Vertrauen im Sturzflug?
Normalerweise stelle ich nicht Pressemitteilungen, von wem auch immer, im Wortlaut hier ein. Bei dieser heutigen Erklärung des Deutschen Bundeswehrverbandes möchte ich eine Ausnahme machen (und es soll auch eine Ausnahme bleiben): Wie auch immer man den Verband als Interessenvertretung sieht, daraus spricht so ein tiefer Frust… dass das dokumentiert werden sollte.
Berlin. „Das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten in die Politik befindet sich im Sturzflug.“ Der Zweite Stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes, Major André Wüstner, warnt vor weiteren finanziellen Einsparungen. Sie träfen eine bereits massiv unterfinanzierte Bundeswehr: „Als teilweise desolat empfinden die Menschen in der Bundeswehr den Zustand der Streitkräfte. Resignation, aber auch Wut macht sich breit.“
Regelmäßig würden der Truppe etwa anlässlich von Trauerfeiern für
gefallene Kameraden Mittel für Ausbildung und Ausrüstung versprochen sowie durchhaltefähige personelle Strukturen, sagte Wüstner am heutigen Montag in Berlin. „Die Truppe glaubt das aber nicht mehr.“ Nur die noch außergewöhnlich hohe Motivation, die große Flexibilität und das besondere Improvisationsgeschick der Soldatinnen und Soldaten hätten das System Bundeswehr bisher vor dem Kollaps bewahrt. Mit den neuen Sparauflagen werde jedoch eine Grenze überschritten, warnte Wüstner.„Unsere Frauen und Männer bekennen jeden Tag im Auslandseinsatz Farbe für ihr Land. Nun erwarten sie von der Politik ein deutliches Bekenntnis zu den Streitkräften.“ Die Verantwortung für die Menschen in der Bundeswehr trage nicht allein der Verteidigungsminister. Auch die Bundeskanzlerin und alle Mitglieder des Deutschen Bundestages seien gefordert. Die Verantwortung der Abgeordneten für die Parlamentsarmee Bundeswehr reduziere sich nicht auf die Rettung von Bundeswehrstandorten im eigenen Wahlkreis. Sie umfasse vor allem die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Streitkräfte insgesamt, also auch eine ausreichende finanzielle Unterfütterung. Aus diesem Grunde müssten alle aus Effizienzsteigerungen gewonnenen Mittel ins System Bundeswehr investiert werden, forderte der Stellvertretende Bundesvorsitzende. Nur so könnten die Streitkräfte zukunftsfähig neustrukturiert werden – und die Soldatinnen und Soldaten wieder Vertrauen gewinnen.
Und dazu passend erreicht mich gerade der Hinweis auf eine andere, sehr kritische Stimme: Effizienter, aber nicht wirksamer, klagt der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei.
Wenn man fst jeden Tag das Feldlager verlässt und bewusst in unsichere Gebiete fährt, sind auch schon vier Monate belastend. Ich bin im Sommer diesen Jahres zurückgekommen und habe sowohl Karfreitag, als auch den April mitgenommen. Ich würde behaupten, ISAF hat eine neue Qualität bekommen, dagegen sind ältere Einsatzerfahrungen einfach überholt. Wenn man mit OMLT Kräften spricht, die sechs Monate bei ihrem Kandak waren, ist die überwiegende Meinung: „Nie wieder.“ Wenn ich mir nun ihre Argumenation anschaue, sehe ich die Soldaten wieder vor mir, die mit einem Grinsen beiläufig erwähnen, das es ja „gar nicht so schlimm wäre hier“. Wohlwissentlich, dass sie das Lager nur einmal, nämlich am Abflugtag verlassen mussten…
Und wenn sie jeden Tag (und das meine ich exakt so), tote oder verwundete / verletzte Verbündete einschließlich Afghanen sehen, glauben sie mir, da reichen auch nur ein paar Wochen im Einsatzland. Fragen sie mal im EinsLaz ihres Vertrauens oder bei den beweglichen nach.
@ Vodoo:
Naja, von diversen ETT-Soldaten, welche es von der Einsatzdauer und Ensatzart wohl „härter“ haben als OMLTS, gibt es ja Blogs. Und zumindest ich hab da den Eindruck, dass das Verhalten der eigenen Streitkräfte mehr zum Frust beiträgt als der Einsatz an sich. Einer von ihnen (Old Blue von Afghan Quest) hat die Gefühle vor seiner ersten Heimreise aus Afghanistan in einem Artikel festgehalten („Bereut! Das Ende ist nah!“). Und wenn man sich anschaut, welcher Mist da abgeht, dann ist das nicht wirklich überraschend (siehe etwa „Die Piraten von Pogadishu“).
Wer glaubt jetzt wirklich, gerade die Bundeswehr wäre flexibler und einsatzorientierter, und bei ihr wäre solcher Scheiß seltener? Da wundert es dann auch nicht, dass die Bundeswehr so darauf achtet, dass Soldaten nicht berichten. Von daher halte ich das Gejammere um fehlendes öffentliches Interesse auch für Krokodilstränen.
Hallo,
ich bin neu hier und aktiver Soldat, lese aber immer oft die Beiträge von Herrn T.Wiegold.
Zm Thema: Vertrauen im Sturzflug?
Mein großer Kritikpunkt:
Hier hat Major André Wüstner vollkommen recht.
Jedesmal nach einer Monkeyshow im In/Ausland, also wenn alles vorüber ist, gehen wir zurück zu den Unterkünften oder wo auch immer und denken uns :“herrje…was für ein scheiss…doofes gelaber, oberflächlicher scheiss….schönrederei….schleimen…nach aussen alles super….die führung kriecht…..etc.“
Nunja…was ich sagen will, man meldet Mängel/Verbesserungen nach oben und irgendwie versickert alles mehr und mehr und ganz oben kommt alles wieder „grün“ an;)
Ich wünschte der Minister oder Generäle….würden einfach zu dem „einfachen“ Soldaten gehen, mit Ihnen sprechen über Mängel/Verbesserungen….ohne dass igrendwelche Dienstaufsicht, Presse oder sonstetwas daneben steht und mithört, und dann evtl. das alles direkt ansprechen. Man muss natürlich auch den Mut haben die Wahrheit zusagen, logisch;)
Ich meine, ich beklage mich nicht,
ich bin Soldat,…ich habe viele Lehrgänge weit weg von zu Hause…
ich habe einige Beziehungen deswegen verloren….
noch kann ich nicht sagen, wo genau ich meine Wohnung haben werde….
ich kann mit Entbehrungen leben…
ich habe einige Freunde verloren….
mir macht es nix aus jeden Tag „draussen“ zu sein…
ich tue das aus Überzeugung….
im zivilen verdiene ich knapp 1.000,- EUR mehr…..aber dennoch bin ich hier…..
auch diene ich für geo-strategische Interessen…..
ich lass mich draussen bespucken….beschimpfen…..
ich bin im Gefecht……
=>…alles kein Ding….bin ja Soldat.
……..
aber ich bin noch Überzeugt von diesem Beruf, egal wie hart Entbehrungen sind.
Nur, was ich auf den Tod nicht ausstehen kann, sind diese Gottverdammten Arschkriecher, Ja-Sager,Schönredner……und diese gottverdammte Bürokratie (Prüfen/Anträge zigfach/Warten/ etc.) Sie wissen was ich meine.
Das ist meine Sicht, die Sicht eines einfachen UffzmPp.
..
Und sorry für Rechtschreibfehler im Voraus.
MfG
UmPp
Interessant ist doch, dass niemand diese PM aufgreift! Weder die Medien noch die Politik. Daraus folgt, die Bundeswehr ist der Politik egal! Daher hoffe ich, dass der Verband bald richtig auf die Trommel haut. Wer wolltte, dass wir in AFG erfolgreich wären, der würde entsprechende Mittel bereitstellen. Da dies nicht gewollt ist, ist das Ziel relativ. Man muss wirklich darüber nachdenken, ob dieser Einsatz weitere Menschenleben wert ist. Mittlerweile sage ich NEIN! Ich bin dankbar, dass der Verband dies thematisiert. Mit den letzten Pressemitteilungen scheint man langsam vom Schmusekurs mit dem BMVg abzuweichen. Das ist richtig!
Ich bin mittlerweile auch sehr kritisch geworden, was den Einsatz angeht.
Er widerspricht meinem militärischen Verständnis „kurz und hart“. Er dauert lange und wird nicht richtig durchgezogen und erodiert Armee und Gesellschaft. Schade drum.
@Vodoo
„Und wenn sie jeden Tag (und das meine ich exakt so), tote oder verwundete / verletzte Verbündete einschließlich Afghanen sehen, glauben sie mir, da reichen auch nur ein paar Wochen im Einsatzland. “
Ich glaube Ihnen ja. Und trotzdem gibt es NATO-Staaten, die Stehzeiten im Einsatz von einem Jahr und länger unter noch belastenderen Bedingungen durchhalten. Und glauben Sie mir, manche tun dies mit ungebrochener Motivation und ohne öffentliches klagen. Es soll ja auch in Deutschland Soldaten geben, die sich nicht trotz dieser Herausforderungen, sondern gerade um ihrer Willen für diesen Beruf entschieden haben.
Ich habe höchsten Respekt vor Ihren Leistungen im Einsatz. Was Sie beschreiben, ist aber nur an zivilen Maßstäben gemessen außergewöhnlich.
Es gibt übrigens 25-jährige Entwicklungshelferinnen, die in ungeschützten Fahrzeugen unbewaffnet und ständig außerhalb sicherer Lager lebend in Regionen Afghanistans arbeiten, die problematischer sind als 75% des Nordens. Solange diese Mädchen nicht klagen, kann ich es auch nicht tun.
@ Niklas:
Sie sehen ein Problem darin, dass sich der Konflikt nicht mit der von der Bundeswehr favorisierten Kriegsführung deckt, und die Bundeswehr eine Anpassung der Vorgehensweise an den Konflikt für unzumutbar hält?
Ja, das sehe ich auch sehr kritisch.
Wie Herr Nachtwei ja ausführt: Selbst wenn die Bundeswehr effizienter wäre, wäre sie in Afghanistan nicht wirksamer. Wieder etwas, dass seitens der Bundeswehr gerne unter den Teppich gekehrt wird…
Die Bundeswehr ist halt ne Armee und keine Polizei.
Für die meisten Situationen in Afghanistan wäre aber eine recht große, dort eben heimische, paramilitärische Organisation als Grundlage besser.
Eine Armee wird, solange sie ihre Grundaufgaben noch abdecken können möchte, eben nie ein gewisses Maß an Wirksamkeit in einer solchen Angelegenheit überschreiten. Ich will nicht wieder am Thread vorbeigehen. Aber solange man in A-Stan nicht einen riesen Haufen Bauernmilizen hat, die halbwegs auf Linie sind, wird man die Bundeswehr nur immer weiter „afghanisieren“.
OT: Dummerweise ist bei uns das Projekt Streitmacht ganz unten angesiedelt, da die meisten Menschen nicht verstehen (wollen), dass etwas Sinn macht, auch wenn der Effekt nicht jeden Tag spektakulär sichtbar ist. Solange das der Fall ist, wird es nicht besser, sondern schlechter. Leider muss man eine solch düstere Perspektive ziehen. Auf lange Sicht wird das erhebliche Folgen für unser Land haben. Aber das wurde ja schon tausendmal erwähnt.
Ich muss dem Inhalt der PM Recht geben. Ich fühle mich im Stich gelassen, als wäre die Bundeswehr völlig überflüssig/ ungewollt / eine ungewollte Institution die man halt in einem Staat haben muss / …
Es wird Zeit, dass man uns Soldaten unterstützt, damit wir die uns befohlenen Aufträge RICHTIG erfüllen können.
Uns wurde in letzter Zeit zu viel versprochen – Ich stehe kurz vor der Resignation.
@ Niklas:
Was die Bundeswehr sein will ist aber nicht das Kriterium, sondern was Deutschland braucht. Und wenn Deutschland eine Auslands-Polizeit braucht, die Sicherheitskräfte ausbilden kann, dann ist das der Maßstab. Und nicht, dass man bei der Bundeswehr lieber Leopard 2 fährt.
Aber diese Debatte wird in Deutschland nicht geführt. Und gerade die Bundeswehr ist ja einer der Bremser, eben weil sie am meisten zu verlieren hat.
Gerade hinsichtlich Konfliktausbreitung könnte man ja beispielsweise mal bei den Epidemiologen vorbeischauen. Die leisten sich halt nicht für jedes Virus, das Deutschland treffen könnte, einen 100%-Vorrat. Die leisten sich lieber eine Bedrohungsanalyse und sichern sich halt im voraus Produktionskapazitäten für einen Bruchteil der Kosten. Eine Invasion Deutschlands steht derzeit nicht an, und die wesentlichen Stellen (NATO, OSZE) gehen von einer Vorwarnzeit von 10 Jahren aus. Trotzdem leistet man sich eine 100%-Bereitschaft, auch wenn diese frühstens in 10 Jahren gebraucht würde. Und jetzt ist es ja auch nicht so, dass Konflikte wie Epidemien eben „Naturkatastrophen“ wären. Sondern sie haben Ursachen und Inkubationszeiten, so dass man vorbeugend für einen Bruchteil der Kosten eingreifen kann.
Würde man allein diese zwei Punkte in Politik umsetzen, dann wäre die Bundeswehr in ihrer jetztigen Form der große Verlierer.
Eben deswegen ist sie ja auch der große Bremser, der Bilanzen und Strategiedebatten meidet wie der Teufel das Weihwasser, lieber bei der Politik den Ball flach hält, ein paar weitere Entlassung und undurchdachte Einsätze stillschweigend schluckt, und ansonsten vor allem mit Ausrüstung und dem Leben der Soldaten an die Herzen der Menschen appelliert.
Ok, vielleicht bin ich da etwas schwarzseherisch, kann natürlich auch sein, dass man bei der Bundeswehr zu kurzsichtig denkt um die Interessen Deutschlands im Blick zu haben. Was man den Politkern zugesteht sollte man auch der Bundeswehr zugestehen. Ist ja eh ein Klüngel – zum Schaden Deutschlands.
Ja und nein. Die Bundeswehr hat als Armee ja eine gewisse strategische Funktion, die sie alleine durch ihre Existenz erfüllt. Ich denke, das sollte man auch in Zukunft und in Zeiten von Kleinkriegen nicht beiseite schieben. Das wäre ja dann die „Afghanisierung“. Die Totalausrichtung auf einen eigentlich ziemlich kleinen Einsatz.
Das ist das Dilemma. Die Bundeswehr ist mittlerweile so klein, dass jeder Konflikt eine komplette Neuausrichtung verlangt, da die Organisation an sich mangelhaft ist und somit eine geringe Anzahl an, ich sage mal, Effektoren, sprich Einsatztruppen, verfügbar ist. Wäre die Bundeswehr größer, dann könnte sie sich eine Expeditionsteilstreitkraft „leisten“, welche schon grundsätzlich im Kleinkrieg zu Hause ist. (Ich teile die Einschätzung übrigens nicht, dass die Bundeswehr allzeit bereit ist)
Ich bin in der Einschätzung über Konfliktverhütung usw. komplett bei Ihnen. Nur sind die ganzen Szenarien in der Welt der Tatsachen nicht mit einer Miniarmee machbar. Es funktioniert einfach nicht optimal. Somit ist es eine Prioritätenabwägung. Wenn ich natürlich möchte, dass meine ganze Armee eine Expeditionstruppe wird, dann vernachlässige ich nicht nur den Grundgedanken der Verteidigung im Grundgesetz, sondern muss die Bundeswehr auch radikal umkrempeln. Ich halte es für den falschen Weg, weil somit eine Menge an Substanz verloren geht und wir einen interventionistischen Weg beschreiten, möglicherweise jeden unsinnigen Einsatz mitmachen und Soldaten leichtfertig einsetzen, als ob wir die Welt zu einem Friedensparadies machen könnten. Eine große, gesellschaftlich und (geo-)politisch relevante Streitmacht ist letztenendes unvermeidbar, wenn ich auf mehreren Hochzeiten tanzen will.
Ich kann dennoch nur betonen. Eine Armee hat ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie nicht eingesetzt wird. Die Bundewehr ist aufgrund des politischen und gesellschaftlichen Gefüges in Deutschland in einer schwachen Position. Es scheint kaum strategische Forschung stattzufinden. Und wenn doch, dann richtet sie sich am politischen Führer aus.
Wer ist die Bundeswehr?
Wer hat 100% Bereitschaft?
Wo Bremst die Bundeswehr?
Und bei der Bw fährt man lieber Leopard 2, anstelle von was?
Die Bundeswehr schickt sich nicht in Einsätze!
Die Bw setzt Vorgaben der Politik um!
Wer eine Armee für Landes- und Bündnisverteidigung unterhält und ausrüstet braucht sich nicht zu wundern, dass er keine Auslandspolizisten hat.
Soldaten sind keine Polizisten, weder im Innland noch im Ausland.
Wenn sie die Feuerwehr benötigen, nützt es ihnen nichts wenn das THW kommt und wenn die Helfer noch so motiviert sind.
Es gibt auch nicht den Soldat! Soldaten werden in den unterschiedlichsten Verwendungen ausgebildet und eingesetzt. Einen Bediener einer Flugabwehrplattform machen sie nicht über Nacht zum Einzelkämpfer, einen Koch nicht zum Grenadier. Auch bei der DHL arbeiten nur Briefträger und bei Daimler sind nicht alle Testfahrer.
Auch in ziv. Unternehmen setzt man den Lagerarbeiter nicht einfach in die Konstruktionsabteilung und umgekehrt.
Soldat ist nicht gleich Kämpfer und Kämpfer ist nicht gleich Ausbilder.
Die Frage ist aber doch: Wen will man „strategisch abschrecken“, und braucht es wirklich dazu wirklich stehende Streitkräfte?
Wenn man sich die europäische Geschichte der letzten 80 Jahre anschaut, dann ist da ein sehr klarer Trend erkennbar. Im zweiten Weltkrieg standen sich noch Millionenheere gegenüber. Im Kalten Krieg wurden die durch „potentielle Millionenheere“ mit einem regulären Kern ersetzt. Auch hier war schon die Aufwuchsfähigkeit und die Angst vor einer Überrumpelung das Entscheidende. Mit dem Ende des Kalten Krieges verzichtete man auf die Millionenheere, einigte sich auf für beide Seiten akzeptable Obergrenzen an stehenden Streitkräften und legte Mechanismen fest um eine Überrumpelung zu vermeiden. Der KSE-Vertrag ist wohl eine der Sternstunden europäischer Sicherheitspolitik.
Umso tragischer ist es, dass die Aktualisierung (A-KSE) seit zehn Jahren nicht vorankommt. Und hier stellt sich auch die Frage: Braucht es heutzzutage, 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges, wirklich noch stehende Streitkräfte nur zur gegenseitigen Abschreckung in Europa, oder wäre man mit einer weiteren Senkung der KSE-Grenzen, womöglich unter gegenseitiger Sicherstellung/Überwachung von Aufwachskapazitäten für globale Szenarien, nicht besser bedient?
Selbst wenn man da im Voraus einen Aufrüstungs-Fond anlegen würde, samt Verträgen für eine automatisierte Wiederaufrüstung, käme man deutlich billiger weg als wenn man sich dauerhaft ein stehendes Heer samt entsprechendem Personal und der zwanzigjährlichen Ausrüstungserneurung leistet. Aber wo käme man hin, wenn man Lehren aus der Epidemioliogie oder dem Versicherungswesen auf die Sicherheitspolitik übertragen würde…
So haben wir eine Bundeswehr, die nur sehr gering als Einsatzarmee taugt, und der man die strategische Abschreckung auch nicht wirklich abkauft. Besser wäre es meiner Meinung nach, eine taugliche Einsatzarmee zu haben, und darüber hinaus die Mechanismen, die eine Abschreckungsarmee bei entsprechender Bedrohungslage (und nur dann) sicherstellen.
Ich freue mich, dass ich derartige Kommentare lese. Und ich bin froh, dass der Bundeswehrverband diese Diskussion – wenn auch nur hier – mit den letzten zwei Pressemitteilungen initiiert hat. Viele Soldaten, so wie ich, melden sich hier zu Wort. Wir werden langsam poitischer. Vielleicht hilft uns ein derartiger BLOGGGG. Gut, dass derartige Zeichen gesetzt wurden! Danke.
ich war schon einige Male im Einsatz. Es ist so! Wir haben das Vertrauen in die Politik verloren. Ich bin froh, dass unser Verband weiterhin die Verbindung zur Truppe hält und tatsächlich weiß, was uns bewegt. Das tut uns gut. Ich hoffe nur, dass es auch Abgeordnete bewegt. Sonst kann man Afghanistan langsam in Frage stellen.
Bis irgendwann …
Ich grüße aus KUNDUZ. Schön, dass in Deutschland derart diskutiert wird. Wir danken dem DBWV, dass er unsere Sorgen auf dem Punkt bringt. Nebenbei, ich glaube schon seit zei Jahren nicht mehr an die Politik! Afghanistan wird aus den Augen verloren! Derzeit geht es doch nur um Stuttgart 21 oder anderen Kram. Das ist für meine Eltern in Deutschland unbefriedigend. Aber so läuft es nunmal in Deutschland. Schöner Mist!
Gruß aus AFG
Patrick S.
Das hab ich versucht mit meiner primitiven Formulierungskunst rüberzubringen :)
Wenn man (den Rest) der strategischen, konventionellen Präsenz einstellt, kann es dennoch sein, dass genau an dieser Stelle irgendwo wieder eine Bedrohung heranwächst, der dann nicht entsprochen werden kann. Zweifellos, würde diese Bedrohung nicht aus Europa oder Russland kommen. Ich denke, davon kann man sich lösen. Das wäre allerdings das Prinzip der aufgelösten Feuerwehr, weils nicht brennen will.
Aber zu Ihrem Gedankengang zur Behebung:
Eine Einsatzarmee mit extremer Aufwuchsfähigkeit. So etwas gibt es in kleinerem Format in einem Nachbarland. Der Schweiz. Die mischen sich zwar nirgends ein, aber wie Sie wissen, haben wir da die Kader, welche unserem Zeit- oder Berufssoldaten entsprechen und ansonsten nur Wehrpflichtige.
Übertragen wir das auf den Maßstab Deutschland.
Rein hypothetisch 150.000-200.000 Mann Berufs- und Zeitsoldaten und ein ernsthaft betriebenes Reserveprogramm mit richtig zugeordneten Einheiten (die noch über Kernpersonal verfügen) und rigorose Wehrpflicht über 12 Monate oder mehr.
Ich weiß nicht, was die beste Lösung ist. Eines steht aber fest um mal wieder beim Thread zu landen. Diese ganzen Sachen hängen ja zusammen. Das Misstrauen, die gesunkene Motivation sind direkte Folgen der Führungslosigkeit und der leider geringen gesellschaftlichen Relevanz bzw. Würdigung der eigenen Rolle.
Sollte sich herausstellen, dass im neuen strategischen Konzept der NATO nur noch Landes- und Bundnisverteidigung eine Rolle spielt (Was dem GG sehr entgegenkommen würde und langfristig der richtige Weg ist), dann steht nach (wärend)der Reform der Bw schon die nächste Reform vor der Türe, oder wie sie der DBwV Vors. bezeichnet „die Metamorphose“. Die Ausrichtung auf den Einsatz, auf eine Interventionsarmee ist nach AFG nicht mehr gewünscht. Sicherheitsvorsorge ist zuerst eine politische Aufgabe unter der Zurhilfenahme unterschiedlicher Werkzeuge. Das Militär ist nur eines von vielen Spezialwerkzeugen.
Man haut mit einem Schraubendreher auch keinen Nagel in die Wand. Wenn man den Werkzeugkasten aber nur voller Schraubendrehe hat ist die Versuchung groß es doch zu tun. Militär ist der grobe Hammer und draufhauen kann es gut, aber es sollte das letzte Mittel sein und wird am besten nur zur Verteidigung (Notwehr) eingesetz. Dafür soll es gut gerüstet sein und im Bündnis können das Beste leisten.
@ Patrick und das andere lesende Einsatzpersonal
Wachsam bleiben Jungs und Mädels!
@ Wannenwetsch
So siehts aus. Ein Ausweg wäre eben ein recht großer Werkzeugkasten, der Schraubendreher, Hammer und vielleicht noch ne Bohrmaschine (was auch immer das jetzt sein soll) enthält. Sowas gibts halt nicht im Sonderangebot. Man muss eben doch für gute Ware, gutes Geld bezahlen. :)