RC N Watch: Bundeswehrsoldat in Baghlan gefallen
Die Details sind noch spärlich: Bei einem Selbstmordanschlag in der nordafghanischen Provinz Baghlan ist am Donnerstag ein deutscher Soldat ums Leben gekommen. Zwei weitere wurden schwer verwundet, weitere vier Soldaten leichter.
Mehr Einzelheiten hat die Bild-Zeitung: Einer der schwer Verletzten soll nur geringe Überlebenschancen haben. Die Soldaten hatten nach Angaben des Blattes den Auftrag, die Zufahrtsstraße zu einer Brücke zu bewachen (ob es sich um die Gegend handelt, wo im April schon deutsche Soldaten fielen, ist bislang nicht bekannt). Ähnliche Informationen meldet Spiegel Online unter Berufung auf den Gouverneur von Baghlan.
Erst vor kurzem hatte die Task Force Kunduz, das erste der neu aufgestellten Ausbildungs- und Schutzbataillone, den Einsatz in Baghlan von der bisherigen Quick Reaction Force übernommen.
Die Information, die Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg heute den Bundestagsabgeordneten gab (das eingebettete Video hakt bisweilen, evtl. geht es über diesen Link) :
Es ist erschreckend mit anzusehen, wie schnell nach dieser Mitteilung wieder zur Tagesordnung übergegangen wird.
Tja was soll man dazu schon sagen ? :-(
@ AndyH | 07. Oktober 2010 – 14:44
Es stellt sich hier wieder die Grundfrage: Wie gehen wir mit Gefallenen um?
Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, Angehörige mit ihrer Trauer nicht allein zu lassen, im Gegenteil.
Es sollte auch eine Selbstverständlichkeit sein, Respekt und Anerkennung denen gegenüber zu erbringen, die für die Verteidigung des Rechts und der Freiheit des deutschen Volkes ihren Kopf hinhalten.
Es sollte auch eine Selbstverständlichkeit sein, gegen Leute vorzugehen, die nun, wie auch immer, Freudentänze aufführen. Leider gibt es die auch. Es hat vermutlicher in den letzten Stunden wieder Hunderte Anrufe bei Angehörigen von Soldaten gegeben, in denen wieder irgendein Vollidiot es besonders lustig findet, den (frei erfundenen) Tod des Angehörigen zu verkünden.
Nur dürfen wir uns lähmen lassen? Dürfen wir dem Feind die Macht über die Funktionsweise unserer Prozesse geben?
Ich denke nein. Denn das würde den Feind motivieren, weitere Selbstmordanschläge zu organisieren.
Nehmen die auch hier mitlesenden Taliban wahr, dass wir uns lähmen lassen, so planen sie den nächsten Anschlag.
Nehmen sie jedoch wahr, dass solche Anschläge unsere Entschlossenheit zur Vernichtung der Taliban nur stärken, dann sind solche Anschläge nicht mehr im strategischen Interesse der Aufständischen.
Denn die Taliban wissen: Im Feld können sie die Nato nicht schlagen, wohl aber an der Heimatfront.
@AndyH
„Es ist erschreckend mit anzusehen, wie schnell nach dieser Mitteilung wieder zur Tagesordnung übergegangen wird.“
Meldungen wie diese sind in Afghanistan leider an der Tagesordnung und Teil der Einsatznormalität. Das meine ich nicht in einem zynischen Sinne.
Der Einsatz findett zudem auch im Informationsraum statt, und dort hat es direkte Wirkung, wie mit dieser Normalität umgegangen wird. Beim Feind herrscht gegenwärtig die Wahrnehmung vor, dass die deutsche Öffentlichkeit mit den Verlusten in Afghanistan überfordert ist.
Es mag ein gut gemeinter Ausdruck von Sympathie mit den Gefallenen und ihren Hinterbliebenen sein, seiner emotionalen Betroffenheit über den Vorfall Ausdruck zu verleihen, aber man sollte sich der einsatzbezogenen Wirkung dieser Gesten bewusst sein. Jedesmal wenn ein deutscher Politiker seine „tiefe Betroffenheit“ verkündet, neutralisiert er damit ein Stück weit die vorhandene positive Wirkung, die zuvor vielleich auch der Gefallene durch seinen Dienst mit erzeugt hat.
Ich finde es auch schlimm, bitte nicht falsch verstehen.
Aber angesichts der Tatsache, dass seit Monaten jeden Tag verbissen gekämpft wird, diverse Operationen laufen, ständig Feuergefechte und Angriffe sind, bin ich überrascht, dass nicht früher wieder mal was Ernstes passiert ist.
Wir kommen im Gegensatz zu anderen Nationen noch ganz gut weg.
Obwohl jeder Gefallener und jeder Verwundeter einer zu viel ist.
@Sun Tzu:
Dem kann ich mich nur anschließen.
Ruhe in Frieden, Kamerad.
Du bist nicht für etwas gestorben, sondern hast für etwas gelebt.
2. Aktualisierung auf bundeswehr.de sagt man befinde sich jetzt noch immer im Gefecht, da die Kraefte nach dem Anschlag angegriffen wurden. Klingt uebel :(
Habe dazu neuen Thread aufgemacht.
Jetzt wird es wieder Versprechungen geben. Natürlich bekommen Soldatinnen und Soldaten alles, was Sie brauchen – vor allem finanzielle Mittel. Dann wird alles wieder vergessen! Ich hasse diese Tage. Vor allem, wenn der Gefallene Kamerad schon wieder aus Seedorf kommt. Wieviel müssen die dort noch aushalten!?
Ich möchte nicht unhöflich wirken. Aber es ist doch erstaunlich, dass Spiegel und Co. die Meldung nicht auf die Titelseite der Homepage packen mit Überschriften wie „Der verlorene Krieg eskaliert weiter“. Es scheint eine „Normalisierung“ einzutreten, wie auch immer man das bewerten möchte.
OFFENER BRIEF
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident Lammert,
sehr geehrter Herr Thierse,
sehr geehrte Fraktionsvorsitzende,
am 07.10.2010 informierte der Bundesminister der Verteidigung während
einer laufenden Bundestagssitzung die anwesenden Abgeordneten mit
einer Erstinformation über einen in Afghanistan im Einsatz gefallenen Bundes-
wehrsoldaten und sechs verwundete Kameraden.
http://www.youtube.com/watch?v=WkgxsSBmk-Y
Leider musste ich zur Kenntnis nehmen, dass die anwesenden Bundestages-
abgeordneten es nicht für nötig hielten, die Debatte zu unterbrechen sowie dem
gefallenen Bundeswehrsoldaten kurz zu gedenken und sich von den Plätzen zu
erheben.
Dieser Soldat hat sein Leben im Rahmen eines von Ihrem Hause beschlossenen
Auslandseinsatzes gegeben.
Jeder Vorsitzende eines Kaninchenzüchtervereins hätte beim Erhalt einer solch
traurigen Nachricht eine Gedenkminute eingelegt.
Nicht jedoch der Deutsche Bundestag, der scheinbar weitgehendst ungerührt
seine Debatte vorsetzte.
Meine Damen und Herren, ich schäme mich für Sie als meine Volksvertreter!
Hochachtungsvoll!