Einsatz in Bosnien: Kabinett beschließt Rückkehr der Bundeswehr in EU-Mission

Die Bundeswehr soll, wie zuvor bereits absehbar, wieder in Bosnien-Herzegowina aktiv werden. Das Bundeskabinett beschloss ein entsprechendes Mandat für eine erneute Beteiligung an der EU-Mission EUFOR Althea in dem Balkanland. Die deutschen Streitkräfte hatten sich vor fast zehn Jahren aus diesem Einsatz zurückgezogen.

Anlass für die erneute Beteiligung der Bundeswehr ist vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine – und die Befürchtung, die bosnische Teilrepublik Republika Srpska könnte mit russischer Unterstützung eine Abkehr von dem Mehrvölkerstaat vorantreiben und letztendlich das Friedensabkommen von Dayton 1995 infrage stellen.

Aus der Begründung des Mandats, wie es vom Bundeskabinett am (heutigen) Mittwoch beschlossen und an den Bundestag zur Billigung weitergeleitet wurde:

Die aktuellen politischen Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina geben Grund zu großer Sorge. Ethnische Spaltungen prägen noch immer den Alltag, dominieren die Politik und blockieren Fortschritte und Reformprozesse. Nationalistische und hetzerische Rhetorik sind heute wieder Teil des politischen Diskurses. Zusätzlich hat das Parlament der bosnisch-serbischen Entität Republika Srpska in den vergangenen Monaten konkrete rechtliche Schritte eingeleitet, die Region weiter vom Gesamtstaat abzuspalten. Diese neue Qualität der Lage zeigt sich auch in der Suspendierung eines Gesetzes der Entität Republika Srpska unter Nutzung der sogenannten Bonn Powers durch den Hohen Repräsentanten (HR) für Bosnien und Herzegowina, Bundesminister a. D. Christian Schmidt. Zusätzlich besteht derzeit die Gefahr, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und mittelbar die Konfrontation zwischen der westlichen Werte- und Staatengemeinschaft und der Russischen Föderation von der russischen Seite als Katalysator für eine weitere Destabilisierung Bosnien und Herzegowinas genutzt werden könnte. Insbesondere die engen Beziehungen der serbischen Regierung zur russischen Föderation und ihr Einfluss auf die bosnisch-serbische Entität Republika Srpska tragen zu diesen Befürchtungen bei.
Angesichts dieser Entwicklungen ist das Potenzial einer weiteren Destabilisierung mit der Folge einer Eskalation bis hin zur möglichen Abspaltung der Republika Srpska gegenwärtiger denn je seit dem Ende des Krieges 1995. Die bosnisch-herzegowinischen Wahlen am 2. Oktober 2022 bilden in diesem Kontext einen Kristallisationspunkt für weitere Konflikte und könnten einer Zäsur gleichkommen.

Die Führung der EU-Mission hatte aufgrund solcher Befürchtungen bereits im Februar, unmittelbar vor Beginn des russischen Angriffskriegs, eine Verstärkung der Althea-Truppen angekündigt.

Das neue Mandat sieht eine Personalobergrenze von 50 deutschen Soldatinnen und Soldaten vor. Zunächst sollen allerdings nur rund 20 eingesetzt werden, fünf davon im Stab der EU-Mission und die übrigen in den so genannten Liaison and Observation Teams (LOT). Grundlage ist ein Mandat des UN-Sicherheitsrats, das zuletzt im November vergangenen Jahres verlängert wurde. Inhaltlich wird der Auftrag der Bundeswehr in dem Balkanland praktisch der gleiche sein wie früher: Unterstützung der Ausbildung der bosnischen Streitkräfte, Beitrag zur Einhaltung des Friedensabkommens von Dayton, das den Bosnienkrieg vor fast drei Jahrzehnten beendet hatte, und die Schaffung eines sicheren Umfelds.

(Foto: Ankunft rumänischer Verstärkung im März 2022 – Sergeant 1st Class Rafael Schicher/EUFOR Althea)