Deutschland will weiteres Patriot-Flugabwehrsystem an die Ukraine abgeben
Nach den zunehmend dringenderen Bitten der Ukraine, weitere Systeme zur Luftverteidigung des Landes gegen russische Angriffe zu liefern, hat Deutschland die Abgabe eines weiteren Patriot-Flugabwehrsystems zugesagt. Zuvor hatte die Bundeswehr aus ihren Beständen bereits zwei komplette Feuereinheiten, zwei zusätzliche Startgeräte und Lenkflugkörper zur Verfügung gestellt.
Die geplante Lieferung kündigte das Verteidigungsministerium am (heutigen) Samstag an:
Deutschland wird der Ukraine in Ergänzung zu den bereits gelieferten und weiterhin geplanten Luftverteidigungssystemen auf Bitten der ukrainischen Regierung und in Abstimmung mit unseren Verbündeten eine weitere Feuereinheit PATRIOT übergeben.
Dies ist auch im Zusammenhang mit den intensiven gemeinsamen Bemühungen von Verteidigungsminister Boris Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock zu sehen, bei unseren Partnern für mehr Luftverteidigungssysteme für die Ukraine zu werben.
Die Abgabe, zu der sich die Bundesregierung angesichts der weiteren Zunahme russischer Luftangriffe entschlossen habe, werde durch Rückläufe aus planmäßigen Instandsetzungen möglich, erklärte das Ministerium.
Nach Ministeriumsangaben verfügt die Bundeswehr derzeit noch über zehn Patriot-Systeme, von denen nun ein weiteres der Ukraine zur Verfügung gestellt werde. Mit den in Deutschland vorhandenen Systemen könnten alle Bündnisverpflichtungen in der NATO erfüllt werden.
Wir gehen mit unserer Unterstützung der Ukraine so weit, wie wir es mit Blick auf unsere eigene Einsatzbereitschaft vertreten können, erklärte Pistorius. Ich habe mich bereits vor dieser Entscheidung für eine möglichst schnelle Neubeschaffung eingesetzt und wir arbeiten mit Hochdruck an der Nachbeschaffung.
Im März hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages bereits das Geld für die Beschaffung von vier neuen Patriot-Systemen und für die Umrüstung der Radargeräte vorhandener Systeme freigegeben. Die dafür bewilligten 1,4 Milliarden Euro kommen zur Hälfte aus dem Verteidigungshaushalt und zur anderen aus dem Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung, da damit die an die Ukraine abgegebenen Einheiten ersetzt werden sollen.
(Archivbild Juni 2022: Patriot-Einheiten am Flughafen in Rzeszow, Polen, in der Nähe der Grenze zur Ukraine – Thomas Köhler/photothek.de)
Hauptproblem bleibt die Produktionskapazität der Flugabwehrkörper:
bei Patriot liegen wir aktuell unter
500 PAC2 und 500 PAC3 pro Jahr und das weltweit!
das ist viel zu wenig!
Steigerungen sind maximal 20-30% geplant!
daher ist Iris-t für Europa extrem wichtig!
hier können perspektivisch >1.000 FK pro Jahr gefertigt werden… und diese sind deutlich günstiger als Patriot FK!
2 wichtige Faktoren!
Patriot für die hochwert Ziele
Iris-t für die breite Masse
darunter Gepard für die low end Ziele (Drohnen usw)
das ist eine gute Staffelung!
bedeutet:
die Ukraine benötigt 3-4 weitere Patriot und vielen FK dafür
10-20 weitere Iris-t SLS/M
50-100 weitere Gepard/Skynex
@
Nordlicht sagt:
15.04.2024 um 8:37 Uhr
„Das Hauptproblem ist die „Output-Schwäche“ insbesondere der europäischen Rüstungsindustrie.“
Jein. Das Hauptproblem ist, dass vielfach zu wenig, in Kleinserie, als Einmal-Beschaffung oder ohne die Voraussetzung für Aufrechterhaltung und Skalierbarkeit der Produktion zu schaffen bestellt wird. Die Output-Schwäche und die Hochpreisigkeit (RUS produziert vielfach zu einem fünftel bis Zehntel der Kosten der westl. Industrie, der oft herangezogene Vergleich der Stärke der Wirtschaftsräume relativiert sich dann schnell) ist dann das Ergebnis. Es fehlt, etwas zugespitzt formuliert, an einer Rüstungspolitik jenseits von Prestigeprojekten, teilweise ausgenommen Marineschiff- und Flugzeugbau. Die Vorstände bzw. Geschäftsführungen der Kapitalgesellschaften der Rüstungsindustrie dürfen wirtschaftsrechtlich gar nicht ins Blaue hinein Kapazitäten vorhalten, wenn nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sich das zum zeitnahen Vorteil der Vermögen der Anteilseigner auswirken würde.
>Warum können nicht wenigstens Kunden von Neubestellungen die Ukraine
>vorlassen wenn man Bestellungen finanziert?
@Dominik
Es scheint, dass die Ukraine in dieser Beziehung tatsächlich bevorzugt behandelt wird, denn 2023 wurden ja 5 Patriot-Systeme bei Raytheon in Auftrag gegeben, die bis Ende 2024 ausgeliefert werden sollen.
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier i.d.R. nicht statt; wer suchen will: „Mehr Luftabwehr für die Ukraine: USA kündigen Lieferung von fünf weiteren Patriot-Systemen an“ T.W.]
@Chriss
Auf meine Fragestellung bezüglich „Unvermögen sind Sie nicht eigegangen.
W15:
Danke für den Hinweis. War mir bisher entgangen. Allerdings habe ich bei der „Dichte“ dieser Meldung da so meine Zweifel, ob das wirklich stimmt, dass die USA in 2023 noch 5 weitere Patriot Systeme für die Ukraine finanziert haben.
Kann das jemand wirklich bestätigen?
@Landmatrose3000
In den 80er Jahren hatte die Bw inkl. Reserve eine Truppenstärke, die einen Großgerätebedarf für die Großserienfertigung generiert hat. Jetzt braucht die Bw sehr viele verschiedene Artikel zeitgleich – in begrenztem Umfang. Wir haben auch keine 3% BIP für Vtdg wie in den 80er Jahren und die Personalkosten müssen heute aus dem Epl 14 finanziert werden. Auch deshalb ist die Erwartung riesiger Auftragsumfänge abwegig. Wenn die Industrie lieber wenige Artikel in großem Umfang produziert, dann ist das verständlich. Auch die Shareholder-Value-Mechanismen sind nachvollziehbar. Leider wird das so mit der Verteidigungsfähigkeit DEU nichts. Ich halte von einer Verstaatlichung der Rüstungsindustrie nicht viel. So, wie es jetzt läuft, funktioniert es aber leider für DEU nicht.
@Dominik
In der Tat ist die Informationsdichte zu den 5 Patriot-Systemen sehr dünn, alle Onlinequellen führen nur zum Bericht des Wall Street Journals, der sich jedoch hinter einer Bezahlschranke befindet.
Bei einer weiterführenden Recherche stoß ich dann auf eine Meldung des Onlinemediums TWZ, wonach ein Unternehmenssprecher gegenüber TWZ nachträglich klargestellt habe, dass es sich bei den 5 für die Ukraine produzierten Systemen nicht um Patriot-Systeme, sondern um National Advanced Surface-to-Air Missile Systems (NASAMS) handeln soll.
Quelle: https://www.twz.com/ukraine-to-receive-five-more-patri
ot-systems-by-end-of-2024
Was bleibt ist die Frage, warum es scheinbar niemanden zu geben scheint, der bei Raytheon für die Ukraine neue Systeme beauftragt – selbst wenn die Wartefrist, nach der Ausweitung der Produktion, nur noch 2 oder 3 Jahre betragen sollte.
@ Nordlicht:
Nicht nur das. Seit TdM, wurden die Liegenschaften der BW nicht nur dem BMF übertragen, sondern die BW zahlt jetzt Miete für die Liegenschaften und das in nicht unerklecklicher Höhe. Dienstleister ist jetzt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).
Allein hier werden teils 4684 EUR/qm („Bendlerblock“) fällig, aber auch die Miete für Kasernen, Depots, etc. sind ziemlich happig. (siehe Spiegel 37/2021 oder https://augengeradeaus.net/2021/02/verteidigungshaushalt-zahlenspiele/).
Kurz: Der Verteidigungshaushalt (EPL 14) steht nur zu gut 50 – 60% der Kernaufgabe zur Verfügung. Der Rest sind Personalkosten, Beraterkosten, Mieten, Dienstleistungsverträge etc.
Ja, das mag der „Dienstleistungsarmee“ der Nuller- und Zehner-Jahre Rechnung tragen, aber hat unglaubliche undurchsichtige Zahlungsströme und dem Verlust von Grundfähigkeiten – besonders im Bereich von Logistik und Instandhaltung in jeder Truppengattung (!) – gezeitigt.
Fair enough: Auch in der „Freien Wirtschaft“ wechseln sich Out-Sourcing und In-Sourcing regelmäßig ab (so in 7-8 Jahreszyklen), aber das In-Sourcing ist im militärischen Bereich deutlich schwieriger, da man nicht einfach die zivilen Dienstleister „militarisieren“ kann. Im Zivilen reicht es meist, den Dienstleister zu kaufen oder dessen Personal abzuwerben.
Das sind m.E. deutlich schwierigere Probleme, als die Verstaatlichung von Wehrindustrie. Die läuft auch so wieder an.
Wo die Herausforderungen wirklich liegen (werden), ist die militärseitige Bewirtschaftung der neu oder wiederbeschafften Fähigkeiten.
Wer soll die CH47 in welchen Hangars warten? Wo kann die benötigte Menge an Munition von wem gelagert, verwaltet und an die Truppe verteilt werden? Wie wird Materialbewirtschaftung (neudeutsch: Life-Cycle-Management) denn fürderhin ausbuchstabiert?
Wie wird das Material beübt? Von wem? Wo und mit wem?
Wer hat noch die Expertise im Bereich Flugabwehr?
…..
[Äh, hallo? Geht hier um Patriot und Flugabwehr, aber man muss ja mal über die BIMA diskutieren? So bitte nicht. Alles in dieser Richtung wird aus diesem Thread entfernt. T.w.]
@Nordlicht
„In den 80er Jahren hatte die Bw inkl. Reserve eine Truppenstärke, die einen Großgerätebedarf für die Großserienfertigung generiert hat.“
Heute hingegen haben die EU-Länder inkl. Reserve eine Truppenstärke, die einen Großgerätebedarf für die Großserienfertigung generiert.
Instrumente wie „Nato Support and Procurement Agency“ (NSPA) stehen zur Verfügung.
„Leider wird das so mit der Verteidigungsfähigkeit DEU nichts.“
Gestern haben Rheinmetall und Litauen ihre Verständigung über den Bau einer 155mm-Munitionsfabrik schriftlich niedergelegt. Ich sehe keinen vernünftigen Grund, warum nicht auch Raytheon derlei hinkriegen sollte (oder RTX, oder wie sie beim aktuellen Stand des Firmennamen-Bullshit-Bingos derzeit gerade heißen).
@ Klaus-Peter Kaikowsky. Nehmen sie z.B das neue Sturmgewehr. 170.000 Tausend wurden bestellt also nicht mal ein Gewehr pro Soldat. Versprochen wurden im Rahmen der Zeitenwende eine Aufrüstung und eine tiefe Integration der Reserve !
Die BW hat 900.000 Reservisten. Mit was sollen die im Fall der Fälle ausrücken ?
Für mich ist das Nichtbestellen ganz klar ein Zeichen von Unvermögen. Bei den LNG Terminals ging es ja auch. Ich vermute weiterhin, dass man die Zeichen der Zeit nicht sieht oder die Konsquenzen nicht ziehen will.
@Chriss
Ich sehe weiterhin keinen Beleg für „zum Teil Unvermögen“.
Ihr Beispiel „das neue Sturmgewehr. 170.000 Tausend wurden bestellt also nicht mal ein Gewehr pro Soldat“ ist untauglich. Die Truppe hat im Schnitt 181.000 Kopfstärke. An Gewehren werden u.U. 80.000 gebraucht, ich hab keine Ahnung.
Im Uboot, im JaBo, im KPz gibt’s keine STURMgewehre. 170K sind m.E. mehr als ausreichend.
Die 900K Reservisten, Masse unbeordert, d.h., Truppe für diesen Personenkreis besteht nicht, brauchen auch keine Gewehre im Depot.
Vielleicht wollen Sie Unwillen ausdrücken, was absurd wäre, ich weiß es nicht, weiß auch nicht was Sie zum Ausdruck bringen wollen und will es daher dabei belassen.
Hinsichtlich erforderlicher Drohnenabwehr zeigt sich für die Streitkräfte, gerade rechtzeitig am Beginn der Strukturreform des Heers, Licht am Horizont, mit ggf Auswirkung auf Unterstützung der Ukraïne.
Die @NSPA_NATO schloss erstmalig einen Beschaffungsvertrag für Drohnenabwehrsysteme gegen Kleinstdrohnen. Interessant ist die inkludierte Leasing-Lösung, die eine risikoarme Erprobung der Systeme erlaubt.
https://www.hartpunkt.de/nspa-schliesst-erstmalig-beschaffungsvertrag-fuer-drohnenabwehrsysteme-gegen-kleinstdrohnen/
[wie wär’s mit dem Original-Link?
https://www.nspa.nato.int/news/2024/nspa-awards-first-countersmall-uas-csuas-multinational-contract-in-nato-history
T.W.]