RC N Watch: Taliban-Distriktchef in Takhar getötet
Die internationalen Truppen in Afghanistan haben nach eigenen Angaben den Taliban-Distriktchef des Distrikts Khwajah Bahawuddin in der Nord-Provinz Takhar getötet. Qari Mahmad Umar, der der Islamischen Bewegung Usbekistans zugerechnet werde, sei am Montag mit einem gezielten Luftschlag umgebracht worden.
Damit wird die Liste der Anführer der Aufständischen, die in Takhar gezielt getötet werden, erneut länger. Die Provinz ist offensichtlich Rückzugs- und Bewegungsraum für Aufständische zwischen den Provinzen Baghlan und Kundus.
Dann hoffen wir mal drauf, dass es den Typen langsam zu blöd wird.
Die Los Angeles Times hatte vor wenigen Tagen einen relativ guten Bericht über diese Taliban-„Leader“-Kill-Kampagne.
An Afghan Taliban commander feels NATO’s heat, but it could backfire
Im Ergebnis werden damit Verhandlungen und ein eventueller Abzug wohl schwieriger.
@b
Der von Ihnen zitierte Artikel beschreibt eine der von Ihnen stets geleugneten nachweisbaren Wirkungen von Tötung und Gefangennahme feindlicher Anführer. Ich finde es gut, dass Sie solche Meldungen jetzt immerhin zur Kenntnis nehmen.
Die Deutung, dass Verhandlungen dadurch erschwert würden, teile ich aber nicht. Seit Jahren scheitern Verhandlungen u.a. daran, dass die höchsten Führungsebenen der Aufstandsbewegung eben aufgrund ihres pragmatischen Charakters nicht bereit waren, die geforderten Minimalkonzessionen einzugehen. Die aktuellen Meldungen über angebliche Verhandlungen mit Quetta-Schura etc. sind absolut unglaubwürdig.
Eine durch Abnutzung der mittleren Führungsebene stärker frakturierte Aufstandsbewegung könnte hingegen mehr Ansatzpunkte für Einzelregelungen mit nachgeordneten Führern vor Ort bieten. Solche Einzelregelungen gibt es auch im Einsatzraum der Bundeswehr.
Was die Wirkung von radikaleren, aber unerfahreneren Nachrückern angeht: Diese dürften kaum auf positive Resonanz in der afghanischen Bevölkerung stoßen und die für die Aufständischen positiven Einschüchterungseffekte z.T. neutralisieren, wie es bei den Taliban 2001 zu beobachten war. In der afghanischen Bevölkerung populäre „moderate“ Aufständische wären im Vergleich dazu fatal für den Einsatz. Wo es diese gibt, stehen sie hoffentlich ganz oben auf den Ziellisten.
> Die Deutung, dass Verhandlungen dadurch erschwert würden, teile ich aber nicht.
Da bin ich zumindestens teilweise Herrn Bs Meinung.
Ein Gegner der permanent seine Führungskräfte verliert büßt seine Führungsfähigkeiten aber auch seine Ausrichtung und logistischen Hintergrund ein. Der Gegner zersplittert, was ihn letztlich natürlich schwächer macht da sich einzelne Zellen relativ gut zerschlagen kann, was mit einer geradlinigen, logistisch gestählten Hierarchie schwieriger ist.
Das kleine Gruppen anfällig sind sieht man ja daran daß ganze IHM-Verbände zur afghanischen Regierung übergelaufen sind nachdem ein paarmal die Soldversorgung abgefangen wurde.
Oder anders gesagt: Mit geschlagenen, isolierten Verbänden wird nicht verhandelt.
@S.W. – „beschreibt eine der von Ihnen stets geleugneten nachweisbaren Wirkungen von Tötung und Gefangennahme feindlicher Anführer. “
Ich habe nix geleugnet. Ich behaupte das dieses Vorgehen im Sinne des Gesamteinsatzes und des geplanten Abzuges keine positive Wirkung hat.
Dieses „Köpfe ab“ führt zu radikaleren und zersplitterten Gruppierung mit denen keine zentralen Verhandlungen durchführbar sind die aber weiterhin für eine Vielzahl von Attacken auf den afghanischen Staat bzw. für eine Fortsetzung des Bürgerkriegs sorgen.
Wenn man aus Afghanistan raus will, dann sollte man die Taliban zwar niederhalten aber nicht die Strukturen zerstören die man für die Abzugsverhandlungen brauchen wird.
Heute warnt auch der Antropologe und Extremismusforscher Scott Attran im einem New York Times Kommentar vor dem derzeitigen Vorgehen: Turning the Taliban Against Al Qaeda
@ b | 27. Oktober 2010 – 12:14
Zitat: „Wenn man aus Afghanistan raus will, dann sollte man die Taliban zwar niederhalten aber nicht die Strukturen zerstören die man für die Abzugsverhandlungen brauchen wird.“
Das halte ich für ausgemachten Unfug.
Natürlich muss man die Führungsstrukturen zerschlagen und möglichst in der oberen Hierarchie einen nach dem anderen führungsunfähig machen.
Um einen Gegner in einem asymmetrischen Krieg zu schlagen, muss man ihn zersplittern und von der Bevölkerung als Rückzugsraum trennen.
Gerade die Zerstörung der Führungsstrukturen ist da wichtig. Wen die Aufständischen keine Führungsstrukturen mehr haben, bleiben die ganzen 50- Dollar- Taliban zu Hause.
Wenn die Lebenserwartung eines Taliban-Führers sich auf wenige Wochen beschränkt, bleibt auch hier der Nachwuchs aus.
Es ist überhaupt nicht das Ziel, mit einer zentralen Taliban- Führung Verhandlungen zu führen. Die kann sich gern bedingungslos ergeben, mehr nicht.
Gegenüber dezentralen unteren Gruppen ist man dann wesentlich nachsichtiger. Wenn die aufgeben, dann muss man ihnen eine Perspektive bieten, in der sie in Zukunft für sich ein Leben vorstellen können. Dann stellen sie den Kampf ein und unterwerfen sich dem Willen. Nur auch hier ist die Perspektive auf den baldigen Tod, so man nicht aufgibt, dank militärischem Drucks sehr hilfreich bei der Entscheidungsfindung eines Taliban.
Für mittlere Führungsebenen sind Rattenlinien ein ausgesprochen wirksames Instrument, um die Kampfkraft des Feindes zu schwächen.
@b
Wäre die Option, den Einsatz durch Verhandlungen mit den Aufständischen erfolgreich zu Ende zu bringen, denn real? Welcher Teil der Aufstandsbewegung war denn seit 2002 überhaupt (bei wesentlich besseren Bedingungen für die NATO) verhandlungsbereit? Warum sollten diese Führer ausgerechnet jetzt verhandeln?
Es gibt auch andere Optionen als ein großes Abkommen mit den höchsten Führungsebenen. Eine noch fragmentiertere Ansammlung von noch zusammenhangloser agierenden und in der Bevölkerung stärker isolierten Zellen wäre ein Problem, für dessen Kontrolle man möglicherweise keine größere internationale Präsenz mehr braucht.