Fürs Archiv: Nächster Schritt für deutsche Brigade in Litauen (m. Korrekturen)
Für die Aufstellung der geplanten deutschen Brigade in Litauen ist der nächste Schritt erfolgt: In der litauischen Hauptstadt Vilnius traf das Vorkommando für den Aufstellungsstab der künftigen Panzerbrigade 45* ein, begleitet von Heeresinspekteur Alfons Mais.
Das 21-köpfige Aufstellungskommando wird geführt von Oberst André Hastenrath, dem stellvertretenden Kommandeur der der Panzerbrigade 21 Lipperland, der bereits Erfahrung in Litauen hat: Im August 2022 war er Kontingentführer des deutschen Kontingents und damit auch des Forward Command Element der für das baltische Land vorgesehenen Brigade* – damals allerdings noch unter der Voraussetzung, dass ein Großteil der Brigade in Deutschland stationiert bleibt und nur bei Bedarf oder für Übungen nach Litauen verlegt.
Das neue Kommando wurde vom neuen litauischen Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas in Empfang genommen. Von der Webseite des litauischen Ministeriums:
„Das deutsche Engagement für eine ständige Brigade in Litauen ist eine historische Entscheidung sowohl für Litauen als auch für Deutschland. Wir sind Deutschland für diese Entscheidung dankbar. Ich kann Ihnen versichern, dass die Schaffung der richtigen Bedingungen sowohl für die militärische Infrastruktur als auch für die zivilen Dienste eine Priorität für unsere Regierung und mein Hauptziel als Minister für nationale Verteidigung ist. Ich möchte betonen, dass wir mit der Ankunft der ersten Brigade-Soldaten nicht nur ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit zwischen Litauen und Deutschland aufschlagen, sondern auch eine noch tiefere Seite der Partnerschaft zwischen Litauen und Deutschland“, sagte Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas, als er die Soldaten begrüßte.
„Heute, weniger als vier Monate nach der Unterzeichnung des Stationierungsplans zwischen Litauen und Deutschland, ist das erste Führungsteam der 45. mechanisierten Brigade Litauen in unserem Land eingetroffen. Für uns bedeutet dies eine noch wirksamere Abschreckung und Sicherheit und ist ein Beispiel für außergewöhnliche Führungsstärke und Engagement, wenn wir tatsächlich sehen können, dass die kollektive Verteidigung und Einheit der NATO funktioniert“, sagte General Valdemaras Rupšys, Befehlshaber der litauischen Streitkräfte.
(Übersetzt mit DeepL.com)
In Berlin hatte zuvor Verteidigungsminister Boris Pistorius die Soldaten am Flughafen verabschiedet. Der Mitschnitt der knappen Zeremonie zum Nachhören:
*Die Korrekturen:
– es heißt natürlich Panzerbrigade 45 und nicht Brigade 45, pardon.
– Hastenrath hat nicht das FCE geführt, worauf mich ein Leser hinweist, sondern das deutsche Kontingent, und hey, das Durcheinander von Kommandeur eFP, FCE und jeweilig dem deutschen Kontingentführer, wobei die Personen teilweise identisch sind, könnte auch mal jemand entwirren.
(Foto: Der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas, l., empfängt am Flughafen Vilnius das Vorkommando der deutschen Brigade in Litauen mit Heeresinspekteur Generalleutnant Alfons Mais – K. Kavolėlis/Verteidigungsministerium Litauen)
Wenn es das deutsche Heer ja den Kommentatoren zufolge zerschlägt, eine einsatzbereite Brigade vorhalten zu müssen, gehört die Führung mehr oder weniger entlassen. Der Level of Ambition ist auch unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen sehr niedrig. Da fragt man sich doch, warum gibt es so viele Stäbe, Generale, Stabsoffiziere und planerische Luftschlösser, wenn die Materialerhaltung nicht mal für ca. 150 gepanzerte Kampffahrzeuge und zwei Dutzend Panzerhaubitzen im Ausland, abgestützt auf neue Infrastruktur, ausreicht.
@ Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 10.04.2024 um 20:04 Uhr
Danke für ihre Antworten/Hinweise ab:
„Zu Frankreich und Rotation…“
Der Teil davor ist für mich wenig nützlich, denn es ist eine Aneinandereihung der bekannten, oft sehr allgemeinen Herleitungen BMVg. Gern verwandt, stimmen ja auch als Überbau aber wenig nützlich um konkrete Ableitungen mit Blick auf die in diesem und anderen Fäden angesprochene, oft ganz konkrete Kritik.
Trotzdem bedanke ich für die Mühen. Wenn Sie mir die Frage gestatten, sind sie im Bereich Presse- und Öffenlichkeitsarbeit des BMVg oder KdoH tätig? Ihre Darstellungen sind so wohlwollend mit dem Kurs dieses Hauses BMVg oder auch des Heeres.
@all: Als russischer Bot mit deutschen Sprachkenntnissen bzw. guten Sprachübersetzungstools würde ich mich über jeden einzelnen Beitrag aus dem Inneren der Bundeswehr, der hier so offen komuniziert wird, freuen PUNKT Meine Vorgesetzten im Verteidigungs-/Kriegsministerium der Russischen Föderation auch AUSRUFUNGSZEICHEN
[Leute. Diese Debatte haben wir immer wieder – es ist in der Tat die Abwägung nötig, wo Details zur Diskussion über Streitkräfte in einem demokratischen Staat gehören und wo es in schützenswerte Einzelheiten abgleitet. Ich sehe diese Grenze bislang nicht überschritten. T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 10.04.2024 um 20:04 Uhr
„Nicht zuletzt daher hatte Bukarest in Berlin analog Litauen zur Vollstationierung eines DEU Großverbandes in 2023 vorgefühlt“
Bei wem auch sonst? Wenn nicht die USA, bleiben nur TUR und DEU.
Gerade die Staaten der Ost-Erweiterung haben teilweise so kleine Armeen, das es eigentlich für gar nichts reicht. Rumäniens Armee hat gerade mal 70.000 Pax, und da gehören Gendarmerie und paramilitärische Einheiten dazu. Und das ist im Osten noch eine der größeren Armeen. Nur POL hat mehr.
@Apollo11:
Zynisch formuliert würde ich sagen, dass ab einer gewissen Stationierungsdauer die Chancen steigen könnten, dass es vermehrt zur Beendigung deutsch-deutscher und zur Schließung neuer deutsch-litauischer Ehen kommt.
Die Scheidungsrate bei Bundeswehrens liegt ja auch im „Friedensbetrieb“ teilweise schon im Bereich um 70-80%. Wichtig ist, dass man die Strukturen vor Ort in Litauen mal von Anfang an richtig durchdenkt und sich vielleicht auch mal bei den Amerikanern ein paar Tipps holt, wie die das denn organisieren.
Das betrifft ja einige Bereiche. Logistik, Schulen, Konzessionierung von privaten Anbietern für Einzelhandel und Infrastruktur entweder im Compound oder in unmittelbarer Nähe. Da darf der Spieß mit der Organisation eines Marketendercontainers im Feldlager nach Dienstschluss nicht mehr das Maß aller Dinge sein, bei aller Anerkennung was da teilweise im Einsatz geleistet wird. Aber das ist dann doch eine Nummer zu groß.
@wardemo01
Ich bin ein hoffentlich gut informierter, also in der Lage lebender Pensionär mit reichhaltiger Führungserfahrung innerhalb des Heeres samt insgesamt 7 Jahren in Auslandsverwendungen.
Der Fraktion „das Glas ist immer halb voll“ bin ich sehr verbunden.
@Metallkopf, da so spontan mindestens ein bekannter Discounter aus Deutschland auch in Litauen aktiv ist dürfte das Thema Einkauf für privat sehr schnell geklärt sein. Da dürfte sich die nächste, ggf extra eröffnete, Filiale in der Nähe schnell auf die veränderte Nachfrage einstellen
Danke an Apollo 11 und KPK. Ihre Aussagen beschreiben gut den Kern der ganzen Aktion Brigade 45 – Abschreckung gegen Russland und Versicherung der Verbündeten.
Damit das klappt ist noch viel zu tun, keine Frage. Vielleicht hilft dies (und auch an der „Heimatfront“):
https://www.hartpunkt.de/soldaten-sollen-vorschlaege-fuer-buerokratieabbau-machen/
Danke für den Link MrDversity! Für mich ein Lichtblick. Zumindest an einer Stelle befragt man die Mitarbeiter anstelle für mehrere Millionen ein Beratungsunternehmen damit zu betrauen…
@all
Warum ist es strategisch nicht sinnvoll eine Brigade in Litauen zu stationierten?
@Flo:
Ja schon, aber die Filiale muss dann eben auch sicher kommen. Und zwar nicht nur einer, sondern eben mehrere. Es soll ja Menschen geben, die durchaus in mehreren Läden einkaufen, und auch nicht nur beim Discounter.
Hinzu kommen gastronomische Angebote aus der Heimat (wobei mir schon klar ist, dass das im Wesentlichen Fastfood-Ketten sein werden, aber ein bekannter Anbieter mit einem güldenen Buchstaben im Logo hat in Vilnius gerade mal 10 Restaurants, in Kaunas 4 und in Marijampole, Klaipeda und Šiauliai jeweils bloß eins. Rūdninkai und Rukla?! Bislang Fehlanzeige!).
Vielleicht kommt ja der Wienerwald wieder aus der Versenkung… Oder das Hofbräuhaus punktet mit einer Dépendance…
Scherz beiseite: Es muss geplant werden, was da an angemessener Infrastruktur vorgehalten werden muss. Ja, die Litauer müssen da natürlich auch mitreden, aber letztlich muss den Soldaten, die dorthin versetzt werden, die dort mit Familien und Angehörigen wohnen, auch ein Stückchen Heimat und Normalität geboten werden. Das fängt beim Einkaufen an, geht beim Essen gehen weiter und endet nicht beim Kino am Standort mit (auch) deutschsprachigem Filmangebot. Dass Litauen Mitglied der EU ist, hilft dabei ja schon sehr, allein aufgrund fehlender Währungsdifferenzen, dem freien Warenverkehr, etc. Aber es ist m.E. für dieses – in Deutschland von der Skalierung her einmalige – Großprojekt unabdingbar, dass man sich da seitens des BMVg im Vorfeld planerisch mit befasst und nicht in bewährter Happy-Go-Lucky-Manier abwartend und aussitzend verhält, bis sich die Sache nach Jahren von alleine regelt, oder man sich mit den in Litauen gegebenen Verhältnissen arrangiert hat.
Wie gesagt, die Deutschen machen das in dieser Dimension eben zum allerersten Mal. Das kann man mit früheren oder weiter bestehenden Auslandsstandorten wie in Shilo, Beja, Goose Bay, Decimomannu, Holloman AFB/Alamogordo, Fort Bliss/Fort Sill, George AFB/Victorville, Phoenix/Goodyear, Pensacola oder Wichita Falls eigentlich nicht vergleichen, weil dort immer nur vergleichsweise wenig Personal dauerhaft stationiert war/ist, und der Aufenthalt ansonsten für die zur Ausbildung dorthin geschickten Soldaten und ggf. mitreisende Familien eher vorübergehenden Erlebnischarakter hatte bzw. hat.
@Metallkopf: Ihre Vorstellungen beeindrucken sehr. Dass Sie die Litauer da immerhin „mitreden lassen“ wollen, ist irgendwie befremdlich für mich. Bei meinen Einsätzen in Afghanistan und Kosovo war u.a. interkulturelle Kompetenz geforderte Fähigkeit. Also: weitestgehendes Verstehen und Akzeptieren der Eigenheiten des Gastlandes. Würde ich „wehrrechtlich verfügbar“ sein, wäre ich mit ziemlicher Sicherheit gerne bereit mit Familie nach Litauen zu gehen. Und mich dabei ganz auf Litauen einzulassen. „Klein-Deutschland‘ wie seinerzeit „Klein-Amerika“ für die damaligen NATO-Truppen der USA in unserem zu verteidigenden Land würde ich dabei nicht voraussetzen. Mir würde es ausreichend sein, wie seinerzeit die 41. NL PzBrig in SEEDORF und LANGEMANNSHOF „aufgestellt“ war. Voll integriert in die deutsche Zivilgesellschaft mit heimatlichem Flair in den kasernengebundenen Betreuungseineinrichtungen.
@Heiko Kania
1+
Bitte kein 18. Bundesland!
@Metallkopf, ich bin da eher bei Heiko Kania und seiner interkulturellen Kompetenz. Litauen ist jetzt kein Land für mich in dem es für Angehörige ohne Rund-um-sorglos Paket der Bundeswehr unmöglich wäre zu leben. Das eine oder andere Thema kann man da ruhig dem Markt überlassen.
Aber, natürlich gibt’s Themen wie Bildung und Arbeitsplätze für Angehörige wo in der Tat neue Konzepte her müssen und die deutschsprachige Theatergruppe wird sich bei den Reisekosten für den Auftritt im örtlichen Theater sicher auch über einen ( vollständigen) Zuschuss der Bundeswehr freuen. Es muss aber auch keine gateted Community inkl Supermarkt, Restaurant und Theater entstehen.
@ThoDan
Die PzBrig 45 in Litauen ist strategisch sinnvoll und obendrein operativ unbedingt erforderlich.
Letzteres mit Blick auf eine RUS Kräftekonstellation unter Einschluss von Belarus und natürlich Truppen in Kaliningrad.
Strategie steht zwischen den Ebenen der Politik und der Operationsführung, ihr wohnt damit zuallererst eine politische Dimension inne. Der Einsatz deutscher Streitkräfte ist über den Primat der Politik immer eine staatspolitisch veranlasste Maßnahme gegen einen Agressor, besonders auch dann, wenn Bündnispartner betroffen sein können.
Der Sinn ergibt sich somit über die Demonstration von Bündnissolidarität im Schulterschluss mit NATO Partnern im Baltikum und Polen.
So Sie das rein Militärische betonen möchten verweise ich auf Graf von Moltke, Moltke der Ältere, der „frühzeitige Kriegsbereitschaft“ als strategische Bedingung erfolgreichen Einsatzes deutscher Streitkräfte, seinerzeit in anderer strategischer Lage, formulierte.
Der Ausdruck der „Kriegsbereitschaft“ offenbart erfreuliche Nähe zu Pistorius‘ „Kriegstüchtigkeit“. Die Verwendung einer Panzerbrigade entspricht beiden Bedingungen.
Ein Blick auf die Karte sollte es zusätzlich verdeutlichen, was hier zum Glück von anderen schon so ähnlich dargelegt wurde:
Jede Heeressoldatin, jeder Heeressoldat, jedes Gefechtsfahrzeug, jeder Schuss Munition der Bundeswehr, der NICHT an der Nord- und Ostflanke des NATO-Bündnisgebietes einsatzbereit verfügbar wird, ist für Abschreckung und ggf. Verteidigung des Euro-Atlantischen Raumes nahezu wertlos.
Dieses leider in der deutschen Medienöffentlichkeit bereits von den üblichen BedenkenträgerInnen und den der Besitzstandswahrung Frönenden fest verankerte Narrativ von: „Was ins Baltikum geht, fehlt in Deutschland“ ist daher komplett strategie- und somit sinnfrei.
Mir fehlt die Fantasie, mir vorzustellen, es hätte in den 1960er Jahren in Großbritannien Debatten gegeben, wo ernsthaft vorgebracht worden wäre, dass die Unterhaltung der britischen Rheinarmee der Verteidigung des Vereinigten Königreichs abträglich wäre, da Zuviel Kampfkraft außerhalb des eigenen Staatsgebietes bindend. Absurd!
Viel eher muss analog zu dem Beispiel BAOR die Reise von noch mehr deutschen Heeres- und auch Luftwaffenverbänden in Richtung permanente Vorausdislozierung fortgesetzt werden. Denn: Daheim in Deutschland bleiben sie nahezu wirkungsfrei.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 12.04.2024 um 11:56 Uhr
—> brilliant, volle Zustimmung! Ach, wäre ich nur 35 Jahre jünger wäre ich sofort voll dabei! Verteidigung aber mal ned am Hindukusch…
Danke, VG. NG.
Die grundsätzliche Frage, ob eine dauerhaft im Baltikun stationierte (schwere) Brigade sinvoll ist kann man sicher unterschiedlich beantworten.
Die Antwort fiele einfacher aus, wenn die wenigen (formal) bestehenden Brigaden auch nur annähernd einsatzbereit wären. Dies ist derzeit nicht der Fall. Das Fehl an Großgerät, Personal und Munition ist so groß, dass das Ziel auch nur eine einzige einsatzbereite und voll ausgestatte Division daraus zu bilden ein „ambitionierter“ Zukunftsplan des Heeres ist. Nach jetzigem Stand wird bereits diese eine (!) Division nur durch das Ausbluten der übrigen Verbände irgendwie möglich werden.
Auch die „Zeitenwende“ hat hier für das Heer kein Licht ans Ende des Tunnels gebracht. Im Gegenteil die Brigaden einer „zweiten“ Division gehen absehrbar schlechten Zeiten (ohne eigenes Großgerät) entgegen, da im Haushalt nirgendwo Ansätze erkennbar sind, diesen Materialmangel wirklich anzugehen.
Vor diesem trostlosen Hintergrund hat man sich nun entschieden, einfach noch eine neue – zusätzliche – „Brigade 45“ aufzustellen. Für diese Brigade gibt es weder Gerät noch Personal. Im Haushalt sind auch keine Mittel für 5.000 neue Stellen und neues Großgerät für diese neue Brigade vorgesehen. Die Brigade soll schlicht durch weitere Kanibalisierung der kläglichen Reste der Bestands-Brigaden gebildet werden.
Angesichts dieser Umstände ist es fast schon zweitrangig, wo die neue „PzBrigade 45 Potemkin“ stationiert wird.