Bundeswehr-Werbung auf der Gamescom: Die Plakate des Anstoßes
Auf der Gamescom in Köln, nach eigenen Angaben das weltweit größte Event für Computer- und Videospiele, ist in diesem Jahr – wie in den Vorjahren – auch die Bundeswehr mit einem Werbestand für die Nachwuchsgewinnung unterwegs. Daran hatte es auch früher schon Kritik gegeben, vor allem am Messestand (mit Boxer, das Video dazu ist leider gelöscht) selbst. In diesem Jahr gibt es erneut Aufregung – aber bislang in erster Linie wegen der Plakate, mit denen die Bundeswehr ihren Auftritt auf dieser Spielemesse bewirbt.
Da bislang vor allem nicht so gut erkennbare Fotos der Plakate im Netz kursieren, hier zur genaueren Betrachtung – das eine Plakat oben; das zweite sieht so aus:
Die Kritik richtet sich, das war wohl absehbar (und vielleicht auch so beabsichtigt?) gegen die Aufmachung, die – so der Vorwurf – eine Gleichstellung von Videospielen mit der Realität von Krieg, Tod und Verwundung suggeriere. Der Shitstorm in den sozialen Medien begann am (gestrigen) Starttag der Gamescom:
Was hat die @bundeswehrInfo schon wieder auf der Gamescom zu suchen?
Und was sollen Slogans wie „Multiplayer at it’s best?“ und „Mehr Open-World geht nicht?“
Ist Krieg ein Spiel für euch?
Ihr habt wohl den Schuss nicht gehört.
— Rincewind1323 (@Rincewind_AM) 21. August 2018
und setzte sich am (heutigen) Mittwoch fort:
Hey World, this is how the German army sees itself: As a game.
„Multiplayer at its best!“
„Open World at its best.“ pic.twitter.com/bBKVN2sfmA— Karsten Schmehl (@schmarsten) 22. August 2018
(unter den jeweiligen Tweets sind weitere Stimmen angehängt).
In dem Zusammenhang ist interessant, was die Bundeswehr selbst im vergangenen Jahr in einem Interview zu ihrem Gamescom-Auftritt zu sagen hatte:
Wir versuchen – und das machen wir hier auf der gamescom auch ganz strikt – eine klare Trennung zwischen Ego-Shootern und der Bundeswehr herzustellen. Wir befinden uns hier in der so deklarierten Familien- und Freizeithalle, in der es sehr unwahrscheinlich ist, dass auch Anbieter von Kriegsspielen vertreten sind. Aber da ist die Bundeswehr auch im Bereich der Aufklärung unterwegs und versucht, dem Besucher, der Interesse an der Bundeswehr hat, ganz klar sofort die Augen zu öffnen und zu sagen: „Hör mal, das sind zwei grundverschiedene Welten in denen du dich gerade bewegst. Ein Shooter hat mit dem Soldatenleben nichts gemein. Die Bundeswehr ist kein Spiel.“
Ob diese strikte Trennung und das Augenöffnen mit den Plakaten so funktionieren – darüber kann man natürlich endlos streiten. Die Bundeswehr verweist auf das Kleingedruckte auf den Werbetafeln. Die vielleicht meist übersehen wurden:
Unterm Strich: Die Truppe nutzt die Videospiel-Ästhetik, um eine aus ihrer Sicht darüber hinaus gehende Botschaft zu transportieren (und natürlich, um um Nachwuchs zu werben). Die Botschaft im Kleingedruckten muss noch ankommen.
Nachtrag: Jetzt hat auch die Bundeswehr via Twitter auf die Kritik reagiert:
Schon unsere Werbung zur #Gamescom gesehen?
Wir wollen zum Nachdenken darüber anregen, was wirklich zählt: Krieg spielen oder Frieden sichern?#Gamescom2018 #GC18 #Bundeswehr pic.twitter.com/SL5X6C1vBA— Bundeswehr (@bundeswehrInfo) August 22, 2018
Ich selbst finde die Werbung auf den zweiten Blick vollkommen ok. Zuerst war ich auch schockiert, aber wenn man sich mit ihr auseinandersetzt, ist sie ziemlich gut durchdacht. Die eigenen Werte in der Sprache der Zielgruppe. Alles richtig gemacht.