NATO startet Mission „Wächter des Ostens“ zum Schutz der Ostflanke (Zusammenfassung)
Als Reaktion auf die russische Bedrohung zuletzt durch Drohnen im Luftraum des NATO-Mitglieds Polen hat die Allianz eine Operation zum Schutz der Ostflanke gestartet. Eastern Sentry, (Wächter des Ostens), startet vermutlich auch nicht zufällig zeitgleich mit dem Beginn der Großübung Zapad (Westen) der Streitkräfte von Russland und Belarussland. Deutschland beteiligt sich an der neuen Mission mit der bereits angekündigten Verstärkung der Luftraumüberwachung über Polen.
Die Operation Eastern Sentry, die sich anlehnt an die Bezeichnung der Mission Baltic Sentry zum Schutz der Ostsee, kündigten NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der militärische NATO-Oberbefehlshalber, US-General Alexus G. Grynkewich, am (heutigen) Freitagnachmittag in Brüssel an:
Aus dem Transkript:
Rutte: In the early hours of Wednesday, September 10th, numerous Russian drones violated Polish airspace. NATO’s air defences were activated, and successfully ensured the defence of NATO territory.
While this was the largest concentration of violations of NATO airspace that we have seen, what happened on Wednesday was not an isolated incident.
Russia’s recklessness in the air along our eastern flank is increasing in frequency. We have seen drones violate our airspace in Romania, Estonia, Latvia, and Lithuania.
Whether intentional or not, it is dangerous.
And unacceptable.
At a meeting of the North Atlantic Council on Wednesday morning, Allies discussed the situation in light of Poland’s request for Article 4 consultations. Allies expressed full solidarity with Poland and denounced Russia’s reckless behaviour.
NATO’s core task is to deter aggression and defend every member of this Alliance against whatever threats we face. Safeguarding our eastern flank is of utmost importance.
This is why we have forward land forces deployed in eight countries.
With contributions from every Ally supporting these contingents. And plans in place to scale up our presence if and when required. We have air defences – ground, sea, and air-based systems. Here, too, with contributions from Allies across Europe and North America working together every day.
To ensure that we are prepared and ready to defend every inch of Allied territory.
We stood up Baltic Sentry at the beginning of this year, to help safeguard critical infrastructure from reckless behaviour in the Baltic Sea.
And today, General Grynkewich and I are here to announce that NATO is launching “Eastern Sentry” – to bolster our posture even further along our eastern flank.
This military activity will commence in the coming days and will involve a range of assets from Allies including Denmark, France, United Kingdom, Germany, and others.
In addition to more traditional military capabilities, this effort will also feature elements designed to address the particular challenges associated with the use of drones.
(…)
Grynkewich: Integrated and layered air defences, both air and ground-based, will be key as we move forward. This was on top of everyone’s mind in the Baltic states, where I just returned from a short while ago. My conversations with leaders in Estonia, Lithuania, and Latvia focused on NATO’s response to the reckless and dangerous act that occurred in Poland earlier this week. I am incredibly proud of our response. It was decisive and it was effective. And it speaks to the capability and professionalism of 32 Allies working together.
As the Secretary General just mentioned, this decisiveness will continue with Eastern Sentry.
Although the immediacy of our focus is on Poland, this situation transcends the borders of one nation. What affects one Ally affects us all.
This is an issue that impacts all of the Alliance, and we will treat it as such.
Eastern Sentry will be flexible and agile, delivering even more focused deterrence and defence exactly when and where needed.
It will include additional enhanced capabilities. It will integrate air and ground-based defences. And it will increase information sharing amongst nations.
Foremost, it will even further strengthen our posture to shield and protect the Alliance.
Allies stand in solidarity with Poland and are committed to this endeavour.
We have already seen announcements on the deployment of forces from France, Germany, Denmark and the United Kingdom. And we expect others soon.
As part of Eastern Sentry, we will also work with Allied Command Transformation, as we did in Baltic Sentry, to rapidly experiment and field new technologies such as counter-drone sensors and weapons.
Einige Details bleiben danoch offen, insbesondere die vom SACEUR angekündigten technischen Neuerungen zur Drohnenabwehr. Die Operation werde eine multi-domain activity, which will commence in the coming days and continue for an undisclosed amount of time, hieß es aus Grynkewichs Kommando, dem Supreme Allied Headquarters Europe.
Dagegen zeichnet sich der derzeitige Beitrag Deutschlands relativ klar ab. Bereits am (gestrigen) Donnerstag hatte die Bundesregierung eine Verstärkung und Verlängerung der Beteiligung der Luftwaffe an der Luftraumüberwachung, dem Air Policing, über Polen angekündigt. In der Bundespressekonferenz nannte Ministeriumssprecher Oberst Mitko Müller dazu einige weitere Einzelheiten:
Frage: Herr Müller, gestern wurde angekündigt, dass das deutsche Engagement bei der Luftraumüberwachung in Polen verstärkt werden solle, auch mit zusätzlichen Flugzeugen. Wann genau soll das starten?
Müller: Das ist bereits umgesetzt. Die Luftwaffe hat schon gestern Abend die Einsatzbereitschaft hergestellt. Das heißt, in Laage stehen jetzt zwei Alarmrotten, die 24/7 den Auftrag erfüllen. Beide Alarmrotten sind auch zur Auftragserfüllung im Rahmen des Air Policings über Polen befähigt.
Ich will unterstreichen, dass dieser Beitrag einer von mehreren ist. Wir stellen weiterhin ebenfalls Luftbetankungsbeiträge bereit, um das Air Policing vor Ort zu unterstützen. Das wird von der multinationalen Tankerflotte durchgeführt. Die Klammer darum sind die anderen Einsätze, die wir an der Ostflanke haben, auch zum Thema der Luftverteidigung. Wir sind aktuell in Rumänien mit einem Eurofighterkontingent. Wir waren im vergangenen Jahr mit einem Eurofighterkontingent in Lettland und haben erst vor kurzem für ca. vier Wochen ein Kontingent direkt in Polen gehabt, auf einem Flugplatz in der Nähe von Warschau. Wir verlegen noch dieses Jahr ein mobiles Radarsystem. Das ist normal ‑ das haben wir schon 2024 gemacht ‑, weil wir seit 2004 das Air Policing speziell im Baltikum und jetzt ausgeweitet auf die gesamte Ostflanke unterstützen.
Zusatzfrage: Noch eine Nachfrage zu den Kampfjets bzw. zur Kommandostruktur: Wer entscheidet, wann die Flugzeuge aufsteigen und ob sie womöglich auch feuern?
Müller: Die QRA, die wir in Deutschland stellen ‑ übrigens haben wir noch eine in Süddeutschland; das macht jedes Land immer so, dass man überall gut hinkommt ‑, werden in der NATO-Kommandostruktur geführt. Dort gibt es Prozesse, die auf das Lagebild zugreifen. Wir nennen das System insgesamt NATO Integrated Air and Missile Defence. Die NATO hat auch eine sehr gute Website, auf der das erklärt wird. Dort laufen die Lageinformationen ein. Über den Kommandostrang wird dann bei der NATO und natürlich mit deutscher Beteiligung der Einsatzbefehl ausgelöst. Die Männer und Frauen, die das vor Ort betrifft, sind rund um die Uhr in ihren Fliegerkombis vor Ort und innerhalb von wenigen Minuten in der Luft, wenn auf den Knopf gedrückt wird. Deswegen ist der Beitrag, dass sie gestern Abend sofort bereit waren, gar nicht hoch genug einzuschätzen.
(…)
Frage: Herr Müller, eine Lernfrage zur jetzt verdoppelten Zahl der Flugzeuge in Alarmrotten in Rostock-Laage: Von wo wurden sie abgezogen ‑ vielleicht habe ich es überhört ‑, oder waren diese Maschinen sowieso schon dort stationiert?
Müller: Die Maschinen werden nicht abgezogen. Sie stehen normalerweise auf unseren Standorten der taktischen Luftwaffengeschwader. Laage ist solch ein Standort und hat also ein eigenes. Soweit ich weiß, erfolgt gewissermaßen ein Sharing mit einem Luftwaffengeschwader, das im Bereich Nordwestdeutschlands stationiert ist, mit dem Geschwader in Wittmund. Es ist normalerweise für den Übungs- und Ausbildungsbetrieb eingeplant, um sich fit zu halten. Das wird jetzt umdeklariert und steht jetzt dort in der 24/7-Dauerbereitschaft.
Zusatzfrage: Diese neu einsatzbereiten deutschen Flugzeuge ersetzen die Alarmrotten anderer NATO-Partnerstaaten, also zum Beispiel der Niederländer. Diese waren ja beim Abschuss der Drohnen beteiligt. Oder ist das zusätzlich?
Müller: Meiner Kenntnis nach ist das zusätzlich. Auch andere Nationen wie zum Beispiel Frankreich haben sich bereit erklärt, zusätzliche Unterstützung bereitzustellen. Die NATO steht dabei geschlossen und unterstützt besonders aufgrund der Lage mit weiteren Fähigkeiten, die jetzt eingebracht werden.
(Die komplette Passage aus der Bundespressekonferenz, auch mit Aussagen von Regierungssprecher Stefan Kornelius, hier zum Nachlesen:
20250912_BPK_NATO-Ostflanke_Drohnen)
(Foto: Joint press conference by NATO Secretary General Mark Rutte and Supreme Allied Commander Europe , General Alexus G. Grynkewich announcing the launch of “Eastern Sentry” – Foto NATO)