RC N Watch: Mörserangriffe werden Standard?
Am Samstag wurden deutsche Soldaten in der Provinz Baghlan erneut mit Mörsern angegriffen, nahe der Ortschaft Shahabuddin bei Pol-e-Khumri. Auch wenn es keine Verwundeten und keine Schäden gab – es macht den Eindruck, dass in dieser Region neben der Kalaschnikow und der RPG-7 (Panzerfaust) Mörser zur Standardwaffe der Aufständischen werden. Bislang kann ich das noch nicht belegen, aber das sollte man sicherlich im Auge behalten.
Hat zwar nicht ganz damit zu tun, aber was ist eigentlich der Grund für die Abneigung der Bundeswehr gegen Mörser?
Es scheint ja ständig versucht zu werden, auch die letzten Mörser abzuschaffen und sowieso gibt es nur 120mm, während die Amerikaner auch noch 60mm und 81mm haben, genau wie die Briten.
In der Tat wird der Anschein erweckt, deutsche Soldaten würden häufiger mit Mörsern beschossen werden. Dabei gebe ich jedoch 2 Dinge zu bedenken:
1. Sind mehr deutsche Truppen in der Fläche, so wurden letzte Woche mehrfach Einheiten der TF KUNDUZ zur Unterstützung von ANA/US-Einheiten agefordert. Dadurch nimmt natürlich auch die Möglichkeit zu, von Mörsern beschossen zu werden.
2. Muss man berücksichtigen, was alles als Mörser zählt. Da sind auch wie schon im Artikel erwähnt die RPG-7 drin, die als eine Art Mörser genutzt werden.
Im übrigen hat die BW keine Abneigung gegen Mörser, die wurden vor Jahren nur abgeschafft, weil man keinen Nutzen mehr sah. Jetzt in Afghanistan sind sie wieder gern gesehen. Zum Beispiel letztes Wochenende, gleicher Raum wie in der o.g. Meldung hat die Bundeswehr mit Mörsern ins Gefecht eingegriffen um bedrängten ANA/US-Einheiten Luft zu verschaffen.
Es werden zunehmend Mrs eingesetzt, da direkte Konfrontationen erfolglos waren und die Gegenseite so wohl zumindest melden kann, dass sie nicht nachlässt und weiterkämpft… Insgesamt werden jedoch nur einzelne Mrs mit wenig Munition eingesetzt (1 – 3 Schuss) und sich nach dem Abschuss auch schnellstens wieder abgesetzt.
Die 60er und 81er Mörser sind „beweglicher“ als die Bw-Variante, das spielt unter anderem eine Rolle, d.h. sie sind unmittelbar hinter den „Fronteinheiten“ dabei. Des Weiteren muss ich einen Mörser erst einmal einrichten, bevor ich das Feuer eröffnen kann. Bei ausweichenden INS in Ortschaften schwierig. 6-7km Reichweite sind jetzt auch nicht so der Renner und die Genauigkeit dürfte wohl geringer sein, als die einer PzH 2000. Übrigens nutzen INS nicht nur handelsübliche Mörser, sondern gerne auch einfach mal Metallrohre mit einem Nagel im Boden. Billig, jederzeit nutzbar, unauffällig und manchmal auch effektiv.
Mit ihrer Erlaubnis, Herr Wiegold, poste ich einmal ein Beispiel eines solch improvisierten Mörsers (mit seinen Tücken) aus dem Irak. Das „Happy Ending“ ist diesmal auf Seiten der Koalitionsstreitkräfte (und der Spot war der Renner als Motiviations- und Eingangsfilm bei Ausbildungen zum Thema IED etc. im Einsatzland :-) )
http://www.youtube.com/watch?v=xMUjX2tBbM0&feature=related
Ich als nicht-Militär kann mir die funktionsweise eines Mörsers nur schwer vorstellen, vielleicht kann mich jemand hier aufklären.
Woher weiss der Schütze auf was er schiesst? Gibt es „Forward Mortar Controller“ oder sowas? Wie wird gezielt? Wird das Ziel irgendwie markiert?
Schwer vorzustellen alles:)
Kurz und knapp:
Die anfordernden Kräfte geben die eigene Position durch, sowie die Koordinate auf die geschossen werden soll, bzw. wie weit von den eigenen Stellungen weg.
Die Mörser kennen ihre eigene Position und berechnen die Gesamtentfernung zum Ziel. Dann wird der Winkel eingestellt und dann wird eingeschossen.
http://www.youtube.com/watch?v=e4wjIzMey6Y
@Commander
Zitat: „2. Muss man berücksichtigen, was alles als Mörser zählt. Da sind auch wie schon im Artikel erwähnt die RPG-7 drin, die als eine Art Mörser genutzt werden.“
Die RPG-7 ist kein Mörser, sondern eine Panzerfaust. Während man mit Handfeuerwaffen, Panzerabwehr- oder Flugabwehrkanonen das Ziel direkt anvisiert (direktes Richten), bedient man sich bei der Artillerie eines anderen Verfahrens: Dem des indirekten Richtens., bei dem die Bedienmannschaft des Geschützes das Ziel nicht selber sieht.
@Stefan
Was commander meint ist daß in AFG die RPG oft für Steilfeuer benutzt wird.
Ob man da wirklich von „indirektem Richten“ sprechen kann, sei mal dahingestellt.
Not macht erfinderisch.
Was Mörser angeht, so 60mm oder 81mm Mörser wären doch was für die Jägertruppe?
Oder ist das zu altmodisch (Goldrandlösung von EADS in 5-10 Jahren in Sicht) oder zu gewalttätig („Igitt das macht ja bumm! Da könnte ja jemand verletzt werden!“ oder gar zu „belastet“ (die Granatwerfer der Wehrmacht waren ja sehr effektiv;))?
Das Thema Mörser zeigt wie wenig die Bundeswehr – und eben auch das Heer – sich mit den Grundlagen des Krieges auseinandersetzt. Man redet zwar viel „vom Einsatz her denken“, aber reden und handlen sind halt zwei verschiedene Dinge.
In der (noch) gültigen Struktur gibt es in den PzGrenBtl (SK) keine Mrs mehr.
Grund: Es mussten halt Dienstposten für anderes „erwirtschaftet“ werden.
Das gereade StabKr Mrs brauchen wurde zwar schon vor Beginn der Transformation über deutlich (z.B. Op Anaconda), aber was interessiert unsere Bürokraten in Uniform denn der Krieg?
In der neuen Struktur wird das vielleicht besser, aber das hilft uns jetzt nicht. Die ach so tollen ASB haben wohl keine MrsZge. TF Kunduz verfügt wohl noch über die Mrs der QRF aber für beide ASB reicht es wohl nicht.
Die andere Seite wird aber immer professioneller…gerade beim indirekten Feuer. Auch nicht überraschend….
Da frag ich mich mal wieder warum ich für Herr Schneiderhan und Herrn Budde das Ruhegehalt bezahle…
Ach ja und das MrsKpfSys ist auch eher die Fortsetzung des Seltsamen als die Lösung längst vorhersehbarer Probleme.
Moin,
was mir auffiel: In den letzten Tagen kam es immer wieder um die Ortschaft Sahabuddin zu Angriffen auf die Bundeswehr, so am 20.9., am 22.9. und jetzt am 25.9. (alles protokolliert auf bundeswehr.de).
Gibt es dort in der Nähe irgendwelche festen Stellungen der Bundeswehr, dass sie dort so permanent eingesetzt ist? In der Meldung vom 22.9. stand auch, dass „die Stellung gehalten“ worden sei.
Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen. thx.
Zur Mörserdiskussion:
Für die Bw ist (in sehr geringer Stückzahl) das leichte Mörserkampfsystem mit dem leichen Panzermörser (auf Basis Wiesel) vorgesehen. DasSystem ist in der erforderlichen Stückzahl weder finanzierbar, noch schließt es alle Fähigkeitslücken (bspw. Transport in leichten Transporthubschraubern und mehr). Aber es ist politisch gewollt.
Obwohl aus dem Bereich der FschJg undGebJgTr immer wieder offiziell gefordert wurde, auch weiterhin tragbare Mörser zu nutzen, bspw. das US-System LWMS (81mm),wurde diesen Forderungen natürlich nicht nachgekommen, da diese ja eine Gefährdung einer (nicht bezahlbaren) Goldrandlösung bedeutet hätte.
Die Truppe bekommt als keine tragbaren Nachfolger für die aktuellen 120mm, weil (k)eine Goldrandlösung (für deren Entwicklung schon viel Geld bezahlt wurde) politisch opportuner ist, alseine finanzierbare Lösung, welche auch noch den Charme hat, die Fähigkeitsforderungen der Truppe zu erfüllen.
politisch gewollt.. wie ich dieses „Argument“ liebe.
Welcher Politiker beschäftigt sich denn bitte mit dem MrsKpfSys?
Zumal, wenn das MrsKpfSys angeblich so politisch gewollt ist, warum wird es dann nicht finanziert???
Streiche: politisch setze: bürokratisch.
Ich hab es mehrfach erlebt wie Fehlentscheidungen der militärischen Führung als politisch gewollt dargestellt wurden.
Nur ein Bsp: Fw-Ausbildung. Das wurde nicht von der Politik, sondern von Uniformierten verbockt. Und nun noch weiter verschlimmbessert. Am Ende auch da: politisch gewollt. Klar….
Aber es ist als StOffz ja auch so angenehm Kritik aus dem unterstellten Bereich mit angeblichem Insider-Wissen („das ist politisch gewollt!!!!“) abzubügeln.
Die InfS hat das MrsKpfSys propagiert und pragmatische Lösungen und Ansätze für mitttlere Kräfte (z.B. Mrs auf Boxer) abgeblockt.
Und nun ist halt „die Politik“ (was auch immer das ist) schuld.
Wie war das noch: „In Deutschland sind immer die andern schuld, wenn man selbst zu blöd ist zum denken“
Leider wird es noch recht lange dauern bis „fronterfahrene“ Offiziere in den entscheidenden Stellen sitzen.
Anscheinend wird ja teilweise die Mörserunterstützung von der US Army (Char Darreh Polizeiwache) oder der ANA(!) übernommen.
@JCR:
schön wärs. Fronterfahrene Offze verlassen überdurchschnittlich die Bundeswehr. Auf eigenen Wunsch oder weil sie nicht als BS „geeignet“ sind (z.B. ohne Studium).
Im LGAN finden sich immer noch sehr viele Teilnehmer ohne Einsatzerfahrung, aber mit viel Stromlinienform…
Angeblich fronterfahrene Karrieristen steigen gleichzeitig immer weiter auf (siehe LBwglBrig 1….)
Die Hoffnung „bald wird es durch Einsatzerfahrung weiter oben besser“ hab zumindest ich verloren. Denn die Hoffnung haben wir ja alle seit 10 Jahren…
… die neue Struktur zeigt doch auch, dass nicht der Einsatz von heute und insbesondere morgen, sondern der bürokratische Selbsterhaltungstrieb im Mittelpunkt steht.
Da muss man Memoria beipflichten.
Die Politik ist nicht an jeder abwegigen Entscheidung schuld.
Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen, dass über einige Jahre hinweg Mörser nicht vorhanden, bzw. vorgesehen waren. Mörser!
Die gehören nun wirklich zum absoluten Basisequipment. Und da seh ich auch ganz klar die Offiziere in der Verantwortung. Kein Politiker würde herkommen und sagen, Mörser seien zu teuer und werden abgeschafft, wenn die Offiziere Bedarf anmelden würden.
Ganz so vor die Wand sind die meisten Politiker auch nicht, dass sie sich mit solchen Kleinigkeiten abgeben.
Das Mörsersystem auf dem Wiesel macht an sich schon Sinn. Nur mal wieder nicht in der Truppengattung. Für die leichte Infanterie gehören 81mm-Mörser per Wolf oder per Rucksack transportiert und klassisch benutzt. Den Wiesel würde ich je nach Konzept einer motorisierten Jägertruppe oder den Panzergrenadieren ranheften.
@Stefan:
Natürlich weiss ich, dass die RPG-7 eine PzFst ist.
Aber jeder der in Afghanistan mal gesehen hat, wie auch die ANA die RPG-7 als Steilfeuerwaffe nutzt, weiss auch was die INS damit machen können. Insofern hat JCR da schon passend geantwortet.
@Memoria:
Die meisten guten Offiziere gehen aus eigenem Antrieb, da sie verstanden haben, dass ab einer gewissen Ebene es nur noch um Politik geht und nicht mehr um militärisch sinnvolle Projekte. Ich pflichte Memoria auch bei, da auch ich die Hoffnung auf Besserung verloren habe.
@ neuer Post Memoria
So isses. Opportunisten kommen immer schön glatt durch. So ist das System aber auch gestrickt! Ich erinner immer nur gerne an den § 50 Soldatengesetz.
§ 50 etabliert Opportunimsus in der BW. Und das macht die BW kaputt.
Und so muss man halt immer wieder bei der US-Army um Basisfähigkeiten betteln gehen ^^ Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
@ Daniel
Südlich der Ortschaft BAGHLAN hat die Bundeswehr einen Observation Point eingerichtet, Den OP NORTH. Im Raum BAGHLAN bis POL-E KHOMRI kam es in den letzten Wochen immer wieder zu Gefechten. Shahabuddin liegt in dem genannten Raum. Dort sind auch CF (Coalition Forces), mit Masse US-Kräfte zusammen mit ANSF-Kräften im Einsatz.
Die Ungarn selbst sind etwas zurückhaltender, ihnen fehlt auch ein Manöverelement, deren PRT ist nicht sehr stark.
STOPP!
In diesem Thread haben mal wieder die Abkürzungen überhand genommen… Die Fachleute wissen, warum StabKr einschließlich der StOffz der Bw und auch die FSchJTrTl das MrsKpfSys brauchen könnten. Aber etliche andere steigen dann aus.
Deshalb zum einen die Bitte, nicht um jeden Preis abzukürzen, wenn es nicht sein muss (IED ist zum Beispiel ein recht gängiger Begriff, GebJgTrp eher weniger). Hier sollten möglichst viele mitlesen können.
Zum anderen habe ich mal ein Glossar eingerichtet, wo ich nach und nach Begriffe und Abkürzungen reinschreibe, die vielleicht der Erläuterung bedürfen…
@Memoria
Es lässt sich nach meiner Bewertung trefflich darüber streiten, ab wann die politische Ebene anfängt. Aber eines ist sicher, durch ‚vorauseilenden Gehorsam‘ sicher eher, als eigentlich sein sollte.
Sicher ist aber, dass die Bw besser da stehen würde, wenn mehr Offiziere aller Ebene dem Grundsatz Gen Petreaus‘ folgen würden:
‚“Our job is to provide the military advice,” Petraeus said. “[The president’s] job is to worry about the other factors.”‘
@ Niklas: Mörser auf Wiesel ist nicht dazu geeignet, hochbeweglicher Infanterie oder PzGren zu folgen. Der Wiesel ist und bleibt ein Waffenträger und wird auch durch gutes Zureden weder geländegängiger noch durchhaltefähiger in Bezug auf Reichweite und Ausfallrate. Das Fahrzeug ist schlicht ein Kompromis zwischen Beweglichkeit, Schutz und Lufttransportfähigkeit. Daher wäre die Boxerlösung sicher eine zweckmäßigere Lösung gewesen.
@Commander
Mitnichten sind im Raum Shahabuddin in der Mehrzahl US/ANSF-Kräfte im Einsatz. Das machen im Schwerpunkt die Deutschen, allerdings mit zugeordneten US-Kräften.
@ Memoria et al.
Ganz so schwarz sollte man das vielleicht nicht sehen. es ist doch völlig klar, dass Offiziere (wie auch Unteroffiziere), die Gefechtserfahrung haben, (noch) Mangelware sind. Karrieristen sind im Übrigen weder ein Streitkräftetypisches Problem, noch ausschließlich in Deutschland vorhanden. Aber das wird sich ändern und wenn man sich die Entwicklungen, auch politisch, des letzten Jahres ansieht, ssind wir auf dem richtigen Weg.
@Ash:
Was ich versuchte deutlich zu machen, ist, dass neben der Bundeswehr, die ja südlich BAGHLAN Ihren Observation Point eingerichtet hat, auch CF (Coalition Forces)unterwegs sind.
Ich meine, dies auch so geschrieben zu haben. Diese anderen CF bestehen aus ANSF mit US-„Trainern“.
Woher nehmen Sie die der BW zugeordneten US-Kräfte? Dies ist mir neu, eine Info dahingehend fände ich nicht schlecht, da dies ja auch eine Änderung der bisherigen Vorgehensweise mit sich brächte.
@Commander
Okay, so verstanden. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass dort mal nicht „andere“ im lead sind :-)
Die US-Kräfte operieren im Rahmen ihres Partnering-Konzeptes mit den ANSF im Raum Pol-e-Khomri und Baghlan, wohl in erster Linie Polizei, und unterstützen die Deutschen entsprechend bei deren Operationen.
Zumindest mir kommt es bei vielen Systemen fast so vor, als hätten da diverse Waffengeneräle die FInger in irgendwessen Taschen.
In den letzten Jahren wurden sehr viele Systeme außer Dienst gestellt, die eigentlich hätten im Betrieb gehalten werden können, die dann Fähigkeitslücken hinterließen für die dann eine Goldrandlösung her muß.
Gepard = Mantis
Roland = MEADs (ok paßt nicht ganz)
Mörser 120mm auf M113 = Wiesel Mörsersystem
@commander:
danke für die Info!
@ JCR
Das stimmt. Man wundert sich zu Recht, warum viele andere Länder mit weit weniger Geld auskommen und dann auch was darstellen.
Bestes Beispiel sind ja die Taliban :) Die können sich irgendwie immer über Wasser halten. ^^