SPD-Spitze stützt geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland
Die Führungsspitze der SPD hat sich hinter Bundeskanzler Olaf Scholz und die Vereinbarung in den USA gestellt, ab 2026 US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren. Die Absicht füge sich in die deutsche Sicherheitsstrategie ein, solche Waffen zur Abschreckung Russlands auch selbst zu entwickeln, erklärte das Parteipräsidium. Zuvor hatten sich prominente Sozialdemokraten öffentlich gegen diese Stationierung gestellt.
Das SPD-Präsidium verabschiedete am (heutigen) Montag einen Beschluss Wir organisieren Sicherheit für Deutschland und Europa. Darin wird auf die Veränderung der Sicherheitsarchitektur in Europa mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hingewiesen. Die zentralen Passagen zur geplanten Stationierung der US-Waffen:
Als SPD übernehmen wir Verantwortung dafür, dass kein Kind, das heute in Deutschland geboren wird, wieder Krieg erleben muss. Die Vereinbarung der SPD-geführten Bundesregierung mit der US-Administration, ab 2026 US-amerikanische Raketen mit
größerer Reichweite in Deutschland zu stationieren, ist dafür ein wichtiger Baustein. Dieser Schritt ist eine Reaktion auf den eklatanten Völkerrechtsbruch Russlands in der Ukraine und trägt der Bedrohung Europas durch die massive russische Aufrüstung der
vergangenen Jahre gerade im Bereich der Raketen mittlerer Reichweite Rechnung. Er stärkt die europäische Sicherheitsarchitektur zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und Europa. (…)
Die wirksame Stärkung der Luftverteidigung in Europa ist ebenso wie die Entwicklung eigener, abstandsfähiger Präzisionswaffen bereits ausdrücklich in der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2023 angelegt. Die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland dient somit den Zielen, die die Bundesregierung bereits im vergangen Jahr definiert hat. Diese Stationierung ist keine konfrontative Aufrüstung, sondern eine Stärkung der Verteidigung unseres Landes und der Bündnisfähigkeit von NATO und EU mit Waffensystemen, über die Russland seit Jahren verfügt. Gleichzeitig wird schon länger die eigene Entwicklung europäischer Fähigkeiten mit unseren europäischen Partnern vorangetrieben. Die geplanten Waffen
werden mit konventionellen Sprengköpfen ausgestattet und in bestehenden US-Militäreinrichtungen im Westen Deutschlands stationiert. Eine nukleare Bewaffnung der Systeme ist nicht vorgesehen. Die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Zwei-plus-Vier-Vertrags werden eingehalten.
Die recht eindeutige Positionierung ist eine Abkehr von der Haltung, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich öffentlich vertreten hatte und dabei von Teilen der Partei unterstützt worden war.
Interessant – und eigentlich überflüssig – ist der Hinweis, die geplanten Waffen würden in bestehenden US-Militäreinrichtungen im Westen Deutschlands stationiert. Damit scheint die SPD auf die politische Auseinandersetzung in den ostdeutschen Bundesländern eingehen zu wollen, in denen vor allem das Bündnis Sahrah Wagenknecht (BSW), aber auch andere sich vehement gegen diese Stationierung wenden. Das Kalkül geht auf – die SPD wolle die Stationierung auf Westdeutschland begrenzen, berichteten Medien über den Beschluss.
Dabei ist das keine Entscheidung der Sozialdemokraten, noch nicht einmal eine der Bundesregierung, sondern eine Festlegung aus dem Zwei-plus-vier-Vertrag über die deutsche Einheit. Dessen Artikel 5 Absatz 3 legt fest, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR keine ausländischen Streitkräfte stationiert werden. Ein Vertreter des BSW kritisierte genau diese Festlegung in dem SPD-Beschluss: Die Beschränkung der Stationierung von US Raketen auf Westdeutschland wirkt wie ein Schildbürgerstreich.
Der Mützenich-Flügel hat doch hoffentlich nicht im Ernst darauf vertraut, dass die BSW-Vertreter im Osten keine Verträge lesen können. Hier wird sicherheitspolitisch wirklich ganz kleines Karo vor den Landtagswahlen angeboten.
Ah, hervorragend das diese Entwicklung hier einen eigenen Beitrag bekommt. Auch der Hausherr hat schon in dem anderen Mittelstreckenraketen-Thema als Reaktion auf meinen Text darauf hingewiesen.
Ich hab gerade die komplette verlinkte Argumentationskette vom BSW gelesen.
Das klingt selbst für den interessierten Bürger sehr schlüssig. Muss man zugeben.
Aber natürlich ist es nicht gut ausschließlich die „Argumente“ der einen Seite gelten zu lassen !
Mein persönliches Problem bei der ganzen Sache ist die klare nukleare Komponente seitens Russland. Selbst Toppolitiker drohen ja sogar öffentlich damit. Von bestimmten russ. Talkshows zur Hauptsendezeit will ich gar nicht erst anfangen…
Und in der Realität ist ein nukleares Kurzstreckensystem ja schon in Kalliningrad installiert. Und das seit Jahren. Im Gegensatz zum NATO-Gebiet. Und dort noch nicht einmal geplant.
Es gibt kolportiert zwar ca. 150 gelagerte US-Atombomben in Europa, davon wohl 20 in Deutschland. Aber es wird nicht gedroht, die Politiker halten sich sehr zurück und in Talkshows wird schon gar keine Hetze wie im russ. Staatsfernsehen betrieben.
Zudem haben mobile atomare Kurzstreckenraketen wie in Kalliningrad eine ganz andere Vorwarnzeit als die in unterirdischen Stahlbetontresoren gesicherten flugzeuggestützten B61 der Amerikaner.
Ich muss mich leider (gekürzt) nochmal wiederholen:
Der entscheidende Unterschied liegt in der Wirkung nur eines einzigen Sprengkopfs. Es gibt die bekannte Seite Nukemap auf der die Explosion von Atombomben simuliert wird.
Bei solch einer Explosion gibt es auf einen Schlag eine Situation die durch alle Rettungsdienste eines Landes völlig unbeherrschbar ist. Das gab es das letzte Mal in Nagasaki 1945 durch eine einzelne Bombe. Aus medizinischer Sicht absolut grauenvoll sind zudem die Strahlungs- und Verbrennungs-Folgen die es so bei konventionellem Sprengstoff nicht gibt. Und auch extrem viel Fachpersonal bindet.
Wirklich keiner kann sagen wie denn ein Bündnis / eine Regierung oder ein Staatsoberhaupt, gleich von welcher Seite, auf eine solche Situation reagieren würde.
Das es auf BEIDEN Seiten Atombomben gab und eine Seite diese eingesetzt hatte, diese Situation gab es schlicht noch nicht….
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Und jetzt zurück zur Mittelstreckendebatte mit den geplanten maximal 500 kg chemischem Sprengstoff.
Der Unterschied zum kalten Krieg sollte klar sein…..und auch die Entscheidung der SPD Spitze ist hier nicht zu kritisieren…
Hier zwei Hervorhebungen, jeweils mit Kommentar:
1) „Die Vereinbarung der SPD-geführten Bundesregierung mit der US-Administration, ab 2026 US-amerikanische Raketen mit größerer Reichweite in Deutschland zu stationieren, ist … eine Reaktion auf den eklatanten Völkerrechtsbruch Russlands in der Ukraine …“
Kommentar: Die US-Entscheidung wurde April 2021 getroffen. Sollen wir glauben, die deutsche Bundesregierung hätte den USA die Stationierung verweigert, wenn Russland die Ukraine nicht überfallen hätte?
2) „… die Entwicklung eigener, abstandsfähiger Präzisionswaffen bereits ausdrücklich in der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2023 angelegt.“
Kommentar: Das ist die Ankündigung, dass die landgestützten Cruise Missiles, die Ergebnis der ELSA-Initiative sein werden, ebenfalls ohne weitere Begründung stationiert werden werden.