Der Minister, die Marine…
Am gestrigen Montag besuchte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Marineschule in Mürwik und die Unteroffiziersschule der Marine in Plön. Hinterher redete er mit der Presse, mit rein durfte leider kein Journalist (und schon im Vorfeld hatte die Marine darauf verwiesen, dass Pressearbeit nur reaktiv stattfinden solle).
Der Kollege Leo Walotek-Scheidegger, spezialisiert auf Maritimes, lässt deshalb auf seinem Blog einen Teilnehmer des Ministerauftritts in Mürwik zu Wort kommen. (Der nicht so richtig begeistert ist.)
Nachtrag: Mich hat mittlerweile eine Punktuation der Rede des Ministers an der Marineschule erreicht – Punktuation heißt, dass er diese Rede nicht unbedingt so gehalten hat; es ist sozusagen der Vorschlag für eine Rede (falls jemand die gehört hat und berichten kann, was er tatsächlich gesagt hat, wäre das sehr interessant):
Punktation BM Dr. zu Guttenberg
anlässlich des Besuches der Marineschule Mürwik und der Marineunteroffizierschule in Plön am 14. Februar 2011
I.
Ich bin Ihnen, Admiral Schimpf dankbar für Ihre Worte: Sie haben manches, was in der medialen Scheinwelt der letzten Wochen verzerrt wurde, zurecht gerückt. Und Sie haben die Maßstäbe der Inneren Führung benannt, an denen wir uns orientieren.
Vor allem aber haben Sie deutlich gemacht, dass es bei unserem Handeln, bei der Wahrnehmung unserer Führungsaufgaben – ein jeder an seinem Platz – immer um die uns anvertrauten Menschen, die uns anvertrauten Menschen geht.
Ich verstehe gut, dass meine Entscheidung, Kapitän zur See Schatz als Kommandant der GORCH FOCK vorübergehend von seiner Aufgabe zu entbinden, in Ihren Reihen diskutiert wurde, ja, dass sie auch für eine gewisse Unruhe gesorgt hat und immer noch sorgt.
Ich habe mich deshalb entschlossen, heute hierher zu Ihnen zu kommen, weil es meinem Führungsverständnis entspricht, Entscheidungen, auch schwierige Entscheidungen zu erläutern.
Ich habe in meiner Dresdner Rede bei der Bundeswehrtagung 2010 gesagt, dass Sie alle mein Vertrauen haben und ich mir eine neue Kultur in unserer Bundeswehr wünsche, eine Kultur des Vertrauens, in der Schönreden keine Platz hat, eine Kultur, in der die Dinge beim Namen genannt werden und in der es auch möglich sein muss, Kritik offen zu äußern.
Ich stelle mich dieser Kritik und ich setze auf Ihre Offenheit. Ich setze vor allem darauf, dass wir nachher im Gespräch miteinander genau diese Fragen erörtern, und ich werde die Fragen aussprechen die mich beschäftigen, wenn ich die Ereignisse der letzten Wochen Revue passieren lasse.
II.
Es ist guter Stil und unverzichtbarer Bestandteil der Inneren Führung, dass Entscheidungen, vorher – oder wenn geboten – auch im Nachhinein erklärt werden. Das gilt nicht nur für militärische Vorgesetzte. Das gilt auch für den Bundesminister der Verteidigung und den Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt.
Zur Sache: Nach dem tödlichen Absturz von Frau Obermaat Seele aus der Takelage des Schiffes am 7. November 2010 hat der Inspekteur Marine am 16. November entschieden, den Ausbildungsbetrieb auf der GORCH FOCK auf Anraten des Kommandanten abzubrechen, da die Ausbildung in der verfügbaren Zeit vor dem Hintergrund der psychischen Belastung der von Offizieranwärtern nicht zu gewährleisten sei.
Im Nachgang zur einer Unterrichtung des Verteidigungsausschusses am 21. Januar 2011 habe ich Kenntnis von weiteren Vorwürfen zu Missständen an Bord des Segelschulschiffes GORCH FOCK und zu vermeintlichem Fehlverhalten von Besatzungsangehörigen im Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall einer Kadettin vom 7. November 2010 erhalten.
Daraufhin habe ich nach Beratungen und im Einvernehmen mit der militärischen Führung drei Entscheidungen getroffen:
Erstens den Kommandanten des Schiffes unverzüglich und bis zum Abschluss der laufenden Ermittlungen von seinen Pflichten zu entbinden,
Zweitens die sofortige Rückverlegung der GORCH FOCK in ihren Heimathafen Kiel zu veranlassen, und
Drittens das Segelschulschiff während der grundsätzlichen Überprüfung des Ausbildungskonzeptes, aus der Fahrbereitschaft zu nehmen.
Die Entbindung des Kommandanten von der Führung des Schiffes, heißt nicht, dass er „gefeuert“ worden ist. Und es geht auch nicht um ein Bauernopfer. Kapitän z.S. Schatz ist unverändert Kommandant der GORCH FOCK. Kapitän z.S. Brühn führt lediglich Schiff und Besatzung nach Deutschland zurück.
Meine Entscheidung, ihn vorübergehend von der Führung zu entbinden, dient seinem Schutz, aber auch dem Schutz der GORCH FOCK und der Marine. Das mag bei einigen von Ihnen Kopfschütteln hervorrufen, weil sie sofort einen zukünftigen Automatismus unterstellen, und es mag auch Unverständnis geben. Und genauso mögen einige von Ihnen mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sein. Darüber können wir ja in der Aussprache gerne reden.
Mir war es sehr wichtig, Kapitän z.S. Schatz, die GORCH FOCK und die Marine so gut es eben möglich war, zunächst einmal aus dem medialen und öffentlichen Feuer zu nehmen. Dabei ging es mir in erster Linie um Fürsorge gegenüber Kapitän Schatz, dem es meines Erachtens nicht zugemutet werden konnte, die GORCH FOCK samt ihrer Besatzung unter diesen Umständen nach Hause zu führen. Ein Kommandant sollte wohl zu jeder Zeit den Kopf frei haben, um sich voll und ganz auf die Führung des Schiffes samt seiner Besatzung zu konzentrieren, um best möglich seiner Verantwortung, gerecht zu werden.
Gerne und sehr schnell haben die Medien und die Opposition das Angebot zur Kritik am Verteidigungsminister äußerst dankbar angenommen und in großen Lettern und schrillen Tönen damit auch nicht gerade gegeizt. Was die Medien indes aus diesem Sachverhalt gemacht haben, spottet jeder Beschreibung.
Es ist jetzt Aufgabe der Staatsanwaltschaft, den Tod von Obermaat Seele aufzuklären.
Darüber hinaus werde ich morgen eine Kommission beauftragen, nach Vorliegen des Berichts des Havariebeauftragten Vorschläge zu erarbeiten, wie zukünftig die seemännische Basisausbildung auf der GORCH FOCK zu gestalten ist.
Zudem geht es darum, die vorgebrachte Kritik an der Ausbildung auf der GORCH FOCK und am Führungsverhalten Einzelner zu untersuchen.
Entscheidend für die Abberufung des Kommandanten sind die Beweggründe. Und die habe ich Ihnen genannt. Entscheidend ist auch, was am Ende überbleibt. Und deshalb wiederhole ich: Kapitän z.S. Schatz ist nach wie vor Kommandant der GORCH FOCK.
Alle, die daraus einen Automatismus und eine Gesetzmäßigkeit befürchten, liegen falsch. Es kommt auf den Einzelfall an. In dieser Situation und unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen war aus meiner Sicht dieses Handeln geboten.
Es geht deshalb nicht an, die Marine unter Generalverdacht zu stellen. Genauso wenig das Heer, wenn Sie die tragischen Vorfälle in Afghanistan nehmen, oder die Luftwaffe, oder die Streitkräfte, oder die Bundeswehr insgesamt. Gewiss, es hat immer wieder Versuche gegeben, zu instrumentalisieren oder daraus politisches Kapital zu schlagen.
IV.
Was konnten wir in den letzten Wochen lernen? Zunächst zu den Medien: Man kann nicht davon ausgehen, dass fair und unvoreingenommen berichtet wird. Ja, wir müssen darauf gefasst sein, dass wir mit Unterstellungen und Vorurteilen, auch mit absurden Behauptungen konfrontiert werden. Hier gilt: Es gibt Grenzen des Zumutbaren, und, wo nötig, muss hier mit den Instrumenten des Presserechts – etwa mit Gegendarstellungen – gearbeitet werden.
Die Freiheit der Meinungsäußerung darf nicht zu Lasten der individuellen Persönlichkeitsrechte gehen. Und es gilt auch: Sie müssen nicht jedes Gerücht glauben. Wer Gerüchte als Tatsachen weitergibt, richtet bisweilen großen Schaden an.
Und es stellt sich für Sie die Frage: Was bedeutet die zeitweilige Abberufung des Kommandanten für alle die, die in Führungsverantwortung stehen? Führt jeder Fehler sofort zur Abberufung? Ist der Entschluss, einen Gegner rechtsherum anzugreifen, dann falsch, wenn es Verletzte und Tote zu beklagen gilt? Und verliert der Bataillonskommandeur dann sein Kommando? Werde ich künftig abgelöst, wenn mir bei der Bekämpfung von Piraten ein Fehler unterläuft? – Nein!
Noch einmal: Es gibt keinen Automatismus. Und deswegen gibt es auch keinen Grund aus Angst vor möglichen Konsequenzen keine Verantwortung zu übernehmen, keine Entscheidungen zu treffen.
Streitkräfte, die vom Einsatz her denken, die im Einsatz stehen, die für den Einsatz ausbilden, vertragen keine Zauderer und Zögerer. Und sie vertragen kein Absicherungsdenken.
Aber wir müssen aus meiner Sicht eine neue Kultur des Umgangs mit Führungsentscheidungen entwickeln. Eine Kultur der Verantwortung.
Ausbildung, Führung und Erziehung in der Bundeswehr sind vom Einsatz her zu denken. Das schließt Realitätsnähe ein, und ebenfalls das kontrollierte Ertragen gewisser Härten und Entbehrungen. Das ist kein Dienstvergehen, sondern Fürsorge, um im Einsatz zu bestehen.
Nur wer seine physischen und psychischen Grenzen erfährt, weiß, was er von seinen unterstellten Soldaten verlangen kann. Und das bedeutet beileibe keinen Freifahrschein für rüden Umgang oder überzogene Härte. Ganz im Gegenteil: Je fordernder die Ausbildung, je professioneller muss die Ausbildungsorganisation, je professioneller müssen die Ausbilder sein. Das ist aber beileibe nichts neues. Es muss nur jeden Tag aufs Neue durchgesetzt werden. Das betrifft nicht nur die Marine, das gilt für die Streitkräfte insgesamt.
Für Soldaten geht es im Einsatz immer auch um Leben und Tod. Dieser Konsequenz müssen wir uns bewusst sein. Das erfordert Vertrauen in Vorgesetzte und Kameraden sowie in das eigene Können und in das Team.
Im Team, als Mannschaft, achtet man einander, und man achtet aufeinander. Das verstehe ich unter einer modern gelebten Kameradschaft. Das ist Führungsverantwortung, wie ich sie verstehe. Und das muss in die Köpfe hinein. Es ist eben lange nicht alles richtig, was cool ist.
Es kommt meines Erachtens deshalb insbesondere darauf an, dass beide Seiten aufeinander zugehen und sich gegenseitig in ihrer jeweiligen Rolle zu akzeptieren, zu respektieren und einen ordentlichen, zwischenmenschlichen, kameradschaftlichen Umgang miteinander haben. Miteinander reden, Verständnis für einander haben und gegenseitiges Vertrauen entwickeln. Darauf kommt es an.
Die Ausbildung auf einem Segelschulschiff ist auch Erziehung. Erziehung ist unverzichtbar. Dann nämlich, wenn über das Handwerk und über das rein Funktionale hinaus die Tugenden und Werte gefordert sind, die nur durch Erziehung entwickelt werden können. Es ist die Charakterbildung, worin der eigentliche, wahre Wert einer Segelschulschiffausbildung liegt.
Ausbildung muss fordern. Sie darf bis an die Grenzen der körperlichen Leistungsfähigkeit führen, aber sie darf niemals etwas verlangen, was gegen Anstand und Würde verstößt.
Ausbildung, Führung und Erziehung verlangt das persönliche Beispiel, verlangt Vorbilder. Vorbilder in Haltung und Pflichterfüllung, Vorbilder in Einsatz und Fürsorge, Vorbilder im fachlichen Können und ganz besonders auch im zwischenmenschlichen Verhalten.
Nur dann kann Vertrauen entstehen, nur dann entsteht ein Team, das seinen Auftrag auch unter widrigsten, unter gefährlichen, ja, unter lebensgefährlichen Umständen mit Erfolg ausführen.
V.
Zur GORCH FOCK: Sie wissen, dass ich das Ausbildungskonzept der GORCH FOCK überprüfen lasse. Glauben Sie mir, dass machen wir uns nicht leicht. Die Frage, welche Rolle die „GORCH FOCK“ dabei aus Ihrer Sicht zukünftig in der Ausbildung spielt, ist zentral, daraus mache ich keinen Hehl.
Die GORCH FOCK ist nicht irgendein Schiff. Über 50 Jahre sind an Bord der GORCH FOCK Marineoffiziere und -unteroffiziere ausgebildet worden. Die GORCH FOCK ist eine beliebte Botschafterin Deutschlands in der Welt.
Kein Marineschiff hat einen derartigen Bekanntheitsgrad. Die GORCH FOCK ist ein Teil Deutschlands und deutscher Politik geworden. Darüber sind wir uns alle im Klaren. Auch die im Übrigen, die lautstark und aus einsichtigen Motiven jetzt den Kahlschlag fordern.
Und gerade deshalb, gerade auch um uns selbst zu vergewissern, sind wir gut beraten, unvoreingenommen zu prüfen, ob und was zu verändern ist, was zu bewahren ist.
Die Frage, ob man es im Zeichen der Technik überhaupt vertreten kann, junge Menschen auf Schiffen ausbilden zu wollen, die längst der Vergangenheit angehören, ist nicht neu, sie wurde auch vor 30 Jahren gestellt.
Wir müssen und wir werden diese Frage beantworten. Das gehört ebenfalls zu unserer Verantwortung. Letztlich haben wir zu entscheiden, welche Bedeutung die Ausbildung auf der GORCH FOCK im 21. Jahrhundert für die für den angehenden Marineoffizier hat.
Deshalb gilt: Erst wenn die Ermittlungen vollständig abgeschlossen sind und der Ergebnisbericht der Kommission vorliegt, werde ich –in Absprache mit dem Inspekteur der Marine – die notwendigen Entscheidungen treffen.
Das wollte ich Ihnen sagen. Feuer frei!
Vielen Dank, sehr erhellend.
Selbstreflexion ist im BMVg wohl einfach nicht möglich. Auch mit KTG.
Das BMVg macht halt alles richtig und wer das anzweifelt hat halt keine Ahnung.
Auch wenn man schon mit einem Bein über dem Abgrund steht, geht es mit Schwung weiter voran. Und das ändert sich auch nicht in einer neuen Struktur.
Schade.
Wer am Abgrund steht, hat die beste Aussicht ;-)
Der Kollateralschaden der „schneidigen Entscheidung“ eines Ministers tritt zu Tage: zu Recht verunsicherte Kommandanten und Führungskräfte. In der Marine gab es bisher so etwas wie eine Führungs- und Verantwortungskultur, in der Kommandant eines Schiffes sich auf den Rückhalt seines Befehlshabers der Flotte verlassen konnte. Basiert war dies auf das gegenseitige Vertrauen. Diese doch in vielen Marinen vorhandene jahrhunderte alte Tradition ist durch einen relativ jungen Minister in die Realität des „Primates des Politikers“ geholt worden.
Hm, das war nicht anders zu erwarten. Selbst Helmut Schmidt hat lange gebraucht um einzusehen, das sein Haar und Barterlass totale Grütze war. Und das in einer völlig anderen Zeit. Zudem war er schon damals ein „Volksheld“ und konnte so etwas auch überstehen.
Anderseits ist das Geheule schon typisch für unsere Armee. Da sitzen die Altvorderen und „Wohlgedienten“ und muckieren sich darüber, einen Minister zu haben der an Jahren jünger ist als ihre Dienstzeit lang ist und ihnen nicht den „zustehenden“ Respekt erweist. Vorgesetzte haben einen besonderen Aufgabenbereich, je höher der Dienstgrad und desto exponierter die Verwendung, desto höher auch das Risiko. Und dem Kommandanten des einzigen Segelschulschiffes sollte das durchaus bewusst gewesen sein. Zudem sind ihm seine Soldaten auf besondere Art und Weise „ausgeliefert“, da ist der Vergleich zu einem Brigadekommandeur doch auch immer schwerlich zu ziehen. Wem das nicht passt, der soll sein Patent zurückgeben und mit irgendwelchen ausgeflaggten Containerschiffen rumfahren. Jeder Landkommandeur hätte bei der Welle auch keine Schonung erfahren, weder heute noch zu Kaisers Zeiten. Es sind aber auch die gleichen Kommandeure und Vorgesetzten, die mit ihren eigenen Untergeben genau das gleiche machen. Das wird zwar nicht in der BILD-Gazette breit getreten, aber letztendlich ist der Effekt der gleiche. Überall da wo es möglich ist wird Problempersonal kaltgestellt und aussortiert.
Allerdings hat der Schreiber schon Recht, die Fähigkeit zur kritischen Selbstreflektion fehlt völlig. Auf beiden Seiten. Zum einem stellt sich die sehr große Frage, ob diese Entscheidung wirklich so schnell getroffen werden musste. Schließlich konnte Schatz nicht einfach aussteigen und gehen. Und wenn das nicht möglich ist (war), dann muss ich das auch nicht so schnell treffen. Wenn dann die Entscheidung getroffen worden ist, dann muss das anders kommuniziert werden. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Kommandant von seiner Abberufung aus dem Radio erfahren hat und bin schon gespannt auf seine Rückkehr.
Auf der anderen Seite ist das Verhalten des Marinepersonals fürchterlich. Seit Jahren schießen die einen Bock nach dem anderen. Im Vergleich zu ihrer Kopfstärke und den Schaden der dabei angerichtet wird, sind die einsame Spitze. Der „Skandal“ im die Fock ist ein internes Ding, ein Megaeigentor was sich Schimpf und Konsorten da geleistet haben. Und nun vom Minister „erwarten“, das er sich bei ihnen für seine Entscheidung rechtfertigt. Da haben viele m.M.n. nicht vertanden, wer der Puppenspieler ist und wer zu tanzen hat.
Im übrigen ist die Schriftart und -größe des Marineblog fürchterlich.
Ich schlage mich da auf die Seite von Roman:
Leider ist die politische Wahrnehmung der Gesellschaft wichtiger als das Schicksal einiger Soldaten. Das sage ich als einer. Aber wer im Dienst ständig Lieb und geregelte Dankesbekundungen benötigt, dazu noch irgendwelche herzerweichenden Reden, im einfachen deutsch „für die Truppe“ gehalten – der irrt. Politik ist ein hartes Geschäft, gerade in einer Gesellschaft, die seine Probleme mit der Armee hat.
Nicht so jammern, Veränderung fangen unten an.
Da ist etwas faul und man muss Gelegenheit geben, das zu prüfen. Es werden Massen an Menschen zur Aufklärung herangezogen, da sollte der Rest jetzt mal still sein für eine Zeit. Aber um eines kommen wir nicht herum : schlankere Strukturen und wieder mehr Investition in (Aus`)Bildung, dann werden diese Dinge einfach nicht mehr uin der Härte kommen oder gelassen durchgestanden.
Zitat:“schlankere Strukturen und wieder mehr Investition in (Aus`)Bildung“
Der war gut ;-)
Der war wirklich gut! Leider :-(
@Roman: An einer kurzen Aufzählung der der von Ihnen erkannten vielen „Böcke“ des Marinepersonals wäre ich schon interessiert.
Ansonsten: Angesichts der Einsatzrealität, welche seit fast zwei Jahrzehnten „unten“ in der Truppe zu Anpassung und Veränderungen führt, empfinde ich das kollektive Abwatschen von Führungskräften als „Geheule“ schon recht zynisch.
Die Einstzrealität kam und kommt „von unten“ in die Bundeswehr, in weit höherer Geschwindigkeit als von den „Friedensstrukturen“ in der Heimat, im Ministerium und der Politik wahr zu haben gewollt war. Und natürlich darf man Anpassungs- und Veränderungsbereitschaft und Kritikfähigkeit einfordern. Und natürlich auch vorleben.
Dass sich aber nun, wie von den Vorkommentatoren als Ratio angeführt, die Führungskultur der Bundeswehr an den politischen Umgang anzupassen hätte, kann ja wohl nicht ernst gemeint sein.
Unreflektiert und „schneidig“ Eingaben beim Wehrbeauftragten zum politischen Ränkespiel zu nutzen, ist für mich inakzeptabel, weil nicht einmal im Ansatz mit dem rechtstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung vereinbar. Das hätte ein Minister auch intern erst einmal klären können. Da reicht mir ein „jammert nicht so“ eben nicht.
Ein Minister, der unter Druck reflexartig Personalentscheidungen trifft, wird zwar in gewisser Weise berechenbar – für seine Gegner. Der Rest der Führungskräfte in Verantwortung wird rätseln, welcher „Einzelfall“ als nächstes diese Handlungskette auslösen mag. Bleibt die Hoffnung, dass genug gute Leute mit Rückrat nachrücken, und sich nicht das lähmende Absicherungsdenken durchsetzt.
Wenn wir nur die großen und teuren Sachen nehmen:
– die tödlichen Unfälle auf der GF
– doppelter Todesfall bei der „Meck.-Pomm.“
– Trockendockunfall der „Mosel“
– „Grömitz“ vs. böser Felsen
– Ramm“unfall“ der „Frettchen“
– „Braunschweig“ vs. Nord-Ostsee-Kanal
– „Braunscheig“ und ihre Erprobung insgesamt
– Selbsversenkungsversuch der „Lübeck“ mit der Bordkanone
– versuchte Zerstörung der Marnieversuchsstelle mittels Bordgeschütze der „Bad Rappenau“
Wenn wir jetzt noch die VS-eingestuften Zwischenfälle der Marineflieger im Bericht des Generals Fugsicherheit hinzuziehen, dann kommt da ne Menge zusammen. Dazu, aber das lassen wir aus Fairnessgründen weg, die vmtl. nicht wenigen Unfälle mit Tauchern, Handwaffen, Fahrzeugen etc.
Ich habe dieser Tage mit einigen Kapitänen gesprochen, die in Mürwik dabei waren.
Tenor: Inspekteur Schimpf sei absolut überzeugend aufgetreten (seine Rede liegt mir leider nicht vor).
Der Minister war perfekt vorbereitet, habe aber die Mehrheit der Kommandanten und anderen Einheitsführer in Sachen Umgang mit Schatz und „Gorch Fock“-Stammbesatzung nicht wirklich überzeugen können. Es bleibt ein schaler Beigeschmack.
Der Nachtrag mit der Punktuation der Rede des Ministers wirft meiner Meinung nach schon ein anderes Bild auf die Veranstaltung in Flensburg. Ich denke der Minister hat hier seine Entscheidung nachvollziehbar erläutert.
Besonders die Passage :
Werden bei den Äquatortaufen wirklich nicht die Würde der Delinquenten verletzt ?
Ist es ein Vorbild in Haltung, Pflichterfüllung und zwischenmenschlichen Verhalten wenn sich ein Vorgesetzter von Untergebenen die Füße küssen lässt (auch wenn er dabei als Meeresgott Neptun verkleidet ist) ?
Ist es tatsächlich ein Fall von Meuterei wenn nach so einem schweren Unfall formelle oder informelle Vetrauenspersonen der Kadetten mit dem Kapitän das Gespräch suchen und auch im Namen von Kameraden sprechen ?
Soweit nur die in der Presse berichteten Vorfälle. Ob es sich wirklich so zugetragen hat sei dahingestellt und muss erst ermittelt werden.
Was wäre denn die Alternative gewesen ?
Der Kapitän segelt mit seiner Stammbesatzung an Bord zurück und leitet in der Zwischenzeit die Vernehmung von Zeugen für die disziplinaren Ermittlungen ? Die Zeugen, die er als Kommandant unmittelbar befehligt und die ohne Beeinflussung wahr und vollständig unter Umständen gegen ihren Kapitän aussagen müssten ?
Ich glaube diese Vorstellung ist auch nicht realistisch. Wenn massiv Vorwürfe erhoben werden kann der ermittelnde Vorgesetzte nicht gleichzeitig u.a. Beschuldigter sein.
Meiner Meinung nach hat der Minister seinen Beschluss in dieser Rede gut begründet und erklärt. Ob der Entscheidungsprozess, der zur vorläufigen Suspendierung des Kapitäns führte, tatsächlich so ablief, dass steht auf einem ganz anderen Blatt.
@Roman: Vielen Dank für die Erhellung in Sachen Marine. Alles natürlich sehr oberflächliche Beurteilungen, und jede einzelne für sich genommen debattierbar. Wieso ordnen Sie den „Bock“ eines fehlkonstruierten Getriebes der Braunschweig-Klasse zum Beispiel einseitig „der Marine“ zu?
Und bitte, warum diese wagen „Andeutungen“ zu den Marinefliegern, die im Gegensatz zu andere TSK schon seit Jahrzenten keinen Totalverlust mehr hatten – trotz deutlich wiedrigeren Flugbetriebsbedingungen. Die GenFluSi-Berichte kenne ich auch.
Oberflächlich aufgeschnappte Schlagzeilen werden auch durch Aufzählung mit Pauschalverdächtigungen keine Argumente. Kann ja bei genauem Hinsehen auch gar nicht sein, dass die Marine wie von Ihnen dargestellt aus lauter Diletanten besteht. Nix für ungut.
Nach meiner Erinnerung hält der Minister seine Reden so gut wie immer frei. Aufgeschrieben nach Ton-/Bildmitschnitten kann sie dann im Nachhinein analysiert werden. Und aufgrund seiner guten Syntax könnte das sehr schnell gehen …
Die Plagiatvorwürfe passen hier zwar nicht rein. Dennoch aufschlussreich.
http://www.tagesschau.de/inland/guttenberg566.html
und
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/ondemand100_id-video861076.html
Nachtrag:
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/ondemand100_id-video861076.html
Zu den Marinefliegern: diversen diplomatischen Ärger produziert und in jüngerer Vergangenheit nur mit sehr viel Glück knapp an einem Totalverlust vorbeigeschrammt. Mit extrem merkwürdigem Risikomanagement des „mittleren Managements“ im Anschluss.
@ Danke Mfgler,
so einige „Geschichten“ , die ich da in den letzten Jahren gehört habe, lassen solch schlechtes Nacharbeiten vermuten.
@ Seestratege
Schmollen Sie jetzt? Sorry dafür. Sie wollten eine Liste und ich habe geliefert. Und ich kann das auch detaillierter aufführen, aber das war nicht gefordert. Wenn man sich die Untersuchungsberichte durchlist, dann kommen da abenteuerliche Begründungen für diverse Unfälle zustande, anstatt einfach zu sagen: „Das war Mist und ich war schuld“ Diese Verweigerungsmentalität ist ein Grundübel in den Streitkräften und führt letztendlich immer zu einem Vertuschungsverhalten. Wenn man zudem die Vorversionen zu den Abschlussberichten kennt, dann versteht man manchmal die Welt auch nicht mehr. Und genau das fällt ja der Marine jetzt auf den Kopf. Schlechtes Risikomanagement und keine saubere Nachbearbeitung. Und das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesmarine. Mit den Summen, die da bei Unfällen erzeugt wurden, da kann man auch gut und gerne einige Flugzeugträger daraus bauen. Mir ist klar, dass die Seefahrt kein Kinderspiel ist und wer viel übt, der kann auch mehr Fehler machen.
Und hier zu behaupten, jeder einzelne Vorfall sei debattierbar, das halte ich für gewagt. Aber dazu sollten wir bei Herrn Wiegold einen extra Thread anfordern.
Und wer sollte was außer der Marine für die Vorfälle auf der Braunschweig können? Die Luftwaffe? Wenn man sich solchen Schrott andrehen lässt dann hat wenigstens der Inspekteur Marine schuld, weil er für seine Jungs nicht gerade steht und das letztendlich billigend in Kauf nmmt. Das die Beschaffung von so einem Schiff deutlich komplexer ist, das ist mir im übrigen auch klar.
@ Roman:
Gut, wollen wir unseren kleinen Disput an dieser Stelle beenden. Überzeugen werden Sie mich sicher nicht, da ich über genug Einblick in die Materie verfüge (ganz besonders im Bereich Marineflieger), um Ihre oberflächlichen Behauptungen und Argumentationsketten zu durchschauen und anzuzweifeln.
Bezeichnend ist schon, wie sehr Sie stets auf der persönlichen Ebene Dinge unterstellen und einseitig Schuldzuweisungen treffen wollen. Sie wollen provozieren, nicht argumentieren. Zugegeben, das mit der Liste habe ich selber heraufbeschworen. Sorry dafür.
Auch wenn ich gerne mit Ihnen über jeden einzelnen Punkt auf der Liste debattieren könnte (dazu Bedarf es keiner „gewagten“ Haltung, sondern einfach nur über mehr Hintergrundwissen als Sie hier zu Grunde legen): Herr Wiegold wird seinen Blog nicht gerne für solche persönlichen Diskussionen hergeben.
@MFGler:
Nein, ich werde jetzt nicht von Ihnen Belege Ihrer Behauptungen einfordern. Bin ja lernfähig, was dabei rauskommt… ;-)
@Seestratege
Ja, was soll ich denn jetzt hier bitte darüber schreiben? Wohl eher keine besonders gute Idee. Sie können jetzt also fröhlich behaupten, dass ich nur behauptete, und ich kann/darf es nicht belegen, was ja immer etwas blöd aussieht.
Was Seestratege hier sagt, dem kann ich nur zustimmen. Es gibt sehr viele gar nicht so schwer zu erreichende Quellen, die einen Großteil aus der erwähnten „Mangelliste“ streichen würden. Das Problem ist selektive und sowohl extrem verkürzte wie auch frei interpretierte Berichtserstattung einerseits (Medien), ermüdetes Schweigen seitens des Flottenkommandos und PIZ Marine andererseits.
Im Grunde genommen wird der desolate Zustand daran ersichtlich, dass Blogs, wie Herrn Wiegold, meiner, und einige andere das Thema öfter und aufschlussreicher aufgreifen als eben Printmedien.
Sicher, ich gehe davon aus, dass der Autor von „Augen geradeaus!“ wie ich damit leben kann, viele Leser zu haben. Aber beweist es auch nicht, dass eine große Gruppe (innerhalb unserer Gesellschaft) grundsätzlich vom Diskurs in den Medien ausgeschlossen wurde?
@ Leo und Seestratege
Die Mangelliste sollte weder Schuldzuweisungen noch sonst etwas enthalten. Diese Vorfälle sind passiert. Das ist Fakt und wird wohl sicherlich von keinem bestritten. Damit hat nach m.M.n. die Marine die von so bezeichneten „Böcke“ geschossen, denn sie verursachten Schaden, Leid und tlw. Tote.
Neben der Schuldfrage ist mir besonders der sehr merkwürde Umgang der Marineführung und des PIZ Marine mit diesen Vorfällen ein Dorn im Auge. Ich denke, da liegen wir nicht weit auseinander. Denn das ist nicht so gut, wie es eben sein könnte.
Neben den deutlich teuren Vorfällen und der deutlich größeren Gefahr eines Todesfalles ist aus meinen Augen aber auch der Kontrollmechanismus an Bord eines Schiffes eigentlich besser als bspw. bei vielen Einheiten im Heer, damit bei Eintreten eines Vorfalls aber auch deutlich schlimmer als von ein einzelner Kommandant an Bord eines Panzers versagt. An Bord eines Schiffes sind alle eng auf einander, viele Vorgesetzte und ihre Stellvertreter sind gleichzeitig im Dienst und es gibt kurze Wege. Eigentlich sollte es so besser Laufen. Und dennoch sind Schiffsunfälle seit Jahrzehnten gang und gäbe. Warum? Schlechte Ausbildung, schlechter Führungsstil, mangelndes Risikobewusstsein, übergeordnete Dienststellen, die so etwas nicht ahnden?