Wenn die NATO Radio macht – Propaganda oder nicht?
In Afghanistan betreibt die Schutztruppe ISAF, also die NATO, eine komplette eigene Medienproduktion. Plakate, eine Zeitung – und einen eigenen landesweiten Radiosender, Radio Sada-e Azadi (auf deutsch: Stimme der Freiheit). Verantwortlich für diesen Medieneinsatz, der unter dem internationalen Begriff PsyOps (für Psychological Operations) läuft (in der Bundeswehr heißt das Operative Information), ist im ISAF-Hauptquartier in Kabul ein Oberst der Bundeswehr.
In Deutschland wird so etwas, auch als Reaktion auf die deutsche Geschichte, mit einer gewissen Zurückhaltung aufgenommen. Auch hier in den Kommentaren wurde das schon mal diskutiert, und da klingt immer durch, dass das doch Propaganda sei, die nicht infrage komme.
Radio als wichtigstes Medium in Afghanistan: In der Provinz Helmand übergibt ein afghanischer Polizist einem Einwohner einen Radioempfänger. (ISAF photo by U.S. Navy Petty Officer 2nd Class Aramis X. Ramirez via flickr)
Ich habe deshalb den Chefredakteur des Senders Radio Sada-e Azadi, David Bailey, nach seiner Sicht gefragt – nicht zuletzt danach, ob dieser Medienauftritt der internationalen Truppen den Vorwurf Propaganda verdient:
— für iPad/iPhone-Nutzer, die keine Flash-Dateien sehen, der direkte Link zu diesem Audiobeitrag: http://audioboo.fm/boos/204738-interview-david-bailey-radio-sada-e-azadi —
(David Baileys Blogs zum Nachlesen: http://dfbmbedoesthestan.posterous.com/ und http://www.davidbaileymbe.com/)
Wir sollten doch mal langsam mit dieser bundesdeutschen Mystifizierung aufhören. Deutschland scheint immer noch in der sicherheitspolitischen Krabbelgruppe zu verharren.
Wer kampfbereite Soldaten losschickt, führt Krieg oder bereitet diesen unmittelbar vor. Sonst würde man das THW oder die GTZ schicken.
Krieg ist ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.
Ein bisschen Krieg, gibt es nicht. Wer loszieht, muss seinen Willen auch durchsetzen wollen. Das setzt nun mal die Bereitschaft zur möglichen Eskalation voraus. Wer sein Engagement von Anfang an begrenzt, wird verlieren und sollte es besser gleich lassen – mit der Konsequenz, sich ggf. dem Willen den Feindes unterwerfen zu müssen.
Wer Soldaten schickt, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die diplomatischen Möglichkeiten zur Lösung des Problems ausgeschöpft sind und die eigenen Interessen so stark betroffen sind, dass man dafür Gewalt anwenden will.
Und hier kommen wir zu PsyOps.
Mir ist es wesentlich lieber, man bringt den Feind durch Radiosender, Flugblätter und sonstigen Mitteln der Kommunikation dazu, unseren Willen zu erfüllen, als dass man den Feind abknallen und wegbomben muss. Allein schon humanitäre Überlegungen gebieten hier, kommunikative Methoden kinetischen Methoden vorzuziehen.
Und an diesem Punkt ist mir vollkommen egal, ob man das nun Manipulation, Propaganda, Operative Information oder wie auch immer nennt. Man hat so zu kommunizieren, dass das dem Kriegsziel dient. Punkt. Auch an der Heimatfront, denn die ist in einer Demokratie Teil des Krieges.
Man ist losgezogen, losgeschickt von unseren Volksvertretern, um ein Ziel zu erreichen. Wenn man nun mit Propaganda verhindern kann, den Feind erschießen zu müssen, so ist mir das recht.
Propaganda ist in Deutschland so „Autobahn“, weil einige Akteure in der bundesdeutschen Politik und Medienöffentlichkeit erhebliche Probleme mit differenzierter Argumentation haben.
Im dritten Reich wurden Mittel wie Propaganda (oder Autobahnen) für verwerfliche menschenverachtende abzulehnende Ziele eingesetzt.
Damit wird aber nicht dieses kommunikative Mittel diskreditiert, sondern das Ziel, wofür es missbraucht wurde.
Wir müssen uns also fragen:
– Liegt ius ad bellum vor?
– Sind unsere Interessen so stark betroffen, dass wir die Ressourcen eines Krieges bis zum Sieg aufzubringen bereit sind?
– Inwiefern wird das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes durch diesen Krieg verteidigt?
– Sind wir fähig, diesen Krieg zu führen?
– …
Wenn das alles erfüllt ist, dann haben wir diesen Krieg mit allen notwendigen Mitteln zu führen und schnell erfolgreich zu beenden. Wenn Propaganda da hilfreich ist, her damit.
Danke für das Interview Herr Wiegold.
Den ersten Lachanfall habe ich bekommen als der Herr sagte „A Radio run by NATO guarantees that there is no political interference!“ später gefolgt von „we together with [ISAF] public affairs“.
NATO betreibt übrigens nicht nur eigene Medienproduktionen in Afghanistan, sondern kauft auf die eine oder andere Weise redaktionellen Platz in „freien“ Medien ohne das diese die NATO Beteiligung an dem jeweiligen Produkt preisgeben. Zudem sind die TOLOnews und TOLO TV z.B. von USAID finanziert und aufgebaut worden. Radio Deewa in Pashto ist ein Voice of America Ableger usw.
Wenn man das vorgebliche Ziel, die Erreichung einer demokratische Gesellschaft in Afghanistan, erreichen will, dann ist das meiner Meinung nach der falsche Weg. Eine demokratische Gesellschaft benötigt freie, unabhängige Medien. So gibt man nur ein schlechtes Beispiel.
@ b | 24. Oktober 2010 – 14:41
Verzeihen Sie mir, aber Ihr Anspruch kommt mir doch etwas naiv vor.
Sie glauben doch nicht etwa, in Deutschland hätte es zwischen 1945 und 1990 wirklich freie Medien gegeben?
Die Freiheit begrenzte sich auch in Deutschland und Japan nach dem 2.WK auf einen vorgegebenen Handlungsraum, den man gefälligst nicht zu verlassen hatte. Klugerweise hat man das dem deutschen Michel nicht dauernd unter die Nase gerieben. Er hielt sich ja meist an den vorgegebenen Handlungsspielraum.
Ich wüsste auch nicht, wie man anders Nation-Building betreiben können soll. Schließlich besteht Nation-Building ganz wesentlich aus Veränderungen in den Köpfen. Die erreicht man nur mit gewissen Vorgaben.
Wäre die Ausgangssituation eine stabile funktionierende Gesellschaft, könnte Ihr Maßstab funktionieren. Solange das aber nicht gegeben ist, muss man eben dorthin lenken.
Zu Ihrer Verteidigung muss ich aber dazu schreiben: Die von Ihnen dargelegte Naivität ist in Deutschland bei vielen verbreitet. Es gibt ja auch immer noch Menschen, die glauben, deutsche Politiker hätten die Möglichkeit gehabt, z. B. den Nato- Doppelbeschluss abzulehnen … *kopfschüttel*
Dazu kommt, dass Deutschland ja mit seinem Petersberg- Versuch gnadenlos an den Realitäten dieser Welt gescheitert ist. Es hat sich also bereits gezeigt, dass bundesdeutsche Politiker offenbar überhaupt keine Ahnung von Nation- Building haben. Entsprechend ist dann auch inzwischen die Reputation in der Welt … und das Gelächter, wenn Deutsche sich zum Nation- Building Lehrmeister über Amis und Briten aufschwingen wollen.
@Sun Tzu – nehmen Sie bitte Abstand davon mich hier zu beleidgen.
ich weiss sehr gut wie Medien in Deutschland funktionieren und habe einige Jahre mein Geld damit verdient. Das Medien nur in bestimmten Grenzen frei sind ist mir bekannt.
Sie werden, bis auf wenige Ausnahmen, aber keine vom Militär produzierte dann aber als neutrales redaktionelles Produkt ausgegeben Berichte in der deutschen Presse finden. Das hat gute Gründe die genauso für Afghanistan gelten.
Die Afghanen werden nach 30 Jahren Erfahrung mit sowjetischer, islamistischer und westlicher Propaganda sicherlich die Wirklichkeit von Psyops-fantasien unterscheiden können. Wer da dennoch die Maqnipulation versucht macht sich insgesamt weniger glaubwürdig.
Wenn man natürlich wie Sie daran glaubt das man anderen seinen „Willen aufzwingen“ kann der wird sich an solchen Feinheiten wohl nicht stören.
Noch ein Link zu der verdeckten PsyOps die ISAF betreibt:
@b
„Noch ein Link zu der verdeckten PsyOps die ISAF betreibt:“
Das Wort verdeckt ist schlichtweg falsch!Das ist reines Rebroadcasting des ISAF Senders und genau als dieses durch Jingles etc. gekennzeichnet!Heisst da haben auch wir deutschen Anteil dran und es ist aufgrund der Quellenangabe keinesfalls verdeckt!Hintergrund ist die aufgrund der Geländebeschaffenheit schwierige Abdeckung des gesamten Landes durch Sender!Daher wird Sendezeit bei bestehenden Anstalten gekauft!
Bei allem Respekt,aber solche Aussagen zeigen mir immer wieder das grade PsyOps doch wunderbar funktioniert!kleine wahrheiten streuen und schon reimt sich wieder jemand den subjektiven Kontext dazu und wir haben Propaganda!Bevor man soetwas postet bitte die zusammenhänge recherchieren und mit einfliessen lassen!
OffTopic:
Bin heute leider unterwegs und kann nur vom IPhone schreiben.Als selbst betroffener werde ich mich morgen ausführlich dazu auslassen!
@PsyOpper
Danke für die sachlichen Informationen. Schön, dass sich hier mal jemand äußert, der sein Wissen nicht nur aus zusammengegoogelten Internetlinks bezieht.
@b
Das Problem der Wikileaks-Meldungen ist, dass sie keinerlei Kontext enthalten. Diesen Kontext hat PsyOpper beschrieben. Ihre Bewertung ist zwar nicht grundsätzlich unplausibel, aber dennoch unzutreffend.
Sie schreiben zudem: „Die Afghanen werden nach 30 Jahren Erfahrung mit sowjetischer, islamistischer und westlicher Propaganda sicherlich die Wirklichkeit von Psyops-fantasien unterscheiden können.“
Nein, das kann die Masse der Afghanen mangels Zugang zu Informationen und kultureller Prädisposition nicht. Gerüchte haben eine unglaubliche Macht, und was Afghanen im konkreten Fall für glaubwürdig halten und was nicht, überrascht manchmal. Das Thema ist sehr komplex, aber ich nenne gerne einige Beispiele aus eigener Erfahrung, wenn Interesse besteht.
@T.Wiegold
„Propaganda oder nicht?“
Der Begriff der Propaganda ist ein polemischer Begriff und kein analytischer. Würde man den Begriff unpolemisch verwenden, würde PSYOPS von ISAF natürlich in diese Kategorie fallen. Leider schafft es die deutsche Diskussion nicht, bestimmte Themen sachlich zu diskutieren.
Den Verweis auf die „deutsche Geschichte“ halte ich in diesem Zusammenhang für einen Kernbestandteil der unsachlichen Polemik. Haben die Alliierten keine Propaganda betrieben? Deren Propaganda war übrigens viel effektiver als die des Deutschen Reiches, und die von ihr geschaffenen Bilder wirken z.T. bis in die Gegenwart nach.
Und was wäre die Schlußfolgerung, wenn man in Einsätzen von Streitkräften alles unterlassen würde, was auch die Wehrmacht schon gemacht hat? Diese hat schließlich auch z.B. Infanterie eingesetzt. Sollte die Bundeswehr deshalb auf den Einsatz in Afghanistan verzichten? Ich finde dieses ständige Polemisieren gegen normale militärische Vorgänge absurd.
Wenn man sich richtig mit der Materie auseinandersetzt, findet auch der Blinde ziemlich schnelle heraus, dass sämtliche PsyOps-Produkte von ISAF gekennzeichnet sind. In diesem Zusammenhang von Propaganda oder verdekcter Manipulation zu reden oder darüber zu spekulieren, ist haarsträubend.. Und ich weiß, wovon ich rede, weil ich selber 7 Monate lang als Chief Print der Sada-e Azadi tätig war. Gekennzeichnete Produkte werden als weiße PsyOpsarbeit bezeichnete: ich verbreite Information und sage, dass ich sie verbreitet habe. Anders die graue oder schwarze Variante. Ich verbreite Infos, die nicht unbedingt stimmen müssen oder: ich lüge (wie im Irak geschehen als sich die US-PsyOps Zeitungsseiten gekauft hatten und so taten als würden dort irakische Journalisten schreiben).
Wenn man das Wort Propaganda benutzt, dann sollte man mal darüber nachdenken wie diverse Youtubechannels oder Facebookgruppen von ISAF betreiben werden oder wie Bilder von Einsatzkameratrupps plötzlich im TV auftauchen…
Zuerst hier eine Kopie des Kommentars, den ich in Facebook gepostet habe:
„Propaganda
(lat.) P. bezeichnet die schriftliche, mündliche oder anderweitige, neuerdings auch elektronische (Internet) Verbreitung (politischer, religiöser etc.) Überzeugungen, oft in Verbindung mit weiterer persönlicher Überzeugungsarbeit…. Der Begriff P. hat (ebenso wie Agitation, Indoktrination) einen negativen Unterton und wird oft mit den politischen Manipulationen autoritärer und totalitärer Regime in Verbindung gebracht (z.B. dem nationalsozialistischen „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“ J. Goebbels).
Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006.
Wenn man sich diese Definition von Propaganda ansieht, fällt es sicherlich schwer, die Maßnahmen der „Psychological Operations“ eben nicht als Propaganda zu bezeichnen. Was PsyOps von der mit negativem Unterton versehenen Form von Propaganda unterscheidet, ist, dass PsyOps im Sinne der NATO bestimmten Grundsätzen unterworfen ist. Um die drei wichtigsten zu nennen: Erstens, PsyOps darf nur auf durch den Nordatlantikrat freigegebenen Zielgruppen angewendet werden. Die im Zusammenhang mit PsyOps immer wieder genannte „Heimatfront“ scheidet damit aus. Dies gilt auch für die deutsche „Operative Information“. Weitere Prinzipien sind zweitens: Wahrheitsgehalt und drittens, dass die NATO deutlich als Verfasser der Botschaft erkennbar sein muss. Das gleiche gilt übrigens auch für Werbung und viele Arten von Marketing, die ebenfalls bestimmten Auflagen unterliegen.
Wenn ich mir allerdings die Kommentare zu Artikeln über die Bundeswehr oder den Einsatz in Afghanistan ansehe, habe ich nicht wirklich Hoffnung, auf viel Verständnis zu stoßen. Alle Soldaten sind Verbrecher, die NATO verbreitet Lügen.
Es soll aber tatsächlich noch ein paar Soldaten geben, die sich eben doch an gültige Vorschriften und Gesetze halten.“
Was die Unterscheidung in Weiß, Grau und Schwarz angeht, gibt es diese nur für Propaganda, nicht aber für PsyOps. PsyOps ist per Definition in der NATO Doctrine immer „weisse“ Propaganda.
Wichtig in der o.a. Diskussion ist zu wissen, dass sich PSYOP der Amerikaner von PsyOps der NATO unterscheidet. Obwohl ebenfalls Mitglied der NATO wird durch die USA der Rahmen etwas weiter gesehen.
Es ist natürlich schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, dies einem Aussenstehenden zu vermitteln.
Ich kann nur nocheinmal wiederholen, soweit mir bekannt ist, hält sich die NATO bei ihren Maßnehmen an die ihr auferlegten Prinzipien. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre ich für Belegexemplare dankbar.
Im Krieg und insbesondere in Kriegsgebieten stirbt die Wahrheit zuerst. Da unterscheiden sich die „Guten“ von den „Bösen“ nicht. Im Krieg werden selbst die Wetterberichte gefälscht.
@Boris Barschow
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen Herr Barschow. Alles andere ist schlichtweg falsch!
Aus der Ferne braucht man schon ein gutes Glas, um die Details zu erkennen, nicht zu reden von den Zusammenhaengen. Was heisst denn ueberhaupt Propaganda? Je nach Definition kann man natuerlich die Arbeit von David Bailey als Propaganda bezeichnen. Ich neige eher dazu es Auftragsjournalismus zu nennen. In der NATO ist uebrigens genau zu diesem Thema ein heftiger Streit zwischen einigen Nationen entbrannt, naemlich zur Frage der Definition von Propaganda. Letzten Endes hat man sich auf den Minimalkonsens geeinigt, den Begriff nicht fuer die NATO zu definieren, sondern auf die einschlaegigen Lexika zu verweisen. Ob man das Radio „Stimme der Freiheit“ als Propagandasender bezeichnen sollte oder nicht ist vielleicht als akademische Frage in Deutschland von Interesse. In Afghanistan entscheiden die Menschen, die Zuhoerer, durch ihr Hoerverhalten ueber diese Frage. Ich glaube nicht, dass der Sender auf Dauer eine Hoererschaft an sich binden kann, wenn er als Propagandasender wahrgenommen wird. Da Radio Sada-e-Azadi aber sogut wie der einzige Sender im Lande ist, der sich nicht die Unart der westlichen Medien zueigen gemacht hat, dass nur eine „schlechte Nachricht“ eine „gute Nachricht“ ist. What bleeds that leeds heisst es doch bei den meisten Medien und die afghanischen Medien haben die westlichen in dieser Hinsicht nicht nur kopiert sondern eher uebertroffen, insbesondere was die grenzenlose Kritikfreude betrifft. Den staatlichen Sender RTA nehme ich hierbei aus dieser Regel aus. Sada-e-Azadi hat eben fuer viele Menschen in Afghanistan den einzigartigen Vorteil, dass es seinen Fokus auf die positiven Entwicklungen im Lande richtet, ohne dabei die relevanten negativen Ereignisse zu verschweigen. Ausgewogen ist der Sender dabei sicher nicht, das gehoert auch nicht zu seinem Auftrag, aber er ist glaubwuerdig, Dies bestaetigen auch Umfrageergebnisse durch unabhaengige Umfrageinstitute, die den ISAF Medien eine Glaubwuerdigkeitszuschreibung von ueber 50 % attestieren. Natuerlich kann das Radio von David Bailey nicht mit dem BBC konkurrieren, aber es gehoert sicherlich zu den fuenf meistgehoerten landesweiten Radiosendern.
Nun ich möchte mich Sun Tzu anschließen, was die Bewertung des Mittels der Propaganda anbelangt.
Wenn sie den militärischen Bemühungen zur Durchsetzung der Interessen dient, was soll daran verkehrt sein? Sie ist ein vergleichsweise preiswertes Mittel, den feindlichen Widerstand zu reduzieren und womöglich neue Unterstützung zu generieren. Den Versuch ist es jedenfalls wert.
Wer nun argumentiert, das diene nicht der Demokratisierung des Landes, ist in meinen Augen der Propaganda bereits aufgesessen. Schließlich handelte es sich bei dieser Begründung des Einsatzes doch um das beste Argument gegenüber all den Gutmenschen, die daran geglaubt haben!
Das Problem bei PSYOPS ist nicht, dass es sich um „böse“ Propaganda handelt. Das ganze ist aufgrund des Drucks der Bedenkenträger so harmlos, dass hier keinerlei ethischen Probleme zu befürchten sind.
Da der Informationsraum bekanntlich eine zentrale Dimension des Gefechtsraums ist, müsste hier viel mehr getan werden als afghanische Popmusik und ein paar gute Nachrichten auszustrahlen. Dass diese weitergehenden Maßnahmen ausbleiben, ist das eigentliche Problem bei PSYOPS auf NATO-Ebene. In einem Deutschland, in dem schon das harmlose Sada-e-Azadi als kontrovers gilt, ist dies natürlich nicht zu vermitteln. Das führt wiederum dazu, dass nur die andere Seite auf diesem Gebiet aktiv ist und dieses dementsprechend auch beherrscht.
Off-topic aber es passt zum Afghanistanthema.
Wer immer noch meint das dort COIN praktiziert wird, sollte diesen heutigen WaPo Artikel lesen.
In Argandab nördlich von Kandahar kam man mit den zulässigen Mitteln nicht weiter. Die Lösung bestand darin einen afghanischen Warlord/Drogenschieber, Razziq, anzuheuern der dort ohne jede Rücksicht auf Zivilisten eine Art „Clear“ Operation durchführte.
Aber die „westlichen“ Militärs waren nicht ganz untätig.
„Destroyed the village to save it“ sagte man im Vietnamkrieg wohl dazu.
Fehlt nur noch die Vorliebe für den morgentlichen Geruch von Napalm …
@b
Was genau ist an diesem Artikel denn so ungewöhnlich? Wie haben Sie sich denn die Situation im Süden vorgestellt? Und wie würden Sie das Problem von Stellungssystemen, wie sie im Artikel beschrieben werden, militärisch lösen?
@ b | 26. Oktober 2010 – 11:54
Was wollen Sie eigentlich mit ihren unsachlich kommentierten Hinweisen auf singuläre Ereignisse im afghanischen Kampfgebiet sagen?
Was wollen Sie unseren Soldaten im Feld mit folgendem Satz unterstellen: “ Fehlt nur noch die Vorliebe für den morgentlichen Geruch von Napalm …“
In Schlachten werden Bomben geworfen?
Ach, welch eine Neuigkeit!
Die Bausubstanz in einem umkämpften Dorf leidet durch Gefechte?
Welch eine Erkenntnis!
In einem Bürgerkrieg geht man Bündnisse mit Leuten ein, die in einem Rechtsstaat wohl eher ins Gefängnis gehören?
Nun, auch das ist eine Binsenweisheit.
Die strukturellen Realitäten in Teilen dieser Welt sind nun mal leider so, dass eine anthroposophische Selbstfindungsgruppe im Stuhlkreis eher verstört darauf reagiert. Wir haben es in Teilen der Welt nun mal mit einer Lebenswirklichkeit zu tun, in der bundesdeutsche Normen und Verhaltensweisen nicht funktionieren.
Die afghanische Gesellschaft identifiziert sich nun mal eher mit Buzkashi, als mit Anthroposophie.
Ein Eurythmie- Kurs der hiesigen Waldorfschule mag ja auf manch eine bundesdeutsche Lebenswelt stabilisierend und sinnstiftend wirken. In Afghanistan wird diese Denkschule aber bis auf weiteres nicht funktionieren.
Auch deshalb bilden Staaten Fachleute für so was aus und lassen nicht Lieschen Müller eine Lösungsstrategie eurythmisch ertanzen.
Welch fatale Folgen es hat, wenn es an Expertise mangelt, man sich Emotionen hingibt und zudem die Realität verklärt, hat Neville Chamberlain in der neueren Geschichte vorgeführt.
Oder soll man nun empört und auch ein Stück weit traurig feststellen: „Wie, da sterben ja Menschen, wenn wir Taliban bekämpfen! Nein, dann sollen doch die lieben Taliban weiter tun und lassen, was sie wollen…“
Oder haben Sie einfach ein Problem damit, dass auch in Ihrem Namen Menschen getötet werden, um Ihr Recht und Ihre Freiheit nachhaltig zu sichern?
Wenn ich mir so Ihre diversen Kommentare ansehe, dann entsteht bei mir der Eindruck, dass Sie gezielt Störpropaganda gegen die Bundeswehr verbreiten wollen.
Och nee, jetzt ist aber gut mit Hin- und Herprügelei. Wäre doch schön, wenn es nicht auf diese pseudo-persönliche Ebene abgleiten würde.
Zwei Anmerkungen:
Ich halte es für unsinnig im Sinne der UN Afghanistanresolutionen und des Einsatzes dort ganze Dörfer zu zerstören weil sie gerade nicht so hüpfen wie die Besatzungsmacht es befiehlt. Wo sollen die Menschen dort künftig leben? Und wovon?
Der Colonel in dem WaPo Bericht erinnert tatsächlich an Vietnam. „We destroyed the village to save it“ ist ein Zitat eines U.S. Majors der an der Zerstörung von Bén Tre beteiligt war. Jetzt brüstet sich ein Colonel damit aus Dörfern „Parkplätze“ gemacht zu haben.
Die Anspiel auf den Geruch des Napalms am Morgen entstammt einer Szene aus dem Vietnamfilm Apocalypse Now (Kilgore: Brigadekommandeur, Lance: Gefreiter und Profisurfer der Kilgore surfen lehren soll. Der Zugang zum Strand wurde gerade mit Napalm freigebomt.).
Ich empfehle jedem den Film anzuschauen. Es findet sich viele Afghanistanbezüge wieder. Manch einer mag dort eine passende Rolle für seine Denke finden.
Interessant.
Jetzt werden sogar Spielfilmproduktionen zur Primärquelle sicherheitspolitischer Diskussionen gemacht. Daher weht der Wind. Francis Ford Coppola als neuer sicherheitspolitischer Oberguru.
Welcome to Virtual Reality!
Auch deshalb bilden Staaten Fachleute für so was aus und lassen nicht Lieschen Müller eine Lösungsstrategie eurythmisch ertanzen.
Jetzt mal ganz ohne Hohn und Spott: Ist das in Deutschland wirklich der Fall? Gibt es in Deutschland wirklich Experten für die Arbeit in Failed States im Staatsdienst, wenn ja wo und welche Befugnisse haben die?
Von der Bundeswehr wäre mir dergleichen nicht bekannt, auch das Auswärtige Amt hat da meines Wissens kein „Bodenpersonal“. Am nächsten kommt da vielleicht die GTZ, aber die hat jenseits ihrer konkreten Projekte glaub nicht wirklich viel zu sagen oder zu koordinieren.