes gefällt, jedoch ist er eine fundierte und nachvollziehbare Meinung im Gegensatz zu bestimmten Reflexen linker Politiker. Würden Politiker der LINKEN auf solch niveauvoller Ebene argumentieren wäre ich froh.
An dieser Stelle muss ich sagen, ich teile die im Kommentar dargestellte Meinung nicht, akzeptiere sie aber als sachliche Gegenmeinung in einer demokratischen Gesellschaft.
Ich bleibe dabei, das die Intention hinter der Stiftung gut und dankenswert ist, das Design dieser Auszeichnung allerdings unwürdig und mehr als einfallslos.
Da in 99% der Fälle keine Orden in Originalgröße getragen werden, geht diese Auszeichnung inmitten des restlichen „Bandsalats“ verloren. „Was kommt da als nächstes“, las ich eben in einem Forum, “ etwa „Schuhputz“ für selbigen, oder „Truppenverpflegung“ für das unfallfreie Einehmen dieser?“
Das spiegelt glaube ich ganz gut die Ungläubigkeit der Aktiven ob dieser Einfallslosigkeit der Verantwortlichen wieder…
Zu Thelamon,
‚mal auf auf den entsprechenden Tagesspiegel-Link gehen und sich dort die Kommentare zum Kommentar von Frau Tönnies gehen – Die sprechen sich alle gegen diesen Unsinn aus
Ich hab den Eindruck, dass für einige die „zivile“ Kritik an der aktuellen Medaillenschwemme nicht so ganz nachvollziehbar ist.
Daher hier der Versuch einer Erklärung.
Letztlich gibt es Medaillen aus genau zwei Gründen:
– Weil sich die Ausgezeichneten anerkannt fühlen
– Weil der Medaillen-Verleiher so Treuepunkte bei den Auszeichenbaren sammelt
Soweit, so unspektaktulär. Findet sich überall in der Gesellschaft – vom örtlichen Verein über überregionale Handelsketten bis hin zu Olympiade und Computerspielen. Von daher hab ich auch nicht den Eindruck, dass „die Gesellschaft“ sich besonders für das Prämiensystem der Bundeswehr an sich interessiert, oder den Soldaten ihre Treueboni nicht gönnt. Tut sie ja bei der Polizei auch nicht.
Tatsächlich dreht sich die Kritik um zwei Punkte:
– Anerkennung/Gerechtigkeit
Warum gibt es eine Medaille für Dieter E., aber nicht für Daniela B.? Oder für die in afghanistan getöteten Polizisten? Den in Kundus getöteten deutschen Objektschützer? Sind das Tote zweiter Klasse?
Und das geht doch munter weiter: Leistet der Übersetzer, der mit den deutschen Soldaten rausgeht, weniger als die Soldaten? Warum wird seine Leistung weniger gewürdigt? Erst recht wenn er Afghane ist, und als solcher besonders gefährdet? Warum kriegt jeder ISAF-Soldat eine Einsatzmedaille, aber von den deutlich gefährdeteren afghanischen Lagerwachen – die für die Bundeswehr und damit den Deutschen Staat arbeiten – kennt kaum jemand die Namen?
Dazu kommt dann noch das Detail, dass die Gefechtsmedaille in sich schon anachronistisch und ungerecht ist, gerade in asymmetrischen Konflikten. Oder hat jemand, der 49 IEDs findet, aber nie beschossen wurde, wirklich weniger Anerkennung verdient? Hat ein Nicht-Militär, der mehr Zeit außerhalb gesicherter Lager verbringt als jeder Soldat, weniger Anerkennung verdient?
Bitte nicht falsch verstehen: Es geht nicht darum, dass die Leistung von Soldaten nicht anerkannt werden soll. Mehr Anerkennung für mehr Leistung ist nicht der Knackpunkt. Sondern Leistungsgerechtigkeit und Gleichbehandlung: Wer mehr leistet soll mehr anerkannt werden. Durch die Bank, ohne wenn und aber. Und das ist bei weitem nicht der Fall.
Und hier tun sich, mit Verlaub, die deutschen Soldaten mit der (vermutlich nichtmal bösartig gemeinten) Beschränkung auf die eigene Nationalität und die eigene Berufsgruppe nicht gerade hervor. Dieser Mangel an Solidarität wird auch auch ganz gut sichtbar an der etwas anachronistisch-betriebsblinden Debatte um ein Eisernes Kreuz der Bundeswehr. Sowas unterstreicht irgendwie auch, dass „vernetzte Ansätze“ und das volle Spektrum an Konfliktlösungen oder gar Konzepte wie Konfliktprävention es noch nicht richtig in die Bundeswehr-Köpfe geschaft haben.
– LoyalitätVerantwortlichkeit
Der andere Punkt ist eine gewisse Angst um den Bürger in Uniform. Oder weniger höflich ausgedrückt: Es entsteht der Eindruck, dass die Loyalität der Uniformierten mit Orden gekauft werden soll; dass sie dem Verteidigungsminister zu gelten hat und nicht dem Deutschen Volk. Ist ja auch eine deutsche Militärtradition: Je mehr Soldaten sterben, je weniger dieses Opfer zu erklären ist, desto mehr Orden werden verteilt.
Gerade was Verantwortlichkeit angeht macht die Bundeswehrführung ja derzeit ’ne ziemlich schlechte Figur: Wer den Mund aufmacht und was zur Einsatzrealität sagt kriegt ein Disiplinarverfahren, wer bereitwillig seine Haut hinhält kriegt ’nen Orden.
Da ist auch das Timing schlicht extrem ungünstig: Die Unterstützung in der Bevölkerung für den Einsatz ist rückläufig. Die Mängelliste in der Bundeswehr ist lang. Die Stimmung in der Truppe ist anscheinend nicht gerade gut, sowohl was den Arbeitgeber generell, als auch den Sinn der Mission im Speziellen angeht.
Hier würde man dann irgendwie Verbesserungen, Konzepte, Erfolge, eine Einsatz-Perspektive oder wenigstens Transparenz erwarten, um verlorengegangenes Vertrauen wieder gutzumachen. Stattdessen wird eine soldatische Zulage gekürzt und fast zeitgleich ein neuer Orden gespendet. Ich glaub, da fühlen sich Soldaten und der Rest der Bevölkerung gleichermaßen … für dumm verkauft.
Und das ist letztlich der Eindruck der hängenbleibt:
Auf eine komplexe Situation wird mit zweifelhaften kosmetischen Tricks aus der Mottenkiste reagiert.
Dazu kommt dann noch ein zusätzlicher Vertrauensverlust, der Eindruck einer in sich geschlossenen Soldaten-Welt, die es nicht für notwendig erachtet sich obigen Bedenken zu stellen, ja sie vielleicht nichteinmal wahrnimmt.
Korrektur: Im Text müßte es „Sergej M.“ statt „Dieter E.“ heißen. Letzterer geht ja auch „leer“ aus…
Das ist ganz einfach: Oberstabsarzt Dieter Eissing starb beim Abschuss seines Hubschraubers (keine aktive Beteiligung im Gefecht), Hauptgefreiter Sergej Motz fiel dagegen in einem Gefecht, an dem er aktiv beteiligt war und in dem er sich fuer seine Kameraden opferte (so zumindest laut Berichten). Ein ganz wesentlicher und klar erkennbarer Unterschied oder?
Die neue Gefechtsmedaille ist aus meiner Sicht potthaesslich und hat Aehnlichkeit mit einer Sammelmuenze, eine Wiederbelebung des alten (Infanterie-) Sturmabzeichen samt dessen Verleihungsbestimmungen waere zweckmaessiger und wuerdiger gewesen.
Nein, zumindest für mich ist das kein klar erkennbarer Unterschied. Oder meinen sie, das Zurückschiessen sei das besonders Auszeichnungswürdige? Wer also auf Patrouille angesprengt oder von einem Selbstmordattentäter umgebracht wird hat halt Pech, war halt nicht gefechtig genug? Wer beschossen wird und nicht zurückschiesst weil die Identifizierung nicht klar ist, hat halt Pech? Wer als Deutscher im Kampf stirbt um den Aufbau zu sichern, hat halt Pech wenn er nicht bei der BW ist? Wer als Ausländer für die Bundesrepublik kämpft hat sowieso Pech? Wer ohne Waffe ein gleiches oder grösseres Risiko trägt ist sowieso irrelevant?
Das kann’s ja wohl alles nicht sein.
Ich hab den Eindruck, als wollte man jenen, die besondere persönliche Härten und Risiken auf sich nehmen, Anerkennung dafür ausdrücken. Nur hat man das mit diesem undurchdachten retro-militärischen Ansatz ziemlich verpfuscht.
Zum ersten Absatz: Ja, es ist tatsaechlich ein Unterschied, ob man lediglich Beteiligter oder Opfer eines Anschlags / Abschusses ist, oder sich fuer seine Kameraden opfert und ihnen das Leben rettet. Ich wiederhole es nochmal: Nach dem, was ich gelesen habe, hat er nicht nur das Feuer erwidert, sondern durch seine Handlung den Tot weiterer Kameraden verhindert!
Grundsaetzlich teile ich die Kritik an der Gefechtsmedaille, ihr Nutzen ist mir vollkommen unklar. Ein Infanterist patrouilliert, der Pionier entschaerft IEDs und der Stabsdienstsoldat und Instandsetzer stellen sicher, dass die beiden Ersteren das machen koennen. Jeder erfuellt seine Pflicht und fuer Pflichterfuellung werden keine Medaillen und Orden vergeben. Die hoehere Gefahr, der die beiden Ersteren ausgesetzt sind, wird hoffentlich bald durch einen hoeheren AVZ gewuerdigt.
Fuer alles was ueber Pflichterfuellung hinaus, darunter herausragende Tapferkeit auf dem Gefechtsfeld, muessen sinnvolle, abgestufte Auszeichnungen her. Und die deutsche Geschichte sieht dafuer eine Anzahl sehr sinnvoller Auszeichnungen inklusive guter Verleihungsbestimmungen vor:
Verwundetenabzeichen in Schwarz / Silber / Gold
Infanterie- / Allgemeines Sturmabzeichen in Bronze / Silber (Gold koennte man neu einfuehren)
Nahkampfspange in Bronze / Silber / Gold
Eisernes Kreuz II. / I. Klasse
Darueber hinaus konnen auch Aermel- und Fahnenbaender wieder ihrer urspruenglichen Verwendung zugefuehrt werden und so ganze Einheiten und Verbaende auszeichnen.
@J.R.
können Sie mir mal erklären, was am Eisernen Kreuz „anachronistisch“ sein soll, wenn in dem unverändert gültigen Traditionserlass der Bundeswehr das Eiserne Kreuz als Sinnbild für Tapferkeit steht und es deshalb in den Truppenfahnen der Verbände geführt wird.
Im übrigen kann ich Ihre Kritik auch nicht nachvollziehen. Für Ordensverleihungen an Afghanen dürften ja wohl die Afghanischen Streitkräfte zuständig sein, für Zivilisten die zuständigen Regierungen etc… Und in puncto Gerechtigkeit kann ich nur Boots on the Ground zustimmen, wenn er ein hinreichendes Ordensspektrum fordert.
Und was sollen denn Ihre Ausführungen zur Loyalität, die mit „Orden zu erkaufen sei“? Die Loyalität der deutschen Soldaten steht doch wohl außer Frage. Einer Armee, die seit Jahren um eine angemessene Kampfausrüstung kämpft und trotz der zivilen „Ausbläser“ an ihrer Spitze immer noch unverdrossen im Kampf steht, kann man doch nicht mangelnde Loyalität unterstellen.
@ Poltikverdruss
Der galgenhumorige Patch „I fight for Merkel“ drückt in meinen Augen einiges an Verdruss aus, und nicht zuletzt Zweifel an der Nachhaltigkeit der Mission und deren Nutzen für Deutschland. Wenn ein Soldat aber nicht glaubt, dass seine Tätigkeit zum Nutzen Deutschlands ist, wem gilt dann seine Loyalität?
Aber zum Eigentlichen:
Das „Eiserne Kreuz“ ist eine reine Militärauszeichnung, das ist der Widerspruch zur Moderne. (Dass der Orden nebenbei noch an Kadavergehorsam und Volkssturm erinnert ist hier nichtmal der Punkt.)
Nur ist es schlicht nicht mehr so, dass Soldaten die Tapferkeit gepachtet haben, oder dass sie allein besonderen Härten oder Grausamkeiten ausgesetzt wären. (Ob es je so war sei mal dahingestellt.)
Gerade in asymmetrischen Konflikten, Schlagwort zivil-militärische Kooperation, vernetzter Ansatza etc. blabla sollte das recht offensichtlich sein. Ein Gefahrengebiet, in dem allein das Militär allein militärische Aufgaben zu bewältigen hat ist eine Vorstellung der Vergangenheit.
Und das geht schon im Einsatz-Zug los: Leistet der Dolmetscher weniger als der Soldat? Ist er weniger im Gefecht? Sind seine persönlichen Härten und Risiken geringer? Ist er weniger tapfer? Bei den Amerikaner kriegt der Dolmetscher nichtmal ’nen winterfesten Anorak, und wenn er Pech hat auch keinen Zugang zur Lager-Messe oder keinen Platz im Flieger. Soviel zu „Anerkennung“.
Sehr gut deutlich wird es auch in der Dokumentation „The War Tapes“: Die LKWs der Nationalgardisten haben kugelsichere Scheiben, die Drittstaatler werden selbst mit zerschossener Windschutzscheibe noch auf die Straße geschickt.
Und auch in deutschen Feldlager ist es doch nicht anders: Ist der Koch Soldat kriegt er ’ne Einsatzmedaille, ist er Pakistani kriegt er ’nen feuchten Händedruck. Gleichbehandlung? Anerkennung persönlicher Härten und Leistungen? Leistet letzterer weniger für Deutschland?
Und das ist jetzt nur der Anfang. Was wäre, wenn Deutschland mit dem vernetzten Ansatz wahrmachen würde, und mehr Nicht-Militärs in Krisenregionen eingesetzt würden?
Im Englischsprachigen verwendet man dafür mittlerweile den Begriff „Entitlement“ (etwa bei Ann Jones): Vermutlich läßt sich das mit „Anspruchsdenken“ übersetzen. Gerade diese fehlende Solidarität, diese Nicht-Bereitschaft gleiche Leistung bei anderen anzuerkennen, untergräbt eben jenen Hinweis auf eine gerechte Behandlung. Aus „Die besondere Leistung von Flecktarnträgern wird nicht angemessen gewürdigt“ wird „Flecktarnträger haben ein Recht darauf besonders gewürdigt zu werden“. Statt eine breite Basis für berechtigte Anliegen zu bilden pflegt man Elitismus. Dass das kontraproduktiv leuchtet glaub ein.
„Das “Eiserne Kreuz” ist eine reine Militärauszeichnung, das ist der Widerspruch zur Moderne. (Dass der Orden nebenbei noch an Kadavergehorsam und Volkssturm erinnert ist hier nichtmal der Punkt.)“
Genau das ist der Fehler, hier wird eine Tradition, die wesentlich älter ist, wiederum auf die dunklen 12 Jahre reduziert. Wobei jeder EK-Träger per se des Kadavergehorsam verdächtig ist.
„Und auch in deutschen Feldlager ist es doch nicht anders: Ist der Koch Soldat kriegt er ‘ne Einsatzmedaille, ist er Pakistani kriegt er ‘nen feuchten Händedruck. Gleichbehandlung? Anerkennung persönlicher Härten und Leistungen? Leistet letzterer weniger für Deutschland?“
Einspruch! Der Koch ist dem deutschen Volk verpflichtet, der Pakistani nutzt den Job zum Geldverdienen. Man könnte natürlich auch eine Umfrage bei den Küchenhilfskräften starten, ob sie sich Deutschland besonders verpflichtet fühlen oder sonstwie dem Guten auf der Welt zum Durchbruch verhelfen wollen.
Außerdem kann man jeden pakistanischen Koch einsparen, indem man die Bundeswehr um die ganzen outgesourcten Kohorten wieder vergrößert. Ist aber ziemlich unrealistisch, oder ?
„Und das ist jetzt nur der Anfang. Was wäre, wenn Deutschland mit dem vernetzten Ansatz wahrmachen würde, und mehr Nicht-Militärs in Krisenregionen eingesetzt würden?“
Haha, guter Witz. Alle diejenigen, die am lautesten schimpfen, sind für kein Geld der Welt bereit, ihren Allerwertesten aus den gutbeheizten Stuben dorthin zu bewegen, wo es gefährlich wird. Seit 10 Jahren könnten tausende Friedensaktivisten AFG überschwemmen und helfen, den Konflikt FRIEDLICH zu lösen. Ist jemals einer von ihnen von den Behörden an der Reise nach AFG gehindert worden ??? Ich meine nicht diejeinigen, die nur zu Studienzwecken und geistiger Erbauun nach PAK reisen und sich dann in der Hausnummer irren…
Das EK gibt es seit 1813… nur um die Jahreszahl mal auszusprechen. Es galt als revolutionär für Deutschland, weil mit ihm erstmals eine Tapferkeitsauszeichnung ohne Rücksicht auf Stand, Dienstgrad oder Herkunft verlieh. Dieser Gleichheitsgedanke hat in meinen Augen immer noch eine Berechtigung. Diese Auszeichnung auf „Volkssturm“ und Kadavergehorsam zu reduzieren, ist unzutreffend und wird ihr bei Weitem nicht gerecht.
So konnte ein jüdischer Kaufmann z.B. in den Wirren der Zeit vor dem II. Weltkrieg seinen Laden allein vor der Verwüstung durch die SA schützen, indem er sich mit dem EK 1 auf der Brust (was er sich im Ersten Weltkrieg verdiente) vor die Ladentür stellte – der Mob zog kleinlaut weiter. Diese Geschichten gehören zum Eisernen Kreuz dazu, das sollte man nicht vergessen.
Einspruch! Der Koch ist dem deutschen Volk verpflichtet, der Pakistani nutzt den Job zum Geldverdienen.
Ändert das was am persönlichen Erleben? Zeigt er weniger Einsatz?
Orden für eine nicht näher meßbare Gesinnung, für’s „Deutschsein“, das kann wohl kaum ihr Ernst sein? ;)
Haha, guter Witz. Alle diejenigen, die am lautesten schimpfen, sind für kein Geld der Welt bereit, ihren Allerwertesten aus den gutbeheizten Stuben dorthin zu bewegen, wo es gefährlich wird.
Ist dem so? Tim Lynch schimpft ziemlich laut, und ist wohl länger in Afghanistan unterwegs als irgendein Bundeswehrsoldat. In Kabul (und nicht nur da) hat es mehrere von Freiwilligen betriebene Kliniken – aber gegenüber dem Dienst im Feldlager ist das ja sicherlich ein Zuckerschlecken. Ansonsten hätte es da noch das von MIT-Studenten mitgegründete FAB-Lab. Das Human Terrain Team-Programm der Amerikaner. Und woher kriegt die Bundeswehr ihre Übersetzer? Wer fährt denn die Resourcen der Bundeswehr über Straßen, auf die sich die Bundeswehr nur im Konvoy traut?
Wie disfunktional das zweigleisige zivil-militärische Ordensgetue sein kann zeigt sich in meinen Augen ganz gut an der Auszeichnung Dr. Littles mit dem Freedom Award. Der Mann war 34 Jahre in Afghanistan, hat zahlreichen Menschen geholfen, und das unter hohem persönlichen Risiko, was er letztlich mit dem Leben bezahlte. Wie man es dreht und wendet: Der Mann hat sich um Amerika und Afghanistan wirklich verdient gemacht. Posthum kriegt er jetzt eine Auszeichnung, die er sich mit wenig herausragenden Ausländern wie dieser Frau Merkel teilen darf. Und das ist schon das meiste was geht…
Umgekehrt scheinen vielen Soldaten „zivile“ Auszeichnungen nicht gut genug. Ob da wirklich jeder mehr Einsatz gezeigt hat als etwa Frau Schefter mag bezweifelt werden.
Als Angehöriger der deutschen Streitkräfte entwickelt man mit der Zeit ein recht dickes Fell gegen vermeintliche Experten die irgendeinen wilden Bezug zum Nationalsozialismus aus dem Hut zaubern.
Meine Kameraden, die Bundeswehr und ihre „Unternehmensphilosophie“ die Innere Führung sind so weit vom Nationalsozialismus und dem Dritten Reich entfernt, dass wir uns schon gar nicht mehr weiter davon distanzieren können.
Das Eiserne Kreuz unter dem Motto „Kadavergehorsam und Volkssturm“ schlicht auf seine Verwendung unter Hitler zu stilisieren ist schon eine sonderlich subjektive Maßanfertigung.
Generell kann man sich als Soldat nur wundern welch eigentümliche Gedankengänge über das Thema Bundeswehr/Auslandseinsätze/etc. gesponnen werden.
PS: Ihr Blog ist Teil meiner täglichen Lektüre. Sehr gut. Weiter so.
@J.R.: Kadavergehorsam? Informieren Sie sich mal ueber deutsche Militaergeschichte. Kadavergehorsam war nie ein wesentlicher Bestandteil deutscher Kriegsfuehrung. Bereits im 19. Jahrhundert stellten britische Beobachter fest, dass deutsche Unteroffiziere selbstaendiger handeln durften als Offiziere in anderen Armeen der damaligen Zeit.
Der von Ihnen angesprochene Dolmetscher ist kein Soldat, er ist kein Kombatant und niimmt nicht aktiv am Gefecht teil. Wird er getoetet, dann „stirbt“ er und „faellt“ nicht. Seine persoenlichen Risiken sind geringer als die der Patrouillensoldaten, da er nicht am Gegenstoss waehrend eines Hinterhalts teilnimmt, sondern waehrend sicher im Fahrzeug oder im Strassengraben sitzt (und davor vielleicht noch entscheidende Informationen an die Taliban weitergegeben hat). Er mag mutig sein, aber er ist nicht tapfer. Die zivilen Helfer sind ebenfalls mutig, da sie sich in einem Krisengebiet aufhalten und hervorragendes leisten. Tapfer sind sie allerdings nicht – tapfer sind Soldaten und Polizisten, die im Feuergefecht aussergewoehnliches leisten. Nehmen sie daran dagegen nur in ihrer Funktion teil, erfuellen sie lediglich ihre Pflicht – dafuer sollten keine Auszeichnungen vergeben werden!
Sie koennen gerne eine Auszeichnung fuer zivile Helfer vorschlagen, z.B. das inzwischen zivilisierte Pour le Merite in einer Sonderform. Oder das Bundesverdienstkreuz (das bekommt mittlerweile ja auch jeder fuer nichts).
Fuer den Dolmetscher bei den Amerikanern gibt es eine ganz einfache Erklaerung: Er ist Contractor und seine Dienste wurde durch ein Unternehmen, das einen Vertrag dazu hat, der Army zur Verfuegung gestellt. Seine Ausstattung ist seine Angelegenheit oder die des Unternehmens, jedenfalls nicht der Army.
Und am Schluss, damit Sie es auch ganz sicher verstehen: Tapferkeit zeichnet Soldaten (und Polizisten) aus, dafuer werden Orden verliehen. Mutig ist dagegen jeder, der sich in einem Krisengebiet aufhaelt.
@J.R.,
die Reduzierung des Eisernen Kreuzes auf „Kadavergehorsam und Volkssturm“ ist einfach nur erbärmlich. Sie diskreditieren sich damit, schwächen ihre Überzeugungskraft und reihen sich ein in die Gruppe derjenigen, die lieber die Nazikeule schwingen als überzeugend zu argumentieren. Es ist nicht ernst zu nehmen! Genauso wie Ihre Ausführungen zum Thema „Orden für alle“ und „Kampf dem Elitismus“. Dass Sie als Anhänger ochlokratischen Denkens eher für Relativierung stehen, ist ja verständlich. Aber müssen Sie denn gleich zum primitivsten aller Totschlagargumente greifen.
@Politikverdruss
Wahrscheinlich bin ich einer der wenigen, die keine Ahnung haben, was ochlokratisches Denken ist. Aber ich merke auf, wenn der Ton ein bisschen arg persönlich wird. Anderen Totschlagargumente vorzuwerfen und deren Argumentation gleichzeitig als erbärmlich zu geißeln, ist vermutlich nicht ochlokratisch, aber auch kein guter Stil.
Sehr geehrter Herr Wiegold,
wenn Sie es zulassen wollen, dass eine zweihundert Jahre alte Tapferkeitsauszeichnung in den argumentativen „Dreck“ gezogen wird, ist das Ihre Sache. Ich für meinen Teil werde das nic ht akzeptieren und mich dagegen wenden. In Fragen des Stils wünsche ich daher von Ihnen keine Belehrungen. Natürlich steht es Ihnen zu, meine Kommentare nicht zuzulassen. Schulmeisterhafte Belehrungen aber stehen Ihnen nicht zu.
Wenn überhaupt, dann haben 12 Jahre Missbrauch das Eiserne Kreuz in den Dreck gezogen. Und genau diese Zeit hat dafür gesorgt, dass viele das EK (kistenweise an die Ostfront geliefert, wie Richard von Weizsäcker bemerkte) mit sinnloser Verschwendung von Menschenleben in Verbindung bringen.
Ob das nun die korrekte Sicht ist oder nicht, ob eine andere Art von Gefechtsmedaille besser wäre oder nicht, darüber kann man trefflich streiten. Man muss aber trotzdem nicht gleich in „Schnappatmung“ verfallen, wenn jemand sich in angemessener Weise, aber kritisch bezüglich der Tradition und Eignung des EK äußert.
Ja, Schnappatmung soll schon auf allen Seiten der Diskussion vorgekommen sein.
@ Boots on the Ground:
Dass Kadavergehorsam nie ein Teil der deutschen Militärgeschichte finde ich angesichts der 2 Millionen toten deutschen Soldaten des ersten Weltkriegs recht gewagt. Vielleicht ist es ja aus „militärhistorischer“ Sicht fortschrittlich, dass auf deutscher Seite die Unteroffiziere mehr zu sagen hatten, oder dass man nicht in geordneten Linien ins MG-Feuer marschiert ist. Das macht die Grabenkriege aber nicht weniger zum sinnlosen Fleischwolf. Und für jenen ersten Weltkrieg wurden eben mehr Eiserne Kreuze verliehen als für alle anderen Kriege zusammen (gut über 5 Mio.). (Damit der zweite Weltkrieg nicht zu kurz kommt hier noch ein Link auf „Eisernes Kreuz: Orden für Massenmord“.)
Dabei war der eigentliche Punkt ja, das reine Soldaten-Orden nicht mehr funktionieren, und das Eiserne Kreuz wegen obigbem Balast nur das (in meinen Augen) besonders unglückliche Beispiel.
Also mal weiter mit dem Dolmetscher-Beispiel:
Ja, die sind keine Soldaten. Ob sie Kombatanten sind weiß ich nicht. Aber sie nehmen aktiv am Gefecht teil, und sind teils auch bewaffnet. Tatsächlich sind sie bei gemischten Einheiten (Stichwort ETT, OMLT) wesentlich für die Kampfkraft, und letztlich immer dort, wo die Mentoren sind – auch im Gefecht. Hab leider nur englischsprachige Quellen dazu, etwa folgenden Artikel auf Afghan Quest.
Dass sie bei der Bundeswehr vielleicht eine geringere Rolle spielen liegt wohl daran, dass die Bundeswehr wohl nicht allzu eng mit Afghanen zusammenarbeitet. Und selbst da laufen die Unterstützungsanfragen von Milizen wohl über das Handy des Dolmetschers…
Mit der Einschätzung als „Contractor“ haben sie formal recht. Nur ist das wirklich relevant? Ändert das was an seinem Auftraggeber (dem deutschen Staat), seinem persönlichen Einsatz (gleichwertig) oder seiner Wichtigkeit für die Mission (enorm). Tatsächlich wäre die Bundeswehr ohne Übersetzer nicht in der Lage, in Afghanistan etwas zu erreichen.
Und das Argument „Contractor“ greift auch zu kurz, wenn man mal kurz einen Blick rüber zu den USA wirft. Leistet ein „Contractor“ etwa als Botschaftswache weniger als ein Polizist? Macht er weniger durch? Ist er im Gefecht weniger tapfer/mutig?
Was ist mit Polizeiausbildern? Nur echt als Beamter?
Was ist mit Sicherheitskräften? Macht es wirklich einen Unterschied, ob ein Angestellter von Edinburgh International bei der Verteidigung von Entwicklungshelfern fällt/getötet wird, oder ein ISAF-Soldat? Wer ist für die Sicherheit des Welternährungsprogramms in Afghanistan verantwortlich?
Was ist mit Bombenentschärfern? Ist ein außerhalb des Lagers lebender Experte minderwertiger als sein soldatisches Äquivalent?
Macht es einen Unterschied, ob ein Bundeswehr-Pioniere ein Feldlager bauen, oder CADG?
Ganz im Ernst: Die Form des Arbeitsvertrags kann ja wohl schlecht das Kriterium bei der Anerkennung persönlicher Leistung sein.
Bisher kann man das in Deutschland ja noch halbwegs bequem ignorieren. Schließlich orientiert sich der deutsche Beitrag ja daran, was man an Staatbediensteten zur Verfügung hat, und nicht an dem, was Deutschland für einen Erfolg der Mission benötigt. (Auch wenn man an der Dolmetscher-Problematik ja sehen kann, dass das jetzt schon nicht ausreicht.)
Soltle sich das mal ändern (in diesem oder einem anderen Konflikt), dann wird sich auch auf deutscher Seite der Anteil jener, die keine Staatsbediensteten sind, aber für den deutschen Staat arbeiten, erhöhen.
Dafür, jene links liegen zu lassen, hat man ja jetzt schon den Grundstein gelegt. Bravo. Ganz gemäß dem Einsatz-Motto der Bundeswehr: „Dafür ist die Bundeswehr nicht zuständig“.
Jenen, die die Arbeit dann aber machen, auch noch den Respekt zu verweigern ist … unangebracht.
Zum Thema des Eisernen Kreuzes schrieb T.Wiegold bereits 2007:
„Doch wer an Träger des Eisernen Kreuzes denkt, denkt nicht an die Befreiungskriege um 1813, sondern an den Zweiten Weltkrieg. Auf die Spitze getrieben: Würden alle Stufen des Eisernen Kreuzes wieder als Tapferkeitsauszeichnung eingeführt, hätten wir eines Tages den Bundeswehrsoldaten als Ritterkeuzträger. Mit Eichenlaub und Schwertern. Keine schöne Assoziation.“
So ist das heute eben. Diejenigen, die die Deutungshoheit beanspruchen, wissen natürlich wie gedacht wird. “ Keine schöne Assoziation“!
Mit der Überschrift über einen Artikel der ZEIT, „Eisernes Kreuz: Orden für Massenmord“ ,versucht man argumentativ weiter zu punkten. Und nun warte ich auf die Einwände von Herrn Wiegold, der eine pauschale Verurteilung von Trägern des Eisernen Kreuzes als Massenmörder sicherlich nicht hinnehmen wird.
@Politikverdruss
Wer ist denn hier nun der Oberlehrer mit passendem Ton? ;-)
Die von Ihnen zitierte ZEIT-Überschrift stammt aus dem Jahr 2008, der Artikel befasst sich mit der Vergabe des Eisernen Kreuzes im Dritten Reich. Wieso das bedeutet, dass „man argumentativ weiter zu punkten“ versucht erschließt sich rückblickend zwei Jahre später nicht so ganz. Im übrigen ist auch diese Geschichte keine „pauschale Verurteilung von Trägern des Eisernen Kreuzes als Massenmörder“, und auf den teilweisen Missbrauch dieser Auszeichnung während des Zweiten Weltkrieges hinzuweisen, nicht direkt ehrenrührig.
Und: ich stehe weiter zu meiner Aussage von 2007 – ein Bundeswehrsoldat als Empfänger des Ritterkreuzes ist nicht denkbar, und das aus gutem Grund.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-11/bundeswehr-orden-gefecht
1.) Wer ist den verantwortlich dafür, das beim EK sofort reflexmäßig an den 2. Weltkrieg gedacht wird? Wer ist denn dafür verantwortlich, das man den !. Weltkrieg fast schon kollektiv aus dem Gedächtnis gebannt hat? Ich für meinen teil sehe die Schuld da ganz klar bei den Spät-68ern, die jetzt in wesentlichen Funktionen Politik machen oder Lehrpläne verfassen.
Während einiger interessanten Diskussionen mit Geschichtsstudenten einer großen Uni im Ruhrgebiet wurde mehrmals beklagt, das man in der Neuzeit eigentlich seit frühester Schulzeit immer nur über Nationalsozialismus, Nationalssozialismus oder aber über die Nazis gesprochen hat. Dann käme ganz lange nichts und dann wär wieder Nationalsozialismus behandelt worden. Der Effekt ist fatal – wesentliche Katastrophen (zu denen ich den Ersten Weltkrieg mitzähle) sind nicht präsent und das Thema „Drittes Reich“ wird verabscheut, weil es gleich einem tibetanischen Mantra gebetsmühlenartig eingebleut wurde. Ist das verantwortungsvoller Umgang mit der Geschichte, bzw. das Aufzeigen des Weges dahin?
2.) @ J.R.
Sie verkennen offensichtlich die Zuständigkeiten – ist das BMVg neuerdings verantwortlich für die Auszeichnung von Entwicklungshelfern? Und seit wann sind Übersetzer der Bw in Afghanistan bewaffnet und im Gefecht? Würfeln sie hier evtl. Armeen durcheinander oder projezieren sie gar Halbwissen? Sie posten eine Quelle von 2008 die sich auf Südafghanistan bezieht. Danach geben sie offen an, das sie über die Übersetzerrolle in der Bw nichts genaues wissen und schließen mit der Feststellung, diese würde eh wahrscheinlich „[…]nicht allzu eng mit den Afghanen zusammenarbeiten[…]“ Wenn dem so ist, dann darf ich ihnen sagen, habe ich und viele meiner Kameraden anscheinend im Einsatz vieles falsch gemacht, wenn wir nahezu täglich zu den Afghanen gefahren sind (mit denen wir ja nichts zu tun haben).
Sie wissen, dass das Bundessprachenamt Soldaten Dari und Paschtu lehrt? Sie wissen, das wir Soldaten mit Migrationshintergrund haben, die die Übersetzerrolle übernehmen (die sind als deutsche Soldaten sogar bewaffnet…)? Offensichtlich nicht.
Zu der Ordensfrage:
Fassen wir einmal, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Verantwortlichkeiten zusammen:
1.) Auszeichnung von Soldaten: BMVg,
2.) Auszeichnung von verbündeten (Soldaten): BMVg,
3.) Auszeichnung von Polizeibeamten: BMI,
4.) Auszeichnung von „sonstigen“ Helfern, wie Minenräumer etc.: der Staat, dem geholfen wird / Aussenministerium.
Bleiben also die Fälle über, in denen Zivilisten für den deutschen Staat arbeiten. Sie führen an, die Bundeswehr ignoriert eine Entlohnung in Form eines Ordens. Ist denn die Bundeswehr dafür verantwortlich? Nicht eher das Auswärtige Amt? Und meinen sie, ein Übersetzer lebt noch lange, wenn man spitzkriegt, das er einen deutschen Orden angenommen hat? Wäre und ist „Dollar“ nicht der „bessere Orden“?
Wenn sie das Alles persönlich so extrem stört, reichen sie wahrscheinlich ja auch monatlich ihre Vorschlagsliste für das Bundesverdienstkreuz ein, da sie ja als Bundesbürger ein uneingeschränktes Vorschlagsrecht beim Bundespräsidenten haben. Als Service hier der Link mit einigen Erklärungen:
http://www.bundespraesident.de/artikel-,2.600374/Verdienstorden-der-Bundesrepub.htm
Übrigens meine ich die Vorschlagsregularien sogar so deuten zu können, das sie den zivilen afghanischen Übersetzer im Dienste der Bundesrepublik Deutschland vorschlagen könnten, über welchen sie referierten.
3.) Auch ist ihre Abhandlung über den (deutschen?) Kadavergehorsam recht einseitig. Sie machen also an der Anzahl an Verleihungen den Eindruck eines existenten Kadavergehorsams fest…
Würden sie z.B. also Bronze / Silver Star-Träger der Vereinigten Staaten auch als Angehörige dieses Verhaltens sehen? Oder z.B. die der Military Medal im Vereingten Königreich? Darf ich fragen, ob sie sich mit dem Auszeichnungssystem der kaiserlichen Armee befasst haben, bevor sie ihre Aussage trafen? Oder mit deren Besonderheiten im Vergleich zu anderen Nationen im 1. WK? Ich glaube, ich kann das an dieser Stelle ebenfalls verneinen.
Nachtrag zum Ritterkreuz:
Sie brauchen darüber gar nicht weiter zu diskutieren, da der Orden nicht in preußischer Tradition steht, sondern in nationalsozialistischer. Gestiftet am 01.09.1939 vom kleinen Österreicher ist er deutlich nicht als Auszeichnung für die Bundeswehr geeignet.
Sehr geehrter Herr Wiegold,
vom Ritterkreuz habe nicht ich, sondern Sie gesprochen. Sie unterlegen Ihren Kommentar(01.Dezember 2010, 14:59) mit einem Artikel aus der ZEIT-Online von Hauke Friedrichs. Ein Artikel von äußerst zweifelhafter journalistischer Qualität. Und so etwas in der ehrwürdigen ZEIT. Wenn Helmut Schmidt das wüsste! Ein paar Kostproben:
„Tapferkeit im Gefecht wird zur soldatischen Tugend“ überschreibt Hauke Friedrichs seinen Artikel über die Auszeichnungen von Bundeswehrsoldaten für Leistungen im Gefecht. Dabei wissen wir bereits seit Platon, dass Tapferkeit zu den vier Kardinaltugenden gehört. Darüber hinaus hätte ein Blick in das Soldatengesetz gezeigt, was Tapferkeit für Soldaten bedeutet. Dafür aber weiß Herr Friederichs, das sich die Bundeswehr wandelt: „Von der Verteidigungsarmee zur Kriegsarmee.“
Dann erfahren wir von Friederichs:“ Das Eiserne Kreuz, das im ersten und Zweiten Weltkrieg für sogenannte Frontkämpfer verliehen wurde, missbrauchten die Nationalsozialisten für ihre Propaganda.“ Kein Wort vom Ursprung der Auszeichnung in den Befreiungskriegen.
Nun kommt Herr Bald, ehemaliger Zivilangestellter des SOWI Bundeswehr, zu Wort: „Mit der Gefechtsmedaille werden in der Tat das kriegerische Element und der alte Kriegerkult im Militär hofiert-und das ist zu bedauern. Man kann daran eine neue Etappe der schleichenden Militarisierung der Außenpolitik der Bundesrepublik erkennen.“ Ja, SOWI-Leute wussten schon immer alles. Ganz besonders Herr Bald.
Dann wiederum stellt der Militärkenner Friederichs im Widerspruch zur Überschrift seines Artikels heraus: „Doch Tapferkeit im Kampf galt vor Beginn robuster Auslandseinsätze im Kosovo1999 und vor allem Afghanistan 2001 nicht als wichtigste Tugend deutscher Soldaten.“ Friedrichs zitiert dann den Verteidigungsminister, der die Leistungen von Hauptfeldwebel Kunert mit folgenden Worten herausstellte:“Dabei koordinierten Sie nicht nur das Abwehrfeuer aller Teile ihres Zuges, sondern führten selbst den Feuerkampf auf kürzeste Entfernung.“ Der Verteidigungsminister spricht weiter von „massiven Feindfeier“, „heftigen Gefechten“, vom „Überrennen der Restteile des Spähtrupps“ und „“Feuerkampf auf Nahkampfdistanz.“ Alles, so meint Hauke Friederichs, „alles Worte, die in Deutschland nicht unumstritten sind.“ So etwa wie Herr Friederichs zu berichten weiß, bei der kritischen Soldatenvereinigung Darmstädter Signal, der Linkspartei und den Grünen.
Und zum Schluss dieses Pulitzerpreis-verdächtigen Artikels, so Friederichs, flüsterte ein Offizier einem anderen zu:“das ist ja eine furchtbare Schau hier“ und der Angesprochen nickte und entgegnete:“ Mehr Waffen, weniger Orden, das wäre was.“
Nachdem ich diesen Artikel verdaut hatte, fragte ich mich, was wohl Hauptfeldwebel Kunert über diesen Artikel denken würde, wenn er ihn gelesen hätte und ich fragte mich, was wohl T.Wiegold bewogen hat, damit seinen Kommentar zu untermauern.
> Würfeln sie hier evtl. Armeen durcheinander oder projezieren sie gar Halbwissen?
Letzteres. Mehr als Soldaten-Berichte anderer Nationen zu verfolgen, und dann bei deutschen Reportagen zwischen den Zeilen zu lesen bleibt leider nicht.
Und da bin ich mittlerweile in der Tat davon ab, anzunehmen dass die Bundeswehr Sachen prinzipiell besser löst.
Sie haben vollkommen Recht: ich weiß kaum etwas über die Übersetzer der Bundeswehr. Ich könnte ihnen nichtmal sagen, wie das Verhältnis zwischen in Deutschland ausgebildeten Übersetzern und afghanischen Übersetzern aus dem ISAF-Pool ist.
Was die Zusammenarbeit angeht ist aber, mit Verlaub, recht offensichtlich, dass da einiges nicht rundläuft.
Etwa daran, dass gemischte Patrouillen die Ausnahmen zu sein scheinen (zumindest kommen sie in Reportagen kaum vor), als auch bei größeren Operationen die Bundeswehr wiederholt ohne ANA unterwegs ist. Dass man bei „gemeinsamen“ Operationen im Abstand von fast ’nem Kilometer untwegs ist (Can Merey aus Char Darah), und ein Vertrauensverhältnis zwischen afghanischen und deutschen Soldaten wohl nur eingeschränkt gegeben ist. Im Worst Case erreichen angegriffene Arbaki die Bundeswehr über Handy, welche erst in drei Tagen bei ihnen ankommt.
Jetzt kann ich natürlich schlecht einschätzen, was davon die Regel und was die Ausnahme ist. Aber wenn ich mir anschaue, wie schwer sich die Amerikaner tun, trotz gemeinsamem Lager und ETT, dann bin ich da angesichts der deutschen Herangehensweise nicht wirklich optimistisch. (Eben auch, weil die ein „Zu den Afghanen fahren“ beinhaltet, statt einem „Mit den Afghanen leben“.)
Vielleicht liege ich falsch, ich hoffe das sogar. Ich würde mich wirklich freuen zu erfahren, dass die deutschen Kräfte enger und respektvoller mit den Afghanen zusammenarbeiten als die Amerikaner mancherorts (gerade in den FOBs).
Aber wenn man dann von der Fobbitry und Abgeschiedenheit in den deutschen Feldlagern hört, oder mitbekommt wie wenig sich die Bundeswehr selbst für die eigenen Reservisten verantwortlich fühlt, dann bin ich da nicht wirklich optimistisch was die „angeheuerten“ Bundeswehrkräfte angeht. (Wie nennt man die? Zeitarbeiter? Hilfstruppen? Geleaste Aushilfskräfte?)
Gerade da Sie den Gleichheitsgedanken des EK betonen, wundert mich dass sie bei der derzeitigen Auszeichnungspraxis keine Ungleichbehandlung erkennen. So würde man die afghanische Lagersicherheit wohl kaum zu den Zivilisten zählen. Sie sind (meines Wissens) auch keine Angestellten des afghanischen Staates, sondern arbeiten (womöglich über Zwischenfirmen) für die jeweiligen ausländischen Streitkräfte. Ich wage jetzt einfach mal die These, dass, als „äußerer Ring“ diese Sicherheitskräfte zu den „Kombatanten“ zählen und kein geringeres Risiko tragen als die Soldaten im Lager, eher im Gegenteil. Trotzdem werd ich den Eindruck nicht los, dass man sich für sie nicht zuständig fühlt. Wenn ich das richtig sehe, dann werden sie schon bei der Einsatzmedaille nicht berücksichtigt, oder?
Noch kurz zu den Medaillen an Afghanen:
Ich glaube nicht, dass Übersetzer für das Militär durch Orden zusätzlich gefährdet werden. Die stehen eh schon auf der Abschussliste und erhalten persönliche Todesdrohungen. Zumindest im Süden und Osten, aber ich würde vermuten, dass das im Norden nicht anders ist.
Und in Marjah vergeben die US-Kräfte Bataillons-„Medaillen“ („battalion coin“) an afghanische Polizisten.
Zur Sprachausbildung der Bundeswehr:
Dazu weiß ich wirklich nicht viel, bisher hatte ich den Eindruck, dass die was Dari und Pashtu angeht immer noch nicht allzu verbreitet ist bzw. auf die gängigen Vokabeln beschränkt. Und das auch nur aus kleinen Meinungshäppchen wie dem hier von 2008. Zumindest in „Unter Beschuss“ und „Kabul ich komme wieder“ wird iirc schlicht nicht erwähnt.
Sollte sich da wa was geändert haben würde mich das natürlich freuen, und ich wäre über weitere Infos alles andere als unglücklich.
Anbei, und nochmal zum eigentlichen Post, ein Link zu einem kurzer Afghan Quest-Eintrag, indem für die Abschaffung von Gefechtsmedaillen plädiert wird: Blasphemy. (Mit Verweis auf gefakte Gefechte in Kundus 2007, und die Vergabepraxis im US-Militär im WKII und dem Korea-Krieg.)
„Unsere Soldaten“, die angeblich „unsere Freiheit“ in gemeinen kleinen Scharmützeln verteidigen, während sie dem „Feind“, dem jede Ehre abgesprochen wird, militärtechnisch haushoch überlegen sind. Es darf also ständig gegen die Genfer Konvention verstoßen werden, weil diese in solchen Einsätzen gar nicht zum Tragen kommt?
Das ist für meine Begriffe zynisch. Eine barbarische Heuchelei. Wenn man nur an die über 100 Z ivilisten denkt, die zu Tode gekommen sind.
Raus aus Afghanistan, keine neuen Kriege bitte. Und: kein Soldat wird gezwungen zu kämpfen und zu töten! Ist es nicht eher so, dass sie reichlich Gefahrenzulagen bekommen????
Hab mich gewundert, dass es solange dauerte, bis wir die ersten dieser Posts zu lesen bekommen :)
Nein, es darf nicht gegen die Genfer Konventionen verstoßen werden – sie könnten ja mal anführen, wo die Bundeswehr dies tut.
Im Umkehrschluss wundert mich aber, dass sie nichts ehrrühriges an Massenvergewaltigungen, Massakern, dem Angriff auf Menschenmassen, gezielten Tötungen von Nichtkämpfern, Hinrichten von Kriegsgefangenen und dergleichen finden. Fehlt eigentlich nur noch die These, der dreißigjährige Krieg in Afghanistan sei mit dem Auftauchen der Bundeswehr losgegangen.
Ob die Gefahrenzulage „reichlich“ ist muss jeder für sich beurteilen. Aber ich bezweifle, dass die meisten Deutschen für die 2760€ im Monat nach Afghanistan gehen würden. Aber was wäre eine deutsche Diskussion ohne Neiddebatte… ;)
Aber auch für deren Freiheit stehen wir ein ;-)
Braucht die Bundeswehr noch eine neue Auszeichnung? Reicht nicht das Ehrenkreuz für Tapferkeit, das 2009 erstmals verliehen wurde.
Mit der Gefechtsmedaille werden in der Tat das kriegerische Element und der alte Kriegerkult im Militär hofiert – und das ist zu bedauern, man kann daran eine neue Etappe der schleichenden Militarisierung der Außenpolitik der Bundesrepublik erkennen.“
Kriegerisches Element im Militär ???
Die Bundeswehr wird doch wohl nicht etwa ihre Soldaten an Waffen und Kriegsgerät ausbilden?
Ein Fall für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss…
/Kopfschüttel…/
Dass Rambo nicht alles ist, insbesondere in asymmetrischen Konflikten, ist eine Lektion die das US-Militär mit großem Blutzoll neu gelernt hat. Bis bei der Bundeswehr ein Orden für militärische Zurückhaltung ins Gespräch kommt wird man wohl noch ’ne Weile warten müssen – entspricht ja nicht dem derzeitigen „Es ist Krieg, wo bleiben die Panzer?!“-Zeitgeist. ;)
Schlagwörter für die zugehörige US-Debatte im Mai 2010: „courageous restraint“, „strategic patience“.
Hat sich die Bundeswehr im Raum Kunduz nicht ziemlich lange prima zurückgehalten
und dafür die Rechnung bekommen, die sie nun nicht zuletzt dank der Amerikaner (zurück)zahlen kann…
Den Orden für militärische Zurückhaltung deutscher Truppen gab es übrigens schon mal. Im Kosovo brannten 2004 danach ein paar Klöster. Aber wir haben zumindest keinem Einheimischen wehgetan…
Um es salopp auszudrücken: Bis 2006 war die Bundeswehr eine Hilfsorganisation, ab 2006 war sie in die Basen gesperrt, und ab 2009 führt man jetzt „richtigen Krieg“ und konzentriert sich aufs Töten von Insurgents. Der Schutz der Bevölkerung war da immer nachrangig.
Zum Vergleich: Das US-Militär sortiert den deutlich heftigeren Irak-Krieg unter „Polizeieinsatz“ ein, und wird in Afghanistan wohl nicht aus Jux und Dollerei mit zivilen Sofortprojekten und biometrischen Datenerfassungsgeräten in die Operationen gehen, oder Soldaten in kleinen Teams in AN(B)P- und ANA-Einheiten einbetten.
Die Bundeswehr hat nichtmal ein COIN-Handbuch, aber mittlerweile gleich zwei „kinetische“ Medaillen. Als ob Gefechte das kennzeichnende Merkmal asymmetrischer Kriege wären…
@J.R
Etwas polemisch, hatte mir auch heute schon gefehlt.
Ihre Behauptung des ersten Absatzes ist so hahnebüchen, das ich sie eigentlich gar nicht kommentieren wollte, aber die Behauptung, das der Schutz der Bevölkerung gerade für die Bundeswehr, nachrangig ist, haben Sie aus welcher Quelle ?
Von wo haben Sie den denn Erkenntnis das der IRAK-Krieg ein Polizeieinsatz war ?
Und wozu werden in US-Zivilprojekten biometrische Datenerfassungsgeräte eingesetzt?
Zumal der Einsatz von derartigen Geräten innerhalb des Verantwortungsbereichs der Bundeswehr am Veto des deutschen Datenschutzbeauftragten gescheitert wäre!
Und genau dieser ( ironisch gemeinte ) Einwand ist es, welcher Beispielhaft die Erfüllung des eigentlichen Auftrages durch die Bundeswehr so erschwert. die bigotte Einstellung der breiten Öffentlichkeit und der Politik zu unserer Parlamentsarmee.
Waschen ohne Nass zu machen, befrieden aber um Gottes Willen nicht mit Waffen, den Aufbau des Landes zu schützen ohne die benötigten Werkzeuge in Form von ( nationalen ) Befugnissen und entsprechender Ausrüstung zur Verfügung zu stellen um diesen Schutz auch nur annähernd bieten zu können..
Aber sich dann abends vor dem Ferseher mit ruhigen Gewissen zurückzulehnen, man hat ja das schlimmste ( kämpfende deutsche Soldaten ) verhindert, um sich dann mit Bauer sucht Frau oder DSDS oder sonstige medialen Schwachsinn seine Horizont zu erweitern.
Und hinterher dann meckern, wenn nicht alles so klappt wie es der Herr Sesselgeneral gern hätte. Ach ja, wir haben ja auch MIllionen von Bundestrainern .somit ist die BW nicht die einzige Gruppierung dieser Gesellschaft der das passiert.
Interressant finde ich das Sie die Argumentation von mietsch zum Kosovo gar nicht zur Kenntniss genommen haben. Passt nicht ?
@ StFwdR
Die Antwort war in der Tat etwas flappsig-polemisch, da haben sie Recht. Aber leider auch nicht aus der Luft gegriffen.
Zu Bundeswehr schützt Bevölkerung nicht:
Etwa Marc Lindemann, „Unter Beschuss“, S. 36ff: „Die Schutztruppe ISAF wurde oft um Unterstützung gebeten – und durfte sie nicht gewähren.“ Das ausgewählte Beispiel ist die Bitte um Hilfe bei einer Kindesentführung mit tagelanger Vergewaltigung, die als glaubhaft eingestuft wurde, und trotzdem nur mit einem Verweis auf die afghanische Polizei abgetan werden konnte. Oder in den Worten des Autors:
„Die Menschen sehen uns jedoch in unseren modernen Fahrzeugen, sie werden mit großflächigen Plakaten konfrontiert, auf denen händereichende ISAF-Soldaten abgebildet sind – und nehmen das Angebot einer angeblichen Partnerschaft ernst. Nur brauchen sie eben keine Freundschaftsbekundungen und Handlungsanweisungen für ein besseres Leben, wenn sie bedroht, entführt wurden oder hungrig sind. Sie brauchen schnelle und unkomplizierte Hilfe. Acht Jahre sind viel Zeit, um aus immer wiederkehrender Enttäuschung Ablehnung werden zu lassen.“
Zum Irak-Krieg als „Polizeieinsatz“:
– Bing West, „The Strongest Tribe“:
S. 177: Col. Blake Crowe(Kommandeur der Einheiten in West-Anbar in 2006): „But this isn’t a shooting war; it’s about police. Insurgencies grow from the bottom up. Police are locals. They know who the insurgents are. The military is a top down organization. The colonel tells the major what to do, that sort of thing. The military is too removed, too top-down for a police war.“
S. 181: „Iraq was a police war, not a military engagement. Between June 2004 and June 2006, 6000 insurgents were reported killed, versus approximately 21,000 captured and sent to prison. During the same period, 20,000 were released.“
Der Zensus wird entsprechend auch nicht von zivilen Stellen durchgeführt, sondern vom Militär, frei nach Galulas „Kontrolle der Bevölkerung beginnt offensichtlich mit einem Zensus“.
Ein Vergleich, auch wenn er womöglich im Detail nicht paßt: Ein Kompanieführer im Irak 2006, in West-Ramadi (rund 12000 Einwohner), hatte einen Zensus der Familien, teils mit Bildern über eine digitale Karte zugreifbar. Und die Bundeswehr konnte 2009 nicht sagen kann, wer eigentlich in dem Dorf 5km vom Feldlager lebt. Da hat man schon den Eindruck, dass militärische Entwicklungen verschlafen wurden.
Zum Kosovo: Was die KFOR angeht bin ich schlicht nicht allzu bewandert, auch wenn die Ausschreitungen noch dunkel in Erinnerung sind. Nur: Sowas passiert in Afghanistan – auch im RC Nord – immer wieder; von daher hab ich’s jetzt mal als ein Beispiel unter vielen genommen. Falls es sie beruhigt: Es geht zumindest mir nicht um das Zuschauen bei Massakern – wie „gut“ dieses Appeasement funktioniert konnte man ja immer wieder sehen. Trotzdem hat es ja auch in Bundeswehrkreisen seine Anhänger (nennt sich dann „Zurück zur Landesverteidigung“, oder bei der verteidigungspolitischen Sprecherin der FDP: „Niemand will eine Interventionsarmee“).
Das ändert aber schlicht nichts daran, dass es mit Kämpfen allein nicht getan ist. Tatsächlich konnten die Verbündeten immer wieder feststellen, dass je besser man „das andere Zeugs“ hinkriegt, desto weniger kämpfen muss. Nur spiegelt sich das schlicht nicht im derzeitigen Konzept wieder, und eben auch nicht bei den neu eingeführten Auszeichnungen.
Oder um nochmal aus dem Irak zu zitieren: ‚“Anbar is deliberately starved. No money, no jobs, no future, “ Chiarelli said. „What do you think all those nineteen-year-olds are going to do? You can’t kill them all!“‚
Und das kann man jetzt mit der perspektivlosen Situation in paschtunischen Flüchtlingssiedlungen und deren politischer Machtlosigkeit im RC Nord vergleichen (etwa in dem Reisebericht hier*, Tag 5 und 11), und sich fragen ob es mit dem Ausschalten des gerade aktuellen Milizenführers wirklich getan ist.
Wir können die Diskussion (die mal wieder etwas off-topic geraten ist) aber auch gerne per Mail weiterführen: hertinger(at)web.de
(Die Einladung gilt auch schonmal im voraus für andere Diskutanten, um den Blogfrieden nicht zu sehr zu strapazieren. ;) )
—
* Der Reisebericht ist wirklich zu empfehlen. Vielleicht mit das Beste, was zur Situation 2010 im RC Nord erschienen ist.
Hier noch Details zur Vergabe der Medaille:
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd443DnQHSYGZASH6kTCxoJRUfW99X4_83FT9AP2C3IhyR0dFRQCsXOUq/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfQ180SUZI?yw_contentURL=%2FC1256EF4002AED30%2FW28CSFJG314INFODE%2Fcontent.jsp
Ein Paradebeispiel für die Bürokraten in Uniform… Für diesen Irrsinn (Stichtag, Einmaligkeit, Gestaltung, Zuerkennungsverfahren) sind keine dunklen Mächte aus Politik und Wehrverwaltung verantwortlich, sondern der tägliche Irrsinn in feldgrau und mit Eichenlaub und FüAk-Vorgeschichte.
Loriot hätte größte Freude daran.
Um mal bei Lindemann zu bleiben :
„und durfte sie nicht gewähren.“
Ja warum zum Teufel nicht?
Antwort :
Weil sie dann schon in der Zeit vor 2007 aus dem rosaroten System Jung erwacht wäre, weil dann schon wesentlich früher öffentlich geworden wäre, das die Bundeswehr gar nicht wirklich in der Lage war Ihren Auftrag im RC(N) auch nur Annähernd zu erfüllen, mangels verfügbaren Materials / Personal / Befugnissen. Suchen Sie es sich aus, es ist beliebig.
Aber der gute Lindemann schildert die Vergangenheit, d. H. aus der Zeit bis max. 2008.
Das dies eine, auch aus meiner Sicht, verlorene Zeit war, in der die Öffentlichkeit immer noch vom bewaffneten THW ausgegangen ist, dürfte Konsens sein.
Trotzdem ist Ihe Behauptung : Der Schutz der Bevölkerung war da immer nachrangig.
nonsens, impliziert sie doch zum einen, das es auch heute noch so ist, und zum anderen das es den Soldaten vorher egal war. Der feine Unterschied ist, das es den Soldaten eben nicht egal war / ist, sondern sie erst in jüngerer Zeit die Möglichkeiten erhalten haben dies efektiv zu tun.
Das der US Colonel den Irak-Einsatz als Polizeieinsatz beschreibt ist doch wohl eher der Tatsache geschuldet das er die Art des Kämpfens beschrieb,nicht aber die Art der Kämpfe.
Es fanden nun mal mangels Gegner keine offenen Feldschlachten statt, sondern es war ein Kampfg gegen irreguläre Kräfte, der letztendlich geführt wurde wie geschehen.
Ansonsten hätten die ja die coolen Jung`s von Miami Vice da hin schicken können.
Und natürlich beneiden die deutschen Führer vor Ort ihre amerikanischen Kollegen um so manches Equippment, aber das wird wohl immer so sein.
Fakt ist auch, das die US-Kräfte länger im Raum verweilen und von daher mehr Kontakte und Informationen im Raum haben. Das die deutschen Kräfte dies fordern aber nicht haben ist in den Kontingentberichten seit Jahren nachzulesen. Änderungen haben sich für das derzeitige Kontingent ergeben, die bleiben nun 6 Monate.
Und, nachdem die Operation gerade mal seit einem Jahr in die Richtigen Bahnen gelenkt wurde / wird, kann man mit dem Argument das der Konflikt, ja bereits zehn Jahre dauert natürlich gut mit dem Versäumnissen der Vergangenheit argumentieren.
Zielführend ist das nicht, fördert aber das Versagen.
Den Reisebericht werde ich mir mal in Ruhe zu gemüte führen. Auf das Angebot per Mail komme ich ggfls. zurück, aber ein bischen arbeiten muß ich auch noch;-)
Des unseligen Angedenkens an das „EK I“, das nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes 1945 keiner mehr getragen haben wollte, sei die Frage erlaubt, was dieses Ordensunwesen heute eigentlich noch soll.Soldaten sind Handwerker des Todes. Entweder sie schützen uns vor Feinden oder sie bedrohen potenzielle Feinde. Sie stehen für „Volk und Vaterland“ in oft lebensbedrohlichen Situationen und haben die Politik machtbesessener Regierungen auszubaden.
Wenn man Soldaten Dankbarkeit für ihren Mut und Einsatz erweisen möchte, ist es zwar billig, ihnen blecherne, vielleicht vergoldete Orden an die Brust zu heften, für die sie sich nichts kaufen können. Schon gar nicht nach einerm „Heldentod“…
Wie wäre es aber, wenn man als Staat seinen Soldaten den verdienten Dank in Form von lukrativen Beförderungen im Dienstrang zukommen ließe?
Das kostet zwar mehr als die billigen Blechorden und die Regierenden könnten sich nicht im Glitzerglanz dieser Orden mitsonnen, aber der Soldat und seine Angehörigen hätten in jedem Fall mehr davon…
Wie wäre es aber, wenn man als Staat seinen Soldaten den verdienten Dank in Form von lukrativen Beförderungen im Dienstrang zukommen ließe?
Auf den Rest geh ich mal nicht ein, aber das funktioniert in einer hierachischen Gesellschaft wie einer Armee nun mal nur bedingt. Wenn nach einer bestimmten Einsatzdauer nur noch Häuptlinge da sind, wer macht dann die „Arbeit“ ?
Am besten wäre es die Soldaten anständeig auszurüsten und die Versorgung sicherzustellen. Insbesonders die Versorgung nach dem Einsatz, sei es durch ärztliche / psychologische Versorgung als auch die finanzielle Versorgung für die Spätfolgen.Gleichstellung der unterschiedlichen Statusgruppen FWDL / SaZ / BS.
Das kostet zwar auch eine Menge wäre aber am effektivsten.
Auch wenn es manchen nicht gefällt, Orden und Ehrenzeichen sind Bestandteil in jeder Gesellschaft, nur Form und Aussehen ändern sich im Wandel der Zeit.
Auf den Rest geh ich mal nicht ein…
Würde mich mal interessieren warum nicht!
Nun wir sind ein freier Staat, und wenn es dem Hänschen hier nicht gefällt, dann haben wir keine Mauer an der wir Ihn dann aufhalten.
Wen ich Sätze wie im ersten Absatz lese, schalte ich ganz einfach ab, die Platte ist mir schlicht zu alt.